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Harry Potter und die Schatten der Vergangenheit - Von Hunden und Stäben

von Muggelchen

Völlig überstürzt und ohne ein Wort des Dankes verließ Draco Annes Wohnung. Er fühlte sich bei ihr nicht wohl. Zudem hatte er viel zu spät erkannt, dass sie ein Muggel war. Seinen Zauberstab hatte er nirgends gefunden und durch seinen Kater war er nicht einmal imstande, einen anständigen, stablosen Aufrufezauber zu verrichten. So ging er ohne ihn zurück zum Tropfenden Kessel und nahm den nächstbesten Kamin, um nach Hogwarts zu gelangen.

Grübelnd saß Anne auf ihrer Couch und starrte auf die Schottlandkarte. Der junge Mann schien zwar übervorsichtig, wirkte aber keinesfalls geisteskrank. „Zauberstab“, murmelte Anne stirnrunzelnd vor sich hin. Ihr war während Dracos Aufenthalt aufgefallen, dass er ihren Fernseher angestarrt hatte, als hätte er so einen Gegenstand nie im Leben gesehen. Sein Vorname klang in ihren Ohren sehr ungewöhnlich. Sie wusste, dass sein Name vom griechischen Drakon abgeleitet war. Seinen Nachnamen hatte er ihr nicht verraten, aber er schien aus gutem, englischem Hause zu stammen. Seine Kleidung, die sie in die Waschmaschine gestopft hatte, war aus teuersten Stoffen maßgeschneidert. Anne griff nach der Karte und starrte auf den Punkt, der die Ruine in Schottland in der Nähe eines Sees kennzeichnete. Die Begegnung mit dem jungen Mann würde sie so schnell nicht vergessen.

In eben jener Ruine, dem Schloss, das vor Muggelaugen geschützt war, hatte es sich Harry zur Aufgabe gemacht, Snape öfters zu besuchen, wenn der sich schon von den gemeinsamen Essenszeiten in der Großen Halle fernhielt. Snape schien sich von den Besuchen nicht belästigt zu fühlen, was Harry ermutigte. Auch heute klopfte er leise an der Tür seines zukünftigen Kollegen. Noch bevor Snape Einlass gewährte, hieß ihn der Hund mit einem aufgeregten Bellen durch die Tür hindurch willkommen. Nachdem Harry eingetreten war – den Fehler machte er nicht noch einmal –, grüßte er zunächst höflich Snape, bevor er sich auf den Boden kniete und Harry tätschelte.

Mit all seinem Mut drängte Harry dem einsiedlerischen Mann einen Smalltalk auf und brachte ihn somit tatsächlich zum Reden. Er erfuhr, wo Snape den Hund gefunden hatte und dass er ihn Draco schenken wollte, mit dem er aber seit Tagen nicht mehr als fünf Sätze gewechselt hatte. Harry zog erstaunt die Augenbrauen in die Höhe.

