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Fanfiction

Harry Potter und die Schatten der Vergangenheit - Innenwelt

von Muggelchen

Mitten in der Nacht – oder eher am sehr frühen Morgen – war Harry von Ginny rabiat geweckt worden, indem sie ihm einfach die warme Decke weggerissen hatte und ihn solange auf der Matratze wie einen Ball springen ließ, bis er die Augen öffnete und sich über die grobe Behandlung beschwerte.

„Hermine ist nicht mehr in ihrem Bett!“, sagte sie aufgebracht, während sie sich bereits eine Jeans über die schlanken Beine zog.
Mit einem Satz war Harry aus dem Bett gesprungen und griff nach seiner Hose und während er sie anzog, fragte er nach: „Was ist los? Hermine…“
„Sie ist nicht mehr da, Harry. Wir müssen sie suchen“, sagte Ginny hektisch, aber dennoch leise, damit Nicholas nicht gleich nach dem Stillen wieder aufwachen würde.

Einige Kleidungsstücke nahmen sie mit ins Wohnzimmer, um sich dort weiter anzuziehen. Harry war noch nicht dazu gekommen, seinen Pullover überzuziehen, da schnappte er sich bereits die Karte der Rumtreiber und sagte den Zauberspruch, damit sie Hogwarts und seine Bewohner anzeigen würde, während er sich zur gleichen Zeit mit einer Hand eine Socken über den Fuß streifte. Auch Ginny blickte auf die Karte und band sich nebenbei die Schnürsenkel.

„Verdammt, ich wusste es!“, sagte sie aufgebracht und deutete auf einen bestimmten Punkt. „Sie ist in der Bibliothek und ich möchte wetten, sie liest ein Buch, das ihr jetzt gar nicht gut bekommen wird.“
„Was, wenn wir damit nicht umgehen können? Was, wenn wir es nicht schaffen, Hermine zur Vernunft zu bringen?“, fragte Harry, der jetzt fast fertig angekleidet war.

Wobbel hatte den Auftrag bekommen, auf Nicholas zu achten und Harry raufte sich die Haare, dass er nicht schon vorher darauf gekommen war, seinen Hauself auf Hermine aufpassen zu lassen.

„Harry, du gehst in die Bibliothek und hältst Hermine von den Büchern fern und ich hole Snape zu Hilfe“, sagte Ginny.
„Severus? Du willst ihn um vier Uhr fünfundvierzig wecken? Bist ganz schön mutig“, scherzte Harry ohne den Hauch von Humor in der Stimme, denn er war innerlich zu Tode erschrocken und konnte sich nicht einmal selbst die Angst nehmen, seiner besten Freundin könnte etwas Schlimmes widerfahren.
„Was heißt hier ’mutig’?“, konterte Ginny, bevor sie von der Couch sprang und startbereit an der Tür stand. „Eines sage ich dir, Harry: Wenn Snape mir heute Punkte abzieht, dann bekomme ich die von dir wieder und zwar alle!“
„Kein Problem“, versicherte er ihr, bevor beide auf den Flur gingen und Ginny in Richtung Kerker rannte, während Harry in den vierten Stock hechtete.

Im dritten Stock machte Harry sich eine gedankliche Notiz, in Zukunft wieder mehr Sport treiben zu wollen, denn seine Kondition lieĂź sehr zu wĂĽnschen ĂĽbrig.

Endlich war er im vierten Stock angekommen und er zückte vorsichtshalber seinen Zauberstab, bevor er die Tür leise öffnete. In der Bibliothek gab es nur eine einzige Lichtquelle und der näherte er sich Schritt für Schritt, derweil immer auf der Hut, möglicherweise von einer verdrehten Hermine angefallen zu werden.

Harry fand sie dort, wo er sie sonst auch immer angetroffen hatte. Ihr Gesicht war von ihren buschigen Haaren verdeckt, doch er konnte erkennen, dass ihr Kopf auf einem Buch lag. Sie war ganz offensichtlich beim Lesen eingeschlafen. Er streckte eine Hand aus, um Hermine an der Schulter zu berĂĽhren, doch bevor er sie auch nur an angefasst hatte, wimmerte sie und ihr Kopf schlug wild von links nach rechts.

„Hermine, du träumst“, sagte er viel zu leise, weil er es gewohnt war, in der Bibliothek die Stimme nicht erheben zu dürfen. Endlich packte er sie an der Schulter und Hermine schreckte hoch. Für den Bruchteil einer glaubte er, ein wahnsinniges Funkeln in ihren Augen wahrzunehmen, doch nachdem Hermine einmal geblinzelt hatte, war es wieder verschwunden. Sie erblickte ihn und schien sich zu fürchten, weswegen er ruhig sagte: „Ich bin es nur, Hermine. Ich bin es, Harry.“ Er streckte seine Hand erneut nach ihr aus, aber sie verließ erschrocken ihren Platz, nur um schlaftrunken und orientierungslos hin und her zu torkeln.

