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Fanfiction

Der Weg ins Licht - 7. Dunkelheit

von artis.magica

7. Dunkelheit

Oft gebiert ein Frevel aus alter Zeit
einen neuen Frevel…
und beschwört einen Daimon herauf,
der unbezwinglich unbekämpfbar, unheilig ist…


Stumm ging Hermine neben Draco her. Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Sie sah sich unter gesenkten Lidern um. Die Wände kalt, dunkel und feucht. Eisige Luft wehte durch die Gänge und stäubte Schnee über die ausgetretenden Steinplatten. Ihr Atem gefror. Nur wenige Fenster erhellten ihren Weg. Hermine erhaschte einen flüchtigen Blick nach draußen und sah ein aufgewühltes Meer. Ihre Schritte hallten laut von den kahlen Wänden wider.
„Du brauchst dir den Weg nicht einzuprägen“, sagte Draco als er ihren Blick einfing. „Du wirst nie erfahren wo du bist. Du wirst hier nie herausfinden!“
Sie antwortete ihm nicht. Angestrengt bemüht, ihre Aufregung und Furcht zu unterdrücken schritt sie forsch aus. Und wieder hörte sie seine höhnische Stimme: „Wo ist jetzt dein Mut geblieben, Granger?“
Sie schwieg und ging weiter.
Plötzlich fühlte sie Dracos harten Griff an ihrer Schulter.
„Hier hinein!“
Er blieb an einer alten dunklen Eichentür stehen, legte die Hand auf den Riegel und öffnete sie langsam. Er stieß Hermine grob in den Raum, der sich dahinter verbarg. Sie fanden sich in einer kargen Zelle wieder.
Ein kurzer verwunderter Blick.
Es war kein Verlies.
Ein Tisch, ein wackliger Stuhl, eine harte Schlafstatt.
Die Wände aus roh behauenen Steinen.
Es war kühl und dunkel.
Die unstete Flamme der einzigen Fackel an der Wand beleuchtete nur spärlich den kleinen Raum.
Vom Fenster her ein kalter Zug.
Der Kamin schon lange erloschen.
Hermine ging bis an den Kamin und sah sich nach Draco um.
„Weißt du eigentlich, auf was du dich da eingelassen hast?“ Ihre Stimme klang fest und selbstbewusst.
Draco antwortete nicht, er sah sie nicht an. Er schloss die Tür und kam dann langsam auf sie zu. Er blieb genau vor ihr stehen und sah ihr triumphierend in die Augen.
„Hier bist du ganz allein, Granger. Keiner, der dir beistehen wird, der dich beschützt.“ Sein Lächeln überheblich und selbstsicher, der Ton der Worte verletzend.
Er streckte die Hand nach ihr aus.
„Gib mir deinen Zauberstab!“
Hermine erwiderte seinen Blick ruhig. Sie zog den Zauberstab aus ihrem Ärmel und reichte ihn Draco ohne Zögern.
„Es ist Voldemort! Er wird dich nur benutzen, Draco…“, sagte sie leise.
„Seine Anerkennung wird mir gewiss sein“, fuhr er ihr über den Mund und wandte sich von ihr ab.
„Anerkennung?“, begann Hermine leise, „Anerkennung, die du von deinem Vater nicht bekommst, suchst du ausgerechnet bei Voldemort?“
Draco hob den Kopf und blitzte sie böse an.
„Untersteh dich… Schlammblut“, rief er mit erstickter Stimme.
„Ja“, sagte Hermine ungerührt, „und dann wird er dich wegwerfen, weil er dich nicht mehr braucht! Du bist nicht so wie die anderen. Du bist gemein und hinterhältig, ja, aber du bist kein Todesser.“
„Schweig!“, schrie ihr Draco ins Gesicht. Zornesröte stieg in seine blassen Wangen. Die grauen Augen funkelten wütend. Er hob die Hand als wollte er zuschlagen.
Hermine wich nicht zurück. Ernst sah sie ihm in die Augen.
„Was erwartest du?“, flüsterte sie und beugte sich zu ihm hin. „Woran glaubst du?“
Draco kochte vor Wut. Er stieß Hermine hart gegen die Schulter und wandte sich zum Gehen. An der Tür blieb er stehen und sah über die Schulter zu ihr zurück. Sein Blick war kalt und hart.
„Wir werden ja sehen, wie lange du es aushältst, hier in der Kälte. Du wirst uns alles erzählen, du wirst sie alle verraten!“
Mit diesen Worten ließ er sie allein.

