von Lord Asriel
Kapitel 2
Hilfestellung
Leicht fröstelnd zog Neville die Glastür zum Gewächshaus hinter sich zu. Es war doch kälter als gewöhnlich für diese Jahreszeit. Nachdem er den totlangweiligen Unterricht von Binns überlebt hatte, wollte er vor dem Mittagessen noch einmal schnell nach seinen kleinen Schützlingen sehen. Als er gerade den Deckel der Aufzuchtstation angehoben hatte, spürte er einen eisigen Luftzug. „Tür zu“, brüllte er wütend und drehte sich nach dem Störenfried um. In der Tür stand der Junge, der ihn am Morgen so blöd angegrinst hatte. Von dem Grinsen war jetzt allerdings nichts mehr übrig, eher erschrocken starrte er Neville an, der merkte, dass seine Wut schon wieder verraucht war und dem bekannten Gefühl der Peinlichkeit Platz machte. „Sorry“, stotterte der Andere aber, bevor Neville irgendetwas sagen konnte, „ich habe eben wohl meinen Schal hier liegen gelassen.“ „Ich glaube er liegt da drüben, hinter den Blumentöpfen“, meinte Neville etwas versöhnlicher und drehte sich zurück zu seinen Pflanzen. „Was hast du da?“, fragte der Junge neugierig und strich sich eine dunkle Locke aus seinem schmalen Gesicht, das von seinen hellbraunen Augen dominiert wurde. „Ach“, erwiderte Neville, „ich glaube nicht dass dich das interessiert, meinen Quagga Leontodon geht es nicht so gut.“ Interessiert kam der Andere näher und warf einen Blick über Nevilles Schulter. „Hmm, hast du schon geschaut, ob sie vielleicht von braunen Erdschlipfen befallen sind?“ „Braune was?“, fragte Neville erstaunt. „Braune Erdschlipfen, sind eigentlich in unseren Breiten gar nicht heimisch und auch sonst nicht sehr bekannt, da sie erstens kaum zu orten sind, und zweitens nur zwei, drei Pflanzen schädigen, u.a. deine hier. Ich weiß auch nur davon, weil meine Mutter Pflanzenheilerin ist und mir mal davon erzählt hat. Halt mal!“, forderte er Neville auf und drückte ihm seinen Schal und die Schultasche in die Hand. Er hob den Glaskasten auf und untersuchte ihn von unten, dann holte er sich aus dem angrenzenden Raum ein kleines Fläschchen mit einer gelben Flüssigkeit. „Gewöhnliche Ringelorchideentinktur“, sagte er und tröpfelte etwas davon auf die Erde neben den Pflänzchen. Dann nahm er seinen Zauberstab und ließ warme Luft auf die Erde blasen. Es waren kaum zehn Sekunden vergangen, als die Erde zu zittern begann und mehrere bestimmt 20 cm lange schleimige Würmer zum Vorschein kamen, die eilig das kleine Glasgefäß verlassen wollten. „Schnell“, rief der Junge, „fang sie in einem Behälter auf, Professor Sprout wird sie bestimmt beobachten wollen“. Neville tat wie ihm geheißen und beobachtete danach staunend, dass in seiner Aufzuchtstation kaum noch Erde verblieben war. „Na kein Wunder, dass ihr nicht mehr wachsen wolltet, bei dem bisschen Erde.“ Er drehte sich zum anderen um, streckte ihm die Hand entgegen und sagte: „ Vielen Dank, ich wusste schon gar nicht mehr, was ich machen sollte. Ich bin übrigens Neville.“ „Marc Klumbers, Hufflepuff“, erwiderte er und drückte Neville erstaunlich fest und zeremoniell die Hand. Unwillkürlich musste Neville grinsen: „Waren eigentlich alle Hufflepuffs so?“, dachte er und erinnerte sich an die pompösen Auftritte von Justin Flinch-Fletchly gegenüber Harry im zweiten Jahr. „Du bist schon im siebten Jahr, oder?“, fragte Marc und lächelte ihn unsicher an, nicht wissend, wie er das Grinsen von Neville interpretieren sollte. „Du, ich muss jetzt unbedingt was essen, oder ich sterbe vor Hunger“, sagte er schnell. Neville gab ihm seine Sachen zurück, die er immer noch in der Hand hielt und sah dann der Gestalt hinterher, die schnell zum Schloss zurückeilte.
In den nächsten Tagen erfreute sich Neville daran, wie gut sich seine Pflanzen erholten. Als er der erstaunten Professor Sprout die braunen Erdschlipfen überreichte, erfuhr er, dass diese wirklich in England so gut wie gar nicht vorkämen und wahrscheinlich mit der tropischen Erde, die sie vor kurzem für einige Neuzüchtungen erworben hatte, eingeschleppt worden waren. „Ich habe sie eigentlich nur durch die Hilfe von Marc Klumbers entdeckt“, sagte Neville bescheiden, denn er wollte sich auf keinen Fall mit falschen Lorbeeren schmücken. „Klumbers“, hakte Professor Sprout nach, „ja, der ist in meinem Haus und steht dir in Kräuterkunde in fast nichts nach, Neville. Kein Wunder bei seiner Mutter, wir waren zusammen in Hogwarts, weißt du?“ Sie überlegte eine kurzen Augenblick, dann sagte sie: „ Wenn du möchtest, könnte ich euch beiden ein kleines Projekt anvertrauen, für das mir im Moment einfach keine Zeit bleibt. Für einen Schüler wäre es allerdings nicht zu schaffen und euch beiden traue ich das durchaus zu. Soll ich Marc mal daraufhin ansprechen?“ „Ja“, stimmte Neville begeistert zu und ein aufregendes Kribbeln erfüllte ihn. Endlich konnte er mal wieder zeigen, dass er nicht vollkommen unbegabt war, und dieser Marc schien auch wirklich sympathisch gewesen zu sein, so dass eine Zusammenarbeit mit ihm bestimmt Spaß machen würde.
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