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Fanfiction

Harry Potter und die Schatten der Vergangenheit - Annäherungen

von Muggelchen

Obwohl er hätte todmüde sein müssen, fühlte Harry sich nach der Party und nur zweieinhalb Stunden Schlaf wie ein neuer Mensch mit aufgefrischten Lebensenergien, die ihn beschwingt aufstehen ließen. Nur kurz erinnerte er sich daran, wie Severus ihm gestern beim Abendessen davon erzählt hatte, er hätte Tante Petunia, Tante Magda und Onkel Vernon getroffen, doch diesen stimmungstrübenden Gedanken verdrängte Harry gleich wieder und ersetzte ihn mit Erinnerungen an die Highlights der gestrigen Party. Hermine hatte ihren Spaß gehabt und das war das Einzige gewesen, was er hatte erreichen wollen.

Es war halb neun morgens, als er durch die Gänge wanderte, um den Hund für den morgendlichen Spaziergang abzuholen. Bei Salazar angelangt öffnete ihm das Portrait wortlos, so dass Harry eintreten konnte.

Der Anblick, der sich ihm bot, ließ ihn wünschen, er hätte Colins Kamera dabei, denn Severus, der es gestern offensichtlich nicht mehr ins Bett geschafft hatte, lag auf der Couch und auf ihm drauf, halb auf dem Bauch, halb auf den Oberschenkeln, hatte sich der weiße Hund niedergelassen, der verschlafen seinen Kopf hob, um Harry anzublicken.

Mit einem Schmunzeln auf den Lippen näherte sich Harry langsam, so dass der Hund freudig erregt aufsprang, weil er sich auf seinen Spaziergang freute, doch dabei verlagerte er sein Gewicht so unglücklich, dass die Vorderpfoten in Severus’ Magen drückten, so dass der ein Geräusch machte, welches man am ehesten mit „Umpf“ beschreiben könnte. So rabiat aus seinem Schlaf gerissen blickte Severus sich nur einen Moment lang desorientiert um, bevor er seinen jungen Kollegen bemerkte.

„Wie spät ist es?“, fragte Severus mit rauer, verschlafener Stimme.
„Halb neun“, erwiderte Harry grinsend. Danach fragte er frech: „Sie haben aber nicht mit Hermine hier noch weitergefeiert oder?“ Ein tiefes Brummen war die Antwort, bevor Severus eine Armbeuge über seine Augen legte.
Während Harry den Hund anleinte, hörte er Severus leise murmeln: „Sie haben mich meiner warmen Decke beraubt.“ Harry grinste, besorgte jedoch per Levitation eine Decke aus dem Schlafzimmer, doch als Severus das bemerkte, schwang er sich in eine aufrechte Position und sagte: „Schon gut, ich werde jetzt besser den Tag beginnen, damit mein Rhythmus nicht vollends durcheinander kommt.“

Nach dem Spaziergang war Severus nicht im Wohnzimmer, aber offensichtlich im Badezimmer, was das Geräusch von fließendem Wasser vermuten ließ, so dass Harry sich vornahm, nebenan bei Hermine vorbeizuschauen, falls sie auch schon wach sein sollte.

Mit dem Passwort ’scientia’ verschaffte er sich Einlass bei dem wortkargen Portrait, welches eine blasse, junge Frau darstellte. Das Wohnzimmer war ruhig und die Tür zum Schlafzimmer stand offen. Leise näherte er sich der offen stehenden Tür, um einen Blick hineinzuwerfen, da kam ihm plötzlich ein Samtpfötchen mit hochgestelltem, am oberen Ende geknicktem und an der Spitze sehr flauschigem Schwanz entgegengelaufen.

„Ja, wer bist du denn?“, fragte Harry breit lächelnd und das Tier antwortete mit einem Maunzen. „Du hast Hunger oder?“, fragte er lächelnd, während er in die Knie ging. Die kleine schwarze Katze mit der buschigen Quaste am Schwanzende, der ihn als Knieselmischling enttarnte, schnurrte laut und strich um seinen Körper herum. Harry hatte mit seiner Vermutung richtig gelegen, denn warum sonst hätte Severus sich auf den Weg in die Muggelwelt gemacht, um Arabella zu besuchen, dachte er. Bestimmt nicht, um mit ihr einen Tee zu trinken, denn Arabella Figg war in erster Linie bekannt für ihre Kreuzungen zwischen Knieseln und Katzen.

Durch die offene Tür hörte er Hermine wohlig stöhnen. Das Geräusch kannte er nur zu gut, denn es kündigte an, dass sie soeben erwachte.
„Hermine?“, sagte er vorsichtig, während er an die Tür klopfte, die dabei noch weiter aufschwang.
„Harry? Komm rein“, sagte sie, bevor sie sich im Bett liegend streckte.
Er kannte zwar die Antwort, aber er wollte es von ihr hören, weshalb er fragte: „Woher ist denn der niedliche Kniesel?“
Sie begann breit zu lächeln, bevor sie offenbarte: „Das glaubst du bestimmt nicht! Den hat mir Snape nach der Party geschenkt! Ich meine, Severus.“
„Doch, das glaube ich dir! Habe ich mir fast gedacht“, entgegnete Harry, der ihr daraufhin erzählte, dass Severus seine Verwandten in der Muggelwelt getroffen hatte. „Wollen wir in der großen Halle frühstücken?“, fragte Harry gleich darauf, denn er wollte ein tieferes Gespräch über die Dursleys vermeiden.

