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Fanfiction

Harry Potter und die Schatten der Vergangenheit - Traumata des Krieges

von Muggelchen

Harry blieb abrupt stehen und wiederholte ihre Worte: „’Um perfekt als Spion fungieren zu können’? Hermine, weißt du, wem du was damit unterstellst?“
Sie blickte ihn mit müden Augen an, bevor sie nickte und sagte: „Dass Albus nicht nur davon weiß, sondern noch viel mehr damit zu tun haben könnte.“
Den Kopf schüttelnd und sehr aufgeregt widersprach Harry: „Das kann ich nicht glauben, Mine. Nicht Albus!“ Er regte sich so sehr auf, dass er noch verteidigend anfügte: „So etwas würde er nicht tun!“
„Beruhige dich mal bitte! Es ist nur eine Theorie. Damit könnte ich genauso falsch liegen, wie mit dem Dementorkuss, also reg dich bitte nicht so auf“, erklärte sie bedauernd.

Sie wollte Harry wirklich nicht so auf die Palme bringen. Als sie sich jedoch ins Gedächtnis zurückrief, dass es Albus gewesen war, der Sirius’ und sein eigenes Ableben inszeniert hatte, dann wäre es nicht mehr so abwegig zu denken, dass Albus auch etwas mit Severus’ gefühlskaltem Zustand zu tun haben könnte. Der Direktor hatte damals niemandem gegenüber auch nur ein Sterbenswörtchen darüber verloren, dass Sirius gar nicht gestorben war; er hatte alle trauern lassen. Man könnte sogar zu der Annahme kommen, dachte Hermine, dass Albus sich mit Sirius nur ein Druckmittel erschaffen hatte, mit dem er Harry jederzeit in die Schranken hätte weisen können. Vielleicht war der Grund für die sofortige Zusammenführung von Sirius und Harry gleich nach dem Sieg über Voldemort nur eine reine Prophylaxe gewesen, damit aus Harry kein dunkler Lord werden würde, denn die Freude darüber, seinen Patenonkel wieder in die Arme schließen zu können, hatte Harry vollends eingenommen.

„Oh mein Gott!“, sagte Hermine plötzlich.
„Was?“, keifte Harry. „Hast du noch eine Theorie darüber, dass Albus eigentlich Voldemort ist und ich sein Sohn?“
Vorwurfsvoll giftete Hermine zurück: „Du scheint wohl längst vergessen zu haben, was er dir für ’Kopfschmerzen’ bereitet hat!“

Da sie das Wort „Kopfschmerzen“ so betont hatte, fielen ihm gleich die Hauselfen ein, die Albus ihm als Spione auf den Hals gehetzt hatte und nicht nur ihm, sondern auch seinen engsten Freunden und da verstand er plötzlich, dass Hermine sich von Albus nicht blenden ließ, nur weil der ein mächtiger und angesehener Zauberer war. Sie wusste, wozu er fähig sein konnte und behielt das immer im Hinterkopf, wenn sie ihre Theorien schmiedete.

Sie blickte ihn einen Moment lang böse an. Auf der Stelle bereute er seine garstigen Worte und als sie das an seinen Augen erkannt hatte, verzieh sie ihm und erklärte: „Severus wartet auf mich mit dem Frühstück. Ich bin spät dran; das wird ihm gar nicht gefallen.“
Um sich bei ihr zu entschuldigen, bot er an: „Dann gehe ich einfach mit und wir frühstücken zusammen.“

In seinen Räumen hatte sich Draco gerade zurechtgemacht, um zu Susan zu flohen, damit er mit ihr frühstücken könnte. Besonders lag ihm daran, ihr zu sagen, dass er die Schule nicht beenden wollte.

Seine Mutter saß an dem Schreibtisch im Wohnzimmer und schrieb einen Brief, wahrscheinlich an seinen Vater, wie Draco vermutete, und so räusperte er sich zunächst, um sie darüber informieren zu können: „Ich werde Susan besuchen, Mutter. Das ist doch in Ordnung oder?“ Sie war in letzter Zeit sehr still geworden und schien viel nachzudenken, was verständlich war, wo doch jetzt wieder alle Erinnerungen an früher in ihr aufgekommen waren.
„Natürlich ist das in Ordnung, mein Guter. Grüß sie lieb von mir“, sagte sie lächelnd, bevor sie sich wieder ihrem Brief widmete.

Vom Kamin aus flohte er direkt zu Susan, die in der KĂĽche gerade damit begonnen hatte, das FrĂĽhstĂĽck zuzubereiten und so stellte er sich zu ihr und half.

„Draco“, sagte sie freudestrahlend, bevor sie ihm einen Kuss auf die Lippen gab. „Wie geht es dir? Und wie war das Halloween-Fest? Bist du als Todesfee gegangen mit schwarzer Kutte?“
„Na ja, eine schwarze Kutte hatte ich schon getragen…“, sagte er innehaltend, bevor er sich zu ihr an die Arbeitsplatte begab und ihr bei der Zubereitung half.
„Als was denn dann?“, fragte sie lächelnd.