Sie lauschte Dracos Schritten nach, die leise im Gang verhallten. Dann war es still. Da war nur das Heulen des Windes, der in heftigen Böen um das Gemäuer blies. Hermine zog den Umhang fester um sich und ging zum Fenster. Seine Scheiben waren gefroren. Sie versuchte es zu öffnen, doch es blieb fest verschlossen. Hermine hauchte auf das Eis und rieb ein Loch hinein. Dann sah sie hinaus. Ein bleifarbener Himmel grüßte sie, das Wasser des Meeres war aufgewühlt und spülte in hohen Wellen an die Klippen; sie spürte ihre Kraft, ein feines Beben. Gischt schlug hoch und senkte sich leicht auf die schwarzen Steine.
Es war kein Land auszumachen, kein Anhaltspunkt, der ihr vielleicht hätte verraten können, wo sie sich befand. Schnee trieb in dicken Flocken und nahm ihr die Sicht in die Weite.
Hermine wandte sich ab und ließ sich auf dem Bett nieder. Sie sah sich voller Zweifel um. Zum allerersten Mal fühlte sie sich wirklich verlassen.
Sie wusste nun, auf was sie sich eingelassen hatte. Sie wusste es in dem Augenblick, als sie das erste Mal Voldemort gegenübergetreten war. Hier gab es kein Verständnis, hier gab es kein Nachsehen. Hier hatte sie keine Gnade zu erwarten.
Severus' Worte drängten sich ihr auf. Er hatte es ihr gesagt, damals. Die Angst trieb Hermine hoch. Ihr Atem beschleunigte sich. Sie sprang auf die Füße und schritt hastig auf und ab. Sie musste nachdenken. Aber sie konnte keinen klaren Gedanken fassen. Worüber wollte sie nachdenken? Sie konnte ihre Geschicke nicht mehr selber lenken. Sie war ausgeliefert. Zum ersten Mal in ihrem Leben.
Sie warf den Kopf in den Nacken und schloss die Augen. Sie zwang sich zur Ruhe. Langsam nur beruhigte sich ihr Atem. Immer noch aufgewühlt ging sie die wenigen Schritte von Wand zu Wand und wieder zurück. Immer wieder.
Langsam kroch die Dunkelheit in den Raum und vertrieb das letzte Licht. Die Fackel war schon lange erloschen. Die Nacht schlug den Tag zurück.
Hermine blieb stehen und sah auf die ungemütliche Bettstatt. Mit einem tiefen Seufzer ließ sie sich darauf nieder. Sie zog die zerschlissene Decke zu sich und wickelte sich darin ein. Sie rollte sich zusammen.
Sie wusste nicht, wie lange sie dem Wind lauschte, der heftig an den Fenstern rüttelte. Endlich schlief sie erschöpft ein.
Es war ein unruhiger Schlaf, den sie schlief. Er brachte ihr grauenvolle Träume. So, als würde alle Qual, die Menschen je in diesem Gemäuer hatten erdulden müssen, ihren Weg bahnen zu jemandem, der sie verstand, der mit ihnen litt.
Schweißgebadet fuhr sie auf. Ihr Atem ging heftig. Sie sah sich angstvoll um.
Sie war allein.
'Ein Alptraum', dachte sie und suchte sich zu beruhigen.
Sie sank zurück und schloss die Augen und schlief wieder ein.
Doch sie kamen wieder, grauenvolle Bilder, gequälte Menschen. Hermine schluchzte auf. Aufwachen!
Sie konnte nicht!
Sie nahmen sie gefangen, sie drangen in ihren Geist, erschlugen sie mit ihren Gefühlen, mit ihrem Schmerz. Sie nahmen sie in Besitz, unerbittlich, unaufhaltsam, unrettbar verloren. Es war unerträglich.
Endlich kam der Tag. Endlich aufwachen, die Schatten vertreiben.
Hermine schlug die Augen auf. Apathisch stierte sie an die rußgeschwärzte Decke. Sie wusste es sehr genau. Sie peinigten sie. Keine körperliche Qual und doch unerträglich. Tränen stiegen in ihre Augen. Wieviele solcher Nächte sollte sie noch ertragen? Eine einzige wäre genug gewesen für das ganze Leben.
Der Tag schleppte sich dahin. Hermine lauscht in die unwirkliche Stille hinein. Nicht ein einziger Laut drang zu ihr, obwohl das Gebäude eine Unmenge Menschen beherbergte oder zumindest ein Treffpunkt für sie war. Einzig der Wind ließ sie wissen, dass die Welt noch existierte.
Langsam begann es zu dämmern.
Die Furcht vor der Nacht ließ sie ihren beißenden Hunger und den brennenden Durst vergessen, ließ sie die Kälte nicht spüren.
Sie wusste, dass sie in ihren Geist eingedrungen waren. War es ihr letzte Nacht noch nicht bewusst gewesen, so wollte sie jetzt dafür Sorge tragen, dass es ihnen in dieser Nacht nicht gelingen sollte.
Sie setzte sich aufrecht und schloss die Augen. Sie wollte ihren Geist befreien. Doch die Gedanken an die grauenvollen Bilder ließen sie nicht zu, dass sie sich konzentrierte. Sie mühte sich redlich. Schließlich gab sie es auf. Sie seufzte und erhob sich. Dann wollte sie diese Nacht eben nicht schlafen.
Unruhig ging sie im Zimmer umher. Schließlich war es zu dunkel, um noch etwas zu sehen. Doch Hermine kannte die Schrittzahl vom einen Ende des Zimmers zum anderen genau. Langsam und stur, wie ein Tier im Käfig schritt sie auf und ab. Immer wieder blieb sie am Fenster stehen und starrte hinaus.
Die Nacht schritt voran. Endlich legte sich der Sturm. Der Wind blies die Wolken auseinander, fahler Mondschein erhellte sanft die Nacht, drang endlich in ihr trostloses Gefängnis. Schatten stiegen empor und wanderten durch den Raum, sobald sich eine Wolke vor den Mond schob. Leise fielen vereinzelte Flocken.
Sie ließ sich müde auf ihre Schlafstatt sinken. Kaum schloss sie die Augen, überfielen sie die Bilder. Es riss sie herum. Sie stöhnte laut und gequält auf. Sie wollte die Augen öffnen, es gelang nicht. Wie erstarrt lag sie da, es war ihr nicht möglich, sich zu rühren.
Endlich Tageslicht, endlich die Geister verbannen, den Geist befreien.
Hermine öffnete die Augen. Sie war erschöpft, sie fühlte sich krank. Der Durst quälte sie. Sie sah sich mit fiebrigen Augen um. Die Sonne schien und ließ ihre Strahlen durch die staubige Luft tanzen.
Mit einem Schlag wurde Hermine die Ausweglosigkeit ihrer Lage bewusst. Noch einen solchen Tag würde sie nicht überstehen. Bis an ihr Lebensende würden sie diese Bilder verfolgen. Ihr graute davor. Sie drehte sich um und weinte in die schmutzigen Kissen. Severus hatte es gewusst! Er hatte sie gewarnt.
Sie setzte sich wütend auf.
Wo war er? Er wollte ihr helfen, sie schützen!