Hermine nickte, so dass sie sich flugs im Badezimmer zurechtmachte und sich ankleidete, bevor beide auf den Flur gingen. Als sie an Severus’ Räumen vorbeigingen, sagte sie: „Fragen wir ihn doch, ob er mitkommen möchte. Ist er schon wach?“ Sie ahnte, dass Harry heute schon wegen dem Hund bei ihm gewesen sein muss und nickend bestätigte er ihre Vermutung. Vorsichtig klopfte sie an, obwohl Salazar ihr anbot, die Tür einfach zu öffnen, weil Harry ja bei ihr war und der sowieso Zutritt hätte. Severus öffnete und Harry bemerkte, dass dessen Haare noch etwas feucht vom Duschen waren und nicht fettig wie sonst. Er war bereits komplett angekleidet.

„Guten Morgen“, sie stockte beim Namen, „Severus. Kommen Sie mit in die große Halle frühstücken?“
Zögernd antwortete Severus: „Ich, ähm, ja, warum nicht…“

Wortlos folgte Severus den beiden, die sich aufgeregt unterhielten. Ihm fiel auf, dass Miss Granger – in Gedanken verbesserte er die Anrede und nannte sie beim Vornamen – dass Hermine heute wesentlich ausgeglichener wirkte als die letzten Wochen. Sie schien wieder fröhlich zu sein und insgeheim hoffte er, dass sein Geburtstagsgeschenk zumindest einer der Auslöser für ihre nun heitere Stimmung gewesen war. Wo er gerade an den Knieselmischling dachte, nutzte er eine Sprechpause von Harry und Hermine, um zu fragen: „Wie geht es dem Tier? Ich hoffe, die erste Nacht war nicht allzu chaotisch.“

Hermine drehte sich nicht nur um, sondern wartete, bis er ein paar Schritte aufgeholt hatte, so dass sie neben ihm laufen konnte, als sie ihm schilderte, dass der Kniesel bei ihr im Bett geschlafen und sich dabei ganz friedlich verhalten hatte.

„Zumindest hat er mir nicht in die Zehen gebissen wie die Kratzbürste vorher“, sagte sie in abwertenden Tonfall und es war ihm eine Genugtuung zu hören, dass sein Kniesel mit ihr verträglich war.
„Das freut mich, Hermine. Ich bin allerdings erstaunt darüber, dass jemand, der von sich behauptet, er würde jahrelang Kniesel züchten, es nicht fertig gebracht hatte, ein Tier mit solchen Wesenzügen zu finden, damit es zu Ihnen passt“, sagte er in Bezug auf Valentinus und er schalt sich dafür, dass er derweil so arrogant geklungen hatte, doch zu seinem Erstaunen stimmte sie ihm zu.

Die große Halle war voll mit Schülern, die sich während ihres Frühstücks lautstark unterhielten. Severus schlängelte sich zwischen den Schülern hindurch, die noch nicht Platz genommen hatten und Hermine und Harry folgten ihm bis nach vorn zum Lehrertisch, an dem bereits Minerva, Albus und Filius saßen. Pomona, so dachte zumindest Severus, würde heute sicherlich mit einem leichten Kater zu kämpfen haben.

„Guten Morgen, ihr drei“, grüßte Filius freundlich und die anderen beiden machten es ihm gleich. Sie nahmen in ihrer üblichen Sitzreihenfolge Platz, so dass Severus zwischen Harry und Hermine saß. Kaum hatte Harry allen eine Tasse Kaffee eingeschenkt, kamen auch schon die Posteulen.

Vor Severus landete eine braune Eule mit schwarz gemustertem Gefieder, die eine kleine Pergamentrolle am Bein trug. Das Tier hob das Bein und erst, als Hermine ihn aufforderte, die Rolle vom Bein zu lösen, erwachte er aus seiner Starre. Er bekam in der Regel keine Post, weswegen die Eule ihn verdutzt hatte. Nachdem er die Rolle gelöst hatte, gab Hermine dem Tier ein Stückchen Frühstücksspeck, bevor die Eule wieder davonflog.

Harry staunte nicht schlecht, als ihm ein Päckchen an den Lehrertisch geliefert wurde, denn für gewöhnlich prüften die Hauselfen im Vorfeld, ob eine Gefahr von Harrys Post ausging.
„Warum zögern Sie, Harry? Öffnen Sie es schon“, sagte Severus beschwingt. Nach einem Blick auf den Absender atmete Harry erleichtert aus.
„Das müssen die Bilder von gestern sein. Das Päckchen ist von Colin und Dennis“, erwiderte Harry. Gleich darauf fügte er hinzu: „Ich habe eigentlich nur mit einem kleinen Umschlag gerechnet.“
Hermine beugte sich nach vorn und kam Severus etwas näher, als sie an ihm vorbei zu Harry sagte: „Wenn du die beiden als Fotografen engagiert hast, dann werden sie ihren Job ernst genommen haben. Das heißt, mindestens ein Portraitfoto von jedem Gast ist gewährleistet und bei etwas über sechzig Gästen… Das hätte nie in einen kleinen Umschlag gepasst, Harry.“

