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Fanfiction

Harry Potter und die Schatten der Vergangenheit - Das verwundete Selbst

von Muggelchen

Für den regulären Unterricht ab September benötigte Harry etwas ganz Besonderes und er wandte sich daher hilfesuchend an Remus, der ihm bei seiner Suche auch prompt behilflich sein konnte. Remus versicherte ihm, dass im Grimmauldplatz Nr.12 eine alte Chippendale Musiktruhe stehen würde, in der sich erneut ein Irrwicht häuslich eingerichtet hätte. Diese „Truhe“, denn sie sah eher aus wie ein hüfthoher Schrank mit großen Schubladen, hatte Harry mit Leichtigkeit ausfindig gemacht.

Er musste sich während seines Aufenthalts im staubigen Erbe seines Patenonkels das Gezeter von Walpurga Black anhören, denn nachdem er die Haustür geöffnet hatte, war ein starker Wind durch die Eingangshalle geweht, der für einen Moment den samtenen Vorhang, welches ihr Portrait bedeckte, in die Höhe gehoben hatte. Sie keifte und zeterte hinter dem Vorhang weiter und warf mit Beleidigungen um sich, die Harry antrieben, diesen Ort so schnell wie möglich wieder zu verlassen. Mit der Truhe im Schlepptau machte er sich auf den Weg nach Hogwarts, wo er das Möbelstück im Wohnzimmer abstellte.

Nach einem unglücklichen Zwischenfall mit Anne, die staunend das Stückchen kostbare Muggel-Antiquität begutachtet hatte und plötzlich versehentlich ihrem eigenen Irrwicht gegenüberstehen musste – einem jungen Mann mit Irokesenhaarschnitt, der sie grob beleidigte und sie mit einem Messer bedrohte – suchte Harry nach einem Ort in der Schule, an welchem sich so ein Versehen nicht wiederholen würde. Minerva gab ihm den Ratschlag, einen Raum in den Kerkern zu verwenden, der zu Severus’ Bereich gehörte. Kurzerhand bat Harry seinen älteren Kollegen, nach Feierabend bei ihm vorbeizuschauen und gleich darauf verließ er den Frühstückstisch und einen verdutzten Severus.

Nach einem erstaunlich ruhigen Unterrichtstag kam Severus der Bitte seines jüngeren Kollegen nach. Auf dem Weg nach oben ins Erdgeschoss grübelte er darüber nach, was Harry wohl von ihm wollen könnte. Es hatte sich den ganzen Tag über bedauerlicherweise keine Möglichkeit ergeben, zumindest einen Anhaltspunkt von seinem Kollegen zu erhalten. Severus hasste es, keinerlei Informationen zu haben, weil er sich somit nicht auf ein bevorstehendes Gespräch vorbereiten konnte.

Es würde ihn nicht überraschen, wenn Arthur sich demnächst bei ihm melden würde, um ein Treffen zu vereinbaren, denn der wollte sich noch wegen Tyler erkundigen, dem Attentäter von Miss Beerbaum, den Severus per Legilimentik während der Gerichtsverhandlung ausspioniert hatte. Bisher hatte der Minister offenbar keine Zeit gefunden, was Severus untröstlich fand, denn er wollte ihm unbedingt mitteilen, dass er seinen ehemaligen Schüler Gregory Goyle in Tylers Erinnerungen gesehen hatte. Mit jemand anderem konnte er nicht darüber reden, allein schon deshalb nicht, damit Arthur nicht in Schwierigkeiten kommen würde.

Doch was könnte es sein, weswegen Harry um ein Treffen gebeten hatte? Er könnte alles Mögliche von ihm wollen. Er könnte wegen dem Orden des Phönix ein Gespräch mit ihm suchen oder… Severus wurde aus seinen Gedanken gerissen, als Harry die Tür in dem Moment öffnete, als er gerade anklopfen wollte. Aufgeregt fasste Harry sich an die Brust, weil er sich erschrocken hatte.

