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Fanfiction

Das zweite Leben des Severus Snape - Ãœberraschungen, Einsichten, Erkenntnisse - zum Ersten

von käfer

George Bligh war unwahrscheinlich neugierig. So oft Severus Post bekam, machte Bligh einen langen Hals und versuchte, den Absender zu erkennen. Dass Snape zur Seite trat und sich bemühte, die Briefe schnellstens in seiner Tasche verschwinden zu lassen, störte Bligh herzlich wenig. Snapes Zorn wuchs quasi von Brief zu Brief, bis er es nicht mehr ertragen konnte und eines Tages so laut, dass alle Anwesenden es hören konnten, zu Bligh sagte: „George, wenn du wissen willst, von wem ich Post bekomme, dann frag´ mich doch einfach. Allerdings wüsste ich nicht, dass meine Briefe dich etwas angehen könnte.“ Bligh wurde rot und saß beim Teetrinken zum ersten Mal nicht neben Snape.

Severus hatte ziemlich regen Briefwechsel mit Bessy, und was er da zu lesen bekam, das trieb ihm die Sorgenfalten auf die Stirn. Nicht nur, dass Frau Barsch Bessy immer schlechtere Noten gab als den anderen, sie erinnerte die Klasse bei jeder sich bietenden Gelegenheit daran, was für ein schlechter Mensch der Onkel von Bessy Snape war.
Vor kurzem hatten die Mädchen eine Leistungskontrolle geschrieben und Bessys Banknachbarin hatte Wort für Wort von ihr abgeschrieben. Alles war richtig; die Banknachbarin hatte eine „Eins“, während Bessy nur eine „Drei“ unter ihrer Arbeit gefunden hatte. Und das, obwohl die Nachbarin mehrfach ermahnt worden war, doch nicht abzugucken. Bessy hatte sich die beiden Blätter geschnappt und war zu Frau Barsch gegangen. Die hatte mit eiskalter Stimme behauptet: „Ach, Wort für Wort das gleiche geschrieben? Da hast du wohl abgeschrieben, oder? Und dafür kannst du nicht mehr bekommen als eine Sechs.“ Und schon war die Drei durchgestrichen und durch die Worte „Betrugsversuch. Sechs“ ersetzt worden. Wütend war Bessy zur Direktorin gegangen, aber die hatte die Entscheidung ihrer besten Fachkraft nur bestätigt und Bessy noch eine Strafarbeit aufgebrummt.
Das ging nun wirklich zu weit. Severus sprach mit Niclas und Sylvia über die Sache. Die beiden waren schon im Ministerium gewesen, dort aber nur auf Dolores Umbridge und damit auf Ablehnung gestoßen. Severus riet ihnen, sich an Scrimgeour persönlich zu wenden und auch den Schulrat der Northern Witches School über die Vorfälle zu informieren. Er selber wollte persönlich mit Frau Barsch reden.

Sorgfältig bereitete Severus sich auf dieses Treffen vor: er nahm den „Tagespropheten“ von 6. und 7. Mai mit, dazu die vom Zaubereiminister unterzeichnete Bestätigung seiner Einstellung in Hogwarts und alle Briefe von Bessy, in denen sie etwas über Frau Barsch geschrieben hatte. Die Direktorin, eine stämmige fünfzigjährige Hexe mit groben Gesichtszügen, gab nur ungern ihre Zustimmung zu dem Gespräch, aber sie gab sie.
Severus wartete im leeren Lehrerzimmer auf Frau Barsch. Diese trat ein und fauchte ihn an, ohne sich mit einem Gruß aufzuhalten: „Was wollen Sie von mir?“
Severus erhob sich, deutete eine Verbeugung an und sagte betont deutlich: „Guten Tag. Ich bin Severus Snape und ich möchte mit Ihnen darüber sprechen, wie Sie mit meiner Nichte Bessy umgehen.“ – „Meine Methoden gehen Sie nichts an!“ – „Vielleicht doch, denn Sie lassen Ihre Wut auf mich an einem unschuldigen Kind aus. Das dulde ich nicht!“
Es war, als hätte Severus den Pfropfen aus einem Fass gezogen, das unter Druck stand. Barschs fünfzehnminütige Tirade konnte man in einem Satz zusammenfassen: „Es ist eine Schande und gehört verboten, dass jemand, der als Angeklagter vor dem Zauberergamot stand, Kinder unterrichten darf.“
Während Frau Barsch geschimpft hatte, hatte Severus Zeit genug gehabt, sie zu betrachten. Eine Schublade war in seinem Hirn aufgegangen und hatte ihren Inhalt preisgegeben. Als der Frau die Puste und die Worte ausgegangen waren, sagte er mit jener sanften, öligen Stimme, die für diejenigen, die ihn gut genug kannten, ein Alarmsignal war: „Jeder bekommt seine zweite Chance. Ich habe meine jetzt, man hat mich freigesprochen und die Einstellung in Hogwarts ist vom Zaubereiminister abgesegnet. Sie aber haben anscheinend vergessen, dass auch Sie schon auf jenem Stuhl saßen, an den man festgeschnallt wird. Jetzt spielen sie sich hier als Moralapostel auf, aber das, weswegen Sie damals für ein halbes Jahr gesiebte Luft atmen durften, nennt man im Juristenjargon wohl Prostitution in Tateinheit mit der Erlangung persönlicher Vorteile. In normales Englisch übersetzt heißt das, Sie haben ihr Tränkemeister-Diplom im Bett von Professor Carmichael bekommen. Wie wäre es, wenn ich dies ihrer Chefin und vielleicht auch meiner Nichte erzähle?“
Während Severus gesprochen hatte, war Frau Barsch weiß geworden wie eine Kalkwand. Jetzt rannte sie davon, als wäre der Leibhaftige hinter ihr her.