Zur gleichen Zeit klopfte Ginny einige Stockwerke tiefer an den Rahmen neben dem Gemälde von Salazar Slytherin und zu ihrem Erstaunen wurde ihr abrupt geöffnet. Als Snape sie sah, begann er zu sagen: „Fünfzig Punkte Ab…“
„Hermine ist abgehauen und ist jetzt in der Bibliothek. Harry ist schon hingegangen, aber er wollte, dass Sie auch kommen, falls…“
Diesmal unterbrach Severus und er sagte beruhigend: „In der Bibliothek wird sie nichts Derartiges finden, Miss Weasley, denn Hermine ist nicht im Besitz des Passworts, um an die“, er wählte seine Worte mit Bedacht, „’anderen’ Bücher zu gelangen.“
Sie zog eine Augenbraue in die Höhe und konterte: „Hermine hat bisher noch alles aufbekommen, was sie aufbekommen wollte!“

Nur für wenige Sekunden wägte Severus die Antwort seiner Schülerin ab, bevor er ihr innerlich zustimmen musste und an ihr vorbei in Richtung Bibliothek eilte. Ginny folgte ihm, konnte jedoch nicht mit ihm Schritt halten.

Severus war laut der Karte der Rumtreiber, die er mitgenommen hatte, noch zwei Stockwerke von der Bibliothek entfernt und Harry hoffte innig, dass er bald auftauchen wĂĽrde, denn Hermine kam ihm so fremd vor.

„Hermine“, sagte Harry vorsichtig. Er blickte hinüber zu dem aufgeschlagenen Buch, bevor er sich wieder an Hermine wandte, die mittlerweile auf dem Boden kauerte und sich vor Furcht nicht zu helfen wusste. „Hermine“, sagte er mit viel weicherer Stimme. Seinen Zauberstab legte er auf den Tisch, bevor er in die Hocke ging, um sich seiner Freundin zu nähern. Die betrachtete ihn aus Angst erfüllten Augen, bis er genau vor ihr kniete. Seine Hände hob er ganz langsam, damit sie vor keiner seiner Bewegungen erschrecken würde und er legte sie an ihre Oberarme, um sie zu sich zu ziehen. Sie zögerte, kroch dann jedoch auf Harry zu und ließ sich in den Arm nehmen.

Das Gefühl der plötzlichen Wärme um sie herum ließ sie wissen, dass sie in Sicherheit war. Sie schluchzte, bevor sie ihre eigenen Arme um Harry schlang und fest zudrückte. Sie hielten sich einen Moment, bevor Harry sie leicht von sich wegdrückte. Er sah ihr tief in die rehbraunen Augen und wurde sich darüber bewusst, wie viel er wirklich für sie empfand. Verlieren wollte er sie niemals; nicht in Aberdeen und schon gar nicht an dunkle Mächte.

Bevor er Worte des Trosts sprechen konnte, spürte er plötzlich ihre Lippen auf seinen. Um ihrer Freundschaft Ausdruck zu verleihen hatten sie sich schon oft auf den Mund geküsst, doch diesmal war es anders; es war feuriger als sonst. Er spürte Hermines heißen Atem an seiner Wange und fühlte, wie sie sich wie ein verlorenes Kind an ihn klammerte. Ihre Lippen verweilten auf seinen und die ihren öffneten sich. Wie in Trance ahmte er ihre Bewegung nach und auch, als er ihre Zunge schmeckte, machte er es ihr gleich, so dass sie ihre gemeinsame Freundschaft mit dieser kleinen Veränderung jetzt ein wenig Leidenschaft hinzufügten. Der Kuss wurde inniger, die Umarmung wurde fester und ihre Münder öffneten sich noch weiter und beide gaben sich einem nie zuvor erforschten Verlangen hin.

Harry dachte an nichts anderes mehr als daran, Hermine für immer beschützen zu wollen, während Hermine bei ihm etwas zu finden hoffte, was sie bei Ron verloren wusste. Mit diesem Kuss erlangte Hermine die Wärme und Zuneigung, die sie so lange vermisst hatte, doch dann wurde ihr schlagartig klar, dass Harry für sie nichts anderes war wie Ron, nämlich nur ein Freund. Harry schien dies im gleichen Moment gedacht zu haben, denn sie ließen zeitgleich erschrocken voneinander ab und blickten sich verwirrt an. Sie versuchten, in den Augen des anderen eine Erklärung für das zu finden, was eben geschehen war. Harry suchte nach der Hermine, die er kannte und Hermine wollte wissen, was Harry jetzt von ihr denken würde.

Als Harry plötzlich auf dem Boden von ihr wegrutschte, da überkam sie die Furcht, ihn als Freund verloren zu haben und ihr Schmerz spiegelte sich in ihrem verweinten Gesicht wider. Sie begann zu schluchzen und wimmerte hilflos: „Harry, es tut mir so Leid.“ Er entfernte sich noch weiter von ihr, weshalb sie reumütig den Kopf schüttelte und mit feuchten Augen flehte: „Bitte wende dich nicht von mir ab. Harry, bleib bei mir!“ Sie schloss ihre Augen und senkte den Kopf, bevor sie sagte: „Ich will dich nicht verlieren.“

In diesem Moment schossen Harry ebenfalls die Tränen in die Augen, als er das Häufchen Elend sah, unter welchem er seine beste Freundin verborgen wusste. Sie wiederholte winselnd: „Ich will dich nicht auch noch verlieren. Lass mich bitte nicht allein!“ Sie legte beide Hände über ihren Mund und schluchzte, während ihr Körper von einem Zittern übermannt wurde.