„Severus, gut dass Sie da sind. Ich wollte eben schauen, ob ich Sie schon auf dem Gang sehe.“

Nachdem Severus hereingebeten worden war, fiel ihm sofort die räumliche Veränderung auf. Mitten im Raum stand ein hüfthoher dunkelbrauner Schrank mit vier Schubladen. In einer Ecke des Wohnzimmers erblickte Severus ein wenig Chaos, denn dort waren mehrere große Kisten abgestellt. Offenbar war Harry dabei, ein wenig umzuräumen.

„Wie kann ich Ihnen behilflich sein, Harry?“
„Möchten Sie erst eine Tasse Tee? Ach nein, um die Zeit bevorzugen Sie ja etwas Anderes. Dann einen Schluck Wein?“, fragte Harry, der bereits für sich und seinen Kollegen ein Glas von dem Weißwein einschenkte, den er von Minerva zu Weihnachten erhalten hatte. Nachdem er Severus das Glas gereicht hatte, erklärte Harry: „Minerva sagte, Sie hätten bestimmt einen Raum in den Kerkern, den Sie nicht nutzen würden. Ich wollte fragen, ob ich dort etwas unterstellen dürfte.“
„Die Kerker stehen mir komplett zur Verfügung. Bis auf einen Raum, in dem Filch seine Reinigungsutensilien aufbewahrt und einen Raum, in welchem ausrangierte Möbel stehen, hat sonst kein Lehrer Verwendung für kühle, feuchte Zimmer“, sagte Severus, der am Ende seines Satzes eine Augenbraue hob und Harry somit aufforderte zu offenbaren, weswegen er einen Raum benötigen würde.

Mit einer Bewegung seines Kopfes zeigte Harry hinüber zur Musiktruhe und sagte: „Da ist ein Irrwicht drin und es, na ja, es gab schon einen Zwischenfall. Ich möchte den Schrank nicht hier stehen lassen. Wenn im Kerker sowieso kaum jemand was abstellt, wäre das doch der ideale Platz. Da könnte ich den Schrank zwischenlagern, damit kein Schüler versehentlich Bekanntschaft mit seiner größten Angst macht. Darf ich den Schrank in den Kerkern lagern?“
„Es gab schon einen Zwischenfall?“, fragte Severus mit zusammengezogenen Augenbrauen.
„Ja, Anne hat sich den Schrank angesehen. Sie meinte, er wäre eine Antiquität. Chippendale ist ein Möbelstil in der Muggelwelt, wissen Sie? Sie hat aus Versehen den Irrwicht befreit und…“
Harry hielt inne, doch Severus forderte ernsthaft und mit großem Interesse: „Oh bitte, erzählen Sie mir, welche Form ein Irrwicht bei einem Muggel annehmen kann!“
„Es war der Mann, der sie einmal überfallen hat. Sie hat im Nachhinein erzählt, dass sie mal in der U-Bahn…“ Aufgrund des fragenden Blickes erklärte Harry kurz: „Das ist ein Beförderungsmittel bei Muggeln. Sie ist in der U-Bahn von einem jungen Mann überfallen worden, der ihr ein Messer an die Kehle gehalten hatte. Die Gestalt dieses Mannes hat der Irrwicht angenommen!“

Nachdem beide auf dem Sofa Platz genommen hatte, dachte Severus einen Moment lang nach und kostete derweil seinen Wein. Nach einer Weile sagte er: „Der beste Platz wäre mein Privatbüro. Die Slytherins sind äußerst erfolgreich darin, verschlossene Türen zu öffnen. Bei den meisten Räumen ist es mir egal, wer die Schutzzauber durchbricht und dort seine Nase reinsteckt, aber die von mir intensiv genutzten Räume sind sicher vor jeglicher Art von unbefugtem Zutritt. Ich möchte nicht riskieren, dass ein Schüler aus meinem Haus…“
„Kein Problem! Wenn Sie der Schrank nicht stört und er keinen Platz wegnimmt… Ich kann ihn morgen vorbeibringen, wenn Sie Zeit haben“, schlug Harry vor.
„Glauben Sie, ich hätte den Vorschlag gemacht, wenn es mich stören würde oder ich der Meinung wäre, der Schrank würde meine Räumlichkeiten voll stellen?“, fragte Snape nicht sehr ernst, woraufhin Harry grinsen musste.