Vor sich hinstarrend verbrachte sie den Tag. Selbst die Freundlichkeit des Wetters berührte sie nicht mehr. Abgestumpft sah sie der Nacht entgegen. Warum sollte sie sich denn wehren? Es war ihr egal. Sollten sie mit ihr tun, was sie wollten. Sie wollte nur noch schlafen, tief, fest, ohne Pein.
Schlafen!
Sie sah sich um.
Nichts, was ihr helfen konnte, diese Erlösung zu erlangen.
Sie lächelte und legte Umhang und Jacke ab. Sie würde Ruhe finden.
Sie legte sich zurück und wartete.
Unendliche Müdigkeit umfing sie. Einfach die Augen schließen.
Die eisige Kälte kroch in ihre Glieder.
Müde, schlafen, endlich.
Keine Bilder, nie mehr. Sie sehnte die Ohnmacht herbei, wie sie noch nichts ersehnt hatte, nur um endlich Ruhe zu finden. Das Meeresrauschen wiegte sie sanft. Es war ihr einziger Freund.


Sie erwachte voller Staunen. Es war nicht kalt. Sie lauschte, Holz knackte. Sie hob die Lider und wandte den Kopf. Ein lustiges Feuer tanzte im Kamin empor. Seine Wärme strömte in den Raum und hüllte sie wohlig ein.
Hermine erhob sich stöhnend und ging zum Feuer. Sie streckte ihm die Hände entgegen. Es tat so gut.
Mit einem Mal wurde ihr schwindelig. Sie fühlte sich elend. Das Hungern und Dürsten forderten ihren Tribut. Mit letzter Kraft sank sie am Tisch auf den Stuhl. Sie verschränkte die Arme auf dem Tisch, sie legte den Kopf darauf und starrte in die Flammen. Unablässig folgte ihr Blick ihrem Flackern, den kleinen Funken, die ab und an aus der Feuerstelle stoben. So lange, bis es niedergebrannt war und nur noch rotglühende Asche übrig geblieben war.
Die Kühle kam wieder.
Es störte sie nicht.
Ihre Augen brannten. Den Hunger fühlte sie nicht so sehr wie den Durst. Die Kehle war so ausgetrocknet, dass sie mit jedem Schlucken meinte, sie würde Reißnägel hinunterwürgen. Eine Qual.

Ein Geräusch durchschnitt die unerträgliche Stille.

Sie wandte müde den Kopf. Die Tür wurde geöffnet. Draco trat ein. Er trug ein Tablett mit einem Teller und einem Becher darauf. Er stellte es vor sie auf den Tisch.
Hermine rührte sich nicht.
„Was ist, Granger, keinen Hunger?“
Hermine schenkte ihm ein schwaches Lächeln.
„Mit Speck fängt man Mäuse“, flüsterte sie. Ihre Stimme war rau, die Zunge klebte am Gaumen. Nur zu gerne hätte sie jetzt getrunken.
„Nein?“ Draco lachte und griff zum Becher. Er setzte ihn an die Lippen und tat einen großen Schluck. Hermine schloss für einen Moment die Augen.
Draco lachte ein freudloses Lachen. Er hob den Zauberstab und entfachte das Feuer im Kamin neu. Er wandte sich ab und ging ohne ein Wort.

Hermine sah ihm wehmütig nach. Sie war froh, endlich wieder eine lebendige Seele zu Gesicht bekommen zu haben, selbst wenn es Draco Malfoy gewesen war.
Sie starrte auf das trockene Stück Brot und den Rest des Wassers in seinem Gefäß. Sie würden sie nicht einfach so sterben lassen, das wusste sie. Sie wusste aber auch, dass sie sich wehren musste. Sie gehörte nicht sich selbst, nicht hier, nicht jetzt. Sie hatte es versprochen. Sie selbst hatte sich geschworen, alles zu tun, Voldemort in seine Schranken zu weisen.
Fest entschlossen hob sie den Kopf. Sie griff sich das Brot und aß. Sie nahm den Becher und trank in langen Zügen. Noch nie hatte sie besseres gegessen als dieses karge Mahl.
Verwundert stellte sie fest, wie sich Zuversicht sich in ihr ausbreitete. Ganz so, als legte sich eine schützende, eine tröstende Hand um ihr ängstliches Herz, um es emporzuheben und die Angst weit hinter sich zu lassen.
Sie sah aus dem Fenster. Die Sonne senkte sich am Horizont. Das Meer verschlang die letzten Strahlen. Ein blutroter Himmel, über den sich weiche Wolken zogen. Die Dunkelheit zog auf. Zum ersten Mal hatte Hermine keine Angst vor der Nacht. Diese Nacht sollte sie Ruhe haben. Alle störenden Gedanken fielen von ihr ab, endlich befreit. Tief und traumlos sollte ihr Schlaf sein.

Am nächsten Morgen erwachte sie noch vor dem Morgengrauen. Wieder hatte sie das Gefühl, als wäre jemand bei ihr, so wie damals im Grimmauldplatz. Sie setzte sich auf.
„Severus?“ Sie flüsterte es in die Dunkelheit hinein und starrte mit weit aufgerissenen Augen in den Raum.
Niemand war da. Sie war immer noch allein.
Dabei hatte sie seine Anwesenheit so deutlich gespürt. Sie zog die Decke bis ans Kinn und ließ sich zurückfallen. Jetzt wusste, warum sie keine Angst mehr hatte, weshalb die furchtbaren Bilder sie nicht mehr heimgesucht hatten.
Er war da. Er schützte sie.
Wie schwer es für ihn war, sollte sie erst viel später erfahren.
Mit leisem Lächeln schlief sie noch einmal ein. Sie hatte so viel Schlaf nachzuholen.