Als Todesser zu gehen war eine gute Idee gewesen, um den Mitschülern mal einen Denkzettel zu verpassen, aber schon die Auseinandersetzung mit Severus hatte ihm vor Augen geführt, wie kindisch sein Verhalten gewesen war. Seine Mutter war auch nicht gerade begeistert gewesen, aber nun Susan sagen zu müssen, welche Verkleidung er gewählt hatte, ließ ein Schamgefühl in ihm aufkommen, welches er selten in seinem Leben verspürt hatte.

„Ich hab eine Dummheit angestellt“, sagte er ruhig, ohne seine Augen von der Zwiebel abzuwenden, die er mit einem Spruch würfelte, um sie später zusammen mit den Eiern braten zu können.
Susan blickte ihn ganz ernst an und fragte vorsichtig: „Was denn für eine Dummheit?“
Er schluckte und er hatte das Gefühl, eben die Antwort hinuntergeschluckt zu haben, weil er sie nicht geben wollte, doch er der Drang, ehrlich zu ihr sein, war sehr groß und daher gab murmelnd zu: „Ich bin als Todesser hingegangen.“ Aus seinen Augenwinkeln erhaschte er einen Blick auf ihr Gesicht und sie wirkte nicht enttäuscht oder wütend, sondern besorgt und traurig.
„Warum gerade als Todesser?“, wollte sie wissen fragte sie mit betrübter Stimme.

Draco musste nochmals schlucken und er jetzt bemerkte er, dass es nicht die eigenen Worte waren, die er hinunterschlucken musste, sondern seine aufkommenden Tränen. Im Nachhinein war es ihm peinlich, vor Lehrern und Schülern – vor Severus und Harry – so über die Stränge geschlagen zu haben.

„Ich weiß nicht“, sagte er leise, während er nun das Weißbrot schnitt. „Vielleicht bin ich ein wenig rebellisch?“, fügte er scherzend hinzu, doch sie erkannte, dass er diese Bemerkung nur holprig herausgebracht hatte. Sie fragte nicht mehr nach, aber sie dachte über sein Verhalten nach und da sie kein Wort mehr von sich gegeben hatte und er befürchtete, ihre Gefühle ihm gegenüber könnten sich wegen seines Benehmens geändert haben, sagte er niedergeschlagen und sehr leise: „Severus hat gesagt, es wird niemals weggehen.“
„Was wird niemals weggehen?“, wollte sie wissen.
Er ließ alles stehen und liegen, um sich zu ihr zu drehen und als sich ihre Augen trafen, da erklärte er: „Das dunkle Mal. Ich werde es immer tragen.“ Wieder schluckte er kräftig, aber damit seine momentane Schwäche für sie nicht sichtbar werden würde, sagte er noch scherzend: „Vielleicht werde ich in fünfzig, sechzig Jahren als lebendes Geschichtsobjekt von Schule zu Schule gereicht, damit jedes Kind mal sehen kann, wie das dunkle Mal auf dem Arm eines Todessers ausgesehen hat.“

Sie legte ihr Messer aus der Hand und umarmte ihn; drückte ihn fest an sich und daher, weil sie ihn nicht mehr sehen konnte, ließ er einer einzigen Träne freien Lauf.

Dicht an seinem Ohr sagte sie leise: „Jeder trägt irgendein Mal, dass ihn an die schlimmen Zeiten erinnert, Draco. Es muss nicht das dunkle Mal sein; es kann eine Kriegsverletzung sein oder eine Wunde im Herzen.“ Sie atmete tief durch, bevor sie hinzufügte: „Du kennst meine Schulter, Draco. Das wird auch nie weggehen.“

Auf ihrer Schulter befand sich eine Narbe, die sie durch eine klaffende Wunde zurückbehalten hatte. Eine Wunde, die ihr durch den Fluch eines Todessers beigebracht worden war. Das Schlimmste hatte man heilen können, doch diese unförmige eine Narbe, lang und breit wie ein Finger und über einen Zentimeter tief ins Fleisch eingekerbt, würde für immer bleiben.

„Du müsstest mal Harrys Rücken sehen“, sagte sie still.
Er drückte sie sanft von sich weg und fragte ein wenig erbost: „Wieso kennst du Harrys nackten Rücken?“
Sie lachte auf, bevor sie ihn beruhigte und erklärte: „Schon vergessen? Ich war in seinem Team; im Orden. Wir alle sind oft gemeinsam losgezogen, wenn wir Informationen darüber erhalten hatten, wo sich…“ Sie beendete den Satz nicht, denn es war klar, dass sie „Todesser“ gemeint hatte. „Die feigen Hunde haben ihn sehr häufig von hinten angegriffen, aber wir wussten das und haben ihm immer den Rücken gedeckt. Trotzdem sind ein paar Flüche durchgedrungen.“ Sie legte ihren Kopf an Dracos Schulter und schilderte: „Ron hat es einmal böse am Knie erwischt und er hatte schon seinen Traum begraben, einmal ein berühmter Quidditch-Spieler werden zu können. Luna hat eine lange Narbe an ihrem Kopf, aber durch ihr langes Haar sieht man sie nicht und Hermine…“
Susan verstummte, denn sie hatte versprochen, niemandem von dieser Wunde zu erzählen, aber Draco wollte es wissen und fragte nach: „Und Hermine?“
„Darf ich nicht sagen, ich hab’s versprochen.“
„Wo ist sie verletzt worden?“, fragte er neugierig.
Sie verließ seine warme Schulter und lächelte, bevor sie den Kopf schüttelte, doch dann sagte sie: „Rechter Unterschenkel, aber mehr bekommst du aus mir nicht heraus. Außerdem müsste ich dich töten, wenn ich erfahren sollte, dass du das jemals irgendjemandem…“
Draco unterbrach sie mit einem Kuss, bevor er klarstellen wollte: „Diese Kriegswunden sind etwas anderes als das, was ich trage.“
„Sind sie das? Sie sind nicht vergehende Erinnerungen an Entscheidungen, die wir einmal getroffen hatten. Ich weiß, warum du es trägst und unser Kind wird es später auch erfahren und zwar von seinem Vater persönlich. Ich glaube nicht, dass er oder sie“, sie strich sich über den Bauch, „dich verurteilen wird, weil du alles darangesetzt hattest, deine Familie in Sicherheit zu wissen.“