Sie unterhielten sich beide noch ein wenig über das Thema Irrwicht, bis Harry das Gespräch auf Schüler und dann auf Kinder an sich lenkte. Er erzählte seinem älteren Kollegen, wie sehr er Kinder mochte, doch bemerkte er auch, dass Severus sich bei dem Thema nicht wohl zu fühlen schien.

Ehrlich gab Severus zu: „Kinder bedeuten mir nicht allzu viel und noch weniger könnte ich über sie so ins Schwärmen kommen wie Sie es gerade tun, Harry.“
Hier stutzte Harry, bevor er fragte: „Hab ich das missverstanden? Sind Sie nun Dracos Pate oder nicht?“ Nachdem Severus genickt hatte, sagte Harry lächelnd, aber vorsichtig: „Würde mich wirklich mal interessieren, wie Sie sein Pate geworden sind. Ich meine, wenn Sie mit Kindern eigentlich nichts anfangen können, warum…?“
Severus unterbracht ihn und schilderte: „Es war eine Ehre, von einem wohlhabenden und angesehenen Ehepaar gebeten zu werden, der Pate ihres Erstgeborenen zu werden. Das ließ mich nicht lange zögern.“
„Wie alt waren Sie?“, fragte Harry neugierig.
„Zwanzig, aber warum interessiert es Sie so sehr?“, fragte Severus mit hörbarem Misstrauen in der Stimme, was Harry klarmachte, nicht so grob in der Vergangenheit stochern zu dürfen.
„Ach nur so… Sich mit zwanzig darüber bewusst zu sein, für das Patenkind sorgen zu müssen, wenn den Eltern etwas zustoßen sollte, ist schon bemerkenswert, finde ich“, sagte Harry lobend, doch Severus schnaufte nur einmal, als wolle er damit sagen, dass er sich damals keinesfalls über seine Pflichten als Pate bewusst gewesen war.

Harry nippte an seinem Wein und schaute sich in seinem Wohnzimmer um, bis sein Blick auf die Kisten fiel, die die alten Sachen von Sirius und die seiner Eltern beinhalteten. Er hatte sie dort abgelegt, damit er sie demnächst mal komplett durchforsten konnte. Die oberste Kiste hatte er erst gestern hinzugestellt, denn da waren die wenigen Habseligkeiten verstaut, die er von den Dursleys mitgenommen hatte und die er in den nächsten Tagen ebenfalls durchschauen und aussortieren wollte.

Bevor Harry etwas Falsches bezüglich Severus’ Vergangenheit fragen würde, wechselte er das Thema und sagte fröhlich: „Ich hab übrigens Bilder von Ihnen gefunden. Wollen Sie sie vielleicht mal sehen?“ Ohne auf eine Antwort zu warten stand Harry bereits auf und ging zu den Kisten hinüber. Sie waren übereinander gestapelt, weswegen er seinen Zauberstab zückte, um die oberste Kiste mit den Dingen aus dem Ligusterweg per Levitation zu bewegen, damit er an die untere von seinen Eltern herankommen könnte.

Severus folgte ihm erst mit den Augen, erhob sich jedoch gleich darauf von der Couch und kam einen Schritt auf Harry zu.

„Das ist nicht notwendig!“, warf er etwas zu bestimmend ein, denn er sprach sehr laut und klang sehr verärgert. Harry war über den Tonfall so erstaunt, so dass er sich abrupt umdrehte und somit die Kontrolle über die Pappkiste verlor. Die Kiste stieß leicht an Severus’ Oberarm, plumpste seitlich vor dessen Füße und verteilte den Inhalt vor ihm auf dem Boden.