„He, aufwachen!“
Jemand stieß sie unsanft in die Seite.
Hermine öffnete die Augen und sah sich orientierungslos um. Da gewahrte sie Draco Malfoy, der von ihrem Bett zurückgetreten war und jetzt mit lauerndem Gesichtsausdruck auf sie hinabsah.
Hermine setzte sich auf und reckte sich.
„Was willst du von mir, Malfoy?“, fragte sie kühl.
Er trat zu ihr und beugte sich zu ihr hinab.
„Du hast nur zu sprechen, wenn ich es dir gestatte!“
Hermine stand auf und sah ihm in die Augen.
„Ja, mein Kerkermeister“, sagte sie zu ihm und lachte bitter auf. „Du hast es wahrlich weit gebracht.“
Draco holte aus. Hermine hob die Hände schützend vor das Gesicht und wich einen Schritt zurück.
Doch eine zweite Person fiel Draco in den Arm. Er sah Draco lange in die Augen. Dann ließen beide die Hände sinken. Es war Lucius Malfoy.
„Es ist kalt, Draco. Warum hast du kein Feuer gemacht?“, fragte er leise den Sohn. Draco antwortete ihm nicht auf diese Frage. Lucius Malfoy machte Feuer und sah über die Schulter zu Draco hin.
„Geh“, sagte er noch leiser.
„Aber Vater, ich…“
„Geh!“, zornig wandte er sich ganz zu ihm um.
Wutentbrannt warf Draco seinem Vater einen vernichtenden Blick zu und wandte sich zum Gehen. Widerwillig verließ er den Raum, jedoch nicht ohne voller Unmut die Tür hinter sich laut zuzuschlagen.
„Warum haben Sie ihn weggeschickt?“, fragte Hermine herausfordernd.
Lucius Malfoy antwortete nicht. Bedächtig zog er die Handschuhe aus, legte sie sorgfältig zusammen und steckte sie in seinen Umhang. Dann sah er auf und lächelte sie an.
Hermine beschlich ein Gefühl der Angst, als er gemächlich auf sie zukam. Sie wich zurück, bis sie an die kalte Wand hinter sich stieß.
„Draco ist ein Kindskopf“, sagte er verächtlich. „Er weiß nicht, wie die Welt wirklich ist, er träumt sich seine eigene Welt“, begann er leise. Hermine sah ihn verständnislos an.
„Aber du“, er hob die Hand, „du weißt es genau. Du weißt genau, was kommen wird.“
Er tat einen Schritt auf sie zu und strich ihr über die Wange. Langsam ließ er seine Hand vom Hals bis zu ihrer Schulter gleiten.
„Ich könnte dich beschützen…“, er beugte sein Gesicht ganz nah an das ihre.
Hermine wandte den Kopf ab. Er atmete tief ein.
„…eine kleine Gefälligkeit?“, er flüsterte es in ihr Ohr.
Sie fühlte seinen heißen Atem. Hermine stemmte sich gegen die Wand und stieß ihn heftig von sich.
Er ergriff hart ihre Rechte und zog sie derb zu sich. Er bog ihr den Arm auf den Rücken. Seine linke umfasste ihre Kehle mit eisernem Griff.
„Du wirst mich noch anbetteln, wenn der Dunkle Lord erst mit dir fertig sein wird…“
„Eher würde ich sterben!“, presste sie hervor.
Er lachte laut auf.
„Große Worte. Ich habe sie schon oft gehört“, er ließ sie los. „Als es dann tatsächlich ans Sterben ging, hat noch jeder um sein jämmerliches Leben gebettelt. Du wirst keine Ausnahme sein. Todesangst ist ein großer Ansporn.“ Er schüttelte leicht den Kopf. Sein Lächeln war gefühllos.
„Mörder“, flüsterte Hermine atemlos und rieb sich den Hals.
„Was willst du? Nur die Starken werden dieses große Spiel gewinnen.“
„Es ist ein Spiel?“, fragte sie leise. „Was ist mit Draco?“
Er sah sie mit hochgezogenen Brauen an.
„Ja“, begann er versonnen, „Draco ist schwach. Er wird der neuen Macht nicht dienen können!“
„Aber er ist Ihr Sohn“, rief Hermine bestürzt. „Sie müssen ihn beschützen!“
Er sah sie an und lachte auf, kalt und gefühllos.
Hermine schüttelte ungläubig den Kopf und starrte ihn angewidert an.
„Sie lieben ihn nicht“, sie konnte es nicht glauben.
„Alles hat er dafür getan, Ihre Anerkennung zu gewinnen.“
Lucius Malfoy sah ihr amüsiert in Gesicht.
„Was denn?“
„Er ist für Ihre Liebe zum Todesser geworden! Er wollte Dumbledore töten!“
Malfoy lachte.
„Ja“, sagte er, „es ist ihm nicht gelungen. Ich sagte ja, er ist schwach.“
Hermine wiegte langsam den Kopf. Tiefe Verachtung fraß sich in ihr Herz.
„Sie sind ein verachtungswürdiges Vieh, ein psychopatischer Mistkerl“, sie sagte es zu ihrer eigenen Überraschung völlig ruhig. Doch diese Ruhe und ihr Blick brachten ihn in Rage.
„Du wagst es…“, rief er erzürnt. Er holte aus und schlug ihr mit dem Handrücken ins Gesicht.
Der Schlag war so heftig, dass Hermine umgerissen wurde und stürzte. Der Ring, den Lucius Malfoy am Finger trug, hatte ihr eine schwere Wunde über dem linken Jochbein gerissen. Sie keuchte auf, rollte sich herum und zog sich am Tisch auf die Knie. Sie spürte, wie ihr das Blut über das Gesicht lief.
Lucius Malfoy kam auf sie zu und trat nach. Er traf sie hart in die Seite. Sie stöhnte laut auf.
„Du wirst mich nie wieder so nennen, Schlammblut“, sagte er leise.
Immer wieder holte er aus.
Hermine taumelte und sank endlich zu Boden. Der Kopf dröhnte, die Glieder schmerzten.
Herzlos sah er auf sie hinab.
„Ich bekomme immer was ich will“, mit diesen Worten zerrte er sie grob hoch und warf sie auf den Tisch. Seine Hand fuhr an ihre Kehle. Er drückte erbarmungslos zu.
Panik ergriff sie.
Sie bekam keine Luft mehr.
Ihre Hände griffen nach seinem Arm, um ihn fortzuziehen.
Es gelang ihr nicht.
Ein ersticktes Gurgeln drang aus ihrem Mund.
Mit seinem ganzen Gewicht legte er sich über sie. Er beugte sich zu ihr hinab. Fast berührte sein Gesicht das ihrige.
„Ich werde dich Gehorsam lehren!“
Hermine hörte diese mit kaltherziger Stimme gesprochenen Worte nur wie durch einen Schleier. Ihr Blut rauschte laut in ihren Ohren, sie schloss die Augen und riss den Mund auf. Sie rang nach Luft. Vergeblich dehnte sie den Brustkorb.
Sie registrierte erst viel später, dass er ihr die Bluse heruntergerissen hatte und sich an ihrer Hose zu schaffen machte.
Hermine riss angstvoll die Augen auf und wehrte sich heftig. Sie stieß mit Armen und Beinen nach ihm. Doch seine Hände hielten sie unbarmherzig fest. Sie waren hart und roh.
Hermine warf den Kopf hin und her. Verzweifelt versuchte sie, sich seinem Griff zu entwinden, ihn von sich zu stoßen. Es gelang ihr nicht.
Ihre Gedanken schrieen um Hilfe.
Sie hörte sein schweres Atmen.
Sie schrie vom Schmerz gequält leidvoll auf.
Er tat ihr weh.
'NEIN!' Ihre Gedanken hämmerten es in ihrem Kopf. Sie stöhnte schwer auf.
Er tat ihr weh!
Sie hatte keine Kraft mehr sich gegen ihn zu wehren. Die Sinne wollten ihr vergehen. Ohnmächtig ließ sie die Arme sinken. Ihr Kopf sank zur Seite. Sie schluchzte leise auf, Tränen stiegen in ihre Augen.
Sie wünschte, sie würde sterben. Einfach den Körper verlassen, nichts mehr fühlen, keinen Schmerz mehr, keine Demütigung.


