von Lord Asriel
Kapitel 1
Trüber Morgen
Seufzend ließ Neville den Deckel des kleinen Glaskastens sinken und betrachtete die fünf kümmerlichen Setzlinge darin durch die Scheiben. „Was war nur mit den kleinen Quagga Leontodon los?“, dachte er bekümmert als er sich von den schlaff herabhängenden grün-gelb gestreiften Blättchen abwendete und angestrengt nachdachte. Bis vor kurzem hatte doch alles noch so gut ausgesehen, die Samen waren gut aufgegangen und dank seiner Pflege waren daraus auch schnell kräftige kleine Pflänzchen geworden. Seit ein paar Tagen jedoch verschlechterte sich ihr Zustand und er wusste einfach nicht, woran es lag. Vielleicht sollte er bei der nächsten Gelegenheit Professor Sprout fragen, obwohl ihm diese mittlerweile bei weitem nicht mehr in jeder Sache helfen konnte, dafür war er längst zu gut. Daran das es mittlerweile schon wieder Mitte November war und draußen noch der Morgenfrost auf dem Gras glitzerte, konnte es auch nicht liegen, denn hier im Gewächshaus sechs war die Temperatur genau richtig, auch die Lichtverhältnisse waren ideal.
Ein Scheppern ließ Neville zusammenzucken und die kleine Pipette, mit der er eben noch seine Pflanzen gefüttert hatte, fiel zu Boden und zerbrach mit einem leisen „Pling“. „Oh, hallo Neville“, ertönte die leicht verträumte Stimme von Luna Lovegood, die gerade durch die Tür gekommen war und diese wohl etwas heftig hatte zufallen lassen. „ Warte, ich mach´ das schon“, sagte sie lächelnd, zückte ihren Zauberstab und sagte, „Reparo“, während sie mit dem Stab auf die zerbrochene Pipette zeigte. Neville lächelte schüchtern und wurde leicht rot, als er das kleine Glas aus ihrer Hand entgegen nahm. „Danke“, murmelte er undeutlich und verfluchte innerlich seine Schüchternheit. Noch nicht mal vor seinen Freunden schaffte er es, ein bisschen lockerer und entspannter zu sein, geschweige denn, dass ihm vielleicht mal ein witziger Spruch über die Lippen gekommen wäre. „Hast du jetzt hier Unterricht?“, fügte er schnell hinzu, um seine Unsicherheit zu verbergen. Luna nickte mit dem Kopf, war aber scheinbar mit den Gedanken schon wieder ganz woanders, denn es dauerte einen Moment bis sie hinzufügte, „ mit den Hufflepuffs, Gryffindors UND Slytherins zusammen. Weißt du, es sind nur so Wenige zurückgekommen, dass wir alle zusammen Unterricht haben können.“ Sie strich sich eine grün gefärbte Strähne aus dem Gesicht, die irgendwie wie eine lange Alge aussah und fixierte Neville wieder mit ihren hervortretenden Augen. „Warum bist du eigentlich hier? Hast du keinen Unterricht?“, fragte sie. „Doch, ich wollte nur schnell vor der ersten Stunde nach meinen Quagga Leontodon, sehen, weißt du, irgendwas stimmt mit ...“ Weiter kam Neville nicht, denn in diesem Augenblick betraten zwei weitere Schüler das Gewächshaus und warfen sich vielsagende Blicke zu, als sie Neville und Luna sahen. Schon wieder fühlte Neville, wie die Röte in sein Gesicht stieg, nuschelte schnell noch ein „Bis später“ in Lucas Richtung und drängte sich an den beiden Jungen vorbei, wobei der eine ihn angrinste.
Neville ging schnell durch das knirschende Gras, machte dabei aber einen großen Bogen um die anderen Schüler aus Lunas Jahrgang, die mittlerweile zum Gewächshaus strömten. Luna hatte Recht, dieses Jahr waren wirklich nur sehr wenige Schüler nach Hogwarts gekommen und die Stimmung war ganz anderes als sonst. Bei den Siebtklässlern fehlten eigentlich nur Harry, Ron und Hermine, alle anderen wollten doch lieber ihre UTZ-Prüfungen am Ende des Jahres ablegen. Außerdem war Hogwarts nach wie vor ein viel sicherer Ort, als so manches Zuhause. Zudem waren mittlerweile die Zauberfähigkeiten der Schüler auch so weit vorangeschritten, dass sie sich selbst bei einem Überfall auf die Schule gut hätten verteidigen können. Er dachte einen kurzen Moment an die Treffen der DA im fünften Schuljahr und seufzte wieder einmal auf, denn so viel, wie er dort gelernt hatte, würde er wohl niemals in einem anderen Fach lernen. „Was wohl Harry, Ron, Hermine und Ginny machen“, dachte er und seufzte erneut. Ginny war nämlich dieses Jahr auch nicht zurückgekehrt, weil sie den anderen dreien bei den Aufgaben, die sie zu erledigen hatten, helfen wollte. Er wusste zwar nicht genau was sie tun mussten, aber es war mit Sicherheit viel spannender als der Geschichtsunterricht bei Professor Binns, der ihn jetzt erwartete. „Mit Sicherheit ist es allerdings auch sehr viel gefährlicher und ehrlich gesagt, weiß ich gar nicht, ob ich das schaffen würde“, dachte Neville, während er sich auf seinen Stuhl in der letzten Reihe sinken ließ. Müde klappte er sein Buch auf und war schon in seine eigene Gedankenwelt abgetaucht, bevor Professor Binns durch die Mauer neben der Tür geschwebt kam und seinen ersten Satz gesagt hatte.
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