„Na ja, so lange sind Sie eben sein Herrchen. Wie oft gehen Sie denn mit ihm Gassi?“ Snapes verwirrter Blick aufgrund des letzten Wortes brachte Harry zum Lachen, bevor er erklärte: „Der Hund muss raus! Wie oft gehen Sie mit ihm nach draußen?“ Snape antwortete nicht und schien ein wenig verlegen, woraufhin Harry ungläubig fragte: „Sie waren mit ihm nicht ein Mal draußen? Das geht so nicht! Sie müssen mit ihm raus! Er muss doch sein Geschäft erledigen.“ Harry stutzte und fragte zaghaft: „Ähm, wie … Ich meine, wo macht er denn …?“ Abrupt sprang er vom Boden auf, als er befürchtete, womöglich gerade in einem getrockneten Häufchen zu sitzen. Snape schluckte sichtbar, als er sich ertappt fühlte. Harry schüttelte vorwurfsvoll seinen Kopf und erteilte Snape eine nicht allzu ernst gemeinte Lektion: „Sie müssen mit ihm mindestens drei Mal täglich nach draußen gehen! Er ist doch noch so klein. Er will spielen, muss sein Revier markieren, er braucht Auslauf.“
Schnaufend konterte Snape: „Wenn Sie, Mr. Potter, so viel über Hunde wissen, warum nehmen Sie mir diese Aufgabe nicht ab? Sie scheinen doch eh einen Narren an dem Köter gefressen zu haben. Nehmen Sie ihn auf Ihrem nächsten Rundgang mit, wenn Sie Ihren werten Paten ausführen.“
Die bösartige Bemerkung überhörte Harry, weil er sich nicht ärgern wollte. „Es ist Ihr Hund und Ihre Aufgabe.“ Snape wollte gerade etwas erwidern, da fügte Harry hinzu: „Wenn ich mit ihm rausgehe, dann nur für eine Gegenleistung.“ Mit zusammengekniffenen Augen versuchte Snape ihn einzuschüchtern, aber er scheiterte kläglich. „Es ist gang und gäbe, Hundesitter für ihre Arbeit zu bezahlen. Wissen Sie überhaupt, was für eine Rasse das ist?“, fragte Harry. Wortlos verneinte Snape. „Das ist ein Kuvasz.“
„Ein was?“, fragte Snape nach.
Harry lächelte. „Die Rasse heißt Kuvasz. Zählen zu Treib- und Hütehunden. Die sind in der Regel sehr anhänglich und treu. Sie beschützen ihre Familie mit dem Leben.“
„Woher wissen Sie so viel über Hunde?“, fragte Snape ehrlich interessiert, denn er hatte sehr selten irgendetwas Privates über seinen ehemaligen Schüler erfahren.
„Meine Tante Magda hat Hunde gezüchtet. Hässliche Bulldoggen.“ Ihm fiel auf Anhieb der fette Ripper ein. „Manchmal, wenn sie zu Besuch war, hat sie Bilder von Hundeausstellungen herumgezeigt. Sie hat immer daran teilgenommen. Ich meine natürlich, ihre Hunde haben, obwohl meine Tante sicherlich auch einen Preis hätte gewinnen können.“

Auch wenn Harry abschweifte, unterbrach Snape ihn nicht. In gewisser Weise war es entspannend, ihm zuzuhören. Harrys Besuche und seine oberflächlichen Gespräche lenkten ihn von seinem seelischen Tief ab, welches ihm täglich zu schaffen machte. Und hier, mitten in seinem Wohnzimmer, stand nun Harry Potter, ehemaliger Dorn in seinem Auge, der ihn besuchte und von Hundeshows erzählte, als wären sie gute Bekannte. Von Harry war nach Voldemorts Sturz nicht ein einziges Mal ein Vorwurf gekommen, obwohl es so viel gab, was man ihm anlasten konnte. Die Zeiten, in denen Severus ihm als Schüler das Leben schwer gemacht hatte, wurden von dem jungen Mann bisher nicht angesprochen. Im nächsten Jahr würde Harry einer seiner Kollegen sein. Es überraschte Severus selbst, dass er von dem Gedanken nicht angewidert war. Vieles hatte sich geändert.

Wie für Severus die Tätigkeit als Lehrer im nächsten Jahr aussehen würde, war völlig ungewiss. Damals hatte er nur in Hogwarts gearbeitet, um so für Dumbledore spionieren zu können. Kinder bedeuteten ihm wenig, die Kinder anderer noch weniger, besonders wenn sie im Unterricht nicht aufpassten. Er rief sich einige der Schüler ins Gedächtnis zurück. Longbottom war ein Albtraum gewesen. Dem Jungen fehlte jedes Feingefühl für Zaubertränke. In Zukunft wieder solch untalentierte Schüler lehren zu müssen, vermieste ihm die Aussicht auf den kürzlich angenommenen Lehrerposten. Und doch gab es auch wenige Schüler, die nicht nur rege Begeisterung für das Fach Zaubertränke mitbrachten, sondern auch eine erstklassige Begabung dafür aufwiesen. Miss Granger. Schüler wie sie erinnerten ihn an sich selbst. „Neunmalklug“ und „Besserwisser“ waren die Worte, die er mit ihr in Zusammenhang brachte und doch war er sich schon damals darüber im Klaren gewesen, dass sie ein kluges Köpfchen war und eine natürliche Veranlagung für Zaubertränke mitbrachte, genau wie er. Unglücklicherweise war sie nach Gryffindor gekommen.