Da tat sich die Tür auf und Voldemort trat mit Bellatrix Lestrange und Severus Snape im Gefolge ein.
Malfoy sah irritiert auf und ließ Hermine los. Sie fiel hart zu Boden und rührte sich nicht mehr. Malfoy fuhr zurück und taumelte an die Wand. Als sie begriff was sich vor ihren Augen abspielte, stieß Bellatrix einen spitzen Schrei aus.
„Was tust du!“, schrie sie mit schriller Stimme und warf sich auf Lucius Malfoy. Schwer atmend hielt er sich die tobende Frau vom Hals und sah zu Voldemort auf.
„Lass ab!“, herrschte dieser Bellatrix an. Diese beugte den Nacken und trat von Malfoy zurück, nicht ohne ihm noch einen widerwilligen Blick zuzuwerfen.
„Mein Lord, ich…“, begann Malfoy stammelnd und zog seinen Umhang fest um sich.
„Ich weiß, was du getan hast, Lucius“, fuhr ihm Voldemort drohend über den Mund. Er ging langsam durch den Raum und blieb vor Hermine stehen.
„Es ist mir egal. Du solltest sie aber nicht umbringen!“
Voldemort sah ungerührt auf Hermine, die zerschunden und blutend auf dem kalten Steinboden lag.
„Severus!“, sagte er mit schneidender Stimme.
„Mein Lord?“
Voldemort sah verschlagen auf Bellatrix und lächelte kalt.
„Wenn unsere Mission erfüllt ist, schenke ich sie dir, Lucius“, sagte er schmunzelnd. „Doch vorerst wird sich Severus um das Schlammblut kümmern. Noch brauchen wir sie.“
Angewidert wandte er sich ab und rauschte hinaus.
Malfoy stand still am Tisch. Bellatrix' Augen funkelten ihn böse und verächtlich an. Severus war neben ihn getreten und warf einen kurzen Blick auf Hermine, die zusammengekrümmt zu Malfoys Füßen lag. Malfoys Blick folgte dem seinen.
„Du hast ihn gehört“, sagte er verlegen lächelnd und sah auf. „Hilf ihr!“
Dann drängte er sich an Severus vorbei und verließ den Raum mit schnellen Schritten.
Bellatrix sah ihm mit hasserfülltem Blick nach.
„Dafür wird er büßen“, sagte sie drohend vor sich hin und sah Severus an. Der erwiderte ihren Blick nicht. Er trat neben Hermine und bedeckte sie mit ihrem Umhang. Dann beugte er sich nieder. Ihre Finger gruben sich in seinen Arm als er sie unsanft hochzog. Ihr Blick streifte ihn flüchtig. Seine Züge waren hart und unnahbar. Sie zitterte heftig. Ihre Knie knickten ein. So sehr sie es auch wollte, sie konnte sich nicht auf den Beinen halten.
Severus sah auf sie hinab und zerrte sie grob mit sich.
Als sie endlich im Kellergang und ein paar Schritte gegangen waren, nahm er sie vorsichtig hoch und trug sie hinauf in sein Quartier.
Er stieß die Tür auf und trat in das kalte dunkle Zimmer. Er bettete Hermine sanft auf das Sofa und deckte sie sorgsam zu.
„Ich komme gleich wieder“, flüsterte er ihr zu und wandte sich ab. Er entzündete die Kerzen auf dem Tisch. Dann verließ er den Raum.
Eilig ging er wieder hinunter in den Keller. Er blieb vor einer schweren Eichentür stehen. Langsam öffnete er sie und ging zu einem dunklen Schrank in dem kleinen Raum dahinter. Hastig öffnete er ihn und schob mit zitternden Händen die Flaschen, Töpfchen und Amphoren beiseite. Dann entnahm er ihm ein Fläschchen. Er steckte es ein und machte sich auf den Weg zurück zu Hermine. Fast rannte er. Sein Herz brannte.
Als er eingetreten war herrschte Dunkelheit. Er sah sich um. Die Kerzen lagen umgeworfen auf dem Tisch, einige waren zu Boden gefallen. Er wandte sich zum Sofa.
Sie war nicht da!
Er fuhr keuchend herum. Ihre zerrissenen und blutbeschmierten Kleider lagen wild durcheinander geworfen im Zimmer umher.
Ihm stockte der Atem. Panisch sah er sich nach ihr um.
Da war sie!
Sie saß am Boden zusammengekauert in einer Ecke des Zimmers. Die Beine eng an den Körper gezogen und die Arme zitternd darumgelegt starrte sie apathisch vor sich hin.
Severus atmete erleichtert auf. Er kam zu ihr und kniete sich neben sie. Er streckte die Hände nach ihr aus. Doch Hermine stieß sie fort.
Severus ließ die Arme sinken.
„Hermine“, flüsterte er.
Sie antwortete nicht. Ihr Blick ging ins Leere.