Noch während sie den Frühstückstisch deckten, diskutierten sie ruhig darüber, dass Draco die Schule nicht beenden wollte. Letztendlich wäre es seine Entscheidung, hatte Susan gesagt, doch sie hatte ihn dazu bringen können, zunächst abzuwarten, was Dumbledore zu der ganzen Sache sagen würde. Außerdem hatte Susan ein Argument hervorgebracht, welches ihn dazu bewegt hatte nachzudenken, denn sie hatte gefragt, ob er wirklich möchte, dass alle Schüler – und wenige waren es nicht gewesen – ihn mit seinem Auftritt als Todesser in Erinnerung behalten sollten, denn wenn er dem Unterricht jetzt fernbleiben würde und er die Schule nicht beenden sollte, würde das das Letzte darstellen, das sie mit ihm in Verbindung bringen würden: Draco in einer Todesserrobe.

Draco und Susan begannen ausgiebig zu frühstücken und derweil – in seinen Kerkern sitzend und wartend – blickte Severus auf das Tablett, welches ihm eine neue Hauselfe namens Shibby, die auch noch den Nerv besessen hatte, sich ihm persönlich vorstellen zu müssen, vor zwanzig Minuten gebracht hatte. Hermine war noch immer nicht von ihrem Spaziergang mit seinem Hund zurück und Severus knurrte bereits der Magen. Er entschloss sich dazu, sich zumindest schon einmal einen Schluck Kaffee zu gönnen, während er weiterhin auf sie wartete und er seinen Magen mit dem wohlriechenden Duft des Essens quälte, welches er allein nicht anrühren wollte. Es stimmte ihn misslaunig, dass sie sich so viel Zeit nahm und ihn warten ließ. Für einen Moment überlegte er, ob dies möglicherweise eine Retourkutsche für sein Verhalten in letzter Zeit sein könnte, doch andererseits war es nicht ihre Art, die stumme Eingeschnappte zu spielen. Sie war eher der Typ, der ihn verbal mit unschönen Situationen konfrontierte – oder aber „handgreiflich“ werden konnte, wenn sie sich ihm nicht gewachsen fühlte. Er dachte in diesem Moment daran, wie sie ihn mit Seegras beworfen hatte und er musste deshalb tatsächlich schmunzeln, denn im Nachhinein fand er es komisch.

Während er auf der Couch saß und wartete, wurde ihm erst bewusst, wie sehr sein Hund ihm die Einsamkeit im Leben nahm. Wäre er jetzt bei ihm, würde er längst neben Severus an der Couch sitzen und brav warten, falls „zufällig“ etwas vom Teller fallen würde. Das Betteln hatte er ihm von Anfang an abgewöhnt und der Hund hatte schnell verstanden, dass er gar nichts bekommen würde, sollte er sich aufdringlich verhalten. Im Beisein von Harry oder Hermine hatte er seinem Haustier jedoch nie etwas gegeben. Rückblickend hatte Severus sich schon häufig Gedanken darüber gemacht, was ein nur wenige Wochen alter Welpe im Verbotenen Wald zu suchen gehabt hatte. Als er eines Tages Hagrid daraufhin angesprochen hatte, konnte der Halbriese nur mit den gigantischen Schultern zucken, denn auch er hatte keine plausible Erklärung parat. Der Hund war kein Animagus und auch kein magisches Wesen, denn das hatte Severus bereits ausführlich getestet. Harry war ein ganz normaler Hund, der unter mysteriösen Umständen allein im Wald darauf gewartet hatte, von Severus gefunden zu werden.

Die Tür zu seinem Wohnzimmer ging auf und Hermine trat herein, dicht gefolgt von Harry, der ihn gleich grüßte und fragte: „Haben Sie etwas dagegen, wenn ich auch mit Ihnen frühstücke?“
„Nein, warum sollte ich?“, gab Severus gelangweilt klingend zurück.
Hermine zog sich ihren Umhang aus und hängte ihn an den altmodischen Garderobenständer und auch die Leine verstaute sie ordentlich an ihrem Platz, bevor sie sich neben Severus setzte und erklärte: „Ich habe Harry auf dem Flur getroffen. Er wollte heute mit dem Hund rausgehen und da sind wir eben zusammen spazieren gegangen. Tut mir Leid, wenn ich deswegen die Zeit vergessen habe.“
„Nun sind Sie ja hier. Ich hoffe, Sie nehmen es mir nicht übel, wenn ich bereits etwas Kaffee zu mir genommen habe“, sagte Severus, bevor er hungrig über das Frühstück herfiel.

