von Muggelchen
Nachdem sich die Tür der Besenkammer geöffnet hatte, hörte Hermine Harrys erleichterte Stimme sagen: „Gott sei dank, Hermine. Wir haben uns solche Sorgen gemacht! Du warst auf einmal nicht mehr in dem Zimmer.“
Hermine konnte endlich wieder klar sehen und sie blickte in die besorgten und teilweise blutverschmierten Gesichter ihrer Vertrauten: Hagrid, Filius, Olympe und Harry. Ihr Körper wollte ihr trotz der beiden Stärkungstränke noch immer nicht ganz gehorchen, so dass sie lediglich mit schwacher Stimme Harry zu sich rufen konnte. Sofort kniete er sich neben seine beste Freundin auf den Boden, die gleich darauf bitterlich zu weinen begann.
Der Schreck, in ihrem Zustand beinahe durch einen Todesser das Leben verloren zu haben, saß ihr tief in den Gliedern und kurz zuvor einem Vampir im wahrsten Sinne des Wortes in die Fänge geraten zu sein, machte die Lage für sie nicht erträglicher. Sie konzentrierte sich auf den Vampir. Caedes hätte sie als Kreatur der Nacht erkennen müssen, wo sie doch genau wusste, dass auch Vampire heute anwesend sein würden. In der dritten Klasse war sie sogar dahinter gekommen, dass Remus ein Werwolf war, aber heute war sie nicht einmal stutzig geworden, als sie die hypnotischen Kräfte von Mr. Caedes am eigenen Leib gespürt hatte, denn sie hatte dieses seltsame Gefühl in sich einfach mit Schmetterlingen im Bauch erklärt.
Das fiese Lachen des Todessers, der sie beinahe das Leben gekostet hatte, klang ihr noch immer in den Ohren und sie versuchte, dieses gemeine Geräusch zu verdrängen; den Gedanken an ihren eigenen Tod zu verdrängen, dem sie um Haaresbreite entkommen war.
Als sie dem Todesser gegenübergestanden hatte, war ihr Leben an ihr vorübergezogen und es war erschreckend kurz gewesen, viel zu kurz und dennoch ereignisreich. Sie fragte sich für einen Moment, was nach dem Fluch des Todessers mit ihr geschehen wäre; was nach dem Tod passieren würde. Schlagartig war sie wieder da, die Angst vor dem Nichts und die Furcht, dem nächsten Abenteuer noch nicht gewachsen zu sein. Nicht zum ersten Mal in ihrem Leben hatte das Schicksal es gut mit ihr gemeint, denn schon früher, im Krieg, hatte es brenzlige Situationen gegeben. Sie würde sich später damit befassen, aber nicht jetzt. Sie wollte sich nicht vor Augen halten, wie viele trauernde Menschen sie zurückgelassen hätte, wäre ihr nicht jemand zu Hilfe geeilt.
Ihr Körper wurde von einem Zittern übermannt, welches sie nicht zu stoppen vermochte. Es schien fast so, als würde sich jeder Muskel in ihrem Leib am Leben erfreuen. Nur nicht an den Tod denken, nahm sich Hermine vor und so fixierte sie ihre Gedanken auf den peinlichen Vorfall mit dem Vampir.
Harry tröstete seine beste Freundin und sagte: „Wir bringen dich und die anderen ins Mungos!“
„Nein“, wimmerte Hermine ein wenig lauter, so dass Harry ihr einen fragenden Blick zuwarf. Leise und schluchzend, so dass nur er es hören konnte, beichtete sie ihm: „Meine ehemaligen Kollegen werden sich über mich totlachen, Harry.“ Ihr Gesicht verzog sich zu einer kummervollen Miene, so dass ihre Worte nur gequält über ihre Lippen kamen: „Ich will das nicht! Ich will nicht ins St. Mungos. Bitte…“ Sie schluchzte, bevor sie selbstironisch schimpfte: „Die ’phänomenale’ Miss Granger… zu naiv, um sich vor einem Vampir in Acht zu nehmen. Ich werde das Gespött im Krankenhaus sein. Harry, das würde ich nicht ertragen!“
Je kräftiger Harry schluckte desto trockener wurde sein Mund und er brachte kein Wort heraus. Er hatte gehofft, solche Momente nie wieder erleben zu müssen. Den Todesser, der bewegungslos unten an der Treppe lag, hatte er gesehen, während er in den ersten Stock geeilt war, um nach Hermine zu sehen. Die Sorge um seine Freundin beförderte ihn in Sekundenschnelle einige Jahre zurück und ließ Erinnerungen an Kämpfe aufkommen, nach denen auch Opfer in den eigenen Reihen zu beklagen waren. Hermines Verhalten kannte er gut. Oft hatte er erlebt, dass seine Freunde das Schlimmste verdrängt hatten und sie sich auf Kleinigkeiten konzentrierten, um so den Schock besser überwinden zu können. So hatte Ron, dessen Knie nach einem Angriff völlig zertrümmert gewesen war, weswegen jeder schon befürchtet hatte, man könnte sein Bein nicht retten, mit leichenblassem Gesicht und entkräfteter Stimme über die Todesser geflucht, weil die seine Hose zerrissen hätten. Momentan verdrängte Hermine das Erlebte auf die gleiche Art.