Noch immer erzählte Harry von den Hundeausstellungen und seiner beleibten, fiesen Tante und Severus lauschte ihm, als er sagte: „Sie hat ständig über die Konkurrenz gelästert, aber gerade diese weißen Hunde fand ich immer am schönsten. Außerdem sagt man ihnen nach, dass sie großen Mut besitzen würden.“
Snape rollte mit den Augen und murmelte: „Das fehlte mir gerade noch.“ Harry fragte nach, was er meinte, woraufhin er nicht sehr ernst erklärte: „Das fehlte mir noch, dass ich offenbar einen Gryffindor als Haustier habe.“
Harry lachte und erwiderte: „Na ja, er heißt Harry. Was haben Sie erwartet?“

Zurück in der Gasse, in welcher Anne gestern Abend Draco gefunden hatte, suchte sie den Boden mit den Augen ab. Nach einer halben Stunde wollte sie wieder gehen, da fiel ihr Blick auf die umgekippte Mülltonne, gegen die Draco gestern gestoßen war. Sie rümpfte die Nase und packte die Mülltonne mit beiden Händen, um sie aufzustellen. Unter der Tonne, mit schimmeligen Nudeln beklebt, fand sie einen länglichen Gegenstand aus Holz. Die Finger schützte sie mit einem Taschentuch, bevor sie das Objekt aufhob. Nachdem sie den Dreck weggewischt hatte, hielt sie einen um die dreißig Zentimeter langen, wohlgeformten Holzstab in der Hand, der an einem Ende eine Art Griff mit geschnitzten Verzierungen aufwies. Nachdem, was dieser Draco gestern erzählt hatte, wenn das auch nicht sehr viel gewesen war, dann musste das sein Zauberstab sein. So ein Ding hatte sie noch nie gesehen. Er war schwerer als er aussah, lag gut in der Hand. Für ein Essstäbchen viel zu lang und dick. Möglicherweise war Draco aber doch geistig umnachtet und hielt diesen Stab nur für einen Zauberstab. Anne steckte ihn ein und verließ die Gasse.

Nach dem unangenehmen Zwischenfall im Restaurant war kein Brief mehr von Miss Bones gekommen, was Draco bedauerte, ohne es zugeben zu wollen. Trotzdem hatte man seinen Antrag zügig bearbeitet und ihm einen Termin für einen Besuch mit seinem Vater mitgeteilt. In seinem Bestätigungsschreiben wurde er über die Vorgehensweise des Besuchs aufgeklärt. Er musste seinen Zauberstab im Vorfeld abgeben, was ihn kurzzeitig an Anne und seinen verlorenen Stab erinnerte. Sie war nur ein Muggel, aber sie hatte sich um ihn gekümmert, obwohl sie ihn gar nicht kannte. Während seiner Flucht waren es oft Muggel gewesen, die ihnen Obdach gaben, ohne viele Fragen zu stellen. Bauern, Gemeindemitglieder und selbst Menschen, die nicht viel ihr Eigen nennen konnten, hatten das geteilt, was sie besaßen. Er las die Anweisungen. Erstaunt war er darüber, dass er ebenfalls seine Kleidung vor dem Besuch abgeben sollte. Es würde ihm ein Besucherumhang zur Verfügung gestellt, stand in dem Schreiben. Draco war dies alles egal. Die Hauptsache war, dass er seinen Vater besuchen durfte, um mit ihm über seine Mutter reden zu können. Gleichzeitig überkam ihn jedoch auch Angst, seinem Vater gegenüberzutreten. Er wusste, dass er ihn enttäuscht haben musste, weil er damals seinen von Voldemort erteilten Auftrag nicht ausführen konnte.

Ein Zimmer weiter hatte Severus eine Leine herbeigezaubert und gerade Harry verabschiedet, der mit dem Hund nach draußen ging. Wenige Minuten später erhielt er seltenen Besuch. Ohne großes Drumherum unterrichtete Draco ihm niedergeschlagen und mit blassem Gesicht von der Neuigkeit.