„Tut mir…“, Harry hielt mit seiner Entschuldigung abrupt inne, als er Severus’ schockierten Gesichtsausdruck erblickte. Sein Kollege starrte mit weit aufgerissenen Augen und offen stehendem Mund auf den Boden, auf dem sich der ausgekippte Inhalt der Kiste verteilt hatte, doch es war nicht das aufgeschlagene Fotoalbum mit Bildern seiner Eltern, welches ihm Hagrid Ende des ersten Schuljahres geschenkt hatte, auch nicht die Spielfiguren von berittenen Cowboys und Indianern oder Harrys alte Schulsachen, auf die Severus seinen Blick gerichtet hatte. Es war der Teil einer kleinen, beigefarbenen Decke mit blauen, roten und gelben Quer- und Längsstreifen, die kontrastreich auf dem schwarzen Schuh ruhte. Mit dem anderen Fuß war Severus bereits einen Schritt zurückgewichen, als wollte er fliehen, doch es schien fast, als wäre der Schuh, auf dem der Teil der Decke lag, am Boden festgenagelt. Hörbar beschleunigte sich Severus’ Atmung, so dass dessen Nasenflügel bebten. Sein Gesicht war weiß wie eine Kalkwand und sein Körper schien wie versteinert.

„Severus?“, fragte Harry vorsichtig, doch der war nicht ansprechbar. Er bemerkte, wie Severus versuchte, seinen Fuß unter der Decke hervorzuziehen, doch er schaffte es nicht. „Severus?“, fragte er dieses Mal lauter, aber noch immer reagierte sein Kollege nicht. Stattdessen standen ihm bereits kleine, fast unscheinbare Schweißperlen auf der blassen Stirn und Severus atmete nun nicht mehr durch die Nase, sondern heftig durch den Mund, was Harry sehr besorgte.

Harry blickte hinunter zur Decke. Er maß dem Stück Stoff nicht viel Bedeutung bei, nur soviel, dass diese Decke das Einzige darstellte, das von Anfang an ihm allein gehört hatte. Er konnte sich nicht erklären, warum Severus so seltsam reagierte und realisierte Harry den ersten Gedanken, der ihm durch den Kopf geschossen war, um Severus zu befreien. Er hob seinen Stab und zauberte die Decke zurück in die jetzt leere Kiste. Auf der Stelle, wie er es gehofft hatte, regte sich sein Kollege wieder, nachdem die Decke aus dessen Blickfeld verschwunden war, doch er wirkte weiterhin sehr mitgenommen.

„Severus?“, fragte Harry zum dritten Mal und erst jetzt blickten ihn die sonst immer so pechschwarzen Augen an, die nun mit einem Male einen ungewöhnlich brauen, warmen Schimmer in sich bargen.

Ohne dass Severus sich zu diesem Vorfall äußerte, wandte er sich schlagartig von Harry ab und stürmte aufgebracht zur Tür hinaus. Nach einer Schocksekunde eilte Harry ihm hinterher. Auf der Treppe in die Kerker wäre er beinahe gefallen, doch er schaffte es noch rechtzeitig, sich am Geländer festzuhalten.

Harry durfte ihn nicht aufhalten, indem er ihn am Arm herumriss, wie er es schon einmal getan hatte, denn Severus hatte damals gesagt, er solle sich hüten ihn anzufassen. So blieb ihm keine andere Wahl, als ihm schnell hinterherzulaufen und ihn währenddessen beim Namen zu rufen, doch Severus blieb einfach nicht stehen. Er lief weg und es erweckte den Anschein, als würde Severus nicht vor ihm, sondern vor etwas anderem davonlaufen.

All seine Kraft zusammennehmend sprintete Harry wie ein Olympiasportler hinterher, so dass er tatsächlich Severus überholen und sich einfach vor ihn stellen konnte. Als sein Kollege ihn erblickte, hielt er abrupt inne und stützte sich schnaufend mit einer zittrigen Hand an dem kalten Mauerwerk der Kerker ab.