Als Erstes fiel Harrys Blick auf die Rechnung, die die Brüder ihm aufgelistet hatten. Trotzdem hier und da ein Nachlass gewährt worden war, war der Preis für 314 Bilder…

„Dreihundertundvierzehn Bilder? Gott, was haben die denn alles fotografiert?“, fragte Harry erstaunt. Der Preis kam ihm jedoch angemessen vor.
„Wie viel nehmen die eigentlich so?“, wollte Hermine wissen und griff an Severus’ Brust vorbei, um die Rechnung zu entreißen, da haute Harry ihr leicht auf die Finger.
„Nichts da! Das zählt zu meinem Geschenk an dich. Der Preis ist geheim“, sagte Harry schmunzelnd, als er bereits die Bilder im Schnelldurchlauf anschaute. Er suchte ein ganz Bestimmtes und fand es ziemlich weit hinten. Er nahm es heraus und hielt es grinsend und wortlos Severus vor die Nase, der gleich einen Blick drauf warf.

„Wann war denn das?“, hörte Harry Hermine fragen, die ebenfalls auf das Bild starrte.
Severus erklärte ihr amüsiert: „Das war während unseres Gesprächs über Frühstückskombinationen mit Gesichtern.“
„Ach ja“, sagte Hermine lächelnd und nahm Harry das Bild ab, damit sie es sich mit Severus zusammen ansehen konnte.
„Über was habt ihr da gesprochen?“, wollte Harry nochmals wissen, so dass Severus es ihm erklärte.
„Ach so“, sagte Harry, „die Gesichter auf dem Frühstück, die man zum Geburtstag bekommt. Die finde ich immer witzig!“
Mit seiner Aussage erntete er ungläubige Blicke von Severus und Hermine.

Plötzlich erschien Wobbel und er hielt Harry einen Tagespropheten mit den Worten unter die Nase: „Mr. Ron Weasley bestellt einen wunderschönen guten Morgen und lässt ausrichten, dass Mr. Potter und Miss Granger sich an einem Artikel, den er gekennzeichnet hat, erfreuen sollten, um den heutigen Tag gut gelaunt beginnen zu können.“

Harry gab die Kiste mit den Bildern an Hermine weiter, so dass sie sie durchsehen konnte, während er selbst den Tagespropheten aufschlug. Der Artikel, den Ron ihm nahe legte, befand sich auf der dritten Seite. Harry las ihn still und begann mit einem Male herzlich zu lachen, so dass er Hermines Aufmerksamkeit auf sich zog.

„Was ist los, Harry? Dichtet man dir wieder eine Affäre an? Wer ist es diesmal? Rita Kimmkorn persönlich?“, fragte Hermine eher gelangweilt klingend.
„Nein, viel besser! Soll ich vorlesen?“, fragte Harry, der keine Antwort abwartete, sondern es einfach tat.

„In den frühen Morgenstunden des heutigen Tages sah sich die ehemalige Untersekretärin des Zaubereiministeriums Dolores J. Umbridge mit einem Attentat der außergewöhnlichen Art konfrontiert. Seamus F., ehemaliger Schüler aus Hogwarts, entschloss sich nach einer offensichtlich feuchtfröhlichen Feier noch während seines Heimfluges mit dem Besen, seiner Blase Erleichterung zu verschaffen. Kurzerhand urinierte er noch im Fluge und traf damit Mrs. Umbridge. Völlig außer sich hielt sie den Attentäter fest, bis die von ihr persönlich gerufene Magische Polizeibrigade angerückt war. Die stellten nicht nur fest, dass Mrs. Umbridge nebst Gatten gerade das Land verlassen wollte, sondern auch, dass ein Haftbefehl gegen sie und Mr. Umbridge vorlag, so dass beide auf der Stelle festgenommen wurden. Seamus F. wurde lediglich mit einer Geldstrafe wegen ’öffentlichen Urinierens’ und ’dem Fliegen auf einem Besen unter Alkoholeinfluss’ belegt. Er äußerte sich wie folgt dazu: ’Na, wenn ich dafür keinen Merlin verdient habe?’ Mrs. und Mr. Umbridge wurden sofort nach Askaban gebracht und warten nun auf ihren Strafprozess, weil ihnen vorgeworfen wird, ’du-weißt-schon-wen’, beziehungsweise dessen Anhänger damals nicht nur finanziell unterstützt, sondern darüber hinaus mit Informationen aus dem Ministerium versorgt zu haben.“

Harry hatte nicht bemerkt, dass Minerva aufgestanden war und sich hinter ihn gestellt hatte, damit sie lauschen konnte. Nachdem er mit dem Lesen fertig war, sagte sie in kühlem Tonfall, der jedoch etwas Zufriedenheit mitschwingen ließ: „Dann werde ich Mr. Finnigan heute nicht nur ein Dankesschreiben zukommen lassen, sondern auch liebend gern sein Bußgeld übernehmen.“

Dass besonders Minerva ihre ehemalige Kollegin Dolores abgrundtief verachtete, hatte sie niemals zugeben müssen, denn es waren stets ihre Bemerkungen gewesen, die vom Sarkasmus her sehr denen von Severus glichen, die ihre Abneigungen offen gelegt hatten. Minerva setzte sich wieder neben Albus und die beiden steckten die Köpfe zusammen und flüsterten, bevor Albus in herzliches Gelächter ausbrach.