„Ich darf Ende der Woche Vater besuchen. Ich darf zwar niemanden mit in den Besuchsraum nehmen, aber ich dachte, dass du mich vielleicht ins Ministerium begleiten würdest.“ Severus nickte bejahend, ohne nach dem genauen Termin zu fragen. Es war für ihn selbstverständlich, Draco in schweren Zeiten wie diesen beizustehen. Sein Patensohn war genauso melancholisch wie er selbst.
Erleichtert atmete Draco durch. Als er wieder gehen wollte, fragte Severus ihn: „Wo warst du die letzten Tage? Ich habe dich kaum gesehen. Ich dachte, wir setzen uns mal zusammen.“

Draco schluckte. Die Nachricht von der Besuchserlaubnis in Askaban hatte ihn innerlich aufgewühlt. Ihm war ganz und gar nicht nach reden. Ihm war danach, sich auf sein Bett zu legen und in Selbstmitleid zu versinken. Alkohol wäre auch eine mögliche Lösung, wenn auch vorzugsweise in den eigenen vier Wänden und nicht ganz so viel.

„Sind komische Dinge passiert. Ich hatte mich doch mit Miss Bones getroffen.“
Mit einem halbseitigen Grinsen stichelte Severus: „Ah, Mr. Malfoy hatte ein Date.“ Er war davon ausgegangen, dass Draco möglicherweise Gefallen an Miss Bones gefunden haben könnte. Ohne ihren Babyspeck sah sie äußerst reizend aus. Ihre roten Haare waren viel länger als zu Schulzeiten. Dass er sich geirrt hatte, bemerkte Severus an den zusammengekniffenen Augen seines Gegenübers.
„Das war kein Date“, zischte Draco gereizt. Mit nur einem Blick entschuldigte sich Severus für seine laut gedachte Vermutung.

Gewohnheiten ließen sich schwer ablegen, und so blieb Draco noch eine Weile, um mit seinem Patenonkel zu reden, wie sie es oftmals in den Jahren getan hatten, in denen sie zusammen ums Überleben kämpften. Sie sprachen nicht durchweg. Die pure Anwesenheit des anderen beruhigte ungemein. So war es häufig gewesen. Beieinander sitzen und wissen, dass der andere einen nicht im Stich ließ.

„Leider sprechen wir uns erst jetzt, Draco. Ich habe nämlich eine Überraschung für dich, um die ich mich seit einigen Tagen kümmere.“ Neugierig blickte Draco seinen Patenonkel an. In diesem Moment klopfte es. Harry betrat Snapes Räumlichkeiten und blieb einen Moment verdutzt stehen, als er Draco bemerkte. Nach der Nacht im Krankenflügel hatten sie nicht mehr miteinander gesprochen.
Harry grüßte zuversichtlich: „Hallo Draco, wie geht’s?“ Weder grüßte Draco zurück noch antwortete er auf die Frage nach seinem Wohlbefinden.
Snape schritt ein und erklärte entschuldigend: „Mr. Malfoy ist momentan etwas erholungsbedürftig.“ Mit regungsloser Mimik starrte Draco den Hund an. Severus wollte seine Stimmung aufhellen und sagte zu ihm: „Draco, die Überraschung, von der ich vorhin sprach.“ Er deutete auf Harry. Einen Moment schien Draco etwas begriffsstutzig, aber dann verstand er, dass Severus ihm den Hund als Geschenk machen wollte.
Wenig begeistert fragte er: „Du schenkst mir einen Hund?“ Einen Augenblick später klang Draco sehr erbost, als er hinzufügte: „Was soll ich mit einem Hund anfangen? Ich will ihn nicht!“ Verärgert verließ er seinen verdutzten Patenonkel. Harry war nicht weniger verdattert.
Er suchte nach einer Erklärung für Dracos Verhalten und sagte, nachdem er mit Snape allein war: „Vielleicht will er ihn nur nicht haben, weil im Moment den Kopf voll hat und sich nicht um ihn kümmern kann?“ Einen Augenblick lang blickte Severus Harry mit wehmütiger Miene an, erwiderte jedoch nichts, sondern bat seinen Gast, ihn allein zu lassen.

Die kommenden Nächte waren für Severus und Draco alles andere als ruhig. Draco schreckte immer wieder hoch. In seinen Träumen war er in Askaban und besuchte seinen Vater. Am Ende ließ man Draco nicht gehen, sondern sperrte ihn ebenfalls ein. Severus hingegen schlief wenig. Vier, fünf Stunden, mehr nicht, was er bedauerte. Im wachen Zustand war er nämlich dazu gezwungen, über sein Leben nachzudenken.