Am nächsten Tag brachte Bessys Eule die Nachricht, dass Frau Barsch gekündigt hatte und noch einen Tag später erschien in allen Blättern eine Anzeige, dass die Northern Witches School dringend eine Lehrern oder einen Lehrer für Zaubertränke brauchte. Severus hoffte nur, dass sie nicht Dolores Umbridge dorthin schickten. Für eine Weile überlegte er, sich selbst zu bewerben. Für den Fall, dass er angenommen würde, müsste Bessy die Schule wechseln und käme nach Hogwarts… Der erhobene Zeigefinger von Dumbledores Geist brachte Severus dazu, sein Bewerbungsschreiben in den Kamin zu werfen.
Eine Woche später kam mit den Eulen für die Lehrer eine an, die den Ring der Northern Witches School am linken Bein trug. Snape streckte die Hand aus, aber das Tier setzte sich vor Lockhart. Der riss mit strahlendem Gesicht den Brief vom Eulenbein, faltete ihn auf und las. Das Strahlen wich ungläubigen Staunen, dann entgleisten Lockharts Gesichtszüge. „Das kann doch nicht wahr sein! Die schreiben hier tatsächlich, dass es nicht genügt, was ich in meinen Büchern geschrieben habe und wollen ein Tränkemeister-Diplom sehen. Gibt es denn so etwas überhaupt?“
„Natürlich“, sagte Snape, ohne gehört zu werden. Lockhart war längst auf dem Weg nach draußen. Wenig später kam zitternd Lockharts Hauselfe Sissy herein und berichtete, dass ihr Meister Kopfschmerzen habe und heute leider nicht mehr zur Arbeit kommen könne.
Professor Sprout gab Sissy ein starkes Kopfschmerzmittel mit für Lockhart. Lupin, Flitwick und Snape atmeten heimlich auf, weil der Schwerenöter heute nicht mehr „assistieren“ würde. Das bedeutete, dass sie sich voll und ganz auf die Schüler konzentrieren konnten und nicht andauernd durch dumme Zwischenrufe gestört wurden.
Bessy beklagte sich übrigens nie wieder über schlechte Behandlung in ihrer Schule.

Nachdem Severus seinen Tränkevorrat vervollständigt hatte, nutzte er jede freie Minute, um an seinem Projekt weiterzuarbeiten. Er hatte die Bibliothek nach allem durchkämmt, was mit den Thema „Werwolf“ auch nur im entferntesten zu tun hatte. Er hatte Dumbledores Aufzeichnungen noch einmal sorgfältig gelesen und mit seinen eigenen Beobachtungen verglichen. Stundenlang hatte er Lupin ausgefragt, der ihm bereitwillig alles erklärte. Akribisch hatte Snape die Zutaten und das Rezept für den Wolfsbann-Trank untersucht. Ansatzpunkte für eine bessere Lösung hatte er jedoch nicht gefunden.
Abwechselnd experimentierte er mit anderen Substanzen und suchte in der Bibliothek nach Lösungshilfen. Vorwärts kam er nicht.
Hätte Severus Snape nicht in einer Internatsschule gelebt, wo er die Mahlzeiten regelmäßig auf den Tisch gestellt bekam und sich Hauselfen um Wäsche und Wohnung kümmerten – er wäre wahrscheinlich verhungert und verlottert. So wurde er nur Gegenstand des Schülerklatsches und Grund der Sorgenfalten auf der Stirn der Direktorin.
Um seinen Geist durchzulüften und die verspannten Muskeln etwas zu lockern, zwang Severus sich regelmäßig zu einem längeren Marsch durch die Wälder und ein bisschen Sport. „Durchtrainiert ist was anderes“, hatte Phillipp Kirby vor kurzem gewitzelt, als er, vom Fitnessstudio kommend, Snape bei ein paar gymnastischen Übungen erwischt hatte.
„Jeder, wie er´s braucht: Ich will kein Mr. Muskel werden!“, hatte Snape zurückgebellt und mit einem kleinen Sprint einige Meter zwischen sich und den Hausmeister gebracht.