Zwei gestresste Medi-Magier kamen aufgebracht an die Tür zur Besenkammer und fragten: „Hier auch jemand verletzt? Wir transportieren jetzt ab.“
„Nein, hier ist alles im grünen Bereich“, log Harry.
Filius, Hagrid und Olympe wagten es nicht, Harrys Kommentar zu widersprechen. Die Medi-Magier gingen wieder nach unten und leisteten erste Hilfe bei den anderen Verletzten, während sie zeitgleich alles für die Überführung ins Hospital organisierten.
Filius trat einige Schritte in die Besenkammer hinein. Er brauchte sich nicht einmal zu bücken, klein wie er war, und man konnte ihn gut verstehen, als er suggerierte: „Wir sollten diesen Ort verlassen. Es wäre vielleicht besser, Miss Granger mit nach Hogwarts zu nehmen, Harry.“ Harry nickte und Hermine ahmte geschwächt seine Kopfbewegung nach.
„Kannst du aufstehen?“, fragte Harry fürsorglich, während er bereits behutsam ihre Hand nahm und ihr den anderen Arm um die Schulter legte. Mit seiner Hilfe richtete sie sich auf, aber sie stand auf sehr wackligen Beinen, so dass Hagrid sich kurzerhand anbot, sie zu tragen.
Auf den Stufen, die nach unten führten, trafen sie auf Remus. Als der seine Freunde erkannte, eilte er auf sie zu und erklärte aufgebracht, ohne dabei merklich Luft zu holen: „Bei Merlin, bin ich erleichtert, euch zu sehen! Ich bin nachgekommen. Hab die Todesser draußen schon gesehen, kurz bevor sie angegriffen haben. Konnte noch deren erste Bombe abschwächen, aber sie sind dann ins Schloss eingedrungen und haben drinnen gewütet. Die meisten haben wir geschnappt – insgesamt acht Todesser.“ Als sein Blick auf Hermine fiel, die in Hagrids Armen lag, fragte er voller Sorge: „Oh Hermine, du bist doch nicht etwa schwer verletzt?“ Harry schüttelte den Kopf und sagte Remus, dass sie sie jetzt nach Hogwarts bringen wollten.
Mitten im Getümmel sah Harry etliche Gäste, die verletzt auf dem Boden lagen und von Medi-Magiern versorgt wurden. Die beiden Explosionen – magische Bomben, die von der Verwüstung her genauso schlimm wie Muggelbomben waren – hatten mehr Verletzungen hervorgerufen als die Flüche der Todesser. Harry erkannte Tonks, die gerade dem bewegungslosen Todesser, der unter der Treppe lag, die Maske vom Kopf nahm und damit das Gesicht von Macnair freilegte.
Aus dem Raum, in welchem das Buffet angerichtet gewesen war, kam Alastor heraus auf den Flur und er hatte seinen Blick starr auf Harry gerichtet. Harry wusste, dass Mad-Eye ihn mit seinem magischen Auge schon durch die Wand hindurch gesehen haben musste. Für einen Moment schien es so, als würde Mad-Eye es verdächtig finden, Harry hier anzutreffen. Sein skeptischer Gesichtsausdruck verschwand jedoch sehr schnell, als Harry Hermines Zauberstab vom Boden aufhob, der ihr vorhin über das Geländer gefallen sein musste. Alastor nickte ihm grüßend zu, bevor er sich neben Tonks stellte und sich, so gut es seine Beinprothese erlaubte, zu ihr hinunterbeugte.
Die dunklen Gänge in Hogwarts waren wie ausgestorben. Hagrid steuerte bereits die Treppe in den ersten Stock an, die hinauf zum Krankenflügel führte, da warf Hermine ihre Bedenken ein. Sie wollte nicht zu Madam Pomfrey und auch nicht zu Snape.
„Harry, kann ich nicht bei dir übernachten?“, fragte Hermine mit flehendem Blick. Natürlich konnte er ihr das nicht abschlagen und nickte daher zustimmend, so dass Hagrid sie in seine Zimmer brachte.
„Wenn Sie mich benötigen, Harry, dann bin ich für Sie da. Rufen Sie mich über das Flohnetzwerk, wenn ich Ihnen behilflich sein kann“, sagte Filius entgegenkommend, bevor er sich verabschiedete und Hermine noch eine gute Besserung wünschte. Olympe blieb betroffen an der Tür stehen, als sie ihren Hagrid dabei beobachtete, wie der die angeschlagene Hermine auf das Sofa in Harrys Wohnzimmer ablegte.
„Danke Hagrid“, flüsterte Hermine mit Tränen in den Augen.
Hätte Harry es nicht mit seinen eigenen Augen gesehen, hätte er niemals geglaubt, dass es möglich sein könnte. Die großen plumpen Finger von Hagrid wischten voller Zärtlichkeit die Tränen von Hermines Wangen, bevor er ihr über das buschige Haar strich und ihr zuflüsterte: „Wenn du Hilfe brauchst, dann sind wir beide“, er deutete auf Olympe, „für dich da!“ Dann verabschiedeten sich die beiden von Harry und Hermine.