Seine Post hatte Severus erst jetzt entrollt und er las eine Nachricht von Arthur, während Hermine sich nahe zu ihm beugte und offensichtlich mitlas.

„Hermine, glauben Sie, es entspräche der Wahrheit, wenn man Sie neugierig nennen würde?“, fragte Severus amüsiert.
„Neugierig? Ich doch nicht…“, beteuerte sie kopfschüttelnd, doch ihre Augen wandte sie nicht von Severus’ Schreiben ab. „Da steht mein Name drin!“, bemerkte sie, während sie mit dem Finger drauf deutete.
„Damit haben Sie sich selbst verraten. Es schickt sich nicht, in Briefen mitzulesen, die an andere gerichtet sind“, sagte er weniger ernst.
„Warum steht da mein Name drin? Von wem ist der Brief? Die Handschrift sieht nach Arthur aus…“, sagte sie überzeugt.
„Nicht neugierig, wie? Nun, dann werde ich Sie gern erleuchten. Arthur lädt uns beide heute in den Fuchsbau ein. Er möchte etwas mit uns besprechen“, erklärte er ihr.
„Meinen Sie, es ist wegen…“, sie verstummte, denn sie konnte schlecht vor Albus und allen anderen ansprechen, dass Severus und sie selbst dem Gespräch zwischen Arthur, Kingsley und Minerva gelauscht hatten.
„Ich vermute genau das. Wir können um 17 Uhr gemeinsam hinflohen, wenn Sie möchten“, schlug Severus vor und Hermine stimmte ihm wortlos zu.
Von der anderen Seite fragte Harry schmollend: „Warum werde ich nicht eingeladen?“

Da sie beide am späten Nachmittag zu den Weasleys eingeladen waren, konnten sie heute keine Projekte verfolgen, die ihre ungeteilte Aufmerksamkeit fordern würden und so kam es, dass Hermine in Severus’ Büro an dem kleineren Pult sitzend in einem Buch las, während er selbst Arbeiten seiner Schüler korrigierte, doch irgendwann war ihr das Lesen zu langweilig.

„Haben Sie eine Vermutung, was Arthur genau von uns möchte?“, fragte sie.
Den Blick nicht von seinen Korrekturen abwendend antwortete er: „Ich vermute, er möchte entweder nur Sie oder sogar uns beide bitten, nach Aberdeen zu reisen, um Informationen über einen gewissen Herrn zu erhalten.“

Hermine seufzte und schlug ihr Buch zu, bevor sie aufstand und sich ihrem Professor näherte. Severus bearbeitete gerade die Aufgaben der Erstklässler mit roter Tinte und als Hermines Blick auf eines der Pergamente fiel, nahm sie es in die Hand und fragte: „Okay, Severus, wo ist die Leiche?“
Geschockt blickte er sie an, doch er erkannte sofort an ihrem unterdrückten Lächeln, dass sie einen Scherz gemacht hatte.
„Was bitte meinen Sie?“, fragte er verwirrt.
Sie hielt ihm ein Pergament unter die Nase, welches er schon korrigiert hatte und erklärte: „Das sieht aus, als wäre jemand darüber verblutet!“ Er riss ihr das Pergament aus der Hand und legte es zu den anderen, die er ebenfalls schon mit roter Tinte durchgegangen war. „Sie wissen schon, dass es besonders Erstklässler demotivieren kann, wenn die Kinder solche Arbeiten zurückbekommen? Ich meine, rein psychologisch gesehen ist die Farbe Rot eine Signalfarbe, die meist mit Blut in Verbindung gebracht wird. Das Gehirn reagiert auf diese Farbe aufmerksamer als auf andere.“ Er hörte ihr zu, während er weiterhin mit seiner Feder über die Aufgaben ging und Randbemerkungen schrieb. „Auf den ersten Blick wirkt so eine korrigierte Arbeit wegen der ganzen roten Farbe negativ; es suggeriert Fehler. Vielleicht sollten Sie blau oder schwarz für Ihre Randbemerkungen verwenden und Rot nur für die wirklichen Fehler oder…“
„Miss Granger“, wütend benutzte er ihren Nachnamen, „möchten Sie mir etwa meine Arbeit erklären?“
Sie verteidigte sich zaghaft und versicherte: „Ich meine es doch nicht böse. Ich weiß nur noch, wie es mir und anderen Schülern ergangen war. Irgendwann habe ich natürlich begriffen, dass so viel Rot nicht immer bedeutet, dass alles falsch wäre. Bei mir haben Sie irgendwann nur noch Randbemerkungen – positive Bemerkungen – angefügt, aber trotzdem sah es immer aus, als… Ach, ist schon gut.“
“Haben Sie nicht irgendetwas zu erledigen?“, fragte er ein wenig missgelaunt.
Ohne auf seine Frage einzugehen fragte sie mutig: „Warum möchten Sie meinen Farbtrank nicht nehmen?“
„Warum möchten Sie, dass ich ihn nehme?“, stellte er wirsch als Gegenfrage.
„Weil mich das Ergebnis interessiert“, sagte sie ehrlich.