Severus klappte das Buch zu und legte es auf den Stapel zu den anderen, die zurück in die Bibliothek mussten. „Bewusstseinszauber – Möglichkeiten und Grenzen“ hatte ihm auch nicht weitergeholfen. Über das Unterbewusstsein ließ sich die Verwandlung zum Werwolf ganz bestimmt nicht verhindern. Wo sollte er nur weitermachen?
Snape hatte zu nichts mehr Lust. Es war Samstagnachmittag, seine Vorbereitungen für Montag waren fertig, die Hausarbeiten durchgesehen. Er fühlte sich ausgelaugt, dabei war das Schuljahr noch sehr lang, es war erst Ende Oktober. Der November kündigte sich bereits mit Dauerregen und Nebel an, kalt war es auch. Severus sehnte sich nach molliger Wärme und einem guten Stück Kuchen und beschloss, zu Madam Puddifoot zu gehen. Schüler würden heute nicht dort sein, Hogwarts-Ausgang war erst nächste Woche. Und die Kollegen würden es bei dem Mistwetter hoffentlich vorziehen, im einigermaßen geheizten Schloss zu bleiben. Vielleicht hatte er Glück und Madam Puddifoot hatte keine Gäste weiter, dann könnte er mit ihr über die Neuerscheinungen auf dem Thrillermarkt plaudern. Madam Puddifoot hatte ihn schon auf so manches spannende Buch aufmerksam gemacht… Severus nahm seinen Besen, stellte ihn aber nach kurzer Überlegung wieder hin. Er würde zu Fuß gehen, auch wenn die Wege matschig waren. Ein strammer Marsch würde ihm auf jeden Fall gut tun.
Eingehüllt in einen Regenumhang machte Snape sich auf den Weg. Er begegnete keiner Menschenseele und war tatsächlich der einzige Gast im Cafe. Die Inhaberin schien ehrlich erfreut darüber zu sein, dass er wieder mal vorbeikam. Sie fragte: „Das gleiche wie früher immer?“, was Severus bejahte. Madam Puddifoot verschwand nach hinten; Severus sah sich im Raum um. Die Wände waren neu gestrichen worden, aber ansonsten hatte sich hier gar nichts verändert; die Wirtin behandelte ihn, als wären eben nur mal Ferien gewesen.
Lächelnd brachte sie eine große Tasse dampfenden Kaffees und einen Teller mit einem Riesenstück selbstgebackenen Kuchen. „Lassen Sie es sich schmecken!“
Während Severus aß, machte sie sich hinter der Theke zu schaffen und erzählte dabei den neuesten Dorfklatsch.
Gerade als die Rede davon war, dass irgendein Mädchen ein Kind von einem Muggel bekam, ging die Tür auf und Severus hielt den Atem an, denn herein kam Elly Greystone. Sie nahm ihre Kapuze ab und schaute sich um. „Hach, na so was! Du gestattest doch, dass ich mich zu dir setze, Severus?“ Der hatte gerade den Mund voller Kuchen und nickte nur. Na, wenn das heute nicht doch noch ein schöner Tag wird!
„Bei so einem Wetter treibt es mich immer mal in eine Kaffeestube. Ich finde, es ist irgendwie romantisch, so gemütlich dazusitzen und zu sehen, wie es draußen Bindfäden regnet.“ – „Stimmt. Ich bin aus dem gleichen Grund hier“, sagte Severus und trank genüsslich einen Schluck Kaffee. Elly bestellte das gleiche wie Severus und eine Weile hatten sie beide mit dem Kuchen zu tun.
„War das lecker.“ Elly lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. „Ich glaube, hierher komme ich öfter.“ – „Ich bin hier beinahe Stammgast, Madam Puddifoot weiß auch genau, was mir schmeckt.“
Ein Weilchen tröpfelte die Unterhaltung so dahin. Mit Elly konnte man sich gut unterhalten, die schwätzte keinen Unsinn und kicherte nicht nach jedem Satz. „Hast du eigentlich noch das Häuschen von damals?“, fragte Severus.– „Ja, es gehört mir noch, aber ich habe es vermietet; ich kann mich ja nicht darum kümmern, wenn ich in Hogwarts bin.“ – „Und was machst du in den Ferien?“
Elly presste für einen Moment die Lippen zusammen. „Du, darüber habe ich mir noch gar keine Gedanken gemacht. Weihnachten bleibe ich wahrscheinlich in Hogwarts. Meine Tochter wird keinen Wert auf meine Gegenwart legen.“ Die letzten Worte hatte Elly mehr zu sich selbst gesagt. Severus sah sie prüfend an. Verbarg sich da eine Familientragödie? Elly sah auf einmal so traurig aus. Wie von allein wanderte Severus´ Hand auf die von Elly. Madam Puddifoot zog sich taktvoll in die Küche zurück, als sie merkte, dass das Gespräch vertraulicher wurde.
Elly sah starr geradeaus, als sie weitersprach. „Wir haben seit zwei Jahren kein Wort mehr miteinander gesprochen. Diane und ich hatten einen fürchterlichen Streit, weil sie sich mit Erwin Rubberford verlobt hat, ohne ihn mir vorher vorzustellen. Er hat sie in so einen komischen Klub mitgenommen; ich bin mir ganz sicher, dass daran einiges faul ist. Die laufen in ganz merkwürdigen Klamotten herum, so eine Mischung aus traditioneller Zunftkleidung und Hippielook, und es würde mich gar nicht wundern, wenn sie Drogen nehmen oder so. Ich konnte nichts dagegen unternehmen, sie ist mit dem Tag der Verlobung ausgezogen und hat ihn geheiratet, kaum, dass sie 18 war. Zur Hochzeit war ich nicht nur nicht eingeladen, sondern habe einen Brief bekommen, dass ich nicht erwünscht bin. Die eigene Mutter!“
Tränen traten in Ellys Augen, Severus konnte weiter nichts machen als ihre Hand halten. „Erwin Rubberford, das ist doch der Sohn von Lucius Malfoys Schwester, nicht war?“ Elly nickte und kämpfte gegen die Tränen an. „Ich hatte Diane immer vor der Familie gewarnt. Rubberford ist so ein hässlicher, ungehobelter Kerl, dass ich mich frage, was er gemacht hat, dass sie auf ihn reingefallen ist. Aber Diane ließ damals keine vernünftigen Argumente gelten, sie war wie umgewandelt.“ – „Vielleicht war Geld im Spiel, die Rubberfords sind fast so reich wie die Malfoys. Oder…“ Severus sprach seinen Gedanken lieber nicht aus, es jagte ihm einen Schauer über den Rücken. „Oder was?“, forderte Elly.
Zögernd antwortete Severus: „Ich dachte an einen Liebestrank. Das wäre ja nicht das erste Mal, das so etwas passiert. Die Folgen haben wir alle zu spüren bekommen.“ Elly sah ihn fragend an. „Was meinst du damit?“ – „Voldemort. Seine Mutter hat seinen Vater mit Liebestränken gefügig gemacht. Den Rest der unseligen Geschichte kennst du im wesentlichen.“ Elly nickte, dann schaute sie geistesabwesend in ihre Kaffeetasse. „Hoffentlich wiederholt sich die Geschichte nicht.“
„Versuche doch einfach mal, wieder mit deiner Tochter in Kontakt zu kommen. Schreibe ihr einen harmlosen Brief und frage, was sie so macht. Vielleicht hast du Glück und sie antwortet dir, weil sie dir längst nicht mehr grollt, aber nicht den ersten Schritt gehen wollte.“ Severus dachte an Lupin und den Besuch im Krankenhaus.
„Ja, das werde ich machen. Einen Versuch ist es mir wert.“