Jetzt hielt Hermine nichts mehr und sie begann zu heulen wie ein Schlosshund, während sie zwischendurch immer wieder sich selbst schalt und sich dafür rügte, wie dumm sie gewesen wäre, wie peinlich ihr die Situation war und wie unangenehm es war zu wissen, dass ihr ehemaliger Lehrer für Zauberkunst, Professor Flitwick, und auch noch Hagrid und Olympe sie in so einer Lage gesehen hatten. Hermine wollte nur noch, dass sich der Erdboden auftun würde, um sie mit Haut und Haaren zu verschlingen, so dass sie sich niemandem gegenüber jemals wieder zu diesem Vorfall äußern müsste. Dass Hermine bei dem Überfall durch die Todesser ihr Leben hätte verlieren können, kam ihr offenbar gar nicht mehr in den Sinn, was Harry an eine Bemerkung erinnerte, die Ron damals in Bezug auf Hermine hatte fallen lassen, nachdem sie das erste Mal dem dreiköpfigen Hund Fluffy begegnet waren. Da hatte Hermine gesagt, sie hätten alle sterben können oder noch schlimmer, von der Schule verwiesen werden, woraufhin Ron zu Harry gesagt hatte, sie sollte lieber ganz, ganz dringend ihre Prioritäten klären. Schon früher war es ein Schutzmechanismus bei Hermine gewesen, die Dinge, die sie nur schwer verarbeiten konnte, als Nichtigkeit abzuhandeln.
„Ach Hermine, sei lieber froh, dass du am Leben bist. Das kann doch jedem passieren, von einem Vampir hypnoti…“
Hermine unterbrach ihn und schimpfte laut: „Aber nicht mir!“ Sie schluchzte und erklärte gleich darauf: „Ich hatte ein ’O’ für meinen Aufsatz über Vampire bekommen; wie man sie erkennt und sich vor ihnen schützt. MIR passiert so was nicht, Harry!“
Harry lachte auf und sagte, um seine Freundin zu erheitern: „Hermine, du hattest doch immer ein ’O’, egal über was du geschrieben hast.“ Sie ließ sich nur widerwillig von seiner guten Laune anstecken, was sich mit einem nicht sehr überzeugenden Lächeln zeigte.
„Gott, das ist mir so peinlich, das glaubst du gar nicht, Harry. Ich kann doch“, sie schniefte, „niemandem mehr in die Augen schauen, wenn das die Runde macht. Was werden die nur von mir denken?“
„Die werden denken, dass du einen Fehler gemacht hast und sie werden alle erleichtert sein, dass du so glimpflich davongekommen bist. Jeder macht Fehler, Mine. Fehler machen uns menschlich“, sagte er am Ende fast schon philosophierend.
Sie seufzte nochmals, bevor sie mit geschlagener Stimme entgegnete: „Trotzdem ist das so peinlich. Ich wusste doch, was für eine Versammlung das war und was dort für Wesen anwesend sein würden und doch…“
Harry hatte genug und schimpfte aufgebracht: „Verdammt Hermine, du hättest auch sterben können!“
Sie blickte ihn schockiert an und ihre Wangen wurden ein wenig bleicher, weil seine Aussage sie dazu zwang, sich endlich darĂĽber bewusst zu werden, dass sie mit einem Bein schon im Grabe gestanden hatte.
Bei ihrem erschrockenen Anblick seufzte er, bevor er ihre Hand in seine nahm, einmal zudrückte und zuversichtlich sagte: „Jetzt ist es ja vorbei.“ Kurz darauf forderte er: „Zeig mal deinen Hals her.“
Er nahm darauf Rücksicht, dass sie noch nicht bereit dazu war, sich über das Erlebte Gedanken zu machen und lenkte das Thema deswegen wieder absichtlich auf den Biss. Sie streckte willig ihren Hals, so dass Harry den Knoten des Seidentuches lösen konnte und er eine freie Sicht auf die Wunde erhielt. Aus der Nähe hatte er noch nie einen Vampirbiss gesehen und er fragte sich daher, ob die dunkelblaue Färbung und die geschwollenen Hautpartien um die runden Eintrittslöcher herum normal wären.
Die Verfärbung war großflächig und sah sehr bedenklich aus, was Harry veranlasste besorgt vorzuschlagen: „Du solltest das doch lieber von Poppy anschauen lassen. Das sieht irgendwie nicht gut aus, Mine.“
„Das wird schon, ganz sicher. Ich hab ja Stärkungstränke bekommen und…“
Harry unterbrach und sagte: „Nein, Hermine. Worple hat die Wunde nur desinfiziert und dir etwas gegeben, damit sich dein Blut schneller erneuert.“
Plötzlich fielen Hermine die beiden Begegnungen mit dem helfenden Unbekannten ein, so dass sie erschrocken Luft einatmete und ihr ganzer Körper sich vor Schreck verspannte, bevor sie aufgeregt und mit weit aufgerissenen Augen schilderte: „Oh Gott, Harry… da war jemand bei mir! Ich habe nicht viel gesehen, weil ich ziemlich benommen war, nachdem der Vampir mich gebissen hat, aber ich schwöre, da war jemand! Ich glaube, derjenige hat Caedes verhext und mir den Trank gegeben, damit ich bei Sinnen bleibe.“
„Was meinst du mit ’da war jemand’? Du hast jemanden gesehen?“, fragte er erstaunt, weil er sich nicht sicher war, ob Hermine sich das womöglich nur eingebildet haben konnte.
