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Harry Potter und die Schatten der Vergangenheit - Von Kuchen und Torten

von Muggelchen

Vor den Türen, die in den Krankenflügel führten, erstarrte Harry zur Salzsäule. Er hörte seinen Namen. Gewundert hätte er sich nicht darüber, wenn er seinen Nachnamen gehört hätte. Stattdessen benutzten Snape und Malfoy in ihrer Unterhaltung seinen Vornamen. Harry konnte sich nicht daran erinnern, von einem der beiden jemals beim Vornamen gerufen worden zu sein. Laut und deutlich war es zu hören. Für die zwei war es nicht von Nöten, leise zu sprechen. Madam Pomfrey war nicht anwesend und Patienten gab es keine. Neugierig lauschte Harry. Am Tonfall konnte er erkennen, dass Malfoy niedergeschlagen klang. Dann nahm er die unverkennbare Stimme von Snape wahr. Damals klang sie oft bedrohlich, ölig oder eisig, doch jetzt war sie ungewohnt weich und wirkte sich beruhigend aus, striegelte sämtliche Nerven.

„Du bist nicht allein, Draco. Das habe ich dir früher schon versichert und kann es nur wiederholen.“ Etwas leiser sagte er, während diesmal eine klare Drohung in den Worten mitschwang: „Fang ja nicht an zu weinen, Bursche! Deine Mutter wird schon noch wieder auftauchen. Reiß dich zusammen! Es gibt keinen Dunklen Lord mehr. Du hast nichts zu befürchten.“ Malfoy schien sich zu beruhigen, besonders als Snape noch etwas anfügte. „Das haben wir Harry zu danken.“

Beinahe wäre Harry der Kuchen von der Platte gerutscht, so überrascht war er. Er traute seinen Ohren kaum. Nach all den Jahren, in denen diese Stimme böse zischelte, gefährlich knurrte oder verachtend schnaubte, um seinen Nachnamen herauszuwürgen wie ein Kniesel es mit einem Fellknäuel tat, hörte er heute seinen Vornamen in dieser besänftigenden Stimme.

Auf Professor Snapes Worte hin erwiderte Draco erleichtert: „Ja, er hat’s wirklich geschafft. Hat den Bastard ins Jenseits befördert.“ Viel vom eigentlichen Ende hatte Draco nicht gesehen. „Schicker Patronus, den er da hat.“

Harry klopfte nicht, sondern öffnete leise die Tür. Keiner von beiden bemerkte, dass er eintrat, obwohl das Besteck auf dem Tablett nach seinem ersten Schritt klingelnde, metallene Geräusche von sich gab. Nach zwei Schritten blieb er stehen.

Besorgt erkundigte sich Snape besorgt bei Draco: „Kannst du die Arme schon wieder bewegen? Der Trank von Madam Pomfrey sollte mittlerweile wirken. Heb einen Arm, ich will sicher gehen.“ Draco hob zu Snapes Zufriedenheit beide Arme. Was ihm genau im Mungos zugestoßen war, hatte Harry von niemandem in Erfahrung bringen können. Die beiden Männer begannen wieder, über alles Mögliche zu reden.
Als Harry erneut seinen Vornamen hörte, riss er sich zusammen und sagte leicht verlegen: „Apropos Harry …“ Snape sprang von Dracos Bett und drehte sich blitzschnell um. Sein Umhang wehte noch Sekunden später seiner Bewegung nach. Dem samt Kleidung auf einem Bett liegenden Draco verschlug der Besuch schlichtweg die Sprache. Harry hingegen war nur kurz erschrocken, fing sich schnell wieder und sagte zurückhaltend und mit einigen Pausen: „Ich dachte … Sie würden gern …“ Er räusperte sich. „Kuchen?“ Er hob die Platte wie ein Kellner, der Backwaren präsentierte. „Ich habe welchen mitgebracht“, sprach er das Offensichtliche an. Keiner von beiden sagte ein Wort. Sie starrten ihn ungläubig an und schenkten der Kuchenplatte – der immer schwerer werden Kuchenplatte – in seiner Hand nicht die geringste Beachtung.