Um sie von den trüben Gedanken abzulenken, fragte Severus, wie Elly in der Bibliothek zurechtkomme und ob es einen Unterschied zwischen der Bibliothek in Hogwarts und einer Muggelbibliothek gäbe. Elly sah ihn erstaunt an. „Woher weißt du, dass ich in einer Muggelbibliothek gearbeitet habe?“
Da war er doch glatt wieder ins Fettnäpfchen getreten! Severus wand sich vor Verlegenheit, er begann zu schwitzen. Das Haar klebte ihm bestimmt schon wieder am Kopf. ´Na, und wenn schon! Die kriegst du doch sowieso nicht!´, meckerte seine innere Stimme.
„Ich… nun ja, ich habe… habe mich ein bisschen erkundigt… damals…“ – „So, damals, ah ja.“
Eine peinliche Pause entstand. Diesmal war es Elly, die auf das Thema „Arbeit“ umschwenkte. „Sag mal, woran arbeitest du eigentlich so angestrengt? Diese ganzen Bücher, die du durchackerst – man könnte glatt denken, du willst einen neuen Zauber entwickeln.“
„So ähnlich ist es auch. Ich suche etwas, das einen Werwolf dauerhaft von seinem Leiden befreit. Der Wolfsbann-Trank sorgt nur dafür, dass man während der Verwandlungszeit den Verstand behält. Die Schmerzen bei der Verwandlung und die Angst, doch jemanden zu beißen, bleiben.“ Dann erzählte er ihr von der Warteschlange im St. Mungo´s, von der jungen Frau mit dem kleinen Kind und von seinem Schwur. „Ich hatte das fast vergessen, aber Dumbledore hat mich daran erinnert.“ – „Dumbledore?“ Elly riss die Augen auf. „Aber der ist doch…“ „Ein Geist, der durch die Mauern von Hogwarts huscht, mir bei der Arbeit auf die Finger sieht – und Schulinspektorinnen erschreckt.“ Elly lachte kurz auf, wurde aber gleich wieder ernst.
„Das ist doch viel zu viel für dich! Versteh´ mich bitte nicht falsch, aber so eine Riesensache, das kann einer allein doch gar nicht bewältigen, erst recht nicht abends nach der Arbeit. Es müsste zuallererst untersucht werden, was die Verwandlung und den Kontrollverlust bewirkt und so weiter. Das kann nur ein Team machen; da müssen sich Fachleute aus den verschiedensten Richtungen zusammentun. Vielleicht kann man sogar mit Genforschern zusammenarbeiten.“ Weil Severus so einen merkwürdigen Gesichtsausdruck hatte, setzte Elly beschwichtigend hinzu: „Ich weiß, das du allerhand auf dem Kasten hast und arbeiten kannst wie ein Hauself, aber so eine Entwicklung schafft man einfach nicht alleine. Such dir kompetente Hilfe – dann gibt es vielleicht in endlicher Zeit eine Lösung.“
Diese Elly Greystone war wirklich eine kluge Frau. Wie recht sie doch hatte! Nur wenn man wusste, was im Inneren wirklich passierte, wenn ein Mensch zum Werwolf wurde, konnte man etwas dagegen tun. Severus musste sich sehr zusammenreißen, am liebsten hätte er Elly jetzt geküsst.
Statt dessen griff er nach ihrer Hand und drückte sie ganz fest. „Du hast recht“, sagte er schlicht und einfach. Ihre Blicke verhakten sich ineinander und – Zauberei? – ihre Stühle rutschten ein wenig aufeinander zu. Sie fuhren jedoch sofort wieder auseinander, als eine Gruppe schwatzender und kichernder älterer Hexen hereinkam. Sie fingen an, Stühle und Tische zusammenzurücken. Severus winkte Madam Puddifoot, zahlte und ging mit Elly hinaus in den Regen. „Nehmen wir den Schleichweg durch den Wald oder die Straße?“, fragte Severus. – „Ich kenne den Schleichweg nicht, also nehmen wir den.“
Schweigend führte Severus die Bibliothekarin auf den gewundenen Pfad durch den Wald.
Anders als bei ihrer ersten Begegnung konnte er jetzt ganz normal und ungezwungen mit Elly Greystone umgehen. Doch etwas von damals lastete noch auf seiner Seele und drängte nun, Klärung fordernd, nach draußen. Sobald sie an der Stelle angelangt waren, wo man nebeneinander gehen konnte, begann Severus zu sprechen: „Ich glaube, Albus Dumbledore wollte uns beide damals miteinander verkuppeln.“ Elly lachte: „Ja, das wollte er wohl“, worauf Severus fortsetzte: „Ist aber gründlich misslungen. Ich habe mich da wohl ordentlich danebenbenommen.“ Elly brummte zustimmend.
„Ich sollte ja eigentlich zu Betty Greystone gehen, und deine Großtante habe ich gekannt – und gefürchtet. Und dann stehst du vor mir… Ich habe mich gefühlt wie ein Schuljunge, vor dem plötzlich seine Traumprinzessin erscheint und habe ganz schön die Kontrolle verloren…
Mit dem Brief, den ich dir dann abends geschrieben habe, wollte ich alles erklären und wieder gut machen. Aber du hast nie etwas von dir hören lassen; das eine war wohl für dich so schlimm wie das andere.“
Elly schüttelte den Kopf. „Weder das eine noch das andere war die Ursache für mein Schweigen. Du warst mir eigentlich nicht unsympathisch: So nervös, wie du warst, hatte ich ein bisschen Mitleid mit dir. Aber bei deinem Gezappel habe ich das Dunkle Mal gesehen. Mit so einem Typen wollte ich nichts zu tun haben. Deshalb habe ich deinen Brief ins Feuer geworfen, obwohl ich mich gerne noch mal mit dir getroffen hätte. Ich wusste ja nicht, dass du in Wirklichkeit gegen Voldemort gearbeitet hast. Wenn ich etwas geahnt hätte, wäre vielleicht alles ganz anders gekommen. Aber es ist müßig, sich darüber Gedanken zu machen, was hätte sein können. Solche Sätze mag ich überhaupt nicht.“ –„Ich auch nicht.“
Ihre Hände fanden sich und lösten sich erst an der Grenze des Schulgeländes voneinander. Schweigend gingen sie bis zur Schule, verabschiedeten sich höflich und jeder ging in seine Privaträume.
In der Nacht hatte Severus wieder vollkommen unzüchtige Träume; der kleine Lümmel spielte darin eine große Rolle.