Sie schilderte ihm das erste Erlebnis und dass die schattenhafte Gestalt einmal sogar zu ihr gesprochen hatte, um sie zu beruhigen. Das zweite Mal hätte die Gestalt den Todesser erledigt, der unter an der Treppe gestanden hatte, bevor er sie in die Besenkammer gezogen und ihr einen zweiten Stärkungstrank gegeben hatte.
„Es roch nach Bitterem Beifuß, Harry. Das habe ich mir nicht eingebildet!“, versicherte sie.
Eins und eins konnte Harry durchaus zusammenzählen und das Ergebnis war für ihn Severus, was er Hermine nicht sagen musste, wenn sie genauso darüber denken würde, doch sie äußerte keine Vermutung, wer in ihren Augen der Fremde gewesen sein konnte. Womöglich konnte sie momentan nicht mehr klar denken. Harry fragte sich jedoch, was Severus überhaupt auf so einer Veranstaltung zu suchen hatte.
Er strich Hermine über das Haar, bevor er sagte: „Schlaf jetzt ein wenig, Hermine. Ich werde mal in Büchern nachschauen, was man alles bei einem Vampirbiss beachten muss und vielleicht werde ich Mr. Worple kontaktieren, falls der noch einen Ratschlag hat.“
Sie war so mitgenommen, dass der Schlaf sie schnell übermannte und sie vot der Reizüberflutung in ihrem Kopf bewahrte. Harry rief Wobbel zu sich und trug ihm auf, über Hermine zu wachen und ihm sofort Bescheid zu geben, falls sich ihr Zustand verschlechtern sollte. Dann machte er sich auf den Weg zu Severus, weil er ahnte, dass der längst von Hermines Zustand wusste.
Es war bereits kurz vor ein Uhr nachts, als Harry die Kerker ansteuerte. Noch bevor er Salazar erreicht hatte, hörte er Schritte hinter sich, so dass er sich umdrehte.
In dem dunklen Gang kam Severus mit wehendem Umhang auf ihn zu und als der ihn fragend anblickte, konnte Harry es sich nicht verkneifen, provozierend zu fragen: „Wo kommen Sie denn jetzt her?“
Nur einen Moment stockte Severus, bevor er mit sicherer Stimme antwortete: „Vom Astronomieturm natürlich!“
Harry glaubte ihm nicht und fragte eher scherzend: „Und? Jemanden erwischt?“
Die einzige Antwort war eine hochgezogene Augenbraue, bevor Severus fragte: „Was führt Sie zu so später Stunde zu mir?“
Beiläufig klingend erklärte er: „Ich war mit Hermine heute auf so einer Versammlung. Es gab einen kleinen Vorfall…“
Er war sich so sicher, dass sein Kollege darüber längst im Bilde war.
Severus ließ sich von Salazar die Tür öffnen, bevor er Harry hineinbat und ihm einen Schluck Whiskey anbot, den er jedoch ablehnte. Stattdessen schilderte Harry, der sich derweil auf das Sofa gesetzt hatte: „Auf dieser Versammlung waren jede Menge Tierwesen und Halbmenschen anwesend. Ein gefundenes Fressen für Todesser.“ Hier schaute ihn Severus mit zusammengezogenen Augenbrauen an, doch ohne auf einen Kommentar zu warten, schilderte Harry: „Die haben diese Versammlung gleich genutzt, um ein wenig Chaos zu stiften.“
„Wie bitte? Todesser haben die Versammlung gestört?“, fragte Severus verdutzt klingend.
Harry nickte, doch er verbesserte: „Vielleicht ist ’gestört’ nicht ganz das richtige Wort. Das war ein brutaler Überfall. Einige Todesser wurden überwältigt, aber nicht alle. Zum Glück ist Remus noch rechtzeitig auf der Bildfläche aufgetaucht, nachdem er bei Hermine für heute Abend ja erst abgesagt hatte. Er hatte das Schlimmste bei der ersten Attacke verhindern können und dann hat er Tonks mit einem Patronus zu Hilfe gerufen. In null Komma nichts waren dreißig Auroren da und haben für Ordnung gesorgt.“
Severus hatte sich selbst ein Glas Feuerwhiskey eingeschenkt und fragte neugierig: „Haben Sie sehen können, wer sich unter den Todessern befand, denen man habhaft werden konnte?“
„Ich habe nur Macnair gesehen. Keine Ahnung, wer die anderen waren, die man festgenommen hatte, aber vielleicht kann ich das über Remus erfahren. Tonks wird ihm das bestimmt verraten, meinen Sie nicht?“, antwortete Harry.