„Hermine“, seine Stimme war beschwörend.
Er wartete lange.
„Wie musst du mich verachten“ sagte sie tonlos ohne aufzusehen.
Severus' Herz zog sich zusammen. Er schloss für einen Moment die Augen. Worte konnten die Gefühle nicht beschreiben, die er empfand, als er gesehen hatte, was Lucius Malfoy ihr antat. Sein Herz war stehengeblieben. Unendliche Mühe hatte es ihn gekostet, seine Gefühle vor Voldemort zu verbergen.
Er schwieg gekränkt.
Wie konnte sie nur so von ihm denken!
Was sollte er ihr jetzt sagen? Nichts würde sie trösten können. Er fühlte sich überfordert mit dieser Situation.
Entschlossen ergriff er ihre Hände.
„Nein“, schrie sie auf und schlug und trat nach ihm, „lass mich!“
Doch er ließ sich nicht beirren. Hart packte er sie bei den Schultern und zog sie zu sich. Er schlang die Arme um sie und drückte sie so fest er konnte an sich.
„Ist ja gut“, flüsterte er und strich ihr beruhigend über den Rücken.
„Nein!“, rief sie und stemmte die Fäuste gegen seine Brust.
„Wär ich tot“, flüsterte sie. Und ein gequältes Stöhnen, das in ein herzzerreißendes Weinen überging drang tief aus ihrer Brust. Sie stemmte sich gegen ihn, wollte ihn wegstoßen. Warum hielt er sie denn nur fest?
Sie war schmutzig.
Sie stöhnte auf.
Keine Ehre mehr!
Sie war geschmäht, erniedrigt, gedemütigt.
Warum hielt er sie so fest?
Er hörte ihre stummen Schreie, hörte ihre verzweifelten Gedanken. Fühlte ihre Unsicherheit und ihren Hass auf sich selbst.
Er drückte sie fester an sich.
„Es ist nicht wahr“, flüsterte er ihr zu. Seine Stimme bebte.
Nur langsam ließ ihr Widerstand nach. Schließlich wehrte sie sich nicht mehr gegen ihn.
Er hob sie auf und trug sie zu seiner Schlafstatt. Vorsichtig setzte er sie ab und sah sie an. Wie erstarrt lag sie da. Vergeblich versuchte sie das heftige Zittern, dass sie schüttelte zu unterdrücken. Stumme Tränen rannen aus ihren Augen.
Sie fror. Kälte überall.
Mit aller Kraft unterdrückte er seine Gefühle, als er sie so zugerichtet liegen sah. Er setzte neben sie und strich ihr die Haare aus dem Gesicht, um die tiefe Wunde an der Wange zu untersuchen. Sie ließ ihn widerstandslos gewähren.
Severus zog das Fläschchen aus seinem Gewand. Er öffnete es und benetzte die Verletzung mit der Flüssigkeit daraus. Dann wusch er ihr Blut und Schmutz von Gesicht und Körper. Er sah ihre Verletzungen, die Würgemale, schwere Blutergüsse, tiefe Kratzer. Sie stöhnte leise auf, als er über die Stelle strich, wo Lucius Malfoy sie getreten hatte. Er hielt inne und ertastete die Stelle, an der die Rippen gebrochen waren.
Zorn stieg in ihm auf. Nur mühsam bezwang er ihn.
Ihre Rechte war zur Faust geballt. Langsam nahm er sie auf. Er löste ihr die Finger und sah, was sie bisher umklammert hielten.
Der Atem stockte ihm. Er schloss für einen Moment die Augen. Sein Herz machte einen Sprung. Er nahm ihr die Gegenstände aus der geöffneten Hand, trat zum Tisch und legte sie vorsichtig vor sich hin.
Er breitete die Rechte darüber und schloss die Augen.
„Amplio“, flüsterte er. Die winzigen Gegenstände erstrahlten in einem feinen Licht, wurden ganz davon eingehüllt. Nach einer Weile erst verlosch das Leuchten und gab den Blick auf seinen Zauberstab und eine Phiole ihrer Wundessenz frei.
Hastig griff er nach dem Elixier und kam zu Hermine. Er hob ihren Kopf und setzte ihr die Phiole an die Lippen. Doch Hermine wandte den Kopf ab.
„Nein“, sie sagte es so leise, dass er Mühe hatte, es zu verstehen.
Sie ergriff seine Hand.
Er sah in ihr Gesicht. Still sah sie ihn an. Er konnte den Ausdruck ihrer Augen nicht ertragen. Ihr Blick durchbohrte sein Herz. Seine Nerven waren zum Zerreißen gespannt.
Sie öffnete den Mund. Er neigte den Kopf, um zu lauschen. Doch ihre Lippen formten nur stumme Worte. Severus richtete sich auf und sah sie bekümmert an.
Sie wandte sich ab und zog die Decke bis über den Kopf. Dann rollte sie sich zusammen. Still und reglos lag sie da.