Mit ihrem Zauberstab wutschte Hermine ein dritten Gedeck herbei, so dass Harry, der gegenĂĽber Platz genommen hatte, sich auch etwas auftun konnte.

Während Severus sich am Cheddar gütlich tat, erzählte Harry aufgebracht, als sei es ihm eben erst eingefallen: „Morgen Abend findet ein Ordenstreffen statt! Albus hat gesagt, ich könnte vorbeikommen und mir alles anhören und ich kann auch euch beide und Ginny mitbringen!“
„Wie überaus großzügig von ihm“, sagte Severus herablassend.
Hermine war jedoch begeistert und sagte enthusiastisch: „Ich komme mit!“
„Was ist mit dir?“, fragte er Severus, der ihn daraufhin starr anblickte, jedoch nicht antwortete. „Was ist? Habe ich etwas getan?“, wollte Harry wissen.
Severus räusperte sich und brachte es auf den Punkt: „Ich habe Ihnen nie die Erlaubnis gegeben, mich so persönlich anzusprechen.“
Weil Harry völlig entgeistert seinen Kollegen anschaute, klärte Hermine die Situation auf: „Du hast ihn eben geduzt, Harry.“
„Hab ich? Ist mir wirklich nicht aufgefallen. Entschuldigung, kommt nicht wieder vor“, versicherte Harry, der sich noch immer nicht bewusst darüber war, dass er das wirklich getan haben sollte. Dann wollte er plötzlich wissen: „Was muss man tun, damit Sie es einem anbieten?“

Hierauf hatte Severus keine Antwort parat, so dass er darüber nachdenken musste, in welchen Situationen er wem die Erlaubnis dazu erteilt hatte. Black konnte er den Mund nicht verbieten, denn der nannte ihn nach Belieben beim Vor- oder Nachnamen und benutzte abwechselnd höfliche oder vertraute Anreden, was alles besser war als das verhasste Schimpfwort. Lupin hielt weiterhin an der alten Gewohnheit aus der Schule fest, ihn zu duzen und mit Vornamen anzureden, was nicht bedeutete, dass Severus es ihm gleichmachen wollte. Albus war eine Ausnahme, denn der Mann würde ihn wahrscheinlich auch duzen, selbst wenn Severus es sich jetzt nach all den Jahren verbitten würde. Während persönlicherer Momente war auch Poppys Anrede persönlicher, wogegen er nichts einzuwenden hatte. Da war noch Linda, seine damalige Freundin. Freunde würden sich in der Regel persönlich anreden und Harry und Hermine, das hatte er beiden gegenüber bereits erwähnt, bezeichnete er als seine Freunde. Sein Inneres meuterte jedoch, denn vom Gefühl her war es nicht der richtige Zeitpunkt und ob der jemals kommen würde, war nicht vorhersehbar.

„Ich sehe keinen Nutzen darin, Ihnen oder Ihnen beiden eine persönliche Anrede zugestatten“, erklärte Severus trocken.

Harry war wie vor den Kopf geschlagen, während Hermine einerseits mit so einer Reaktion gerechnet hatte, sich aber andererseits schroff zurückgewiesen fühlte.

„Wenn Sie beide Ihre Sprache wiedergefunden haben, würde ich gern über unseren morgigen Auftritt beim Ordenstreffen reden“, sagte er in dem gleichen, nüchternen Tonfall, den er gewöhnlich benutzte. Er blickte abwechselnd Harry und Hermine an, bevor er amüsiert vermutete: „Aber wie es aussieht, kann das noch eine Weile dauern.“

Harry nutzte Hermines Sprachlosigkeit und sagte ein wenig enttäuscht klingend: „Albus hat uns eingeladen und ich soll Bescheid geben, wer alles kommen wird, weil Molly Abendessen für alle machen möchte. Wie sieht es aus?“
„Ich werden kommen! Um welche Uhrzeit findet das Treffen statt?“, wollte Severus wissen.
„Abends um neun. Ich werde mit Ginny schon um acht dort sein, damit wir uns etwas mit Arthur und Molly unterhalten können“, erklärte Harry.

Wegen der baulichen Begebenheiten befand sich in Severus’ privaten Räumen nur ein einziges Oberlicht im Schlafzimmer und durch dieses Oberlicht war eine Posteule hindurchgeflogen, die Severus einen Brief brachte, den er aber nicht öffnete. Hermine erkannte jedoch die Handschrift, da sie schon einmal einen Brief von derjenigen in der Hand gehalten hatte.