Severus steckte seine Feder in eine Halterung und die noch nicht korrigierten Aufgaben zurĂĽck auf einen Stapel, bevor er seine SchĂĽlerin eindringlich anblickte. Unter seinem Blick fĂĽhlte sie sich sichtlich unwohl, doch sie ging nicht zurĂĽck an ihren Platz, sondern wartete auf eine Ă„uĂźerung seinerseits.

„Sie haben meinen Irrwicht gesehen, das muss reichen!“, sagte er mit bedrohlich leiser Stimme.
„Ihr Irrwicht wirft mehr Fragen auf…“, sie hielt inne, doch Severus wurde neugierig.
Fies grinsend fragte er: „Was ist es denn, das Sie so dringend über mich in Erfahrung bringen möchten?“
Hermines Herz raste und sie fragte sich, ob jetzt vielleicht der Zeitpunkt gekommen wäre, an dem sie ihm all die Fragen stellen durfte, auf die sie eine Antwort erhoffte, so dass sie kleinlaut erwiderte: „Na, zum Beispiel, warum sich“, sie stockte, „Ihre Augenfarbe“, sie stockte nochmals, weil er seine Augen zusammenkniff, „ändert.“ Plötzlich wandte er den Blick von ihr ab, doch er sagte nichts, so dass sie noch leise anfügte: „Selbst Ihr Irrwicht hatte braune Augen.“ Er schenkte ihr einen finsteren Blick und sie glaubte, er würde sich jeden Moment auf sie stürzen, um sie zum Schweigen zu bringen, doch er schaute sie nur warnend an. „Und warum sind Sie mir in die Bibliothek gefolgt?“, wollte sie auf einmal wissen.

Nach dieser Frage entspannten sich seine Augen wieder. Nach kurzem Zögern gab er leise zu: „Das weiß ich nicht.“
„Waren Sie derjenige, der mir zwei Stärkungstränke an dem Abend gegeben hat, als der Vampir…?“
„Ja“, gab er murmelnd zu.
„Warum?“, fragte sie leise.
In normaler Lautstärke erklärte Severus gereizt: „Weil ich durch Zufall dort gewesen bin! Ich bin Ihnen nicht gefolgt, falls Sie mir das unterstellen möchten. Hätte ich Sie denn dort liegenlassen sollen oder Sie einfach in die Arme von Macnair laufen lassen? Ich mag ein nicht gerade leicht zu handhabender Zeitgenosse sein, aber ich bin kein…“ Er hielt inne und seufzte.
„Haben Sie gehört, wie ich in der Bibliothek geflucht habe?“, fragte sie peinlich berührt, als sie sich daran erinnerte, wie sie die Kalorienanzeige von dem Eisbecher gelesen und daraufhin Worte benutzt hatte, die sie normalerweise mied. Severus grinste nur verstohlen, was ihr Antwort genug war.
Ohne damit zu rechnen drehte Severus den Spieß um und fragte: „Warum essen Sie in letzter Zeit so viel Süßes?“

Es schien, als würde jemand ihr Herz zerquetschen wollen, denn die Frage tat weh, beziehungsweise die Antwort darauf, die sie ihm nur widerwillig gab und auch nur, weil sie es für fair hielt, auch etwas von sich preiszugeben. So sagte sie ganz leise, fast flüsternd: „Ich verkrafte die Trennung von Ron nur sehr schwer.“ Als er sie fragend anblickte, weil er nicht zu verstehen schien, erklärte sie lehrerhaft und objektiv, um sich von ihrem inneren Schmerz distanzieren zu wollen: „Süßigkeiten, besonders Kakao, regen den Körper zur Bildung von Botenstoffen an, was einem“, sie konnte ihre Maske nicht aufrecht erhalten und wurde leiser, „ein Wohlgefühl vermittelt, deswegen.“
So leise, als wollte er es am liebsten gar nicht in ihrer Gegenwart von sich geben, sagte er: „Vielleicht sollte ich auch mehr Süßes essen.“
Hellhörig geworden fragte sie mitfühlend: „Sind Sie denn traurig?“ Er antwortete nicht, sondern starrte nur auf die Oberfläche seines Pults, so dass sie wissen wollte: „Fehlt Ihnen etwas? Sind Sie niedergeschlagen?“ Da er nicht verneinte, denn das hätte er getan, würde ihre Vermutung nicht der Wahrheit entsprechen, fragte sie noch: „Vielleicht kann ich Ihnen helfen?“
Als er aufblickte und die Ehrlichkeit in ihren Augen erkannte, erwiderte er: „Sie können mir nicht helfen.“
„Wenn ich wüsste, was Sie haben, dann würde ich alles versuchen!“, versicherte sie ihm aufrichtig, doch mit einem Male wurde Severus skeptisch. Harry hatte eines Tages etwas Ähnliches zu ihm gesagt und zwar an dem Tag, als die Babydecke ihn aus dem Gleichgewicht gebracht hatte.