In London gab es ebenfalls eine Person, die nur schlecht schlief. Wenn Anne nachts aufwachte, grübelte sie über Schottland nach. Weil es so nicht weitergehen konnte, entschloss sie, sich einen Kurztrip nach Schottland zu leisten. Erst als dieser Entschluss gefallen war, konnte sie wieder besser schlafen.

Für Freitag hatte sie einen Tag Urlaub bewillig bekommen. Sehr früh morgens griff sie sich eine kleine, gepackte Tasche, die Schottlandkarte und Dracos Zauberstab, bevor sie sich ins Auto schwang. Für die mehr als 400 Meilen würde sie über sieben Stunden benötigen.

An genau diesem Freitagmorgen, nur nicht ganz so früh wie Anne, machten sich Draco und Severus auf ins Ministerium. Einen Unterschied zwischen der sterilen weißen Wand und Dracos Gesichtsfarbe gab es nicht, was Severus Sorgen bereitete. Sein Patensohn war kreidebleich, zudem äußerst still. Beide warteten vor einem Raum, bis Draco hineingerufen wurde. Ab hier musste Severus ihn allein lassen, aber er würde auf ihn warten, hatte er versprochen.

Vor den wachen Augen einer Hauselfe musste Draco seine gesamte Kleidung gegen einen schlichten Besucherumhang und ein paar Einwegschuhe tauschen. Man wollte somit umgehen, dass nicht nur ein Gegenstand nach Askaban hineingeschmuggelt werden konnte, sondern man wollte auch verhindern, dass Kleidungsstücke, die womöglich mit Flüchen versehen waren, in die Hände von Gefangenen gelangten.

Drei Männer führten Draco in einen weiteren Raum. Durch den dort befindlichen Kamin, der eine direkte Verbindung nach Askaban darstellte, eskortierte man ihn ins Gefängnis. In Askaban angelangt brachten zwei der Männer ihn in einen Raum ohne Fenster. Es befanden sich lediglich zwei Stühle in dem Zimmer, die ungefähr drei Meter voneinander entfernt und sich zugewandt fest im Boden verankert waren. Kein Tisch, keine Pflanzen, kein Muster an der Wand. Draco setzte sich nach Aufforderung auf einen der Stühle. Ihm wurde untersagt, sich ohne Erlaubnis zu erheben. Es vergingen einige Minuten, die Draco damit verbrachte, sich seinen Vater im Stuhl gegenüber vorzustellen. Sein Herz begann vor Aufregung zu rasen und seine Hände schwitzten. In Gedanken ging er etliche, mögliche Gesprächsthemen durch und malte sich aus, welche Situationen bevorstehen könnten.

Die Wand hinter dem leeren Stuhl öffnete sich abrupt. Dass sich dort eine Tür befand, hatte Draco nicht einmal erahnt. Zwei Männer führten seinen Vater in den Raum hinein und verdeutlichten ihm barsch, dass er sich auf den leeren Stuhl zu setzen hatte. Bei dem Anblick seines Vaters erschrak Draco. Er hatte dunkle Ringe unter den hellen Augen und lief leicht gebeugt. Jegliche Freude war aus seinem Gesicht verbannt. Stolz war das Einzige, das sein Vater noch immer ausstrahlte.

Lucius blinzelte. Der Raum war wesentlich heller erleuchtet als seine Zelle. Vor sich erkannte er ein ebenmäßiges, sehr blasses, spitz zulaufendes Gesicht und hellblonde Haare. Seine vor dem Oberkörper gefesselten Hände legte er in seinen Schoß, bevor er mit sehnsüchtiger Stimme sagte: „Draco …“ Er vermisste seinen Sohn, seine Frau und das vertraute Familienleben, vor allem aber die Freiheit. Dracos Lippen begannen zu zittern. Bevor er seinen Vater grüßen konnte, entwich ihm versehentlich ein lauter Schluchzer. „Na, na, na, Draco“, wies sein Vater ihn ruhig, aber bestimmt zurecht. Auf der Stelle riss er sich zusammen. Gefühle zu zeigen hatte ihm früher lediglich seine Mutter niemals übel genommen.