„Oh, schreibt Linda Ihnen wieder?“ Er nickte lediglich und langte beim Rührei zu. „Was schreibt sie denn so?“, wollte Hermine wissen. Wegen ihrer Neugierde blickte er sie strafend an, so dass sie es für besser hielt, den Mund zu halten.
Harry schritt ein und fragte nichts ahnend, obwohl er genau wusste, was Sache war: „Wer ist denn Linda?“
Severus war sichtlich genervt, dass dieses Thema aufgekommen war, doch trotzdem gab er, wenn auch recht aggressiv klingend, eine Antwort, indem er sagte: „Eine Lebenspartnerin aus vergangenen Tagen.“ Harry öffnete schon den Mund, um frech nachzuhaken, doch Severus verbat sich das und sagte zischend: „Das reicht als Information!“

Die Stimmung war auf dem Nullpunkt, dachte Harry und es war allein seine Schuld, weil er zu sehr gebohrt hatte. Doch immerhin wusste er jetzt offiziell von der Dame, die Severus und Hermine neulich getroffen hatten. Warum sollte Severus früher auch keine Freundin gehabt haben? Er selbst hatte damals Cho als seine Freundin betrachtet, während Ginny für ihn immer diejenige gewesen war, die er von Herzen liebte.

Um die düstere, stille Atmosphäre wieder etwas zu enteisen, erzählte Harry stolz: „Wissen Sie was, Severus? Ich bekomme ein Denkarium!“
Severus blickte auf und weitete seine Augen vor lauter Staunen nur ein wenig, bevor er sagte: „Tatsächlich? Diese Becken sind nicht gerade erschwinglich und selbst, wenn das Vermögen für die Anschaffung ausreichen sollte, heißt das noch lange nicht, dass man eines der seltenen Denkarien, die es gibt, auch angeboten bekommt. Woher…“
Unterbrechend erklärte Harry: „Ein guter Freund des Vaters von Angelina ist verstorben und…“ Er verstummte, denn auch wenn es Zufall gewesen war, wie er zu diesem Erbstück gekommen war, so hörte es sich doch scheußlich an, wenn er es erzählte.
Um ihn zum Weiterreden zu bringen, wiederholte Severus seine letzten Worte: „…ist verstorben und…?“
„Na ja, er wusste, dass ich gern ein Denkarium gehabt hätte und da hat man mich offensichtlich im Testament bedacht“, erklärte Harry am Ende hin sehr leise.
„Sie werden viel Freude daran haben, wenn ich auch vermuten muss, dass Sie über den sinnvollen Zweck eines Denkariums leider keinen blassen Schimmer haben, weil Sie es als reines Instrument der Unterhaltung sehen werden“, sagte Severus, der seinen Teller mit dem letzten Happen Toast leer gegessen hatte und sich nun eine vierte Tasse Kaffee einschenkte.
Hermine, die die ganze Zeit still gewesen war, warf ein: „Was für einen Zweck sollte ein Denkarium schon haben? Man kann dort Erinnerungen ablegen und sie sich immer wieder ansehen.“
Nur widerwillig stimmte Severus zu und sagte: „Ja, das ist lediglich die Grundidee.“
Zu seiner Tasse greifend fragte Harry: „Wollen Sie es mal sehen, wenn es da ist?“
Mit steinerner Miene blickte Severus seinen jungen Kollegen an, bevor er erwiderte: „Ja gern! Und ich versichere Ihnen“, Severus verengte seine Augenlider, „dass ich Ihrem Denkarium mit dem gleichen Respekt gegenübertreten werde wie Sie es getan haben!“

Es war zu hören, dass Harry kräftig schlucken musste. Sein Gesicht war von Reue gezeichnet, als er klarstellte: „Ich habe Ihnen gesagt, dass mir das sehr Leid tut, Severus. Und ich schwöre, dass ich bis heute niemandem – nicht Ron, Ginny oder Hermine – davon erzählt habe und das werde ich auch nicht tun!“

Diesmal war Hermine wirklich nicht klar, um was genau es ging, denn sie wusste weiter nichts als dass Harry einmal eine Erinnerung von Severus gesehen haben musste. Als Severus sie plötzlich eindringlich anblickte, hob und senkte sie einmal ruhig ihre Schultern, bevor sie leise und nicht sehr ernst sagte: „Es wäre jetzt wahrscheinlich unangemessen, darum zu bitten mich aufzuklären oder?“

Wegen des gestrigen Vorfalls während des Halloween-Festes fragte Harry interessiert: „Haben Sie irgendwas von Draco gehört? Will er die Schule wirklich hinwerfen?“ Weil Severus ihn so verdattert anblickte, erklärte Harry: „Man konnte gestern in der großen Halle fast alles hören, was Sie beide gesagt haben.“
Die Fassung hatte er schnell wiedererlangt, bevor er gefühlskalt entgegnete: „Ich habe Mr. Malfoy seit dem Vorfall nicht mehr gesehen oder gesprochen und ich habe auch kein Verlangen danach.“

Für Hermine und Harry war klar, dass Severus wegen Dracos Auftritt noch immer sehr übellaunig sein musste, wenn er von ihm als „Mr. Malfoy“ sprach.