Draco war kreidebleich, aber er schien nicht verletzt zu sein, zumindest nicht erkennbar. Offensichtlich benötigte er lediglich etwas Ruhe. Zögernd, weil allein Snapes Anblick immer etwas Beängstigendes an sich hatte, was Neville jederzeit unter Eid bestätigen würde, näherte sich Harry dem Bett, neben dem Snape stand. Mit zittrigen Händen stellte er das Tablett auf die Ablage, die sich am Fußende des Krankenbettes befand.

Den bohrenden Blicken der beiden Männer wenig standhaltend erklärte Harry: „Ich habe von jeder Sorte etwas mitgebracht. Ich wusste ja nicht …“ Harry hielt inne, denn das beharrliche Starren wurde ihm mittlerweile zu viel. Sein Hals war ganz trocken geworden und das Schlucken wurde zur Qual. Ihre Blicke hefteten an ihm, als würden sie mit einer Boshaftigkeit rechnen. Nach einem verlegenen Räuspern begann Harry seinen Satz von vorn: „Ich wusste ja nicht, was Sie mögen.“

Aufgrund der Stille war Harry verunsichert. Angestrengt überlegte er, was er sagen konnte, um diese unangenehme Atmosphäre zu vertreiben. Er wusste einfach nicht, was sie von ihm erwarteten. Sein Frohsinn und sein überschwängliches Glücksgefühl nach dem Sieg hatten ihn glauben lassen, er könne locker und selbstbewusst mit einer Situation wie dieser umgehen, aber er hatte sich ganz offensichtlich geirrt. Gegen intelligente Konversation schien sein Gehirn sich momentan zu sträuben. Es wäre unklug, dachte er, das Wunder um Sirius zu erwähnen. Diese Information würde Snape allerdings mit Sicherheit aus seiner Lethargie reißen. Auf der Stelle würde er hinunter in die Große Halle stürmen, um zu vollenden, was der Schleier nicht gemeistert hatte.

Der Moment kurz nach Voldemorts Tod kam ihm ins Gedächtnis zurück. Möglicherweise, so glaubte Harry, wäre Snape einfach nur peinlich berührt, weil sein Ex-Schüler vor einigen Stunden Zeuge seines Gefühlsausbruches gewesen war. Seine Unsicherheit war schnell zurück. Womöglich hassten die beiden ihn doch noch wie die Pest. Als er Snape das letzte Mal sah, hatte er ihn einen Feigling genannt. Mit Draco war es schon ab dem ersten Schuljahr problematisch, aber spätestens in der sechsten Klasse hatte der Slytherin einen wirklich guten Grund, ihn zu verabscheuen, denn durch Harrys Eingreifen im Ministerium war Lucius Malfoy nach Askaban gekommen. Es war ein unangenehmes Gefühl zu glauben, seine Anwesenheit könnte den beiden zuwider sein. Andererseits hatten beide ihm heute während des letzten Kampfes zur Seite gestanden. Zudem sprachen sie vor wenigen Minuten über ihn, als wäre sie stolz. Die Unterhaltung, die er vor wenigen Minuten belauscht hatte, konnte er nicht anders deuten. Dennoch fehlten ihm die Worte. Er könnte sich bei beiden wegen der Dementoren bedanken, die sie vertreiben konnten. Außerdem war er begierig zu erfahren, wie es den zweien in den letzten fünf Jahren ergangen war. Natürlich wusste Harry von dem Haftbefehl und den Auroren, die immer wieder versuchten, hinter Snapes Aufenthaltsort zu kommen. Die Aktivität der Stäbe waren vom Ministerium überwacht worden. Da man Snape und Malfoy nicht fand, war das ein Hinweis darauf, dass sie entweder tot waren oder auf Magie verzichteten. Von Informanten erfuhr Harry zudem von der Gruppe Todesser, die ausschließlich die Aufgabe hatte, die beiden Verräter aufzuspüren und zu Voldemort zu bringen. Ein guter Gesprächsanfang wäre es zu fragen, woher sie wussten, dass die Schlacht heute vor Hogwarts stattfinden würde. Auf jeden Fall wollte Harry endlich diese unbehagliche Stille brechen, egal wie. So nahm er zunächst einen tiefen Atemzug, bevor er einfach drauf los plapperte, wie er es oft tat, wenn er sich unsicher fühlte.