Harry kroch zu ihr hinüber und nahm sie erneut in den Arm; rein freundschaftlich. Er vergrub sein Gesicht in ihrem dichten, lockigen Haar und sagte, nachdem er kräftig geschluckt hatte: „Du bist nicht allein, Mine. Mich wirst du nicht verlieren.“ Er gab ihr einen Kuss auf die feuchten Wangen, bevor er sie abermals an sich presste und das aussprach, von dem er glaubte, dass es Hermine belasten würde: „Und Ron hast du auch nicht verloren. Er hat nur wenig Zeit, Mine.“
„Ich vermisse ihn“, krächzte sie fast unhörbar hervor.
Harry rieb ihr tröstend den Rücken und versicherte mit zittriger Stimme: „Ich werde es einrichten, dass wir uns wieder häufiger sehen, ja?“ Sie nickte heftig wie ein Kind, welches ehrfürchtig jedem Wort des Weihnachtsmannes Glauben schenkte. „Vielleicht könnten wir uns alle mal zum Quidditch treffen, wie er es vorgeschlagen hatte?“ Wieder nickte sie, so dass er seine Pläne weiter schmiedete: „Und danach gehen wir alle schick essen. Wie hört sich das an?“
Ihre Tränen glühten und wollten bei den guten Aussichten gar nicht mehr versiegen, doch sie konnte noch zustimmend sagen: „Oh, das wäre schön, Harry. Das wäre schön…“

Die Tür der Bibliothek öffnete sich und Severus kam hereingestürmt. Harry blickte auf und sah seinen Kollegen näher kommen. Nur kurz betrachtete Severus, wie Harry Hermine am Boden kauernd in den Armen hielt und wiegte, doch gleich darauf fiel sein Blick auf das aufgeschlagene Buch an Hermines Stammplatz. Er stürzte an Harry vorbei zum Tisch und schlug das Buch mit einem Wink seines Zauberstabes zu, um den Titel lesen zu können und der lautete schlichtweg „Oneirologie“. Erleichtert wandte er sich wieder um und diesmal konnte er Hermines vor Kummer gezeichnetes Gesicht sehen. Der Anblick versetzte ihm einen Stich im Herzen und er glaubte, dass dies ein Schuldgefühl sein müsste, weil er diese verdammten Bücher nicht vor ihr verborgen hatte.

Die TĂĽr ging ein weiteres Mal auf, als Ginny endlich angekommen war. Sie blieb kurz stehen und stĂĽtzte sich auf ihren Knien ab, denn immerhin war sie von den Kerkern bis in den vierten Stock hinauf gerannt. Mit zittrigen Knien kam sie auf Harry und Hermine zu und kniete sich einfach neben die beiden, um sie in den Arm zu nehmen.

„Ich möchte Ihre Trinität wirklich nur ungern stören, aber es wäre an der Zeit, sich wieder voneinander zu lösen“, sagte Severus ruhig ohne einen sarkastischen Unterton. Ginny war die Erste, die wieder aufstand, während Harry ihr nur zögerlich folgte. Harry hielt Hermines Hand und wollte ihr aufhelfen, aber Severus half ihr viel schneller auf die Beine, denn er umfasste sie von hinten an der Taille und richtete sie einfach auf.

„Können Sie stehen?“, fragte er, ohne sie loszulassen. Erst nachdem sie genickt hatte, ließ er von ihr ab. Die ganze Zeit über hatte Hermine ihre Augen auf den Boden gerichtet, während Harry sie scheu anblickte. Als sie aufsah, blickte er beschämt zu Boden. Ginny hatte das seltsame Verhalten der beiden bemerkt, äußerte sich jedoch nicht dazu.

„Nehmen Sie Ihr Buch, Hermine“, forderte Severus, doch als sie sich nicht bewegte, nahm er sie zaghaft am Arm und führte sie zum Tisch, bevor er wiederholte: „Nehmen Sie Ihr Buch mit.“ An Harry und Ginny gerichtet sagte er: „Sie können sich zurückziehen. Ich werde mich um sie kümmern.“
Harry blickte auf das Buch und fragte: „Was für ein Buch ist das?“ Er hatte es sich nicht angesehen, sondern war davon ausgegangen, dass es ein schwarzmagisches sein musste.

„Zeigen Sie es ihm“, forderte er Hermine auf und Harry bemerkte, dass Hermine so eingeschüchtert und peinlich berührt war, dass es momentan das Richtige zu sein schien, ihr zu sagen, was sie tun sollte.

Hermine zeigte ihm den Titel und Ginny bemerkte ganz richtig: „Traumdeutung! Hermine? Wolltest du den Traum deuten, von dem du mir erzählt hattest?“ Die Antwort musste „Ja“ sein, denn warum sonst wäre sie mitten in der Nacht in die Bibliothek gegangen, um in diesem Buch zu stöbern? Hermine nickte lediglich, ohne auch nur einen der drei anzusehen.

Mit einem Kopfnicken verabschiedete sich Severus von Ginny und Harry, bevor er Hermine leicht am Arm nahm und sie an seiner Seite hinausfĂĽhrte.