Als Snape am anderen Morgen richtig wach geworden war, bekam er ein ungutes Gefühl in der Magengegend. Er befürchtete, dass er gestern irgendetwas Dummes zu Elly gesagt hatte, so dass sie nicht mehr mit ihm reden würde. Für den Fall, dass das nicht so war, hatte er Bedenken, dass sich wieder einmal Dinge in seinem Leben wiederholen und jemand ihm die Freundin ausspannen würde, noch ehe sie es richtig geworden war. Lockhart und Kirby schwänzelten ja ganz schön um Elly herum, und was Fairbanks betraf, wusste Severus auch nicht Bescheid…
Er beschloss, die Bücher erst am Abend kurz vor der Schließzeit zurückzubringen, weil dann normalerweise keine Schüler mehr in der Bibliothek waren. Snapes Berechnung ging auf, Elly war eifrig beim Aufräumen und allein. Elly musterte den Stapel Bücher, den Severus auf den Tisch gelegt hatte und fragte besorgt: „Du wirfst doch hoffentlich nicht gleich ganz das Handtuch? Das wäre dann auch nicht richtig.“
Severus atmete auf, sie redete doch noch mit ihm. „Nein, nein. Aber du hast natürlich recht mit dem, was du gestern gesagt hast. Erst muss man wissen, was im Körper eines Werwolfes anders ist als beim normalen Menschen, dann kann man ein Gegenmittel entwickeln. Ich habe mir auch schon überlegt, mit wem ich über das Problem sprechen werde.“
„Na, dann ist ja alles in Ordnung. Ich hatte schon befürchtet, dass du dich krank arbeitest.“
Severus fragte sich, ob das ernst gemeint war oder nur so dahingesagt. Mit einem schelmischen Lächeln fuhr Elly fort: „Du solltest öfters zu Madam Puddifoot Kuchen essen gehen, damit du wieder was auf die Rippen kriegst. Und ich finde den Kuchen so lecker, dass ich bestimmt Stammgast werde.“ Sie machte eine Pause, als ob sie überlegte, ob sie weiterreden sollte oder nicht. Dann rutschte es doch aus ihr heraus: „Ich hab´s genossen, mal mit jemandem zu reden, der auch zuhören kann und nicht gleich seine Vorzüge und Heldentaten betont. Wäre schön, wenn wir das bald wiederholen könnten. Das nächste Mal bezahle ich dann…“ Sie zwinkerte Severus zu, drehte sich um und sortierte die Bücher ein. Severus spürte sein Herz im doppelten Tempo und bis zum Hals schlagen. Was war das denn? Eine Einladung? „Aber eindeutig!“, jubilierte etwas in ihm, „Sei vorsichtig!“, warnte die Stimme der Vernunft. Severus tat drei tiefe Atemzüge, ehe er sich zu sprechen getraute. „O.K., gern.“ Das ´Wann ist dein nächster freier Nachmittag?´ schluckte er lieber hinunter, sagte stattdessen: „Wenn sich wieder mal so eine Gelegenheit ergibt wie gestern.“ Elly strahlte ihn an. Der kleine Lümmel zuckte schon wieder, Severus hoffte, dass sie nichts bemerkte. Er half ihr noch, die letzten Bücher aufzuräumen, gemeinsam verließen sie die Bibliothek und gingen die Treppe hinunter. Auf dem Flur, den sie nehmen mussten, um auf schnellstem Wege in ihre Wohnungen zu kommen, machte sich Phillip Kirby mit einem Tuch an einer Statue zu schaffen. Er trug aber nicht seine Arbeitskleidung, sondern ein ärmelloses T-Shirt über einer hautengen Jeans. Bei der Kälte! Severus fröstelte schon beim Anblick der bloßen Arme.
Als Kirby Severus neben Elly sah, verzog er sein Gesicht erst in ungläubigem Staunen, dann ich ziemlichen Zorn, warf den Lappen in die Ecke und eilte davon.
Erst, als Elly einen Stock vor Severus abbog, kapierte der, warum Kirby zum Sonntagabend Statuen putzte und fragte sich, ob er eine Chance hätte, das Spiel zu gewinnen.
Später beim Ausziehen betrachtete Severus sich im Spiegel. Mager war er schon immer gewesen, sonnengebräunt noch nie. Das störte ihn nicht, aber sein Gesicht – zum Fürchten! Die Haut war fahl, fast grau, die Wangen eingefallen; tiefe Falten zogen sich von den Nasenflügeln zu den Mundwinkeln. Die Augen lagen tief in den Höhlen, er hatte Augenringe, als hätte er Prügel bezogen.
Vor seinem geistigen Auge erschein der Brief, den Bligh mit Sicherheit schon an das Ministerium geschrieben hatte. (Ganz bestimmt mit ein paar Klecksen verziert.)
Mit einem Mal spürte Severus seine ganze Müdigkeit und Erschöpfung. Er nahm ein warmes Bad, ließ sich von Willy eine Flasche Bier bringen, die er fast auf einen Zug austrank. Dann kroch er ins Bett und war binnen Sekunden eingeschlafen