„Das hier ist Schokoladenkuchen. Der ist richtig lecker.“ Er versuchte ungezwungen zu lächeln, was seine Verlegenheit nur noch untermalte. Was er eben gesagt hatte, war Meilen entfernt von dem, was er sich in Gedanken zurechtgelegt hatte, aber fand einfach nicht die richtigen Worte. Dracos Mund verzog sich zu einem unterdrückten Schmunzeln, aber Snape blickte griesgrämig drein wie eh und je. Harry fühlte sich wie der Dummkopf, für den Snape ihn früher schon immer gehalten hatte und dennoch konnte er sein törichtes Gefasel nicht bremsen, als er mit dem Zeigefinger auf ein anderes Kuchenstück deutete und schüchtern erklärte: „Und das ist Erdbeere.“
Höhnisch schnaufend, sich ein Schmunzeln jedoch nicht mehr verkneifen könnend, entgegnete Draco spöttisch: „Das ist ja wohl offensichtlich.“
Endlich sprach Snape. Seine Tonlage wirkte nicht so erschreckend oder gefährlich wie im Unterricht, sondern klang gleichgültig, als er sagte: „Danke für das Backwerk, Mr. Potter. Warum gehen Sie jetzt nicht und machen ein Nickerchen? Sie sehen müde aus. Nach den Anstrengungen des heutigen Tages durchaus nachvollziehbar.“

Die Worte enttäuschten Harry. Kurz und knapp hätte Snape auch sagen können „Danke und jetzt verzieh dich, Potter!“. Auch konnte Harry sich gut vorstellen, wie Snape ihm noch hinterherrufen würde „Ach ja: Zehn Punkte Abzug für dein unaufgefordertes Erscheinen!“.

Die Worte, die aus ihm herausgesprudelt kamen, konnte er nicht zurückhalten. In einer Schnelligkeit, die es dem Zuhörer schwer machte zu folgen, sagte Harry: „Ich will Sie morgen sehen, beide, und wir werden uns in Ruhe unterhalten.“ Aufgrund des wahrzunehmenden Befehlstons hob Snape elegant eine Augenbraue an. Das einzige Indiz seiner Überraschung.
Draco hingegen sagte ein wenig arrogant und gleichzeitig belustigt: „Sicher, aber ich nehme an, dass das Ministerium morgen bereits mit uns reden möchte. Vielleicht nehmen sie uns gleich mit und wir haben nicht mehr die Gelegenheit …“
Harry unterbrach ihn. „Nein, keine Sorge, das werden sie nicht tun. Der Minister ist vor einigen Wochen ums Leben gekommen. Das Ministerium ist völlig unorganisiert. Die haben sogar mich um Hilfe gebeten … gerade mich! Und jetzt, nachdem Vol…“, Harry drückte sich Professor Snape zuliebe anders aus, „der Dunkle Lord nicht mehr ist, wird Professor Dumbledore für das Ministerium sicherlich die Aufgabe eines Ratgebers übernehmen und dabei helfen, einen neuen Minister zu finden. Einen, der all dies verstehen wird. Ich meine, Professor Snape hat Dumbledore nie getötet, hat mich niemals verraten.“ Harry errötete, als er erkannt hatte, was er da gerade laut gesagt hatte. Die erboste Zurechtweisung, die Harry von Snape geduldig erwartete, blieb jedoch aus. Dracos Schmunzeln wurde zu einem schmalen Lächeln, während Harry versuchte, das Gespräch wieder auf den Kuchen zu lenken. Dieses Thema war absolut ungefährlich. Mit glühenden Wangen bereute er seine letzten Worte und empfahl: „Sie sollten wirklich den Schokoladenkuchen probieren. Ich hatte drei Stücken.“ Um seine Worte zu untermalen, strich er kreisförmig über seinen Bauch.