Nachdem Severus die Information hatte sacken lassen, fragte er: „Ich hoffe, es wurden nicht viele Menschen verletzt?“
Nach einem Kopfschütteln sagte Harry: „Zwölf Verwundete sind sofort ins Mungos gebracht worden. Es gab nur einen Toten.“ Nach einer kleinen Sprechpause fügte er hinzu: „Mr. Caedes wurde bei der zweiten Explosion von einem abgesplitterten Stück Holz getroffen. Er war fast tot und hat sich nur noch gequält. Sanguini hat“, Harry atmete einmal tief durch, „etwas nachgeholfen.“
„Sanguini ist ein Vampir, richtig? Ich glaube, Professor Slughorn hatte ihn etliche Male erwähnt…“, sagte Severus innehaltend, weil er das Gespräch mit Harry nicht auf andere Themen lenken wollte. Er nahm einen weiteren Schluck von seinem Whiskey, bevor er fragte: „Warum sagen Sie, Sanguini hätte ’nachgeholfen’? Was ist denn mit diesem Mr….“
Harry half ihm auf die Sprünge und nannte nochmals den Namen: „Caedes!“
„Richtig, was ist denn mit Mr. Caedes geschehen?“, fragte Severus.
„Na ja, Mr. Caedes, müssen Sie wissen, war auch ein Vampir. Er hat sich auf dieser Veranstaltung ziemlich daneben benommen. Ich glaube, er war Sanguini schon länger ein Dorn im Auge. Niemand außer Mr. Worple und mir hat gesehen, wie Sanguini das Stück Holz mit seinem Fuß noch tiefer in Caedes’ Herz getrieben hat. Er ist auf der Stelle gestorben. Er war der Einzige, der heute Abend den Tod gefunden hatte, wenn man das bei einem Vampir überhaupt so sagen kann.“
Severus schenkte sich bereits ein zweites Glas ein, während Harry ihn still beobachtete. Ihm war aufgefallen, dass sein älterer Kollege Blickkontakt vermied.
Nach einer Weile sagte Severus sehr selbstsicher: „Klingt, als hätte Sanguini eine Rechnung mit Mr. Caedes offen gehabt.“
Ungläubig schnaufte Harry, denn er war sich so sicher, dass Severus heute Abend selbst an Ort und Stelle gewesen war, weshalb es seinen Verdacht prüfen wollte. So sagte er, um Severus’ Reaktion abzuwarten: „Möglich, aber vielleicht war Sanguini auch nur ungehalten darüber, dass Mr. Caedes Hermine gebissen hat!“
„Wie bitte? Miss Granger ist von einem Vampir gebissen worden? Wie geht es ihr? Ist sie im Mungos?“, fragte Severus sofort nach.
Harry vermisste ein wenig die Schocksekunde, die er erwartet hatte, so dass er beiläufig erwähnte: „Ach, ich ging davon aus, Sie würden das längst wissen, weil Sie ihr doch zwei Stärkungstränke verabreicht hatten.“
Es war von Harry beabsichtigt, es wie eine Tatsache klingen zu lassen und dieses Mal zeigte Severus die erhoffte Reaktion, denn er hätte beinahe sein Glas fallen lassen.
Jetzt hatte Harry ihn in die Enge getrieben, denn diese Reaktion konnte Severus nicht mehr wettmachen. Es schien, als würde sein Kollege befürchten, ausgefragt zu werden, doch Harry blieb völlig gelassen und beobachtete Severus, der um einige Worte verlegen war. Er gab ihm reichlich Zeit, falls Severus aus eigenem Antrieb etwas beichten wollte, doch der schwieg. Es war eindeutig, dass Severus sich ertappt fühlte, denn er blickte mehrmals verlegen zu Harry hinüber, dann auf den Boden und wieder zu Harry, bevor er seufzte.
„Warum spionieren Sie ihr nach?“, fragte Harry freiheraus.
„Ich habe niemandem nachspioniert!“, rechtfertigte sich Severus, der das letzte Wort mit Abscheu aussprach. Harry ließ bewusst beide Augenbrauen in die Höhe wandern, während er Severus eindringlich anschaute, so dass der sich genötigt fühlte zu erklären: „Es geht Sie zwar überhaupt nichts an, Harry, aber ich hatte heute dort eine Verabredung!“
„Mit wem?“, fragte Harry kurz und knapp.
„Mit Mr. Caedes“, entgegnete Severus.
„Warum?“, fragte Harry erneut, während er bemerkte, wie Severus sich über sein dreistes Benehmen zu ärgern schien.
„Weil er ein Vampir ist…“
Severus beendete den Satz nicht, doch Harry blieb stur und lieĂź nicht locker.
„Sie hatten eine Verabredung mit Mr. Caedes, weil er ein Vampir ist?“, gab Harry kombiniert und skeptisch klingend wider. Das „Warum“ hatte Severus nicht genügend erklärt, weshalb Harry unerbittlich stocherte: „Warum hatten Sie eine Verabredung mit ihm?“
„Es geht Sie überhaupt nichts…“
„Es geht mich sehr wohl etwas an, wenn Hermine von einem Vampir gebissen wurde und kurz darauf Todesser die Versammlung stürmen!“, stellte Harry mit Bestimmtheit klar. Mit sehr viel ruhiger Stimme fügte er hinzu: „Ich bin nicht hier, um über Sie zu urteilen. Ich möchte nur Ihre Geschichte zum heutigen Abend hören.“
Severus seufzte. Seine Lippen schürzten sich und er dachte nach, bevor er sich erhob und zu einem Schrank hinüberging. Aus einer Schublade entnahm er etwas, das wie eine Zeitung aussah. Nachdem er sich Harry wieder genähert hatte, hielt er ihm einen an einer bestimmten Seite gefalteten Tagespropheten unter die Nase.