Severus fügte unberührt hinzu: „Er hat am Montag eine Unterredung mit Albus.“
„Albus“, wiederholte Harry leise für sich. „Haben Sie mit Albus eigentlich schon gesprochen? Ich meine, wegen der ganzen offenen Fragen.“
„Nein, aber vielleicht habe ich am Montag die Gelegenheit dazu, denn auch ich bin“, Severus seufzte, „zum Tee eingeladen. Doch selbst, wenn ich nicht dazu kommen sollte, ihn zu fragen, dann werde ich sicherlich nicht davor zurückschrecken, mal zum See zu spazieren, um sein Grab zu inspizieren“, sagte Severus trocken.
„Oh, darf ich da mitkommen?“, fragte Hermine enthusiastisch, als hätte Severus eben von einem Picknick am See gesprochen.
Spöttisch fragte Severus zurück: „Wegen des Spaziergangs oder um einen Blick in das Grab zu werfen?“
Sie lächelte frech und antwortete: „Beides!“

Nach dem Frühstück war Harry gegangen, weil er den Tag mit Ginny und Nicholas verbringen wollte, während Hermine bei Severus in den Kerkern geblieben war, doch anstatt miteinander zu reden, saßen sie weiterhin auf der Couch und schwiegen sich an.

Hermine betrachtete den Hauself dabei, wie der den Tisch abräumte und sie überlegte, ob sie Severus wegen seiner Farben ansprechen sollte, denn der schien nach der Erwähnung von Dracos Auftritt und dem Thema „Linda“ nicht in bester Laune zu sein. Würde sie jetzt auf die Nebenwirkung des Trankes zu sprechen kommen, würde er ihr sicherlich den Hals umdrehen wollen. Sie entschloss sich dazu, heute nichts dergleichen anzusprechen.

Der letzte Schluck Kaffee war getrunken und gleich darauf fragte Hermine: „Was wollen wir heute zusammen machen?“
„Was meinen Sie?“, fragte er verdutzt.
„Irgendeinen Trank brauen? Ab und zu muss ich als ihre Schülerin auch zeigen, dass ich es drauf habe“, sagte sie lachend. „Sie haben doch gesagt, sie hätten die Dracheneierschalen mit einem Haltbarkeitszauber belegt.“ Er nickte, so dass sie mit ihrem Vorschlag herausrückte: „Da standen einige interessante Tränke in dem Buch. Vielleicht könnten wir noch einen davon…?“
Mit flehenden Augen und einem Lächeln auf den Lippen blickte sie ihn an, weshalb er fragte: „Welcher Trank schwebt Ihnen denn vor?“
„Ich glaube, der hieß ’Auditexag’?“
„Ah, Sie möchte Ihr Gehör verstärken. Ich rate davon ab, dies am Tage zu tun und schon gar nicht an einem Ort, an welchem Kinder und Jugendliche überall und stetig plappern. Wahrscheinlich würde man seinen Verstand verlieren, bei dem ganzen vorpubertären Getratsche und dem hysterischen Gekicher“, sagte er schmunzelnd, doch seine Einwände leuchteten ihr ein.
„Wie wäre es nochmal mit dem ’Adlerauge’?“, fragte sie vorsichtig.
Der befürchtete Wutausbruch blieb aus, aber dennoch verneinte Severus und empfahl: „Lieber etwas anderes. Wenn wir jetzt rechtzeitig beginnen, könnten wir zum Abendessen fertig sein und mit verstärkten Geschmäckern das Mahl der Hauselfen genießen“, suggerierte er und an der Idee fand sie Gefallen.

Sie waren noch nicht ins Labor gegangen, denn Hermine hatte eine Unterhaltung begonnen und fragte nun wissbegierig: „Haben Sie schon eine Ahnung, wie Albus den Avada überlebt haben könnte?“
Er schürzte die Lippen und wählte wohlüberlegt seine Worte, bis er endlich antwortete: „Ich habe viele Vermutungen.“ Er blickte sie an und erklärte: „Albus hatte niemals Angst vor dem Tod, was bedeutet, dass er mit der Vortäuschung seines Ablebens nicht sein eigenes Leben schützen wollte. Das wiederum lässt mich vermuten, dass er schon lange Zeit etwas geplant haben musste, nämlich Black ebenfalls ’aus dem Weg zu räumen’ und danach sich selbst.“ Eine Braue formte einen ebenmäßigen Bogen über seinem Auge, bevor er anfügte: „Natürlich alles zum Wohle von Harry.“
Nun lag es an ihr, ein wenig nachzudenken und sie fragte: „Wenn es nichts Schwarzmagisches gewesen war, was er Sirius gegeben und später auch selbst eingenommen hatte; wenn es nicht einmal etwas war, das man erst brauen muss, um was könnte es sich dann handeln?“
„Um an diesem Punkt weitere Theorien aufstellen zu können, wäre es interessant zu wissen, ob sich ein Körper in Albus’ Grab befindet“, warf er ein.
„Weshalb? Sie glauben, trotzdem Albus hier herumläuft, dass sein Körper im Grab liegen könnte? Sagen Sie bitte nicht, dass der Direktor nicht ’unser’ Direktor ist“, sagte sie etwas verängstigt.
„Nein, das möchte ich nicht behaupten. Es handelt sich, wie Sie es so schön ausgedrückt haben, um ’unseren’ Albus, aber ich habe einmal von einer besonderen und seltenen Fähigkeit gelesen. Warten Sie, ich hole das Buch.“

Severus entnahm einem Schrank das Buch mit dem Titel „Die zwölf Briefe der Cassandra Trelawney“, welches sie schon einmal in der Hand gehabt hatte, als sie das erste Mal allein in Severus’ Labor wegen Harrys Gabe geforscht hatte. Er reichte es Hermine, die es auf ihren Schoß legte. Trotzdem war er es, der in den Seiten blätterte, bis er das Kapitel über Doppelgänger gefunden hatte. Sie las es und zwang sich dazu, nicht jeden Satz gleich dreimal verschlingen zu wollen.