Argwöhnisch beobachtete Snape, wie Harry sich den Bauch rieb. Sein ehemaliger Schüler verhielt sich äußerst seltsam. Allerdings hatte er ihn lange nicht gesehen. Er kam zu dem Schluss, dass Harry tatsächlich nur müde zu sein schien. Anders war es schwerlich zu erklären, warum der junge Mann so viel Unsinn über Kuchen von sich gab. Vielleicht zählte es jedoch zu den völlig normalen Dingen, wirres Zeug von sich zu geben, nachdem man einen mächtigen Dunkelmagier ins Jenseits befördert hatte. Albus war in dieser Hinsicht ein prächtiges Beispiel, besonders wenn man seiner Willkommensrede für die Erstklässler lauschte. Severus war zudem aufgefallen, dass Draco sich amüsierte. Offenbar hatte Harrys unangemeldeter Besuch ihn aufgemuntert, was der Professor dankend guthieß. Während der letzten Monate bis hin zum heutigen Finale am frühen Mittag war Draco so niedergeschlagen, dass er einige Male vermutet hatte, sein Patensohn würde die Schlacht als willkommene Möglichkeit eines schnellen Todes begrüßen. Und jetzt lächelte Draco und zwar nur aufgrund Harrys unbeholfener Konversation. Er bemerkte zusätzlich, dass Harrys Wangen eine tiefrote Farbe angenommen hatten, nachdem ihm herausgerutscht war, dass er ihn nie verraten hatte. Überraschend stellte er fest, dass ein angenehmes Gefühl in ihm aufgestiegen war, als er diese Worte direkt aus Harrys Mund vernahm. Severus hatte eigentlich damit gerechnet, dass man ihn ohne Umschweife direkt nach dem Sieg über Voldemort festnehmen würde, doch Albus’ plötzliche Anwesenheit hatte sämtliche Anklagepunkte zunichtegemacht.

Nachdem er tief ein- und ausgeatmet hatte, sagte Snape mit fließender Stimme: „Mr. Potter, wenn Sie uns den Kuchen schon schmackhaft machen möchten, warum nehmen Sie sich nicht ein Stück und leisten uns Gesellschaft?“

Mit großen Augen starrte Draco Severus an. Harry imitierte unbewusst Dracos weit aufgerissene Augen, denn die Worte seines ehemaligen Zaubertränkelehrers hörten sich wie eine Einladung an. Als er sie in Gedanken wiederholte, stellte er fest, dass es tatsächlich eine war. Snape selbst schien für einen Moment über sein zuvorkommendes Angebot erstaunt. Kurz darauf fing sich Harry wieder.

Etwas verlegen, weil er mit seiner Antwort die erste Nettigkeit, die Professor Snape ihm je entgegengebracht hatte, ausschlagen würde, antwortete er: „Ich hatte gerade drei Stücken. Ich bin wirklich pappsatt.“ Draco bediente sich selbst und nahm ein Stück vom Schokoladenkuchen, Snape hingegen griff bei der Erdbeersahnetorte zu. Während die beiden aßen, nahm Harry all seinen Mut zusammen und gab stotternd zu: „Ich bin wirklich froh, dass Sie beide … Dass alles so gekommen ist und ... Na ja, dass Sie hier sind und dass es Ihnen beiden gut geht.“ Er konnte schwerlich dafür danken, dass die beiden überraschenderweise keine miesen Todesser waren, wie er es jahrelang befürchtet hatte.

Der Kloß in Harrys Hals hinderte ihn daran, noch etwas von sich zu geben. Snape ließ einen Happen Erdbeerkuchen im Mund zergehen, blickte derweil abwechselnd auf seinen Teller und zu ihm. Hitze stieg in Harry auf. In seinem Kopf begann sich alles zu drehen. Die Hitze wechselte sich plötzlich mit Kälte ab, heiß und kalt. Er begann zu schwitzen. Sein Herz schlug schneller. Das Bild vor seinen Augen wurde allmählich grau, als würde jemand die Farberegelung seiner Augen hinunterdrehen. Plötzlich hechelte er, schnappte nach Luft. Dann wurde ihm schwarz vor Augen.