In den Kerkern setzte Severus sie auf seine Couch. Er bemerkte, dass sie das Buch wie einen Schutzschild vor sich hielt, so dass er sich dazu aufgefordert fühlte zu sagen: „Legen Sie das Buch auf dem Tisch ab.“ Sie kam seiner Aufforderung wie in Zeitlupe nach. Seufzend entledigte sich Severus seines Umhangs, seines Gehrocks und seiner engen Weste, um leger nur mit einem weißen Hemd bekleidet, welches man ansonsten nie unter den vielen Lagen Stoff zu Gesicht bekam, neben ihr auf der Couch Platz zu nehmen. Hermine rührte sich nicht und er dachte nach, bis ihm eine Idee kam. Er stand wieder auf und holte Pergament, Tintenfass und Feder und er legte es neben dem Buch auf den Tisch. Gleich darauf, weil ihm danach war, ging er zu seinem Spirituosenschränkchen, nahm zwei Gläser und eine angebrochene Flasche Feuerwhisky heraus und kam damit zum Tisch zurück, bevor er sich erneut neben sie setzte.

Sie hatte zwar alles beobachtet, was er getan hatte, doch in die Augen gesehen hatte sie ihm nicht. Es war ihr unangenehm, dass sie so sehr die Kontrolle über sich verloren hatte. Als er sich nach vorn beugte und die untersten Knöpfe an seiner Hose öffnete, damit er sich die altmodischen Schuhe aufknöpfen konnte, betrachtete sie ihn ganz fasziniert. Er zog den rechten Schuh aus und wiederholte die Prozedur mit der linken Seite. Als er alle einengenden Kleidungsstücke abgelegt hatte, lehnte er sich erleichtert seufzend zurück, während sie ihre Augen nicht von seinen Füßen nehmen konnte.

„Was erstaunt Sie so?“, fragte er belustigt.
Endlich blickte sie ihm in die Augen, bevor sie völlig perplex, wenn auch noch etwas geschwächt klingend antwortete: „Sie tragen dunkelgraue Muggelsocken!“
„Und?“, fragte er mit einem leicht hochgezogenen Mundwinkel.
Sie hob uns senkte die Schultern, bevor sie leise sagte: „Das ist ungewöhnlich.“
„Im Gegensatz zu vielen Herren der Zauberergesellschaft empfinde ich Strumpfhalter als sehr störend“, erklärte er schmunzelnd.
Mit großen Augen fragte sie verdutzt: „Strumpfhalter? Diese Dinger, die Männer unterm Knie tragen und…?“ Er nickte, so dass sie fragte: „Wer trägt denn bitte so etwas?“
„Albus“, war die knappe Antwort. „Aber auch andere Herren, die Sie kennen, doch genug über Herrenbekleidung. Ich denke, Sie sollten sich daran machen, Ihre Träume zu deuten, wie Sie es ganz offensichtlich vorhatten. Sie hatten schlechte Träume oder?“ Wieder blickte sie in ihren Schoß, so dass er forderte: „Sehen Sie mich an!“ Sie kam seiner Aufforderung nicht nach und diesmal bat er: „Bitte, Hermine, sehen Sie mich an.“ Sie blickte auf und er hielt den Augenkontakt, während er fragte: „Die Auswirkungen des Erstkontakts zur dunklen Magie zeigen sich bei jedem anders, aber sie ähneln sich. Sie haben schlecht geträumt. Was war es? Haben Sie eine Gliedmaße verloren?“ Sie schüttelte den Kopf. „Dann sind Sie auf andere Weise schwer verletzt worden.“
Sie nickte, bevor sie mit leiser Stimme sagte: „Ich habe das Buch angefasst und meine Hand…“ Sie blickte auf die Innenfläche ihrer rechten Hand.
„Sie werden auch von anderen Personen geträumt haben. Häufig sind es Personen, die der Träumer mit der dunklen Magie in Zusammenhang bringt. Weil ich eine gewisse Person erst gestern erwähnt hatte, nehme ich an, dass es sich um Bellatrix Lestrange gehandelt haben muss?“, wollte er wissen.
„Ja, auch…“, sagte sie, ohne anzufügen, dass sie auch von ihm geträumt hatte.
„Von wem noch?“, kam die fordernde Frage und es schien unmöglich, ihm die Antwort zu verweigern.
„Von Ihnen“, offenbarte sie flüsternd.
Er schien damit gerechnet zu haben, denn er reagierte nicht empört, sondern wollte lediglich wissen: „Was habe ich in dem Traum getan?“
„Sie haben“, Hermine schluckte, „mich verbrannt.“
„Ah“, machte er zunächst. „Nun, dort“, er zeigte auf den Tisch, „liegt alles, was Sie benötigen. Deuten Sie die Träume, die Sie gehabt haben. Es würde Ihnen sowieso keine Ruhe lassen, so wie ich Sie kenne.“
Erstaunt schaute sie ihm in die Augen, bevor sie fragte: „Und Sie…?“
Er unterbrach und erklärte: „Ich bleibe einfach hier und verhalte mich ruhig. Wir möchten doch nicht, dass Sie einschlafen, bevor Sie eine Antwort erhalten haben.“

Severus schenkte zwei Gläser Feuerwhiskey ein, jedoch nicht viel, bevor er bei einem Hauself Tee, Kaffee und Frühstück bestellte. Hermine nahm einen Schluck Whiskey und begann gleich darauf kräftig zu husten, so dass Severus einen Zauber sprach, der den Hustenreiz milderte, bevor er sagte: „Passen Sie mit dem Whiskey auf.“ Schelmisch fügte er hinzu: „Der ist wesentlich älter als Sie!“