Eine Anzeige, die Severus mit roter Tinte markiert hatte, las Harry laut vor: „’Desmodus rotundus’ zu Testzwecken gesucht; gute Entlohnung; Kontakt unter Chiffre…“ Harry hörte Mitte im Satz auf zu lesen und blickte verdutzt zu Severus hinüber, bevor er die Frage stellte: „Was soll das?“ Seine Frage untermalend winkte er zwei-, dreimal mit der Zeitung in seiner Hand.
Erläuternd erwiderte Severus: „’Desmodus rotundus’ ist die lateinische Bezeichnung für den ’gemeinen Vampir’ – für die Fledermausgattung. Jedem Vampir, der meine Anzeige gelesen hat, musste klar gewesen sein, dass ich keine Fledermaus suche.“
„Was sind das denn bitte für ’Testzwecke’ und warum die Heimlichtuerei in der Anzeige?“, wollte Harry wissen.
Mit schmieriger Stimme erklärte Severus: „Glauben Sie denn, es sei legal, neue Tränke an Vampiren zu testen? Ich könnte dafür nach Askaban…“
Harry ließ ihn nicht ausreden und fragte: „Von was für einen Trank sprechen wir hier?“
„Sie, Harry, als Genie in Zaubertränken“, Harry verzog beleidigt das Gesicht, „sollten zumindest erahnen können, dass ich an einem Trank arbeite, der Vampiren zugute kommen könnte.“ Bevor Harry nochmals frage konnte, erläuterte Severus: „Es gibt keine Heilung, aber man könnte den Blutdurst mäßigen. Gerade für, sagen wir, ’unersättliche Gesellen’, wie Mr. Caedes einer gewesen war, wäre so ein Trank gewiss eine Erleichterung. Er hatte sich bei mir gemeldet und sich bereit erklärt, den Trank zu testen.“
Severus seufzte erneut, nahm einen Schluck Alkohol und versicherte, während er derweil den Whiskey schwenkte: „Mir war ja nicht einmal bekannt, dass Sie auch auf der Veranstaltung sein würden. Dass Miss Granger anwesend sein könnte, hatte ich selbstverständlich in Erwägung gezogen, so oft wie sie von dieser Initiative gesprochen hatte. Es war nicht meine Schuld gewesen, dass Mr. Caedes unsere Verabredung nicht eingehalten hatte und er heute Abend seinen Durst nicht unter Kontrolle bringen konnte. Die Situation eskalierte, wie Sie wissen. Es war reiner Zufall gewesen, als ich ihn endlich gefunden hatte und Miss Granger…“
„Warum haben Sie sich ihr nicht zu erkennen gegeben?“, unterbrach Harry.
Rechtfertigend antwortete Severus: „Ihre Sinne waren von dem Biss benebelt! Ich habe mich nicht vor ihr verborgen gehalten, aber sie hat mich einfach nicht erkannt.“
„Und warum haben Sie sich nicht später noch uns allen gezeigt?“, wollte Harry wissen.
„Oh ja, sicher! Glänzende Idee, Harry!“, konterte Severus spöttisch. „Wie hätte es wohl ausgesehen, wenn ich, ein ehemaliger Todesser, während eines Angriffs von anderen Todessern ’ganz zufällig’ auf der Bildfläche auftauche?“, fragte Severus mit provozierendem Unterton, doch Harry blieb gelassen. Er wollte sich Severus’ Version des Abends anhören und sich nicht herausfordern lassen. Unmerklich schüttelte Severus den Kopf, bevor er noch sagte: „Ich mag einen Merlin bekommen haben, aber ich bin nicht so dumm zu glauben, dass jeder mich als resozialisiert betrachtet. Moody hätte mich sofort niedergestreckt, hätte er mich dort gesehen.“
Eine ganze Weile dachte Harry nach, bevor er zusammenfassend wiedergab: „Sie haben sich also mit Mr. Caedes dort wegen Ihres Trankes getroffen. Alles andere – sein Übergriff auf Hermine und die Todesser-Attacke – das war reiner Zufall.“
Severus nickte und seufzte erneut.
Harry machte es ihm gleich und seufzte ebenfalls. Er wusste, dass Severus ihm die Wahrheit gesagt hatte. Weiter wollte er nicht darauf eingehen, weswegen er offenbarte: „Ich bin eigentlich hier, um Sie wegen Hermine um Hilfe zu bitten. Muss ich noch irgendwas beachten? Ich habe keine Ahnung, wie man mit einem Vampirbiss umgeht. Ihre Wunde sieht ziemlich übel aus. Ich dachte, Sie könnten sie sich vielleicht mal ansehen?“
Severus war sichtlich erleichtert, dass das Thema endlich gewechselt wurde, doch zu seinem Erstaunen antwortete Severus: „Miss Granger sollte ins Mungos gehen.“
„Nein, das möchte sie nicht“, entgegnete Harry wie aus der Pistole geschossen.