Professor Snape hatte bemerkt, dass Harry mit seinen Augen nichts mehr fixieren konnte. Zudem war nach den anfangs erröteten Wangen die plötzliche Blässe in Harrys Gesicht schwerlich zu übersehen. Als der Held des Tages wie ein Hund in der Sonne zu hecheln begann und seine zitternden Hände verzweifelt etwas zum Festhalten suchten, war dem Professor klar, dass Harrys Kreislauf Probleme verursachte. In Windeseile stellte er seinen Kuchenteller auf das Tablett und erreichte Harry gerade noch rechtzeitig, als er in sich zusammensackte. Nicht gerade sehr behutsam hievte er mit wenigen Handgriffen den Ohnmächtigen in Dracos Nachbarbett. Snape leistete jedoch gewissenhaft erste Hilfe, während Draco aufgescheucht auf seinem Bett saß und Harry mit besorgtem Gesichtsausdruck betrachtete. Wenn Harry hier und jetzt etwas zustoßen sollte, würde man sicher ihm und Snape die Schuld dafür geben.

Sein Pate eilte zu einem der Schränke neben der Eingangstüre, richtete seinen Zauberstab auf die verschlossene Vitrine und sagte: „Alohomora!“ Die Glastüren blieben verschlossen. Snape stöhnte genervt. Er hätte sich denken können, dass er an die Tränke des Krankenflügels nicht so leicht herankommen würde.
In diesem Moment eilte Madam Pomfrey in den Krankensaal und schimpfte: „An den Heilmitteln vergreift sich niemand ohne mein Wissen!“
Snape blieb gelassen. „Dann haben doch Sie bitte die Freundlichkeit, sich um Mr. Potter zu kümmern.“

Harry war bereits wieder bei Sinnen und hörte Snape mit Madam Pomfrey sprechen. Seine Augen hielt er weiterhin geschlossen. Ihm war schwindelig. Die Müdigkeit kam noch hinzu. Der Kampf forderte seinen Tribut.

Madam Pomfrey sagte aufgebracht, während sie die Vitrinentüren öffnete und nach Tränken griff: „Herrje, ich habe Albus gesagt, dass es für die meisten viel zu anstrengend sein wird, sich gleich in eine Feier zu stürzen.“ Mit drei Flaschen eilte sie an Harrys Bett. „Sie glauben gar nicht, wie viele in der Großen Halle zusammengebrochen sind. Sogar Professor McGonagall hatte einen Schwächeanfall. Zum Glück nichts Ernstes. Ich hab alle ins Bett geschickt, deren Gesichtsfarbe mir zu blass war. Mr. Black zum Beispiel ist so unglücklich gefallen, als er …“
Ein Wutanfall würde folgen, zumindest aber eine zynische Bemerkung, dachte Harry, doch Snape, der Black schon seit seiner Schulzeit abgrundtief hasste, blieb ungeahnt kühl. „Mr. Black? So, so, dann ist Albus nicht der Einzige, der von den Toten auferstanden ist.“
Zu Madam Pomfreys Erleichterung öffnete Harry die Augen und richtete sie sofort auf Snape, der neben ihr mit hinter dem Rücken verschränkten Armen an seinem Bett stand. Harry fühlte sich noch immer nicht wohl. So war seine Stimme schwächlich und leise, als er an Professor Snape gewandt beteuerte: „Ich wollt’s Ihnen sagen, ehrlich! Aber ich dachte, es wäre Ihnen sowieso egal.“

Damals, nachdem Black gestorben war, hatte Harrys Zustand alle Lehrer beunruhigt, auch Severus. Nachdem man Harrys Patenonkel für tot erklärt hatte, war der Schüler so niedergeschmettert, dass Severus befürchtete, der Dunkle Lord könnte dessen irritierten Zustand für weitere Angriffe ausnutzen. In Gedanken zog er Parallelen zu Dracos Depressionen der letzten Jahre und empfand sogar ein wenig Mitgefühl für Harry, was ihn selbst erstaunte. Im Gegensatz zu Draco, der seine verschwundene Mutter wahrscheinlich nie wieder sehen würde und dessen Vater in Askaban schmoren müsste, hatte Harry zumindest seinen Paten zurück.