Das Glas stellte sie auf dem Tisch ab, doch bevor sie zur Feder griff, fragte sie leise: „War es bei Ihnen auch so?“ Er antwortete nicht, weswegen sie ihn anblickte, um ihre Frage wiederholen zu können, doch die hatte er verstanden.
„Ja, das ist bei jedem so“, gab er leise zur Antwort. „Ich werde morgen Albus darüber berichten und Sie…“
„Nein, bitte nicht!“, unterbrach sie aufgebracht.
„Es ist meine Pflicht, Hermine. Ich muss…“
„Sie müssen nicht! Bitte nicht!“, flehte sie.
„Wovor haben Sie solche Angst? Glauben Sie, Albus würde Sie vierteilen? Gerade er wird es verstehen“, versicherte er ihr.
„Ich möchte aber nicht… Er wird denken…“ Keinen ihrer Sätze konnte sie zu Ende bringen. Sie wusste, dass sie etwas Schlimmes getan hatte und dafür würde sie sicherlich hart zurechtgewiesen werden.
„Ich werde Ihnen sagen, Hermine, was Albus tun wird“, sagte er einleitend. Sie blickte ihn an und lauschte, als er aufzählte: „Zu allererst wird er Sie mit Tee und Süßigkeiten mästen. Dann wird er sich alles anhören, was Sie zu sagen haben und er wird Ihnen Dinge entlocken, die Sie wahrscheinlich niemals irgendeiner Person preisgeben würden. Im Anschluss wird er Ihnen als Gegenleistung sehr hilfreiche Ratschläge mit auf den Weg geben und Ihnen dabei helfen, Ihre Ängste zu beherrschen.“

Als sie das, was er gesagt hatte, im Kopf nachspielte, schien ein bevorstehendes Gespräch mit Albus nicht mehr so beängstigend zu sein.

„Severus? Sie hatten eben gesagt, gerade Albus wird es verstehen können. Hat er…“
„Wie soll man etwas bekämpfen, von dem man nichts versteht, Hermine? Natürlich ist Albus mit den dunklen Künsten vertraut“, machte er ihr klar. Sie blickte wieder in ihren Schoß und Severus fühlte sich genötigt, ihr eine Sache zu verinnerlichen, denn er sagte: „Versprechen Sie mir, dass Sie nie wieder so ein Buch…“
Sie unterbrach ihn und schwor: „Ich lese nie wieder eines!“
„Lassen Sie mich bitte ausreden“, forderte er und er bereute sofort seinen harten Tonfall. Mit ungewohnt warmer Stimme wiederholte er: „Versprechen Sie mir, dass Sie nie wieder so ein Buch lesen werden, wenn ich nicht anwesend bin!“
Erstaunt blickte sie auf und fragte mit leiser Stimme: „Aber es ist doch verboten.“

Allein die Option, noch einmal in dieses Buch schauen zu können, ließ ihr eine Gänsehaut den Rücken hinunterlaufen. Sie würde so gern mehr über die dunklen Künste erfahren, doch sie wollte ihnen um nichts in der Welt verfallen.

„Es gibt Möglichkeiten, solche Bücher zu lesen, ohne dass sie auf den Leser einwirken können“, erklärte er. Als Beispiel nannte er: „Einige Auroren werden darin unterrichtet, auch wenn das natürlich niemals an die Öffentlichkeit gelangen wird. Es ist notwendig, ’den Feind’ zu kennen, ihn zu verstehen, um gegen ihn zu Felde ziehen zu können.“
„Was denn für Möglichkeiten?“, wollte sie wissen.
„Später, Hermine. Zunächst entschlüsseln Sie Ihren verdrehten Geist, damit Sie ihn wieder gerade rücken können.“ Er schmunzelte zuversichtlich, bevor er anfügte: „Dann reden Sie morgen“, er schaute auf die Uhr und verbesserte, „heute mit Albus. Sie können den Tag freihaben. Ich denke, selbst ich werde heute froh sein, wenn der Unterrichtstag sein Ende gefunden haben wird.“

Während Hermine zunächst stichpunktartig und chronologisch ihre Träume niederschrieb, aß sie nebenbei etwas vom Frühstück, welches der Elf gebracht hatte. Sie war so sehr in ihre Arbeit vertieft, dass sie Severus’ Anwesenheit völlig vergessen hatte. Nachdem sie die Träume auf Papier gebracht hatte, begann sie damit, wie schon damals bei Severus’ Traum, die Bedeutungen der Symbole herauszusuchen. Sie wollte eigentlich gar nicht wissen, was sie zu bedeuten hatten, doch es war eine ablenkende Aufgabe, die sie vom Schlafen abhalten würde.

Sie begann mit der Kälte und dem Gefühl des Frierens, die sie auf dem Flur bemerkt hatte, auch wenn dies ein Teil des Traums gewesen war, den sie für echt gehalten hatte. Die Bedeutung gefiel ihr gar nicht, denn sie schrieb auf das Blatt und las in Gedanken mit: ’Die spürbare Kälte kann ein Appell daran sein, Gefühle nicht mehr unterdrücken zu dürfen. Sie kann sie auch ermahnen, von Herzenskälte oder Gefühllosigkeit abzulassen.’ Unter dem Begriff „frieren“ stand ähnliches, nämlich dass Gefühle nicht länger so sehr kontrolliert werden sollten, weil man sonst Gefahr laufen könnte, seelisch zu erfrieren. Hermine stutze, denn gerade sie konnte man schwerlich mit Herzenskälte in Verbindung bringen, doch was für unterdrückte Gefühle sollten dann gemeint sein, fragte sie sich selbst? War damit der Drang nach dem Lesen dunkler Bücher gemeint, dem sie nachgeben wollte?