Severus wanderte mit Elly über Felder und Wiesen. „Zeit für Kaffee und Kuchen“, sagte Elly, „da drüben am Waldrand, dort ist es schön.“ Sie öffnete ihren Rucksack, zeigte mit dem Zauberstab hinein und schon war die Decke samt Picknick ausgebreitet.
Sie aßen und tranken; beobachteten die Vögel und die Wolken. Es war ein herrlicher Tag im Spätfrühling. Viel später erzählte Elly von einem Kriminalroman, der damit begann, dass ein Pärchen ein Picknick am Waldrand macht. Mit einem Mal hörte Severus ein rhythmisches Piepsen. „Hörst du das? Was ist das denn für ein Vogel?“ Er drehte sich zu Elly um, doch die war verschwunden. Piep, piep, piep! - Piep, piep, piep! - Piep, piep, piep! - Piep, piep, piep! –Severus fuhr in die Höhe.
Das Piepsen kam von seinem Wecker und er befand sich in seinem Bett – allein. Und es war nicht Frühling, sondern Ende Oktober, der Regen peitschte an die Fenster. Da ging auch schon die Tür auf und eine Stimme ertönte: „Meister! Bitte stehen Sie auf, es wird Zeit für die Arbeit!“ Das waren die Worte, die Willy jeden Tag sagen sollte, damit Severus wusste, warum er aus dem warmen Nest musste. Grrrrr!
Mit einer eiskalten Dusche löschte Snape die Traumbilder aus seinem Hirn – es war so realistisch gewesen…
Mit kritischen Blicken musterte Snape sich nach dem Rasieren im Spiegel. Verglichen mit gestern Abend sah er heute richtig gut aus, die Augenringe waren verblasst. Nur die Haare machten ihm Sorgen. Er musste endlich was gegen das Fetten unternehmen, aber was? Abschneiden? Kam gar nicht in Frage. Im Kinderheim hatten sie den Jungs die Haare immer stoppelkurz geschnitten und mit Schmierseife gewaschen. Seit er in Hogwarts war, trug Severus sein Haar schulterlang und das sollte so bleiben. Er hatte schon dutzende Sorten Shampoo ausprobiert – ohne Erfolg. Wenn er morgens Haare wusch, sah er mittags aus, als hätte sein Kopf zwei Wochen kein Wasser mehr gesehen. Wie schon so oft, wurde dieses Problem vertagt. Es gab eh niemanden, dem er gefallen musste. – Oder doch?

Snape hatte Riesenhunger und langte beim Frühstück ordentlich zu. Der Appetit verging ihm sofort, als Lockhart und Lucy Perkinson gleichzeitig hereinkamen. Seit sie aus dem St. Mungo´s zurück war, wurde Lucy von den anderen erst recht geschnitten, jeder wusste, dass es ihre Schuld war, dass einer der beliebtesten Lehrer beinahe gestorben war. Im Unterricht war sie die ersten paar Tage ganz still gewesen, dann hatte ihr „Bitte, Herr Professor…“ wieder angefangen. Snape hatte sie letzte Woche in sein Büro bestellt und ein paar sehr ernste Worte mit ihr gesprochen. Mal sehen, ob es Wirkung zeigte.
Lockhart bedachte Snape mit einem so strahlenden Lächeln, dass Severus ein ganz ungutes Gefühl in der Magengegend bekam. Er befürchtete ein dickes Ende – und sollte Recht behalten.