Snape konnte es sich nicht verkneifen, gespielt überrascht zu sagen: „Oh, Mr. Potter, Sie kennen mich ja besser als ich dachte. Sie haben ganz Recht: Ich ziehe ein Stück Erdbeertorte Mr. Black vor.“ Es misslang ihm, bissig zu klingen, denn seine Worte waren ruhig und wirkten eher belustigt. Sie brachten Harry sogar zum Schmunzeln. Verwundert war er darüber, dass sich sein Sarkasmus in Harrys Gegenwart eine Auszeit gegönnt hatte.
Zunächst bekam Harry einen Vitamintrank und gleich darauf einen Trank, der seinen Kreislauf stabilisieren sollte. Madam Pomfrey hielt ihm ein kleines Fläschchen unter die Nase. „Das hier ist ein leichter Schlaftrunk. Er beruhigt sehr gut. Wenn Sie möchten …?“ Sie stellte das Fläschchen auf seinen Nachttisch. Harry wollte aufstehen, aber Madam Pomfrey legte eine Hand an seine Schulter und drückte ihn zurück ins Bett. „Es wäre besser, wenn Sie hier bleiben. Ich möchte nicht, dass Sie auf dem Weg zum Gryffindorturm die Besinnung verlieren und sich den Kopf aufschlagen wie Ihr werter Pate.“ Harry protestierte nur kurz, denn kaum hatte er sich im Bett aufgerichtet, war ihm schwindelig geworden. Es sah ein, dass Liegen momentan die beste Position für ihn darstellte. Madam Pomfrey erklärte Harry auf seine Frage, wie es Sirius gehen würde: „Mr. Lupin kümmert sich um ihn. Mr. Black ist wohlauf, aber – wie alle hier in Hogwarts – völlig überanstrengt.“ Säuerlich murmelte sie, während sie das Krankenzimmer wieder verließ: „Wie kann man nur völlig erschöpfte Menschen zu einem Fest animieren?“

Wegen eines persönlichen Gesprächs mit Albus ließ Snape Draco im Krankenflügel zurück. Ohne Schlaftrunk hatte Harry bereits das Land der Träume betreten. Draco hingegen konnte nicht schlafen. Es störte ihn nicht im Geringsten, sich mit Harry in einem Zimmer aufzuhalten, was zu Schulzeiten noch undenkbar gewesen wäre. Es war die innere Unruhe, die ihn wach hielt. Stundenlang wälzte er sich hin und her. Die Sonne war längst untergegangen. Pomfrey hatte noch einmal nach ihnen gesehen. Am Ende hatte die Schlaflosigkeit gesiegt. Draco resignierte und stand auf, blickte eine Weile lang aus dem Fenster hinaus in die Dunkelheit. Es schossen ihm viele Fragen durch den Kopf, besonders die, wie es weitergehen würde. Einen Plan für seine Zukunft hatte Draco nicht. Es war gewissermaßen ein Schock gewesen, den Krieg überlebt zu haben. Damit gerechnet hatte er nicht. Womöglich würde man ihn doch verhaften, dann wäre er wenigstens bei seinem Vater. Ihn gesehen zu haben, wenn auch nur kurz, war Balsam für die Seele gewesen. Der Dunkle Lord hatte ihn nicht getötet, nicht verstümmelt. Sein Vater lebte. Sorgen machte er sich um seine Mutter. Er hoffte, auch sie zählte zu den Überlebenden. Die Ungewissheit fraß ihn auf.

Nach einem schönen Traum war Harry kurzzeitig wach geworden. Er döste mit geschlossenen Augen und er hörte, wie sich sein Zimmergenosse im Raum bewegte. Harry lauschte den Schritten und bemerkte, dass Draco sich ihm näherte. Einen kurzen Moment lang befürchtete Harry, dass Draco ihm etwas antun könnte. Gräuel gegen ihn hegte Harry nicht mehr, was er auf seinen Seelenfrieden zurückführte. Als sein ehemaliger Erzrivale neben seinem Bett stand, öffnete Harry die Augen. Wie angewurzelt blieb Draco stehen, als er bemerkte, dass Harry wach war. Auch sein Arm verweilte erstarrt in der Luft. Schnell bemerkte Harry, dass Draco seine Hand nach dem unangerührten Schlaftrunk auf Harrys Nachttisch ausgestreckt hatte.

„Kannst nicht schlafen, wie?“, murmelte Harry. „Nimm ihn ruhig. Ich brauche ihn nicht.“ Draco griff nach dem Fläschchen und ging ohne ein Wort des Dankes zurück zu seinem Bett.