Hermine schüttelte ihren Kopf frei und begann weiter mit der Symbolik, denn es folgte die „Suche“ nach dem Buch und sie schrieb: ’Sie sind sich im Klaren darüber, sich auf eine Furcht einflössende Aufgabe einzulassen, damit sie ihren Weg gehen können und es ist ein Hinweis auf ein strapaziöses Leben, mahnt jedoch gleichzeitig zur Ausdauer.’

Sie seufzte, denn so richtig konnte sie damit nichts anfangen, so dass sie einfach zum nächsten Punkt überging, damit sie am Ende alles noch einmal lesen konnte, in der Hoffnung, dass es dann einen Sinn ergeben würde.

Im Traum hatte sie im Wohnzimmer nichts gefunden, weswegen sie in Severus’ Schlafzimmer gegangen war, was ihr nächstes Symbol darstellen sollte. Hermine las nochmals in Gedanken aus dem Buch: ’Unter den Wohnräumen repräsentierte das Schlafzimmer Sicherheit, aber auch einen Ort, an dem Sie Entspannung finden können. Dieser intimste Innenraum eines Gebäudes versinnbildlicht…’ Hermine hielt mit großen Augen inne und blätterte aufgebracht im Quellverzeichnis des Buches, bevor sie genervt stöhnte und dachte: ’Sigmund Freud! War ja klar, dass der in diesem Buch mit seinen Deutungen auch vertreten ist.’ Sie seufzte und las abermals still den Satz: ’Dieser intimste Innenraum eines Gebäudes versinnbildlicht die Sexualität oder möchte Sie auf eine unbewusste Lebensweise aufmerksam machen; letzteres besonders dann, wenn der Träumende einen Schlafenden im Raum bemerkt.’

Einen Schlafenden hatte sie bemerkt, nämlich Severus, doch was mit einer unbewussten Lebensweise gemeint war, wusste Hermine nicht. ’Wie auch?’, dachte sie. ’Wenn die Lebensweise unbewusst sein soll, wie soll ich denn je drauf kommen, was damit gemeint sein könnte?’ Die Deutung wurde wieder klarer, als sie in Gedanken die Erklärung über das Wort „Bücherregal“ las: ’Als Hinweis auf Lebenserfahrung und Intellekt ist das Bücherregal zu sehen.’ Hermine schrieb sich alles auf und dachte derweil: ’Schön, dass ein Buch mir sagt, dass ich erwachsen bin und dazu noch klug.’

Mittlerweile fand sie es albern, ihren eigenen Traum zu durchleuchten, denn in ihren Augen war das nicht so spannend wie die Deutung von Severus’ Traum. Sie zwang sich jedoch dazu weiterzumachen, denn was sie erst einmal begonnen hatte, brachte sie auch zu Ende, auch wenn sie sich gerade so fühlte, als würde sie Hausaufgaben im Fach „Wahrsagen“ für Trelawney nachholen.

Sie hatte vorhin schon gelesen, dass das Sehen eines Buches nicht nur Weisheit und Wissen darstellen würde, sondern auch dazu anhalten sollte, den anderen Symboliken des Traumes eine größere Bedeutung beizumessen, denn immerhin „las sie in sich selbst“. Den schwarzen Lederband, den sie im Traum berührt hatte, konnte natürlich nur „Finsternis“ bedeuten und galt hinzu noch als Mahnung, das eigene Leben umzustellen. ’Komisch’, dachte sie spöttisch, ’ich dachte, das hätte ich längst getan!’

Den Hinweis darauf, im Wachleben „handlungsunfähig“ zu sein, hatte sie ebenfalls schon vorhin überflogen und eine verbrannte Hand wollte vor Risiken warnen, die man selbst nicht abwägen könnte. Chronologisch gesehen kam nach der Verbrennung der Handinnenfläche ihr Schrei, der Severus geweckt hatte. ’Stößt man selbst einen Schrei aus, handelt es sich um einen Glück verheißenden Traum.’ Hermine schüttelte den Kopf, denn wieder einmal stand für sie fest, dass Träume keine wirkliche Bedeutung haben konnten, wenn sie von ihrer Deutung her urplötzlich von „Finsternis“ auf „Glück verheißend“ umschlugen. Sie musste lachen, weil sie sich an Rons Versuch erinnerte, in der dritten Klasse aus Harrys Teetasse seine Zukunft zu lesen.

Jetzt kam Severus mit ins Spiel und sie überlegte, wie sie ihn sah. Er war ihr Lehrer – wieder – aber musste sie daher bei dem Wort „Lehrer“ nachschauen? Sie schlug nach, nur um vorsichtshalber alles Wichtige zu notieren. Sie las in Gedanken: ’Allgemein hilft ein Lehrer, sich selbst besser wahrnehmen zu können oder bestimmte Situationen erfolgreich zu meistern. Sehen Sie ihn nur, warnt er vor unüberlegten Taten, doch sprechen Sie mit ihm, werden Sie während Suche nach einer Problemlösung Vorteile und Freude haben; auch unerledigte Probleme können geklärt werden.’