Noch fünf Minuten bis zum Unterrichtsbeginn. Alles war bereit; heute war die erste praktische Leistungskontrolle für die Erstklässler dran. Lockhart sollte gemeinsam mit Severus durch das Klassenzimmer gehen und für ehrliche Arbeit sorgen. Das würde er ja hoffentlich hinbekommen. Beleidigt hatte Lockhart am Freitag die Unterlippe vorgeschoben, als Severus eine diesbezügliche Bemerkung gemacht hatte.
Es klopfte an der Bürotür. Lucy Perkinson? Nein, eine ziemlich aufgeregte Wilhelma Raue-Pritsche stürmte herein. „Severus, hast du meine Dickköpfige Grashalmnatter genommen?“ – „Deine waaas?“ – Severus wusste natürlich, dass die Dickköpfige Grashalmnatter sehr selten, sehr giftig und für die Tränkezubereitung sehr nützlich war. „Ich wusste nicht mal, dass du so ein Vieh hast! Wie kommst du darauf, dass ich die Schlange haben könnte?“ – „Nun, heute nach dem Frühstück habe ich das Tier unterkühlt und in ein transportables Terrarium gesteckt. Vorhin wollte ich sie holen – und da waren die Schnappverschlüsse auf und die Schlange weg. Da habe ich gedacht, du hast sie vielleicht zum Melken geholt…“ – „Nein, habe ich nicht. Erstens würde ich so etwas nicht in aller Eile vor dem Unterricht machen und zweitens hätte ich dich gefragt. Und ich hätte dich gefragt, darauf kannst du Gift nehmen!“
„Wenn du sie nicht hast, wer dann?“ – „Wo hattest du die Schlange denn und wer wusste, dass du sie hast?“
„Es hat niemand was gewusst. Ich habe sie erst am Freitagabend bekommen und übers Wochenende im Reptilienhaus gehalten. Dort darf außer mir nur Paul Montague hinein und der hatte sein freies Wochenende und kommt erst heute Mittag zurück. Nach dem Frühstück habe ich sie in mein Büro gebracht. Ich war höchstens eine Viertelstunde im Lehrerzimmer; als ich wiederkam, war sie weg.“
Severus fragte: „Hattest du das Büro abgeschlossen?“ Wilhelma nickte. „Magisch?“ – „Nein, nur mit dem Schlüssel.“ – „Dann muss ja jemand die Tür aufgemacht haben, während Schüler im Gang waren. Vielleicht haben die etwas gesehen?“ – „Nein, ich habe die Siebtklässler ins Zimmer gescheucht, als ich gegangen bin.“
Snape überlegte. „Hat jemand gesehen, wie du das Terrarium ins Schloss gebracht hast?“ – „Nein, ich glaube nicht. – Oder, warte, doch, Lockhart.“ – „Lockhart? Dem traue ich zwar zu, mit ´Alohomora´ und ´Ramohoola´ eine Tür auf und wieder zu zu machen, aber eine Schlange fasst der nicht an.“
Da war guter Rat teuer. Raue-Pritsche rang die Hände. „Was soll ich nur machen? Die Schlange ist unterkühlt und bei Zimmertemperatur vielleicht zwei Stunden bewegungsunfähig, außerdem habe ich sie gestern Abend gefüttert und gemolken. Es dürfte also nicht allzu viel passieren, trotzdem…“ – „Eine Dickköpfige Grashalmnatter verkriecht sich in die nächste dunkle Ecke und rührt sich erst wieder, wenn sie Hunger und Gift hat. Dann kann es sehr kritisch werden. Du musst die Schlange auf jeden Fall wiederfinden.
Lass deine Stunde ausfallen und gehe statt dessen von Zimmer zu Zimmer. Sage allen, was für ein Biest du vermisst, vielleicht hat ja doch irgendwer irgendwas gesehen. Lockhart und die Erstklässer frage ich dann gleich selber. Jetzt muss ich aber rüber, Leistungskontrolle machen.“
Wilhelma nickte und verließ Snapes Büro mit der Stundenglocke. Severus öffnete die Tür zum Klassenraum und musste sich gleich wieder ärgern. Obwohl bereits Unterrichtszeit war, befanden sich nur wenige Kinder an ihrem Platz. Tom Young zeigte Gilderoy Lockhart gerade, wie man Papierflieger baut und mit kindischer Freude beobachtete Lockhart, wie seiner durch die Luft segelte. Gewollt geräuschvoll ließ Snape die Tür zufallen. Alle schraken auf, die Kinder hasteten an ihre Plätze, Lockhart stellte sich mit verschränkten Armen hinten hin. „Guten Morgen!“, knurrte Snape. „Guten Morgen, Professor Snape!“, antworteten die Schüler und Lockhart mit ihnen. Was war das denn für ein Gesichtsausdruck bei Lockhart? Der guckte ja wie Joe, wenn er für den Nachbarn einen Streich vorbereitet hatte. In Snapes Kopf schrillten die Alarmsirenen. Er nahm sich vor, Lockhart ein bisschen im Auge zu behalten; leider sollte er nicht dazu kommen.
Nach einer kurzen Einführung und der üblichen Belehrung über ehrliches Arbeiten sollten die Schüler mit ihrem Trank beginnen. Lockhart rief von hinten: „Und denkt daran, es wird absolut ehrlich gearbeitet. Ich dulde keine Betrugsversuche.“ Snape wurde langsam, aber sicher wütend. „Ich denke, man muss die Belehrung nicht wiederholen, Gilderoy. Ich habe das alles gerade eben gesagt.“ Lockhart schnitt hinter dem Rücken der Klasse eine Grimasse.
Die Schüler waren unglaublich unruhig. Einer versuchte, in den Kessel des anderen zu spähen, Zutaten und Werkzeuge gingen zu Boden. Severus hatte allerhand zu tun, um die Arbeitsordnung aufrecht zu erhalten. Lockhart stand hinten, sah zu, wie Snape sich abmühte und griente vor sich hin.
Es passierte, als Severus gerade damit beschäftigt war, den überschäumenden Kessel von Pat Old in der zweiten Reihe unter Kontrolle zu bringen. Mehrere Mädchen schrieen auf, „Eine Schlange, eine Schlange!“ Snape wirbelte herum. In einem Satz sprang er über die Bank von Tom Young und brauchte nur den Bruchteil einer Sekunde, um zu begreifen, was sich da giftgrün und meterlang auf dem Boden ringelte. Noch bevor das Begreifen beendet war, hatte Snape den Zauberstab gezogen und den Vereisungsspruch begonnen.
Als sich die zischende weiße Wolke verflüchtigt hatte, lag auf dem Boden die in der Bewegung erstarrte Dickköpfige Grashalmnatter. „Keiner rührt sich vom Fleck!“ Snape sah Lockharts Gesicht und wusste Bescheid. Die Entscheidung, was er tun sollte, dauerte eine halbe Sekunde.
„Old, bitte gehen Sie in den Vorbereitungsraum. Links im Regal stehen Glasgefäße mit Deckel. Bringen Sie mir das größte, aber beeilen Sie sich!“ Während der Junge den Auftrag ausführte, ging Severus von einem Kessel zum anderen und leerte sie aus. Nach dem dritten fiel ihm auf, dass Lockhart die Hälfte der Strecke zur Tür zurückgelegt hatte. „Mr. Lockhart, bitte helfen sie doch mit!“
Lockhart stotterte: „A-a-aber i-i-i-i-ich…“ Snape giftete: „So ein lächerliches ´Evanesco´ werden Sie wohl noch hinbekommen! Das ist doch das erste, was man in der Ausbildung zum Tränkemeister lernt. Und Sie wollten ja wohl meinen Job haben, oder? – Also, an die Arbeit!“
Lockhart ging weiter in Richtung Tür, aber Snape schickte ihn in die andere Richtung. „Sie bleiben hier, verstanden?!“ Aus dem Augenwinkel heraus die Schlange beobachtend, zielte Severus mit dem Zauberstab auf Lockhart, bis der sich gehorsam von der Tür wegbewegte. Die Hand mit dem Zauberstab, die Lockhart auf den Kessel richtete, zitterte. „Wenn Sie Ihren Stab auf mich richten, kann ich nicht zaubern“, murrte Lockhart. Pat Old war mit dem Glas gekommen; Snape senkte seinen Zauberstab. Er ließ vom Lehrertisch einen Drachenlederhandschuh anfliegen. Den Zauberstab auf die Schlange gerichtet, packte Snape mit der geschützten linken Hand die völlig starre Schlange hinter dem Kopf und sperrte das Reptil ein. Das Glas stellte Snape gut sichtbar auf den Lehrertisch. Er schrieb ein paar Worte auf einen Zettel, winkte Mandy Miller zu sich und bat sie, die Nachricht an Professor Raue-Pritsche weiter zu geben.