„Sagen Sie, reden Sie etwa mit Harry über mich?“, wollte er wissen und er klang verletzt und enttäuscht.
Unverholen gab sie zu: „Ja.“
Darüber sichtlich erbost fragte er grantig: „Und warum, wenn ich fragen darf?“
„Weil wir Ihnen helfen wollen“, erwiderte sie ruhig.

Ohne dieses Gespräch fortzuführen, fragte er unerwartet: „Wie spät ist es?“
„Kurz vor vier, warum?“, fragte sie zurück, während sie bedauerte, dass Severus wieder einmal seinen Schutzwall hochgezogen hatte, an dem sie gerade erst zaghaft zu kratzen begonnen hatte.
„Flohen Sie doch bitte Arthur an und fragen Sie ihn, ob wir jetzt schon vorbeikommen könnten.“

Natürlich freuten sich Molly und Arthur darüber, dass Severus und Hermine früher kommen wollten. Als sie durch den Kamin in die Küche des Fuchsbaus traten, wurden sie besonders von Molly herzlich begrüßt. Ihr schien es nicht wichtig zu sein, ob Hermine die Verlobte einer ihrer Söhne war oder nicht, denn sie mochte die junge Frau als Freundin und Vertraute sehr.

„Setzt euch doch! Ihr könnt mit uns essen. Wir wollten eigentlich erst essen, bevor ihr kommt, weil wir wissen, dass du, Severus, nicht gern Mahlzeiten außer Haus zu dir nimmst“, sagte Molly lächelnd und zu ihrem Erstaunen sagte Severus zu, einen Teller vom Lamm zu nehmen, denn er hatte ihr nie offenbart, dass es lediglich ihre Eintöpfe gewesen waren, vor denen er früher Reißaus genommen hatte.

Während des Essens wurde die zuvor etwas gedrückte Stimmung zwischen Hermine und Severus wieder lockerer. Arthur erzählte stolz, dass man Dolores Umbridge und ihren Ehemann heute in der Früh hatte festnehmen können, bevor die beiden die Möglichkeit hatten, das Land zu verlassen. Molly hingegen regte sich im ersten Moment sehr über Mr. Finnigans unsittliches Verhalten auf, musste am Ende aber doch über die groteske Situation, die im Tagespropheten geschilderte worden war, herzlich lachen.

Nachdem man das Dessert verputzt hatte, kam Arthur zur Sache. An Hermine gerichtet sagte er: „Ich weiß nicht, inwiefern du unterrichtet bist, daher trage ich erst meine Bitte vor und danach werde ich auf all deine Fragen antworten, Hermine.“ Sie nickte und Arthur begann. „Ich würde dich gern, weil du dich in der Muggelwelt bestens auskennst, nach Aberdeen schicken, um dort jemanden auszukundschaften.“
Verdutzt entgegnete Hermine: „Das Auskundschaften ist doch eher sein Gebiet.“ Sie nickte zu Severus hinüber, der aufgrund ihres Kommentars die Lippen zusammenpresste.
„Ja, deswegen habe ich ihn heute auch eingeladen. Severus, wir haben Neuigkeiten über den Rothaarigen“, erklärte Arthur.
„Wir auch!“, konterte Severus, so dass Arthur die Augen weitete und auf Informationen wartete. „Hermine, haben Sie die Informationen dabei, die Sie besorgen konnten?“, fragte Severus, so dass Hermine gleich in ihrer Tasche wühlte und die Ausdrucke von der Internetseite an Arthur weitergab.

Es dauerte einen Moment, bis Arthur alles gelesen hatte, doch am Ende sagte er Respekt zollend: „Sapperlot, das nenne ich ausführlich! In diesem Sinne ist es keine Neuigkeit, wenn ich euch mitteile, dass wir den Namen ’Robert Hopkins’ von Mr. Malfoy senior erhalten haben wie auch die Adresse eines seiner Wohnsitze. Das ist auch der Grund, warum ich Hermine bitten möchte, in Aberdeen mal Augen und Ohren aufzuhalten.“
Hermine stimmte zu, doch Severus sagte: „Nein, Arthur. Sie geht nicht allein!“
„Aber ich weiß nicht, wen ich mitgehen lassen kann. Die Späher dürfen in der Muggelwelt nicht auffallen, denn diese Leute scheinen über Hexen und Zauberer viel zu wissen. Sie könnten unbeholfene Zauberer erkennen. Welchen Muggelgeborenen könnte man denn mit Hermine zusammen losschicken?“, fragte Arthur, doch Severus hatte keine Antwort parat und er wusste nicht, was es für ein Licht auf ihn werfen würde, sollte er sich selbst vorschlagen.
„Ist schon gut, ich schaffe das allein“, sagte Hermine selbstsicher, doch Severus konterte.
„Das kommt gar nicht in Frage, Hermine. Sie setzen sich keiner unbekannten Gefahr aus“, sagte er im Befehlston.
„Sie können es mir nicht verbieten!“, protestierte Hermine aufgebracht.
Mit ruhiger Stimme erklärte er: „Tut mir Leid Ihnen widersprechen zu müssen, aber ich kann! Vielleicht möchten Sie den Vertrag über Ihre Schülerschaft bei mir doch gelegentlich einmal aufmerksam lesen?“
Arthur horchte auf und fragte Severus: „Formular A?“ Nachdem Severus genickt hatte, sagte Arthur: „Oh, na dann. Severus, würdest du deine Zustimmung geben, wenn Hermine nicht allein gehen würde?“
Säuerlich warf Hermine ein: „Ich bin erwachsen und brauche keinen Vormund. Wenn ich gehen möchte, dann mach ich das auch!“
„Hermine“, sagte Arthur beruhigend, „Severus ist für deine Sicherheit verantwortlich und…“
Unterbrechend sagte sie: „Aber er kann nicht einfach in meine persönlichen Entscheidungen eingreifen, wie es ihm passt!“
„Doch“, konterte Severus, „wenn es Ihre Sicherheit betrifft. Der Vertrag mag recht altmodisch sein und sich nicht nur auf die arbeitsrechtliche Sicherheit beziehen, aber Sie haben ihn immerhin unterschrieben.“
„Ich glaub’s einfach nicht! Wenn wir zurück sind, möchte ich den Vertrag sofort lesen!“, forderte sie und Severus nickte lediglich.