Das sollte jedoch nur in berücksichtig werden, dachte Hermine, wenn sie ihn tatsächlich als Lehrer sehen würde. Sollte sie ihn im realen Leben als Freund sehen, dann wäre dieser Punkt identisch mit einem Punkt in Severus’ Traum, denn der sah Harry im realen Leben als Freund, was auch die gleiche Bedeutung im Traum gehabt hatte.

Die Hand, die Hermine im Traum auf ihrer Schulter gespürt hatte, war ein Symbol für Kraft und Stärke und die Berührung an sich durfte als freundschaftliche Beziehung geknüpft werden, las Hermine still, was ihr wiederum vor Augen hielt, dass sie Severus offensichtlich nicht als Lehrer sehen würde. Er hatte ihr im Traum den Schmerz genommen und Hermine rollte mit den Augen, nachdem sie ganz offensichtlich wieder eine von Freuds Deutungen vor sich hatte, denn die lautete: ’Schmerz: Eine günstige Zeit für Liebende, um ihre Angelegenheiten voranzutreiben.’

Hermine wurde das Gefühl nicht los, dass Freud ein sexbesessener Psychoanalytiker gewesen sein musste. Warum hatte es in Severus’ Traum nicht solch heiklen Deutungen gegeben? Sie gab sich nicht mehr sonderlich Mühe, denn sie würde am Ende ja nicht mit einer schlechten Note rechnen müssen.

Im Traum war sie vom Schlaf- ins Wohnzimmer gegangen und dieser Raum stand für die Entspannung, die man in Gesellschaft finden würde; in einem „öffentlichen“ Raum.

Etwas aufmerksamer las Hermine die Deutung, weil jetzt Fellini jetzt vorkam. Natürlich stand in dem Buch nichts über Kniesel, aber über Katzen und da ihr Haustier halb Katze, halb Kniesel war, könnte sie die Deutung vielleicht sogar gebrauchen. Dass Katzen die launische Seite einer Frau verkörperten, hatte sie woanders schon einmal gelesen. Im Traum war Fellini nicht nur schwarz, sondern trug weiße Punkte auf dem Fell und eine gefleckte Katze bedeutete…

Hermine rollte erneut mit den Augen. Sie schnaufte aufgebracht und meckerte leise vor sich hin, doch da rief sich ins Gedächtnis zurück, dass sie ja nicht allein in diesem Zimmer war. Sie rechnete bereits mit einem Kommentar von Severus, der neben ihr auf der Couch saß und darauf achten wollte, dass sie nicht über dem Buch einschlafen würde. Als seinerseits jedoch keine Äußerung kam, blickte sie kurz hinüber, nur um zu sehen, dass sein Kopf nach hinten gefallen war und er fest zu schlafen schien. Sie schmunzelte und las dann in Gedanken den Teil, den sie zuvor verachtend abgebrochen hatte: ’Eine gefleckte Katze bedeutet, dass Sie leidenschaftliche Gefühle für jemanden empfinden.’ Sie las weiter: ’Sollten Sie im Traum eine Katze streicheln, dann sind Sie im realen Leben gut zu einem Menschen, der es verdient.’

Kurz nachdem sie im Traum die Katze gestreichelt hatte, war sie von Severus verbrannt worden. Das Verbrennen war ein Hinweis darauf, dass man sich die Finger an einer Sache verbrennen wĂĽrde, der man nicht gewachsen war, womit in Hermines Augen nur die BĂĽcher und die dunkle Magie an sich gemeint sein konnte. Da sie im Traum jedoch die Hitze so intensiv gefĂĽhlt hatte, durfte diese Deutung nicht unter den Tisch fallen, denn das wiederum sollte fĂĽr starke GefĂĽhle stehen, die man nicht selbst, sondern von jemand anderen wahrnehmen wĂĽrde.

Hermine hasste das Fach Wahrsagen, hasste es, in Teeblättern oder Kaffeesätzen zu lesen, hasste das Kartenlegen und jetzt noch viel mehr – auch wenn es einen psychologischen Touch mit sich brachte – die Traumdeutung.

Beim zweiten Traum schrieb sie schon nicht mehr mit, sondern überflog nur noch wütend die Bedeutungen im Buch. Sie las still: ’Schlange: Ein Zeichen der Angst vor der mangelnden Fähigkeit, andere verführen zu können. Rot und schwarz gemusterte Schlagen stellen Ausgeburten der Hölle dar und stehen für finstere Kräfte.’ Im Traum hatte die Schlage sich auf dem aufgeschlagenen Buch geräkelt und sie las bei den einzelnen Stichpunkten nach: ’Buchseiten: Ihr Wissensdurst ist erwacht! Schlangenbiss: Er zeigt eine Störung Ihres erotischen Lebens; womöglich durch Sie selbst? Gift: Ein schlechtes Gewissen quält Sie und Sie befürchten, jemand könnte Ihnen auf die Spur kommen.’ Die Schlage war ihr in den Mund gekrochen, weswegen sie nachschlug und in Gedanken rezitierte: ‚Mund: Wird er Ihnen ’gestopft’, fehlt es Ihnen an sozialer Kommunikation.’