Snape ging, sorgfältig auf jeden Schritt achtend, mit dem Glas in beiden Händen durch das Klassenzimmer. Besonders dicht hielt er es Lockhart hin, der nicht zurückweichen konnte, weil er schon an der Wand stand.
„Wer weiß, was das hier für eine Schlange ist?“, fragte er in die Runde. Die Schüler sahen sich an und schüttelten die Köpfe. „Wissen Sie es vielleicht, Mr. Lockhart?“ Der antwortete nicht. Snape glaubte zu wissen, was Lockhart vorhatte und beugte einem Ohnmachtsanfall vor, indem er ein Fenster öffnete und Lockhart mit den Worten „Setzen Sie sich ans Fenster, ehe Ihnen übel wird vom Stehen“ bat, Platz zu nehmen.
„Nun, wenn keiner weiß, was hier in dem Glas ist, wenden wir uns der Frage zu, wie eine lebende Schlange in dieses Klassenzimmer gelangen konnte. Kann mir darüber jemand etwas sagen?“ Einen nach dem anderen rief er die Schüler auf, die der Schlange am nächsten gewesen waren, aber erwartungsgemäß hatte keiner etwas mitbekommen. Wer nicht zu Pat Old geschaut hatte, war mit seinem eigenen Kessel beschäftigt gewesen. Als er nach dem Standplatz von Gilderoy Lockhart fragte, dämmerte es dem einen oder anderen Schüler. Lockhart selber tat ganz unbeteiligt, er sah aus dem Fenster. ´Eindeutig schuldig´ dachte Snape so bei sich. Normalerweise hätte Lockhart doch den Superermittler gespielt und alle Fragen noch mal gestellt, die Snape schon gestellt hatte.
Endlich kam Mandy Miller zurück und gab Snape ein „Lehrbuch der magischen Kriechtiere“. Snape projizierte eine Übersicht über Schlangen an die Leinwand. „Wer erkennt unseren Gast?“ Lucy Perkinson war die erste, der die Kinnlade herunterklappte; die Hände von Tom Young und Pat Old schnellten gleichzeitig mit der von Mandy Miller in die Höhe. Schließlich meldeten sich alle Schüler, was wohl in der gesamten Geschichte Hogwarts noch nicht vorgekommen war. Snape nahm ausnahmsweise mal wieder Lucy Perkinson dran. „Das ist eine Dickköpfige Grashalmnatter.“ – „Ganz recht. Lesen Sie mal vor, was darunter steht!“
Lucy wurde vor Eifer ganz rot und zittrig. Sie sprang auf und las: „Sehr selten. Lebt in feucht-heißen magischen Gebieten. Tödlich giftig.“
Mandy Miller hatte Snapes Meinung nach die beste Stimme in der Klasse und konnte sehr gut vorlesen. Deswegen ließ er sie nun vortreten und den ganzen Abschnitt über die Dickköpfige Grashalmnatter vortragen. Snape stellte sich so hin, dass er Lockhart genau im Blickfeld hatte. Der langweilte sich sichtlich und war mit den Gedanken sonstwo. Als Mandy geendet hatte, waren einige Schüler ziemlich weiß im Gesicht. Noch einmal fragte Snape: „Wie ist so ein gefährliches Tier hier hereingekommen?“ Gemurmel erhob sich unter den Kindern, einige sahen zu Lockhart hin, jemand zeigte sogar auf ihn. Sie hatten kapiert, wie Snape mit Genugtuung feststellte.
„Wen wollten Sie denn vergiften, Mr. Lockhart? Wollten Sie wirklich daran Schuld sein, wenn hier jemand im Unterricht stirbt? Wollen Sie verantwortlich dafür sein, dass die Schule wieder geschlossen wird?
Ich werde an die Schulleiterin ausführlich berichten, was für lebensgefährlichen Unfug Sie hier treiben! Sie sind nicht tragbar für Hogwarts!“ Snape lief Gefahr, sich in die Sache hineinzusteigern und seinen gesamten Frust auf Lockhart im Beisein der Schüler loszulassen. Er stutzte, als Lockhart lachend den Kopf schüttelte. „So viel Getue wegen einer kleinen Gummischlange! Das war doch nur ein harmloser Scherz.“
Plötzlich begriff Snape, wie dämlich Lockhart war. Er brüllte: „War es nicht!“, besann sich eines Besseren, zählte in Gedanken bis zehn und sagte ebenso leise wie drohend: „Diese Schlange ist absolut lebendig. Oder warum sollte eine Gummischlange sonst in einem gesicherten Terrarium mit Schnappverschlüssen liegen? Können Sie mir das sagen?“
Lockhart starrte Snape mit einem Schafsgesicht an. Snape fuhr fort: „Außerdem werde ich Meldung machen, dass Sie in das abgeschlossene Büro einer Kollegin eingedrungen sind! Und diese Meldung mache ich, sobald ich die Schlange wieder dorthin gebracht habe, wohin sie gehört.“
Snape schickte die Schüler mit der Ermahnung weg, sich bis zum Pausenklingeln still zu verhalten. Dann zückte er den Zauberstab und ließ das Glas mit der Schlange, die sich bereits wieder zu bewegen begann, vor sich her schweben. Ganz dicht vor Lockhart hielt er an und fragte: „Ein Gummitier, ja?!“
Lockhart zischte etwas, das fast wie Parsel klang. Sollte Lockhart etwa….? Snapes Herz raste noch schneller als seine Gedanken. Auch wenn Snape es sich nur ungern eingestand – die Wahrheit konnte nur einer herausfinden – Potter.

Sehr zu Snapes Leidwesen änderte sich durch seine Anzeige überhaupt nichts. Lockhart blieb weiterhin als Assistent in Hogwarts. Snape bat Professor Sprout darum, ohne den Assistenten unterrichten zu dürfen, ohne Erfolg. Das Ministerium verlange es so, bekam er zur Antwort. Also würde er selbst etwas unternehmen müssen, um Lockhart loszuwerden. Zunächst verzichtete er darauf, Lockhart irgendwelche Arbeiten zu übertragen und zwang ihn, sich im Unterricht auf die erste Reihe zu setzen und die Hände auf der Bank zu lassen. Später würde ihm schon noch etwas einfallen, was nicht auf ihn zurückfallen würde.
Von Potter kam nach einer Woche die beruhigende Nachricht, dass Lockhart kein Parselmund war.


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Es war wirklich schwierig, niemandem erzählen zu dürfen, dass ich die Rolle der Cho Chang bekommen hatte, wo es doch so verlockend war! Ich hatte meinen Freunden erzählt, dass ich zum Vorsprechen gehen würde, also haben sie immer wieder gefragt, ob ich sie nun bekommen hätte. Ich musste dann immer sagen, dass ich nich glauben würde, dass ich sie bekommen hätte und nach einer Weile hören sie auf, mich danach zu fragen. Als ich es ihnen zu guter letzt erzählt habe, haben sie einfach nur geschrien. Meine Freunde haben mich wirklich unterstützt.
Katie Leung