Es gab so viel, das er seinem Vater sagen wollte. In einer Situation wie dieser, in der die emotionale Anspannung ihren Höhepunkt erreicht hatte, wagte Draco es nicht, den Mund zu öffnen. Zu sehr befürchtete er, seine Trübsal könnte aus ihm herausbrechen. Sein Vater hatte es nicht verdient, so behandelt zu werden. Kein Außenstehender wusste, wie tief der Strudel einen reißen konnte, wenn man erst einmal zum Gefolge des Dunklen Lords zählte. Man konnte sich nicht befreien. Jede Bemühung, wieder Licht zu sehen, zog einen noch tiefer ins Verderben. Einmal Scherge, immer Scherge. Als Auswieg blieb nur das, was Karkaroff gewählt hatte: Der Versuch, für immer unterzutauchen, sich in einem geschützten Gebäude zu verstecken. Diese Männer hier im Zimmer, Draco sah sie nacheinander an, wusste nichts von alledem. In Gegenwart dieser Wärter wollte er keine Emotionen zeigen. Er wollte sich voll und ganz auf seinen Vater konzentrieren.

„Miss Bones hat mich davon unterrichtet“, begann sein Vater besonnen, „dass du wohlauf bist. Ich freue mich, dass es dir gut geht, mein Sohn.“ Sein Vater machte es ihm gleich, zeigte keine Gefühle, sondern führte ein distanziert wirkendes Gespräch.
Für alle im Raum hörbar schluckte Draco den Kloß hinunter, der sich in seinem Hals gebildet hatte. Er wagte mit dünnem Stimmchen zu antworten: „Ja, Vater, es geht mir gut. Aber wie geht es dir?“
Lucius lächelte milde. „Ein Heiler hat sich meiner angenommen. Es geht mir den Umständen entsprechend gut.“

Das Gespräch zwischen Vater und Sohn wurde von langen Pausen heimgesucht. Möglicherweise lag das an den Wachen, die sich sehr präsent verhielten und genauestens den Gefangenen und seinen Besucher beäugten – mit gezückten Zauberstäben. Das Zusammensein war alles anders als gemütlich.

Seinen Mut zusammennehmend fragte Draco geradeheraus: „Was ist mit deinen Augen, Vater?“
Lucius lachte kurz auf. „Dachte ich’s mir! Hat dir Miss Bones davon berichtet, ja? Sorge dich nicht darum, Draco.“
Aber Draco ließ nicht locker. „Sie befürchtet, dass du erblinden könntest.“
Wahrscheinlich wollte sein Vater nicht, dass die Wärter davon erfuhren, weshalb er diesmal bestimmter sagte:: „Das soll nicht deine Sorge sein!“ Draco biss sich auf die Unterlippe. Der Tonfall seines Vaters machte ihm klar, dass er dieses Thema nicht mehr anzusprechen hatte.
Nach einem Moment fragte er unsicher: „Kannst du mich sehen?“
Mit zugekniffenen Augen blinzelte Lucius zu seinem Sohn hinüber und schilderte nach einem Moment: „Ich nehme dich verschwommen wahr. Du sitzt zu weit weg, Draco.“

Die Anweisungen der Wärter hatte er völlig vergessen. Draco erhob sich von seinem Stuhl, nur um gleich darauf von einem der Wärter mit einem Zauber in ihn zurückgepresst zu werden.