Das leere Fläschchen stellte Draco auf seinen Nachttisch, bevor er sich ans Kopfende setzte und sich die Beine zudeckte. Harry drehte sich um, so dass er Dracos Silhouette im Mondlicht sehen konnte. Nach einem Moment legte er dem Zimmergenossen auf nette Art und Weise nahe: „Weiß du, es soll helfen, wenn man sich zum Schlafengehen hinlegt und die Augen schließt. Ich hab’s probiert, klappt wunderbar.“ Verächtlich stieß Draco Luft durch die Nase aus. Als Antwort gähnte Harry. Aus dem Bauch heraus wusste er, dass dieses Schnaufen nicht ihm galt.

Etliche Minuten später rechnete Harry längst nicht mehr mit einer Reaktion. Er war beinahe schon wieder eingeschlafen, da offenbarte Draco ihm entkräftet im Flüsterton: „Wenn ich die Augen schließe, sehe ich meinen Vater vor mir.“

Harry war angenehm überrascht darüber, dass Draco von sich aus mit gedämpfter Stimme zu erzählen begann. Er sprach so leise, dass Harry sich sehr konzentrieren musste, um die Worte zu verstehen. Um ihn nicht zu stören, gab er keinen Mucks von sich.

Leise schilderte Draco von der Begegnung mit seinem Vater auf dem Schlachtfeld und er beschrieb, welche Erleichterung er dabei empfunden hatte. Auch das Ereignis, welches zum Tod seiner Tante Bellatrix geführt hatte, gab er mit einem Hauch von Schuld in der Stimme wieder. Harry lauschte ihm, ohne ihm ein einziges Mal ins Wort zu fallen. Er bewegte sich nicht einmal. Nur kurz schweifte Draco ab und erzählte, wie er seine Zeit mit Snape empfand. Die Schilderungen waren nicht im Geringsten chronologisch geordnet. Manchmal benötigte Harry einige Augenblicke, um zu begreifen, dass Draco über Erlebnisse sprach, die bereits drei oder vier Jahre zurücklagen. Der einst so arrogante Slytherin offenbarte auch seine Befürchtung, seine Mutter nie wiederzusehen. Niemand wüsste, wo sie sich aufhielt oder ob sie überhaupt noch am Leben wäre. Mit zittriger Stimme erzählte Draco sogar von den wenigen, aber furchtbaren Stunden im St. Mungos. Jetzt verstand Harry, warum ihm vorhin niemand Details schildern wollte. Über solche schrecklichen Erlebnisse sprach man nicht gern. Ein Heiler hatte Draco einen Trank verabreicht, der die Muskulatur der Gliedmaßen lähmte. Als der Patient sich nicht mehr bewegen konnte, erörterte der Mann ihm mit einem fiesen Grinsen, was er seinem wehrlosen Opfer alles antun wollte, wie er ihm den Bauch aufschlitzen und in seinen Gedärmen herumwühlen würde. Und immer wieder beschimpfte er die Malfoy als Todesserpack. Der Heiler wäre, wie Draco erzählte, von drei Schwestern überwältigt worden, bevor der mit dem bereits angesetztem Zauberstab Wunden an seinem Bauch zufügen konnte. Er driftete wieder ab zu seiner Zeit mit Snape und verlor lobende Worte über ihn, weil der sich so gut um ihn gekümmert hätte.

In der Annahme, dass Harry längst wieder fest schlafen würde und nichts von dem, was er sagte, mitbekäme, schüttete Draco sein Herz aus, doch Harry lauschte interessiert, ohne einen Laut von sich zu geben. Draco spürte, dass es ihm besser ging, nachdem er sich alles von der Seele redete hatte.

Als der Schlaftrunk langsam zu wirken begann und Draco im Bett hinunterrutschte, fügte er am Ende leise hinzu: „Weißt du, ich fühle mich wie ein lebender Toter. Es ist irgendwie nichts mehr hier drin …“ Harry blinzelte und sah, wie Draco sich ans Herz fasste und in dem Augenblick empfand er Mitleid mit ihm. Nach einem Moment der Stille fragte Draco kaum vernehmbar in den Raum hinein: „Schläfst du?“
Es überraschte ihn zu hören, das Harry flüsternd, aber hellwach erwiderte: „Nein, ich hab dir zugehört.“


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