Molly hatten jedem einen Schluck Wein eingeschenkt, bevor Arthur fragte: „Severus? Du hast doch einige Zeit unter Muggeln gelebt und…“
„Nicht sehr lange, Arthur. Meine Eltern sind in die Zaubererwelt gezogen, da war ich drei oder vier Jahre alt. Als ich sechs war, sind wir zurück in die Muggelwelt gezogen und vier Jahre später sind wir erneut in die magische Welt zurückgegangen. Ich verfüge aus meiner Kindheit lediglich über vier Jahre trüber Erinnerungen an die Muggelwelt. Wenn ich in den Ferien in Spinner’s End gewesen bin, habe ich das Haus nie verlassen“, erläuterte Severus und Hermine hatte ganz aufmerksam zugehört, denn bis dato hatte sie nichts Persönliches aus Severus’ früher Kindheit erfahren. Bei so einem Hin und Her, dachte Hermine, war es für ein Kind sicherlich schwierig, Freundschaften schließen zu können.

„Würdest du es dir zutrauen mitzugehen?“, wollte Arthur wissen.
„Ich würde es mir zutrauen, Arthur“, erklärte Severus gelassen.
„Harry fällt aus?“, fragte Hermine und Arthur erklärte daraufhin, dass Harry bekannt wie ein bunter Hund wäre, wahrscheinlich sogar für diese radikale Gruppierung. Hermine zögerte nicht sehr lang und schlug vor: „Ich könnte Anne fragen!“
Um seine Vermutung bestätigt zu wissen, fragte Arthur: „Du meinst Sirius’ Anne? Na ja, sie ist ein Muggel. Könnte nicht schaden, wenn ihr beide das macht, das heißt, wenn sie sich bereit erklären sollte.“
„Ich muss mein Veto offensichtlich deutlicher machen. Hermine wäre dann zwar nicht allein, aber zwei junge Frauen, beide unerfahren in der Kunst der Observation und somit auch noch leichte Beute für…“
Gereizt unterbrach Hermine ihren Professor und schimpfte: „Sie glauben also, ich wäre eine leichte Beute? Halten Sie mich für so schwach?“
„Wenn Sie nicht zaubern dürfen, dann halte ich Sie durchaus für anfällig, Hermine. Seien Sie doch vernünftig“, bat Severus, doch seine Schülerin wollte sich das nicht bieten lassen.
„Wie wäre es denn, wenn wir uns als Touristen tarnen und gemeinsam einen Ausflug nach Aberdeen machen? Sie, Anne und ich. Vielleicht sogar noch ein oder zwei Personen? Wäre Ihnen dann wohler?“, meckerte Hermine, die noch immer nicht glauben konnte, dass ihr Privatleben durch den Vertrag bei Severus eingeschränkt zu sein schien. An Arthur gerichtet sagte sie: „Die ’Granitstadt’ an sich ist schon sehenswert und dann die Universität mit ihren beeindruckenden Bauten! Außerdem wäre da noch die bekannte Union Street und ganz in der Nähe liegen Balmoral Castle und Dunnottar Castle. Ich denke, mit diesen Zielen würde man uns das Touristen-Dasein abkaufen! Ich schlage vor, Harry kommt auf jeden Fall mit – dann soll er sich einen Zauber aufs Gesicht legen, damit man ihn nicht erkennt; wäre für ihn nicht das erste Mal. Und Anne wird Sirius mitnehmen wollen, der ja in der Muggelwelt auch nicht ganz so unbeholfen ist. Das ist doch mal ein Vorschlag oder? Wie sieht’s aus?“

Arthur überdachte den Vorschlag und sagte letztendlich: „Also, von mir aus wäre das in Ordnung. Ihr könntet auf Muggelart reisen, mit dem Auto! Anne hat eines, wie ich weiß. Nehmt euch Zimmer in einem Hotel und spielt Touristen.“
„Also, ich weiß nicht…“, sagte Severus.
Hermine kniff die Augen zusammen und fragte: „Warum nicht? Drei Männer und zwei Frauen, davon vier, die sich bei den Muggeln gut auskennen, wenn ich Sie jetzt nicht mitzähle. Bei Ihnen müsste ich wohl ein wenig Acht geben oder?“
Sie grinste keck, so dass er ein wenig erbost erwiderte: „Sie brauchen nicht auf mich Acht zu geben. Ich habe die letzten Jahre mehrmals unter Muggeln gelebt und bin nicht aufgefallen.“

Dass er sich während seiner Flucht mit Draco im Schlepptau vor allen verkrochen hatte, erwähnte Severus nicht, aber auch ihm waren verschiedene Verhüllungszauber für Äußerlichkeiten vertraut, denn er hatte Draco damit versehen, bevor er ihn nach draußen geschickt hatte, um Zeitungen besorgen zu können.