„Das wäre natürlich eine Erklärung, wenn ich davon auch noch nie etwas gehört habe“, sagte Hermine.
„Wir können gern, wenn Albus sich am Montag wieder herauswinden sollte, am Abend sein Grab aufsuchen und einfach nachschauen“, sagte er verschwörerisch klingend.
„Und wenn wir keine Leiche finden sollten?“, wollte sie wissen.
„Dann wissen wir, dass er nicht über die Gabe des Doppelgängertums verfügt“, antwortete er gewissenhaft.
„Wenn wir eine Leiche finden sollten, dann würde das doch aber bedeuten, dass es sich doch nicht um ’unseren’ Albus handelt, sondern um eine Kopie, die er von sich angefertigt hat“, sagte sie leise.
Severus nickte und seine Augen senkten sich langsam zu Boden, bevor er mit bebender Stimme sagte: „Es würde aber noch etwas anderes bedeuten; nämlich, dass ich Albus damals auf dem Astronomieturm tatsächlich ermordet habe.“

Sie bemerkte, dass ihm dieser Gedanke schwer zu schaffen machte. Das jahrelange quälende Wissen, Albus ermordet zu haben, war nach dem Sieg über Voldemort mit einem Schlag wie ausradiert gewesen, nachdem der vermeintlich Tote auf der Bildfläche aufgetaucht war. Severus wollte nicht noch einmal mit der Schuld leben, die so schwer auf ihm gelastet hatte.

Leise sagte Hermine: „Aber es wird doch niemand erfahren.“
„ICH werde es wissen!“, belferte er, so dass sie kurz zusammenzuckte. Er fuhr aufgeregt mit einer Hand durch seine fransigen glänzenden Haarsträhnen und fügte ruhiger hinzu: „Sollten wir eine Leiche finden, würde dies bedeuten, ich hätte das Original ermordet und diese herumwandelnde Kopie wäre das Einzige, das mich vor Askaban bewahrt. Ich hätte gut Lust, gleich jetzt an den See zu gehen. Der Gedanke ist…“ Es war für ihn unerträglich, womöglich doch Albus’ Mörder zu sein.
„Sollte dort wirklich eine Leiche liegen, würde das höchstens untermauern, dass Sie nur seine Marionette gewesen waren, Severus. Machen Sie sich keine Sorgen, denn Sie haben in seinem Sinne gehandelt“, sagte sie beruhigend, doch ihre Worte schienen ihn eher aufzuwühlen.
„Glauben Sie, ich würde mit diesem Gedanken leben wollen?“, fragte er spöttisch.
„Warum haben Sie es denn überhaupt getan, wenn der Gedanke daran so…“
Er unterbrach sie barsch und erklärte: „Ich habe nie damit gerechnet, den Krieg lebend zu überstehen. Ich habe das getan, was man von mir verlangt hat, denn ich hatte ja nichts zu verlieren!“ Severus atmete heftig, erzählte jedoch weiter: „Als ich mit Draco zurück nach Hogwarts gekommen bin, da hatte ich mich darauf eingestellt, dass dies mein letzter Tag auf Erden sein würde und diese Vorstellung war nicht einmal erschreckend oder beängstigend, weil ich es für mein Schicksal gehalten hatte. Mein einziges Ziel war es, Voldemort endgültig tot zu sehen.“ Er schüttelte leicht den Kopf. „Jede Minute hatte ich mit meinem Tod gerechnet und dann“, seine Stimme wurde leiser, „war plötzlich alles vorbei“. Er schluckte kräftig, bevor er flüsternd fortfuhr: „Und ich war enttäuscht.“ Damit sie ihn nicht falsch verstehen würde, erklärte er noch: „Enttäuscht, dass ich mich in meinem Schicksal geirrt haben sollte.“
Sie verstand ihn gut und fühlte mit ihm, doch er schien eines nicht zu verstehen, weswegen sie sagte: „Es war Krieg gewesen! Jeder hatte persönliche Opfer bringen müssen und Ihr Opfer war es gewesen, Albus zu…“
Er unterbrach zornig und blickte sie an, als er böse zischte: „Sie brauchen mir nicht wie einem Kind zu erklären, dass ein Krieg viele Opfer mit sich bringt, Miss Granger.“ Sein Zorn ließ ihn wieder seine Distanz zur ihr aufbauen. „Glauben Sie ja nicht, dass Albus der Erste gewesen war, der durch mich den Tod gefunden hatte. Ich habe genug Menschen ins Grab befördert.“

Hermines Herzschlag hatte sich beschleunigt wie auch ihre Atmung. Severus war momentan wie früher: ein griesgrämiger Lehrer, listiger Spion, heimtückischer Todesser. Er war bösartig und wirkte gefährlich und sie glaubte, jeden Moment damit rechnen zu müssen, dass er sie verbal niedermachen oder er ihr sogar einen Fluch auf den Hals hetzen würde.