Severus erhob sich und ging nachdenklich im Zimmer umher. Nur langsam kam er zur Ruhe. Endlich setzte er sich in einen der zerschlissenen Sessel und starrte vor sich hin.
Die Kerzen brannten nieder und die Dunkelheit nahm den Raum wieder in Besitz. Kein Lichtschimmer in diesem Dunkel. Unerbittlich und kalt. Kein Mondlicht, das tröstend den Weg wies.
Severus senkte das Haupt und sah auf seine Hände hinab. Er hatte sie zu Fäusten geballt, so fest, dass die Knöchel weiß hervortraten.
Er hatte gewusst, dass sie jemanden schicken würden. Er hatte immer angenommen, dass es Potter sein würde, der die Tür zu Voldemorts Versteck aufstoßen sollte. Nie hätte er damit gerechnet, dass es ausgerechnet Hermine sein würde. Er sah zu ihr hin.
Welchen Weg sollte er jetzt gehen?
Mit jedem Tag, den Hermine in seiner Nähe war wuchs die Gefahr, entdeckt zu werden. Wuchs die Gefahr, sich selbst zu verraten.
Er lauschte. Der Wintersturm rüttelte an den Fensterläden. Ein kalter Windhauch drang durch die alten Fenster und ließ ihn erschauern. Er wusste, dass Hilfe nahte, aber er wusste nicht, wie nahe sie war.
Er ließ den Kopf in die Hände sinken. Er musste widerstehen, musste seinen Hass und seine Verachtung unterdrücken. Rachegedanken bemächtigten sich seiner. Es durfte nicht sein. Es würde ihn verraten. Er erhob sich und ging gehetzt auf und ab.
Voller Wut griff er nach dem schweren Leuchter auf dem Tisch und warf ihn mit aller Kraft gegen die Wand. Er zersprang und fiel laut scheppernd zu Boden.
Er atmete tief ein.
Ein Geräusch! Er horchte auf.
Da war es wieder. Es klopfte leise an die schwere Eichentür. Unruhe überfiel ihn. Er zwang sich mühsam zur Ruhe.
„Ja?“, sagte er mit belegter Stimme und zweifelte, dass die Person, die angeklopft hatte, es auch wirklich gehört hatte. Er wusste, dass es nicht Voldemort war. Dieser hätte nie die Höflichkeit besessen, sein Erscheinen mit einem zaghaften Klopfen anzukündigen.
Severus räusperte sich und ging zur Tür. Er öffnete sie einen Spalt breit und sah hinaus in den Flur. Narzissa Malfoy stand mit gesenktem Haupt vor ihm. Sie sah auf. Ihre Augen glänzten im fahlen Licht.
„Guten Abend, Severus“, sagte sie leise.
Er musterte sie mit kühlem Blick und nickte leicht.
„Darf ich hereinkommen?“, ihre Frage glich einer Bitte.
Severus zog die Brauen zusammen und stieß die Tür auf.
„Komm rein!“, forderte er sie grob auf.
Sie trat zögernd ein und blieb am Tisch stehen. Sie sah sich nach ihm um.
Severus ließ die Tür ins Schloss fallen, dann trat er zu ihr.
„Was willst du von mir, Narzissa?“, fragte er leise. Seine Stimme war unfreundlich und abweisend. Seine Augen durchbohrten sie mit stechendem Blick.
Narzissa wandte sich unangenehm berührt von ihm ab und ging bis zum erloschenen Kamin. Sie starrte lange in die kalte Asche. Schließlich drehte sie sich um und sah auf Hermine, die mit glühenden Wangen auf dem Bett ruhte.
„Wie geht es ihr?“, fragte Narzissa zaghaft.
Severus hob die Brauen und ließ sich in einen Sessel fallen.
„Seit wann interessiert es dich, wie es anderen Menschen geht?“, fragte er bissig.
Narzissa Malfoy antwortete nicht, sie ging bis zu Hermines Schlafstatt und sah eine Weile auf sie hinab.
„Meinst du, mein Herz ist aus Stein?“, fragte sie tonlos.
Severus lachte freudlos auf.
„Ja, in der Tat, das meine ich. Mitleid zu empfinden war noch nie eine deiner Charaktereigenschaften, Narzissa. Ich nähme es dir nicht ab. Was dich bewegt, ist die Pein. Es ist dir unendlich peinlich, was Lucius getan hat.“
Sie sah Severus in die dunklen Augen. Dann senkte sie die Lider.
„Wie du meinst, Severus“, sie ging durch den Raum. Am Fenster blieb sie stehen.
„Ich stehe in deiner Schuld“, sagte sie flüsternd.
„Nein!“ Severus erhob sich. „Es gibt nichts, was ich für dich getan hätte, für das du eine Schuld gegen mich einlösen müsstest.“
Sie schwieg.
Er legte den Kopf auf die Seite und musterte sie aufmerksam.
„Du empfindest wirklich Mitleid, nicht wahr?“, begann er zynisch. „Mitleid mit dir, Mitleid mit Draco, vielleicht Mitleid mit deinem Mann, wenn du über deine unsägliche Wut auf ihn hinweggekommen bist.“
Seine Stimme klang kalt und hämisch.
Narzissa Malfoy sah auf. Seine Züge waren hart. Sie schüttelte traurig den Kopf und sank auf den Stuhl am Schreibtisch.
„Ich habe es nie gewollt. Meine Familie ist verloren. Lucius habe ich schon vor langer Zeit verloren“, sagte sie tonlos.
Er sagte nichts. Es berührte ihn nicht.
„Es war alles umsonst. Der Eid, den du geschworen hast, wird Draco nicht retten. Ich weiß es jetzt“, fuhr sie fort.
Sie starrte vor sich hin.
„Der Schwur wird dich töten. Der dunkle Lord wird Draco benutzen, dich zu vernichten. Draco ist schwach“, flüsterte sie dann. Sie wandte den Kopf und sah auf Hermine.
„Er wird es herausfinden…“, sie brach ab und ließ ihren Blick wieder zu Severus wandern.
Severus starrte sie voller Erstaunen an.
Narzissa Malfoy lächelte matt.
„Sie ist eine dir verwandte Seele, Severus“, sagte sie leise und erhob sich. Sie trat zu ihm und nahm seine Hände in die ihren.
„Niemand wird es von mir erfahren, ich verspreche es bei meinem Leben.“
Er sah ihr mit funkelnden Augen ins Gesicht und schüttelte den Kopf.
„Ich nehme den Eid von dir, Severus. Du bist frei“, sagte sie mit erstickter Stimme.
„Draco wird verloren sein“, flüsterte er und entzog ihr die Hände.
„Er ist es schon“, sagte sie gebrochen. „Ich weiß, du kannst den Dunklen Lord besiegen. Er hat mir meine Schwester genommen, meinen Mann und nun meinen Sohn. Es wird nie mehr wieder so sein wie es war.“
Sie sah ihn an. Ihr Blick wurde hart.
„Ich will Rache. Ich möchte deinen Arm als meinen Arm, sie auszuführen. Blut für Blut, Severus!“
Sie nahm seine Hände in die ihren.
Er ließ es geschehen.
Leise sprach sie die Formel, die ihm von dem Schwur, den er getan hatte freisprechen sollte: „Liberare.“
Das unsichtbare Band, mit dem ihre Schicksale aneinander gekettet waren, begann zu erglühen. Wie eine Schlange wand es sich um ihre Gelenke und zog sich zurück. Schließlich verblasste sein Schein und löste sich auf. Wie kleine Sterne sanken die letzten Reste seiner Fessel zu Boden und verglühten still.
Narzissa Malfoy gab seine Hände frei, wandte sich ab und ging ohne ein weiteres Wort, ohne sich nach ihm umzudrehen.
Er sah ihr nach bis sich schwere Tür hinter ihr geschlossen hatte.