Jetzt wurde Hermine auch noch wütend, weil das Buch ihr einreden wollte, einsam zu sein, aber letztendlich war sie das. Sie war einsam, denn sonst hätte sie niemals Harry geküsst. Innerlich erschrak sie, als sie sich an diesem Moment vor wenigen Stunden erinnerte. Sicherlich würde Harry das nicht jedem erzählen, aber zumindest Ginny würde er davon berichten oder? Müsste sie Albus auch davon erzählen? Oder zählte dies zu den Dingen, die er aus ihr herauskitzeln würde, obwohl sie es nie jemanden anvertrauen wollte? Ihr getrübter Zustand war ihr so peinlich und jetzt, wo sie wieder einen klaren Kopf bekommen hatte, war es doppelt so unangenehm zu wissen, was sie getan hatte. Wollte sie den dritten Traum, in welchem sie Bellatrix Lestrange gesehen hatte, jetzt noch wirklich deuten? Er war ja sehr kurz gewesen.

Hermine seufzte, bevor sie erneut das Buch zur Hand nahm und nachschlug. Sie las wortlos: ’Haben Sie das Gefühl, beobachtet zu werden, dann könnten Sie wegen des starken Interesses eines Menschen an Ihrer eigenen Person Berührungsängste haben.’ Es war Hermine klar, dass sie unbewusst in der Bibliothek eine Assoziation zu Severus gehabt hatte, nur dass es im Traum Bellatrix gewesen war, die sie beobachtete. Das fiese Lachen der verstorbenen Todesserin sollte bedeuten, dass der Träumer mit einer Demütigung rechnen könnte und Hermine hoffte innig, dass dies nicht eintreten würde, denn das würde sie nur noch mehr deprimieren. Von jemandem umarmt zu werden könnte bedeuten, dass jemand oder etwas Besitz von einem ergreifen wollte und das konnte Hermine hundertprozentig den dunklen Künsten zuschreiben, denn die hatten sie gepackt; nicht die schwarze Magie an sich, sondern das ganze Wissen, welches sie beherbergte.

Der Kuss, den Bellatrix ihr unerlaubt gegeben hatte, wurde im Buch als Falschheit symbolisiert, was Hermine klar machte, dass die dunklen Künste sie hinterhältig hatten einnehmen wollen. Da Hermine in Bellatrix einen Feind sah, blätterte sie zum Buchstaben „F“ und las still für sich: ’Ein Feind steht für gewisse Eigenschaften, die Sie selbst innehaben, jedoch nicht an sich mögen. Das können Eigenarten, Ansichten oder Gefühle sein, die Sie an Ihrer eigenen Person sehr negativ betrachten.’ Diese Bedeutung sprach für sich, denn Hermine war von ihrer großen Begeisterung für die schwarzen Texte nicht sehr angetan.

Tief durchatmend schloss Hermine das Buch und legte es auf den Tisch. Ihre eigene Traumdeutung war verwirrend und hatte weder nur mit dem einen noch mit dem anderen zu tun. Es schien, als hätte sie in den Träumen nicht nur ihr Erlebnis mit den dunklen Künsten verarbeitet, sondern noch etwas anderes; etwas Privates. Hermine lehnte sich zurück und blickte zur Seite, wo Severus selig schlief. Diese Seite an ihm hatte sie noch nicht kennen gelernt und so betrachtete sie ihn neugierig, denn er sah jetzt so anders aus. Sein Gesicht war entspannt und die typischen Falten, die sich wegen seines häufigen, fiesen Grinsens um den Mund herum bildeten, waren verschwunden. Er wirkte geradezu friedlich.

Sie blieb noch eine ganze Weile still auf dem Sofa sitzen und vertrieb sich die Zeit damit, Fellini zu kraulen, an die dumme Traumdeutung zu denken, Harry zu streicheln und Severus zu beobachten, bis sie sich um halb neun dazu entschloss, ihn zu wecken. Sie berührte ihn sanft am Oberarm und drückte, während sie seinen Namen mehrmals wiederholte. Er brummte und drehte seinen Kopf, öffnete jedoch nicht die Augen, so dass sie einfach weitermachte.

„Severus? Sie sollten langsam aufwachen. Severus?“
Er knurrte missgelaunt und öffnete die Augen. Einen Moment lang musste er sich zunächst orientieren, wo er war, bis er Hermine erblickte.
„Oh“, war die umfassende Aussage, die auch hätte lauten können „Ich bin wohl eingeschlafen.“, doch da dies offensichtlich gewesen war, sparte er sich diese Bemerkung. „Wie spät…?“
„Halb neun durch“, informierte sie ihn.
„Dann werde ich mich frisch machen und zum Frühstück zur großen Halle gehen. Möchten Sie mitkommen?“, fragte er höflich, doch sie schüttelte nur den Kopf. „Ich werde Albus sagen, dass Sie mit ihm reden möchten. Ich denke, ein Termin am Nachmittag wäre angemessen, damit Sie vorher vielleicht etwas Schlaf finden können.“
„Ich weiß nicht, ob ich schlafen möchte“, sagte sie ehrlich. „Ich werde mit dem Hund rausgehen. Frische Luft wird mir sicherlich gut tun.“
Er stimmte ihr nickend zu und sagte: „Ja, das wäre möglich. Wenn Sie mich entschuldigen würden?“ Sie nickte und er ging daraufhin ins Schlafzimmer, während sie auf dem Sofa sitzen blieb, wo sie von beiden Haustieren jede Menge Aufmerksamkeit erhielt.


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Schon als mir zum ersten Mal klar wurde, dass Bücher von Menschen geschrieben werden und nicht einfach so auf Bäumen wachsen, stand für mich fest, dass ich genau das machen wollte.
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