Eine tiefe Männerstimme brüllte aggressiv: „Nicht noch einmal, Freundchen! Sie bleiben schön sitzen, sonst gibt es Ärger!“ Eingeschüchtert blickte Draco zu dem Wachmann hinüber.
Der andere Mann sagte zur Erinnerung: „Die zehn Minuten sind fast um.“
Lucius schnaufte und wiederholte spöttisch: „Zehn Minuten …“ So viel aufwändiger Papierkram für ganze zehn Minuten Besuchszeit schien ihm mehr als nur lächerlich zu sein.
„Wer war der Geheimniswahrer?“, fragte Draco zügig. Sein Vater hob den Kopf und blickte in seine Richtung. Draco bemerkte, dass die Augenfarbe viel heller war als früher. Seine Kehle schnürte sich bei dem Gedanken zusammen, sein Vater würde womöglich für immer erblinden.
Sich der wenigen Zeit bewusst, die ihm mit seinem Sohn noch blieb, antwortete Lucius hastig: „Es war dieser verstörte Hauself, der dein Tantchen so vergötterte.“ Es wurde kein Name genannt, aber Draco wusste, dass Kreacher gemeint war, der sich Bellatrix als seine Herrin wünschte.
„Wo Mutter ist, weißt du nicht?“ Lucius verneinte kopfschüttelnd. Die Besuchszeit war fast vorüber, da fragte Draco: „Kann ich dir irgendetwas bringen, Vater? Ich weiß, dass du Bücher haben darfst.“ Lucius schüttelte den Kopf und sagte mit wenig Volumen in der Stimme: „Nein, Draco, keine Bücher. Aber mit parfümierter Seife kannst du mir einen Gefallen erweisen. Die Kernseife hier ist äußerst“, er hob eine Augenbraue, um die Verachtung des Gesagten zu untermalen, „bescheiden.“
Im Hintergrund hörte man eine der Wachen sagen: „Charmant bis zuletzt.“
„Die Besuchszeit ist zu Ende“, verkündete einer der anderen Männer. Draco erhob sich, wurde aber ein weiteres Mal durch einen Zauber in den Stuhl gedrückt. Die Wache drohte: „Bleiben Sie gefälligst sitzen, bis wir Ihnen erlauben aufzustehen!“
Aufgeregt atmend fragte Draco: „Darf ich meinen Vater zum Abschied umarmen?“
Beide Wachen blafften ihn zeitgleich an: „Nein!“
Seine Lippen bebten, als er nochmals flehte: „Bitte, darf ich ihn umarmen? Nur ein Mal.“ Nur eine einzige Träne wagte es, sein Tränenpünktchen zu durchqueren. Draco wischte die Träne weg, sobald sie herausgetreten war. Er hoffte, dass sein Vater ihm diese an die Wachen gerichtete Bitte nicht übel nehmen würde. Einer der Männer lachte über seinen kindlichen Wunsch.
Der andere Mann antwortete in spöttischem Tonfall: „Nein, Sie dürfen Ihren Herrn Papa nicht umarmen. Und jetzt sein Sie still und bleiben Sie gefälligst sitzen!“

Draco biss die Zähne fest zusammen. Er weinte nicht, obwohl ihm danach war. Vor seinem Vater wollte er nicht die Selbstbeherrschung verlieren, schon gar nicht vor den Wachen. Lucius musste sich selbst arg zusammenreißen, wie es schien. Die beiden Wachen ergriffen den Gefangenen grob an den Oberarmen und nötigten ihn dazu aufzustehen.

Die letzten Worte, die Lucius an seinen Sohn richtete, waren: „Sorge dich nicht, ich bin immer bei dir, Draco. Völlig egal, wo du auch bist.“ Einer der Männer prustete drauf los, bevor sie Lucius hinausführten.

Nachdem sein Vater weggebracht worden war, biss sich Draco auf die Innenseite der Wangen. Er blieb standhaft. Es widerstrebte ihm, seine Gefühle offen zur Schau zu stellen. Sein Vater war alles, was er noch hatte. Draco fühlte sich allein. Die Mutter verschollen, Merlin allein wusste, wo sie sich aufhielt, und der Vater in Askaban. In Rücksicht auf die eigene Würde setzte er seine kühlste Miene auf und ließ er sich zurück ins Ministerium bringen. Vor der gleichen Elfe wechselte er wieder die Kleidung. In ihren Augen erspähte er für einen kurzen Augenblick Mitleid, was ihn verärgerte. Seine Wut trieb ihm die ersten Tränen in die Augen, die er achtlos mit dem Stoff seines Umhangs verschwinden ließ. Im Flur wartete Severus. Er war ihm ein enger Vertrauter, aber das war nicht das Gleiche. Die Eltern nahmen bei Draco den höchsten Stellenwert ein. Es gab für ihn keinen Grund, beim Ministerium seinen Anspruch auf das Malfoy-Anwesen geltend zu machen. Dort wäre er ebenfalls allein. Er würde durch die leeren Räume wandeln wie ein ruheloser Geist, der auf der Suche nach seiner Familie war.

Erst auf der Toilette im Ministerium, als er für sich war und die dicken Mauern versprachen, keinen Laut nach draußen dringen zu lassen, sackte er entkräftet auf dem Toilettensitz zusammen und ließ seinen Tränen freien Lauf.


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