Der gryffindorsche Mut war jedoch ein Teil von ihr, aber vor allem war er noch vorhanden, so dass sie, wenn auch recht leise und sehr unsicher, konterte: „Sie brauchen gar nicht zu denken, dass Sie der Einzige in diesem Raum sind, der Menschen töten musste, um selbst am Leben zu bleiben.“

Sie wollte ihm damit eigentlich nur vor Augen halten, dass auch sie Leben auf dem Gewissen hatte wie alle anderen auch: wie Harry, Ron und selbst Neville und Luna. Die aufflackernden Erinnerungen an die vielen Kämpfe, die sie hatte bestreiten müssen, um Harry bei der Suche nach den Horkruxen zu helfen, brachten jedoch auch unverhofft Erinnerungen an die Menschen zurück, die durch ihre Hand den Tod gefunden hatten. Die auf ihrer Seele lastende Schuld, die sie durch die vielen Gespräche mit ihren Freunden längst bewältigt glaubte, überflutete schlagartig ihr Bewusstsein, so dass sie ihre Traurigkeit gar nicht mehr aufhalten konnte. Schuld war nämlich eines der Gefühle, das immer bleiben würde. Neville hatte damals nach einem Kampf zu ihr gesagt, dass er nur damit leben konnte, weil Notwehr und Verteidigung sein Handeln rechtfertigen würde und dass sie sich das immer vor Augen halten sollte. Hermine hatte daraufhin versucht, sich nicht weiter zu fragen, in wessen Schicksal sie eingegriffen hatte und wessen Leben sie genommen hatte. Sie hatte das Leben ihrer Freunde und ihr eigenes retten müssen und hatte dafür über Leichen gehen müssen.

Obwohl Tränen über ihre Wangen liefen, weinte sie nicht ersichtlich. Hermine senkte ihren Blick und betrachtete die Hände in ihrem Schoß und erst da bemerkte sie, dass diese wegen der scheußlichen Erinnerungen an den Krieg und die vielen Kämpfe wie wild zitterten.

Nach einer lang anherrschenden Stille hörte sie Severus’ Stimme, der reumütig sagte: „Es tut mir wirklich Leid, Hermine. Ich wollte keine schlimmen Erinnerungen wecken.“

Sie war kein unschuldiges Mädchen, welches das Glück gehabt hatte, behütet und fernab aller Grausamkeiten aufzuwachsen. Sie hatte mit ansehen müssen, wie Verbündete gestorben waren, deren Wunden sie nicht heilen konnte. Sie hatte sich gegen Zauberer und Muggel verteidigen müssen, die ihr Versteck ausfindig gemacht hatten und nur einem Ziel nachgegangen waren, nämlich alle Feinde zu töten. ’Besser die als wir’, war die Maxime gewesen, die Dean aufgestellt hatte, und jeder hatte sich daran gehalten.

Ohne auf seine Entschuldigung einzugehen, wimmerte Hermine herzerweichend, weil sie es einfach loswerden wollte: „Ich habe Menschen getötet, die unter Imperius gestanden haben. Es waren Unschuldige! Aber hätte ich sie nicht aufgehalten…“ Sie presste ihre Lippen zusammen und zog die Nase hoch, als sie plötzlich ein weißes Tuch vor Augen hatte. Severus hatte ihr sein Taschentuch gereicht.

Severus schlug vor, mit der Arbeit zu beginnen und Hermine war dankbar dafĂĽr, denn so konnte sie sich schon immer am besten ablenken.

Abends in der großen Halle fiel Hermine am Lehrertisch besonders auf, weil sie bei allem, was sie aß, genüsslich innehielt und sich das Essen auf der Zunge zergehen ließ. Jedes Mal entwich ihr dabei ein wohliges Stöhnen, welches ihr Entzücken zum Ausdruck brachte und Harry runzelte daher verdattert die Stirn. Selbst Severus verhielt sich anders als sonst, denn auch er genoss sichtlich die exquisite Küche der Hauselfen. Beim Dessert, einem stinknormalen Vanillepudding, hatte Harry genug und er lehnte sich mit seinem Löffel in der Hand vorbei an Severus Oberkörper, um ungefragt etwas von Hermines Dessert zu stibitzen, um zu sehen, ob es besser schmecken würde als sein eigenes. Sie störte sich nicht daran, sondern grinste nur verstohlen. Während sie genüsslich weiteraß, nahm Harry skeptisch den Happen gelben Naschwerks in den Mund, konnte aber geschmacklich keinen Unterschied ausmachen.

Dreist steuerte seine mit dem Löffel bewaffnete Hand auf Severus’ Schälchen zu, doch da zischte sein Kollege drohend: „Wagen Sie ja nicht, Ihren mit Speichel besudelten Löffel in meine Süßspeise zu tauchen.“
„Das schmeckt völlig gleich, Hermine! Ich weiß wirklich nicht, warum du so ein Theater um einen Vanillepudding machst“, sagte er an Severus vorbei, doch Hermine lächelte nur geheimnisvoll und überlegte, ob sie ihm später von dem Trank erzählen sollte, der den Geschmackssinn verfeinerte und Gutes noch besser schmecken ließ.


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