Etwas aus der Puste gekommen fragte Harry ihn besorgt: „Severus? Was ist geschehen?“
Severus atmete sehr hastig und stockend, aber nicht, weil er gerannt war, doch er riss sich zusammen und antwortete, während er es vermied, Harry in die Augen zu sehen: „Es geht schon. Ich fühle mich nur etwas“, er suchte nach einem Wort und fügte nach einem Moment hinzu, „indisponiert.“

Der Zaubertränkelehrer wollte Harry bereits passieren, als der ihn nun doch ganz zaghaft am Oberarm berührte – nicht festhielt – und mit leiser Stimme sagte: „Irgendetwas ist doch mit Ihnen. Ich bin doch nicht blind. Severus, bitte sagen Sie mir, was los ist!“

Als Severus aufblickte, fielen Harry erneut die dunklen Iriden seines Kollegen auf, die jetzt so außergewöhnlich warm flimmerten, wie er es noch nie zuvor bei ihm gesehen hatte. Sie erinnerten ihn ganz plötzlich an die liebenswerten Augen von Hagrid. Schon im ersten Schuljahr hatte Harry in Gedanken einmal die dunklen Augenfarben der beiden Männer verglichen, doch damals konnten die frostigen Augen von Severus nicht gegen Hagrids ankommen, die so viel Güte ausstrahlten.

Bisher hatte Severus nicht geantwortet, doch er war auch nicht im Begriff, seinen Weg fortzusetzen, so dass Harry ehrlich anbot: „Ich möchte Ihnen helfen, Severus. Sagen Sie mir nur, wie ich das kann!“
Severus schluckte hörbar und zitterte unmerklich am ganzen Leib, bevor er mit flüsternder Stimme verzweifelt entgegnete: „Ich weiß nicht, wie, Harry.“ Die noch nie da gewesenen, warmherzigen Augen blickten Harry eindringlich an und erflehten geradezu Hilfe, doch Severus wiederholte lediglich noch leiser als zuvor: „Ich weiß nicht, wie…“

Harry wusste, dass er handeln musste. Er war sich im Klaren darüber, dass Severus momentan wieder „anders“ war. Irgendetwas musste ihn vorhin aus der Bahn geworfen haben; musste ihn überwältigt haben, so dass er jetzt nicht mehr der Alte war, selbst wenn er es sein wollte, doch Harry war völlig hilflos, denn ohne einen Anhaltspunkt könnte er nichts anderes machen als ihm jetzt beizustehen, was auch immer Severus gerade durchlebte. Es kam schon selten genug vor, in Severus’ Mimik überhaupt einmal ein Gefühl erkennen zu können, doch momentan schien sein Kollege von so vielen Empfindungen auf einmal heimgesucht zu werden, so dass Harry lediglich bitten konnte: „Sagen Sie mir, was in Ihnen vorgeht.“ Sachte schüttelte Severus den Kopf, doch Harry bestand mit seiner ruhigen Art auf eine Antwort, indem er mit friedvoller, vertrauter Stimme erklärte: „Wie soll ich denn helfen können, wenn ich nicht weiß, was mit Ihnen ist? Sie wissen es doch selbst nicht. Severus, bitte! Sagen Sie mir, was jetzt anders bei Ihnen ist als sonst!“

In den wenigen Minuten, die Severus benötigte, um sich zu sammeln, betrachtete Harry sein Gegenüber genau. Die Schweißperlen auf der Stirn waren bereits verdunstet, doch Severus wirkte dadurch nicht weniger aufgewühlt als zuvor. Noch immer atmete er heftig und er zitterte unaufhörlich. Harry konnte einen kurzen Blick auf den sonst immer durch den Stehkragen verdeckten Hals erhaschen und er bemerkte die schnell pulsierende Stelle, unter der sich die Halsschlagader verbarg.