„Dann zu Poppy…“, doch auch hier wurde Severus von Harry unterbrochen.
„Hermine will gar nicht, dass überhaupt irgendjemand darüber Bescheid weiß. Sie weiß nicht einmal, dass ich jetzt hier bei Ihnen bin. Es ist ihr schon peinlich genug, dass Filius, Hagrid und Olympe miterlebt haben, was passiert ist. Aber ich mach mir Sorgen um den Biss. Der sieht…“, Harry suchte nach medizinischen Fachausdrücken, fand jedoch keine und fuhr fort, „…wirklich gefährlich aus. Hermine schläft jetzt. Sie könnten doch einfach mal einen Blick drauf werfen, Severus?“
Nachdem Severus wortlos zugestimmt hatte, verschwand er kurz in seinem privaten Labor, um einige Dinge zu holen, bevor er Harry folgte.
Hermine schlief fest auf der Couch und Wobbel wandte nicht einmal seinen Blick von ihrer schlafenden Figur ab, nachdem Harry wieder das Zimmer betreten hatte. Erst nachdem Harry sich flĂĽsternd bei Wobbel bedankt hatte, verschwand der mit einem Fingerschnippen.
Leise stellte Severus drei Fläschchen und eine kleine Dose auf den Couchtisch, bevor sich vorsichtig neben Hermine auf die Couch setzte. Mit federleichten Berührungen legte Harry die Wunde frei, indem er das Tuch mit viel Fingerspitzengefühl entfernte, damit Severus einen Blick drauf werfen konnte. Harry beobachtete Severus, der beim Anblick der Wunde angewidert sein Gesicht verzog.
Vorsichtig führte Severus einen Zeigefinger unter eine der stichartig aussehenden Wunden und drückte zaghaft. Es quoll etwas dunkles Blut hervor und gleich darauf floss frisches, was Severus dazu veranlasste, seine Lippen fest zusammenzupressen, bevor er die kleine Dose vom Tisch nahm und sie öffnete. Die Dose beinhaltete ein gelbes Pulver, welches Severus mit einem kleinen, metallenen, flachen Gegenstand entnahm und Prise für Prise mit klopfenden Bewegungen seines Zeigefingers über der Bisswunde verteilte. In diesem Moment drehte Hermine ihren Kopf und sie schien etwas von dem Pulver eingeatmet zu haben, so dass sie laut niesend erwachte.
Mit großen Augen blickte sie ihren Professor an, bevor ihr endlich klar wurde, dass es kein Traum war und er tatsächlich bei ihr auf der Couch saß. Sie schluckte und blickte dann verlegen an ihm vorbei, bevor sie leise hauchte: „Danke.“ Severus wusste nicht, wie er reagieren sollte, also reagierte er gar nicht.
Um Hermine etwas aufzuheitern, fragte Harry: „Soll ich Ron übers Flohnetz rufen? Der würde bestimmt noch vorbeikommen, Hermine.“ Harry war sich sicher, dass Ron alles stehen und liegen lassen würde, um Hermine beizustehen. Das hatte Ron immer getan – für Hermine und für ihn.
Sie nickte, denn Ron würde ihr jetzt wirklich wohltun. Sie vermisste ihn, die Umarmungen und seine tröstenden Worte, die er in solchen Situationen immer parat hatte und die ihr so gut taten. Harry ging hinüber zum Kamin und verband sich mit der noch gemeinsamen Wohnung von Ron und Hermine.
Severus nutzte die Gelegenheit, um sachlich mit seiner ruhigen leisen Stimme zu erklären: „Das Pulver wird die Wirkung des Vampirspeichels aufheben, der die Wunden daran hindert, sich wieder verschließen zu können. Morgen früh sollten Sie es noch einmal anwenden.“ Er war sich sicher, dass Miss Granger all dies seit ihrer dritten Klasse in- und auswendig wissen musste, doch er wollte nicht einfach wortlos neben ihr sitzen und sie anschweigen. Miss Granger war offenbar froh darüber, dass seine Stimme die ansonsten peinliche Stille durchbrach, auch wenn er sie währenddessen nicht ansah, sondern verlegen die Fläschchen auf dem Tisch umherschob. „Ich habe einen Stärkungstrank und zwei blutbildende Tränke mitgebracht.“
Während Professor Snape mit ihr oder besser in den Raum hinein über die Tränke redete, hörte sie, wie Harry per Kamin Kontakt zu Ron aufnehmen wollte, doch es meldete sich eine Frauenstimme. Eine verschlafene Angelina fragte muffelig: „Hey, Harry. Ein bisschen spät, findest du nicht?“
Als Hermine ihre Stimme vernahm, drehte sich ihr der Magen um. Noch viel schlimmer war, dass ihr Professor ebenfalls Zeuge dessen wurde, wie Harry anstelle von Ron nun eine andere Frau am Kamin hatte. Sie schämte sich in Grund und Boden. Sie fühlte sich verletzt und ungeliebt, alleingelassen und verraten, selbst wenn es Rons gutes Recht war, sich mit einer anderen Frau zu treffen.
„Ist schon gut, Harry. Ron muss nicht…“, sagte Hermine, die die letzten Worte wegen eines Schluchzers verschluckte.