„Na dann! Arthur?“, fragte sie, denn sie wollte eine Antwort.
„Ich sagte ja, dass sich das gut anhören würde. Natürlich müssten wir uns treffen, um mit den anderen die Angelegenheit zu bereden. Das Treffen sollte natürlich an einem Wochenende stattfinden, denn ihr seid ja alle, bis auf Sirius, berufstätig“, entgegnete Arthur, so dass Hermine erleichtert lächelte.

Arthurs Lächeln verblasste und offensichtlich rang er mit sich, ob er einige Information preisgeben sollte oder nicht, so dass Severus fragte: „Was noch, Arthur?“
„Na ja, es geht um Pablo. Ich möchte nicht, dass ihr das Ginny erzählt. Er ist offensichtlich einer von denen und man hatte ihn in Spanien festgenommen, als er einen Anschlag auf einen reinblütigen Zauberer verüben wollte. Man hält ihn fern von Muggelgesetzen dort fest, um ihn zur Aussage zu bewegen. Ich überlege, ob ich ihn nach Schottland bringen lasse, damit ich ein Wörtchen mit ihm reden kann. Er ist immerhin der Vater von…“ Arthur verstummte, doch was er sagen wollte, lag auf der Hand.

In ihrem Zimmer im Krankenflügel lag Ginny auf dem Bett und holte den Stoff des Unterrichts nach. Für die Hausaufgaben benötigte sie nicht lange, denn alles ging ihr leicht von der Hand. Nachdem sie fertig war, legte sie alle Hefte und Pergamente mit den Hausaufgaben auf ihren Nachttisch, damit Harry sie bei seinem nächsten Besuch mitnehmen und an die Lehrer verteilen könnte. Ihr Blick fiel auf die Mappe mit den Bildern, die ebenfalls auf dem Nachttisch lagen und die Harry auf ihren Wunsch hin von Hermine geholt hatte. Es waren die Urlaubsfotos, die Ginny unbedingt haben wollte, um sich von der Langeweile in ihrem Krankenzimmer etwas abzulenken und so nahm sie die bewegten Fotos aus der Mappe und schaute sie sich an.

Das erste Ziel ihrer Reise im letzten Jahr war Frankreich gewesen und sie hatten Fleur und Bill bei ihren Eltern besucht. Ginny grinste, weil sie kein einziges Foto fand, auf dem Fleur oder ihr Bruder allein zu sehen war, denn die beiden hingen wie Kletten aneinander. Mit Fleurs nicht mehr ganz so kleiner Schwester Gabrielle waren Hermine und Ginny nach Beauxbatons gereist, denn besonders Hermine wollte sich mal eine andere Zauberschule von innen ansehen. Olympe und Hagrid, der zu dieser Zeit selbst in Frankreich Urlaub gemacht hatte, hatten die drei herzlich begrüßt und herumgeführt. Beauxbatons war nicht so groß wie Hogwarts, aber teilweise sehr viel schöner, fast schon romantisch. Es hatte Ähnlichkeit mit Schloss Versailles wegen der hohen Bogenfenster und der wunderschön gestalteten Gartenfassade. Schloss und Garten waren im typisch klassizistischen Barock dekoriert.

Nach den Fotos aus Beauxbatons folgten jene vom Besuch eines französischen Marktes. Ginny musste Lachen, als sie ein bestimmtes Foto mit Hermine betrachtete. Von dem Laden eines alten Korbflechters war Hermine ganz angetan gewesen. Sie hatte unbedingt auf den Stufen des Ladens Platz nehmen wollen, damit Ginny ein Foto von ihr mit dem Namen des Geschäfts und der von Hand gefertigten Ware rechts und links von ihr machen konnte. Ein paar Sekunden, bevor Ginny auf den Auslöser gedrückt hatte, war jemand Hermine beim Verlassen des Geschäfts auf den Fuß getreten, doch auf dem Foto konnte man nur sehen, dass Hermine ein ganz trauriges, enttäuschtes Gesicht machte. Natürlich hatte Ginny von ihrer Freundin noch ein zweites Bild gemacht und das war ganz prima geworden.

Von Frankreich aus hatte die nächste Tour nach Spanien geführt und als das erste Foto von Pablo, den sie dort kennen gelernt hatte, auftauchte, stopfte Ginny die Fotos zurück in die Mappe und legte sie wieder auf ihren Nachttisch, bevor sie den quengelnden Nicholas aus dem Bettchen holte, um ihn zu stillen.


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