Erschöpft ließ er sich auf dem Sofa nieder. Die Dunkelheit tat wohl.
Sie kamen wieder, die schweren Gedanken. Er war allein. Aussichtslos sein Kampf. Hoffnungslosigkeit griff nach ihm.
Wer konnte bestätigen, dass er das Richtige tat.
Niemand kann ihm in seiner unendlichen Verantwortung, die nun auf ihm lastet zur Seite stehen. Mit wem wollte er die Bürde tragen? Er wusste nur einen einzigen Menschen…
Sein Blick wanderte hinüber zu Hermine, die tief verletzt einen unruhigen Schlaf schlief. War das Opfer, das sie gegeben hatte sinnvoll? Wer konnte ihm versichern, dass auch Dumbledores, dass sein Opfer sinnvoll waren. Was würde er noch auf sich nehmen müssen? Wer wollte ihn trösten?
Er brauchte keinen Trost.
Ein Leben lang war er allein.
Es machte ihm nichts aus.
Und doch schlich sich Furcht in sein Herz.
Narzissa Malfoys Worte hallten in ihm nach. 'Blut für Blut.'
Ja, er würde Rache nehmen, aber nicht für sie. Er lehnte sich zurück und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Seine Gedanken kreisten um Hermine. Sie hatte vollbracht, was ihm nunmehr kaum noch gelang, den Geist zu verschließen.
Er war kaum mehr fähig seine Gedanken zu verbergen. Es war nur noch eine Frage der Zeit, wann es Voldemort gelingen würde ihm sein Geheimnis zu entreißen. Er seufzte leise auf. Er hatte Voldemort nicht mehr viel entgegenzusetzen. Seine Sinne waren überreizt, seine Empfindungen zu stark, als dass er sie noch zu verbergen vermochte.
Mit diesen schweren Gedanken schlief er ein.


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