Seine Geduld hatte sich ausgezahlt, denn endlich konnte der Zaubertränkelehrer sich dazu durchringen, zumindest zu versuchen, auf Harrys Bitte hin eine Antwort zu geben. So leise wie das Surren eines Insekts sagte Severus stockend, als wollte er mit Bedacht die richtigen Worte finden: „Da ist“, Severus linker Arm zuckte kurz, „so ein… Druck.“ Severus Augenbrauen zogen sich zusammen, als würde das, was er eben beschrieben hatte, ihm physische Schmerzen bereiten.
Mit einfühlsamer Stimme, fast hauchend, fragte Harry: „Wo?“
Wieder zuckte sein linker Arm, bevor Severus ihn leicht anhob und zögerlich mit seinen Fingerspitzen federleicht auf die Stelle deutete, an der sich sein Herz befand.

Harry glaubte, genau zu wissen, welches Gefühl Severus hatte beschreiben wollen. Es konnte sich nur um so ein Gefühl handeln, wie er es selbst hatte ertragen müssen, als er um Cedric, Sirius und Albus getrauert hatte, denn was sonst könnte der Zaubertränkemeister mit „Druck“ meinen? Was dieses Gefühl in Severus ausgelöst hatte, war ihm jedoch ein Rätsel.

Verständnisvoll nickte Harry, bevor er abermals eine Hand auf Severus’ Oberarm legte und ihm anbot: „Ich werde Sie auf Ihr Zimmer begleiten. Kommen Sie, das wird schon wieder.“ Severus gestattete die Berührung am Arm und ließ sich willig zu seinem Zimmer begleiten.

Wie einen alten gebrechlichen Mann führte Harry ihn am Oberarm stützend durch die Kerker, bis sie an dem Portrait angelangt waren. Das Gemälde von Salazar öffnete kommentarlos den Eingang, wenn auch der Gründer über Severus’ Anblick sehr erschüttert schien. Severus hatte kein weiteres Wort gesprochen, während die beiden nebeneinander gegangen waren. Er ließ sich von Harry zur Couch führen und setzte sich. Wortlos nahm er das Glas Feuerwhisky entgegen, von welchem er jedoch nicht trank. Starr blickte er auf einen Punkt auf den Tisch vor sich und so verharrte er versteinert und regte sich nicht einmal, als Harry sich neben ihn setzte und ihn von der Seite mit bekümmertem Gesichtsausdruck betrachtete. Der Hund kam winselnd angeschlichen, setzte sich vor Severus und legte den weißen Kopf mit den hängenden Ohren auf dessen Knie ab, doch Severus rührte sich auch jetzt nicht.

Besorgt fragte Harry, auch wenn er sich dabei etwas dumm vorkam: „Das ist aber kein Herzinfarkt oder? Ich meine, das würde sicherlich ganz anders aussehen.“ Um Harry zu beruhigen schüttelte Severus verneinend den Kopf, bevor Harry nochmals eine Frage stellte: „Möchten Sie vielleicht zu Poppy? Ich würde Sie begleiten.“
Mit ermattet und hoffnungslos klingender Stimme flüsterte Severus: „Poppy kann mir nicht helfen, Harry.“
Die Antwort machte Harry stutzig, weswegen er es nicht lassen konnte, mitfühlend zu fragen: „Sie sind aber nicht schwer krank oder?“ Wieder verneinte Severus wortlos.

Den Whisky hatte Severus bisher nicht ein einziges Mal angerührt, weswegen Harry ihm das Glas wieder aus der Hand nahm und es auf den Tisch stellte, worüber Severus sich nicht beschwerte. Die beiden Männer saßen eine ganze Weile still nebeneinander auf der Couch und in dieser Zeit bemerkte Harry, dass sein Kollege zwar nicht mehr heftig atmete oder stark zitterte, sondern allgemein ruhiger geworden war, doch dass der Druck, von dem er gesprochen hatte, noch immer auf ihm zu lasten schien. Severus war sichtlich niedergeschlagen.