Völlig unbewegt von der Situation und mit gefühlskalter Stimme, was Hermine fast noch mehr verletzte als Angelinas Stimme zu hören, sagte Professor Snape: „Einen von den beiden Tränken für die Neubildung des Blutes nehmen Sie heute noch, die anderen beiden Flaschen morgen. Dann sollte es Ihnen wieder wesentlich besser gehen.“
Für die späte Störung entschuldigte Harry sich bei seiner ehemaligen Schulkameradin und verabschiedete sich. Auch bei ihm hatte sich ein Kloß im Hals gebildet, denn er ahnte, wie schmerzlich diese Situation für Hermine sein musste.
Severus kam nicht dazu, noch etwas sagen zu können, denn seine Schülerin griff nach dem Kissen unter ihrem Kopf, um es sich gleich im Anschluss auf das Gesicht zu pressen. Harry vermutete, sie würde dort leise hineinweinen, doch Severus schien dieser Gedanke nicht zu kommen. Er schien über ihr Verhalten verwirrt und fragte daher unsicher, aber hilfsbereit: „Miss Granger? Kann ich Ihnen irgendwie… behilflich sein?“
An ihren jetzigen Geräuschen, dachte Harry, müsste selbst Severus erkennen, dass sie bitterlich weinte, was den armen Mann völlig zu verschrecken schien. Unter dem Kissen hervor wimmerte es mit hoher Stimme: „Ich will ein Eis haben!“ Gleich darauf wurde ihr ganzer Körper geschüttelt und sie ließ ihren durch das Kissen unerkannten Tränen nun freien Lauf.
Severus erhob sich abrupt von dem Sofa und blickte Harry hilfesuchend an, während er mit einer Geste seiner Hände seine Ratlosigkeit untermauerte.
„Schon gut, Severus. Ich kümmere mich drum. Danke, dass Sie gekommen sind.“ Mit einem kurzen Nicken verabschiedete sich Severus ihm, bevor er nochmals unschlüssig zu Hermine hinunterblickte und im Anschluss ein wenig verwirrt das Zimmer verließ.
Nachdem Severus gegangen war, dauerte es gar nicht lange und da knisterte das Feuer im Kamin, bevor man Rons Stimme hörte: „Harry? Ist alles okay? Wo bist du?“
„Hier Ron!“, sagte Harry, der an den Kamin rannte, um den Ruf entgegenzunehmen.
„Was ist los, Harry? Angelina hat mich geweckt und gesagt, dass du hast mich eben erreichen wolltest. Soll ich vorbei kommen? Mach Platz, ich komm vorbei!“, sagte Ron, der keine Antwort abwartete und einfach zu Harry ins Wohnzimmer kam.
Ron ergriff Harrys Oberarme dicht bei den Schultern und musterte seinen Freund besorgt von oben bis unten, bevor er fragte: „Was ist los, Kumpel?“
Harry nickte hinüber zur Couch, wo Hermine sich noch immer das Kissen vors Gesicht hielt und weinte. Langsam näherte sich Ron ihr und kniete sich mit besorgter Miene neben sie. Eine Ecke des Kissens ergreifend zog er es zaghaft weg. Sie hatte ihn nicht kommen hören, doch sie war froh, so plötzlich sein Gesicht zu sehen, so dass sie sich gleich aufraffte, um sich ihm an den Hals zu werfen. Tröstend strich Ron mit der flachen Hand und Kreisbewegungen über den Rücken, während seine andere Hand ihren Kopf kraulte.
„Minchen, was ist denn nur passiert?“ Er drückte sie leicht von sich weg, damit er sie ansehen konnte und erst da sah er die Bisswunde unter dem weißen Seidentuch hervorblitzen. „Bei Merlin, wie ist denn das passiert? Ist Snape etwa doch ein Vampir?“, fragte Ron mit großen Augen. Noch immer rannen Tränen über ihre Wangen, doch über seine Bemerkung musste Hermine tatsächlich lachen, denn diese Vermutung Snape betreffend hatte wohl jeder Schüler in Hogwarts schon einmal gehabt.
An ihrer statt erzählte Harry von dem Vampir und dem Todesser-Angriff, während Hermine einwarf, dass ihr jemand das Leben gerettet hätte. Harry erzählte nichts von dem, was Severus ihm offenbart hatte, um besonders Hermine nicht noch mehr aufzuregen.
Alle drei waren über das Geschehene so aufgebracht, dass an Schlaf kaum zu denken war. Abwechselnd erzählten Harry und Hermine ihrem besten Freund alles, was am heutigen Abend passiert war, doch Hermine war wegen ihres körperlich geschwächten Zustands nach einer Stunde bereits so müde geworden, dass sie die Augen nicht mehr aufhalten konnte.
Sie schlief bereits selig, während Ron und Harry sich noch immer angeregt über die Gefahr der noch frei umherlaufenden Todesser unterhielten, aber ihretwegen hatten sie die Lautstärke gedrosselt. Letztendlich verabschiedete sich Ron, um zu Angelina zurückzukehren und Harry bat Wobbel darum, während der Nacht ab und an ein Auge auf Hermine zu werfen.
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