„Ist der Druck noch da?“, fragte Harry kleinlaut, weil er befürchtete, sein Kollege würde ihn wegen der lästigen Fragerei womöglich für aufdringlich halten. Ein Nicken war die bejahende Antwort auf die Frage, weswegen Harry, dem seine eigene Hartnäckigkeit langsam selbst etwas unangenehm wurde, noch die wichtige Frage stellte: „Wissen Sie, was das ausgelöst hat?“
Für einen Moment schien Severus den Atem anzuhalten, bevor er kurz und knapp erwiderte: „Die Decke…“ Er wollte offenbar mehr sagen, doch Severus verstummte. Harry kam nicht dazu, weitere Fragen zu stellen, denn Severus bat ihn mit ausgelaugt klingender Stimme: „Würden Sie mir einen Gefallen tun?“
„Ja natürlich!“, antwortete Harry wie aus der Pistole geschossen.
„Würden Sie in mein Labor gehen und Miss Granger nachhause schicken? Ich vermag heute nicht mehr zu arbeiten“, sagte Severus sehr schwächlich. Harry nickte, obwohl er diese Bitte beängstigend fand, denn Severus hatte in den ganzen Jahren, die Harry in Hogwarts zur Schule gegangen war, kein einziges Mal wegen Krankheit gefehlt.

Fürsorglich fragte er seinen schwermütigen Kollegen: „Kann ich sonst noch etwas für Sie tun? Soll ich vielleicht noch einen Moment hier bleiben oder später nochmal nach Ihnen schauen?“
Abermals schüttelte Severus den Kopf, bevor er leise bat: „Vielleicht wäre es besser, wenn Sie mich jetzt allein lassen.“

Einen enttäuschten Seufzer konnte Harry nicht unterdrücken, denn „allein gelassen werden“ war besonders bei deprimierten Menschen ein Wunsch, den er nur sehr ungern erfüllen wollte. Doch Harry war lange genug aufdringlich gewesen und verabschiedete sich daher von ihm und wünschte Severus eine gute Besserung, wenn er auch im Dunkeln tappte, was seinem Kollegen wohl fehlen mochte.

Einige Zimmer weiter öffnete Harry die Tür zum Labor, in welchem Hermine bereits Zutaten zerkleinerte. Ohne aufzublicken sagte sie enthusiastisch: „Hallo Professor Snape, wie wäre es, wenn wir heute mit dem…“ Erst jetzt blickte sie freudestrahlend auf, doch sie verstummte und ihr Lächeln verblasste, als sie ihren besten Freund erblickte.

„Harry? Was machst du denn hier?“ Sie betrachtete ihn und bemerkte sofort, dass ihm etwas fehlte, weshalb sie alles stehen und liegen ließ, sich ihrem Freund näherte und besorgt fragte: „Was ist denn nur passiert, Harry? Du siehst völlig fertig aus.“
Er setzte sich auf einen dreifüßigen Schemel, der am Arbeitstisch stand, und erklärte bedrückt: „Ich komme eben von ihm. Hermine, er sieht gar nicht gut aus! Ich weiß nicht genau, was mit ihm los ist, aber…“
Sie unterbrach ihn und fragte neugierig: „Er ist im Moment wieder in diesem ’Ausnahmezustand’?“ Harry bejahte wortlos, weshalb sie besorgt fragte: „Er hat dir doch nichts angetan oder, Harry?“
Er verneinte kopfschüttelnd, bevor er entkräftet Severus’ Botschaft ausrichtete und sagte: „Er hat mich gebeten, dich nachhause zu schicken, Mine. Er fühlt sich nicht besonders. Ich glaube, er leidet.“ Harry fasste sich an die Stirn und schloss die Augen, bevor er hinzufügte: „Ich glaube, ich fühle mich auch nicht wohl.“

Nachdem Harry einmal geseufzt hatte, spürte er plötzlich einen warmen Körper und Arme, die ihn beherzt drückten. Hermine gab ihm das, was in solchen Momenten immer am besten half: Eine liebevolle und kräftige Umarmung.


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Es gibt einen Grund dafür, warum alle großen Fantasy- und Science-Fiction-Filme im Gedächtnis der Leute geblieben sind. Sie haben eine große Tiefe und nicht nur eine oberflächliche Handlung. Und deswegen werden wir in 50 oder 100 Jahren auch immer noch die Harry-Potter-Bücher lesen und hoffentlich die Filme anschauen.
Michael Goldenberg