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Fanfiction

Harry Potter und die Erkenntnisse des Lebens - Kapitel 3: Der Freund am Friedhofstor

von Jean Nevi

Kapitel 3
Kapitel 3

Der Freund am Friedhofstor

1.

Auf einem kleinen Hügel landeten sie, Ron, wie üblich, etwas verspätet. Um sich einen Überblick zu verschaffen, drehten sie sich einmal um ihre eigene Achse.
„Weiß einer von euch, wo wir sind?“, fragte Ron verblüfft.
„Das da unten ist Godric Hollow“, erwiderte Harry und deutet auf eine Ansammlung von Häusern, die zu ihren Füßen im Tal lag. Das Dorf war umgeben von Hügeln unterschiedlicher Höhe, die teils bewaldet waren. Durch das Tal schlängelte sich ein kleiner Bach und viele Felsmauern und Zäune zeugten von Viehwirtschaft in diesem Tal.
„Woher wusstest du, wo Godric Hollow ist?“, fragte Hermine erstaunt.
„Einmal war ich kurz mit Hagrid hier“, erklärte Harry, „er hat mir erzählt, dass er mich damals aus dem Haus geholt hat, nachdem meine Eltern tot waren. Aber fragt mich bitte nicht, in welchem Landesteil wir jetzt sind.“
„Es könnte Yorkshire sein, ich bin vor vielen Jahren einmal im Urlaub mit meinen Eltern dort gewesen, da hat so ähnlich ausgesehen“, meinte Hermine nachdenklich.
Auf der anderen Seite des Tals, neben der kleinen Kirche, befand sich ein Friedhof. Harry deutete mit dem Kopf dorthin.
„Lasst uns gehen.“
Hintereinander stiegen sie den Hang hinab, sprangen über den Bach und gingen auf der anderen Seite den Hang zum Friedhof hoch. Dieser war von einer mannshohen Bruchsteinmauer umgeben und hatte zur Talseite ein großes, zweiflügeliges, schmiedeeisernes Tor. Rechts und links vom Eingang stand jeweils eine Bank. Harry drückte gegen das Tor, das mit einem protestierenden Quietschen aufging. Auf dem Friedhof befanden sich ungefähr fünfzig Gräber, die durch rechtwinklig verlaufende Wege abgeteilt waren.
„Möchtest du alleine sein, Harry?“, fragte Hermine leise.
Verneinend schüttelte der angesprochene den Kopf.
„Kommt bitte mit“, meinte er und ging zielstrebig auf die hintere rechte Seite des Friedhofes. Dort stand ein einzelner, größerer Grabstein, aus grauem Granit, der nicht von anderen Gräbern umgeben war, sondern allein inmitten von Rasen und niedrigen Büschen stand. Harry ging zu dem Grabstein und Hermine hielt Ron an der Schulter fest, so dass sie ein paar Meter weit weg standen. Harry verweilte ein paar Augenblicke still, drehte sich dann um und winkte ihnen zu. Die beiden stellten sich neben Harry und jetzt konnte Hermine die Inschrift lesen: Lily & James Potter und ein Kreuz mit Ihrem Todesdatum: 12. Juli 1981. Es gab keine weiteren Inschriften auf dem Grabstein. Was den dreien auffiel, das Grab war sehr gepflegt und auch eine Vase mit frischen Blumen stand vor dem Grabstein.
„Was meinst du, Harry, wer pflegt das Grab?“, fragte Ron.
Sein Freund zuckte mit den Schultern.
„Ich weiß es nicht, die Dursleys auf jeden Fall nicht.“
„Wir gehen nachher in die Kirche hinüber, vielleicht steht etwas im Kirchenregister“, schlug Hermine vor.
„Gute Idee, Hermine, daran hätte ich nicht gedacht“, antwortete Harry erfreut.
Schweigend blieben sie noch einige Zeit vor dem Grabstein stehen, dann drehte Harry sich auf dem Absatz um und wollte gehen.
„Moment, Harry, benutze das Sneakoskop“, bat Hermine ihn.
Zustimmend nickte er, zog das neue Instrument aus der Tasche und legte es vor dem Grabstein auf die Erde.
Das Sneakoskop würde sich drehen und pfeifen, sobald ein dunkler Magier in der Nähe war und Harry hatte einfach den Schluss gezogen, dass das Instrument auch bei Horkruxen reagieren würde. Er hatte es noch nicht ausprobieren können, aber Hermine hatte ihm in diesem Punkt absolut zugestimmt. Das Sneakoskop blieb jedoch ruhig, er nahm es auf und steckte es in seine Tasche. Dann machten sie sich auf den Weg zur Kirche. Die Kirchentür war unverschlossen, sie betraten den kleinen Innenraum, gingen an zehn Bankreihen vorbei nach vorne und standen dann vor dem Altar. Suchend schaute sich Hermine um und erblickte rechts vom Altar ein großes Bücherregal. Mit einigen Schritten war sie dort, besah sich die Buchrücken und nickte ihren Freunden zu.
„Hier steht alles, was sich in dem Ort seit dem Jahr 1567 zugetragen hat. Wir suchen den letzten Band der Gräberverwaltung“, erklärte sie den beiden leise.
Aus der obersten Reihe zog Ron ein dickes, in Leder gebundenes Buch heraus.
„Das ist es, lasst uns bitte nach draußen gehen, hier drin ist es mir zu kalt“, meinte er leise.
Gemeinsam verließen sie die Kirche und setzten sich auf eine Bank, die neben dem Portal stand.
Vorsichtig schlug Ron den Band auf und fing an zu lesen. Kurze Zeit später riss ihm Hermine ungeduldig das Buch aus den Fingern.
„Ron“, rief sie vorwurfsvoll, „wann fängt der Band an?“
„Siebzehnhundertneunundachtzig!“, antwortete Ron hitzig, „aber, warum zum Teufel reißt…“
„Ron“, schnitt sie ihm hart das Wort ab, „willst du morgen Früh noch hier sitzen? Harrys Eltern sind vor sechzehn Jahren getötet worden, ergo fängt man von hinten an zu lesen. Das geht wesentlich schneller“
Ron warf ihr einen beleidigten Blick zu, sagte aber nichts.
„Juli 1981“, bemerkte Harry leise, „Potter oder Evans.“
Langsam blätterte Hermine den Band rückwärts durch, und stoppte bei einer Eintragung.
„Das ist seltsam“, sagte sie nachdenklich, und las laut vor:
„Lily und James Potter, gestorben 12.07.1981, Grabpflege wird durch M. Potter übernommen. Der Eintrag stammt vom 26.08.1981.“
Erstaunt blickte sie Harry an.
„Das geht fast nahtlos ineinander über, hatte dein Vater eine Schwester oder einen Bruder?“, fragte sie forschend.
„Nein“, überlegte Harry, „soweit ich weiß, war mein Vater ein Einzelkind. Obwohl ich zugeben muss, dass meine Kenntnisse des Stammbaums der Familie Potter sehr gering sind.“
„Fakt ist, irgendjemand aus der Potter Familie pflegt das Grab deiner Eltern. Es können Großeltern, Tanten, Onkel, Nichten oder Neffen sein, irgendwer macht es“, resümierte Hermine, „wäre es für dich interessant, diese Person kennen zu lernen?“
„Auf jeden Fall, da könnte sich auch jemand aus der Familie der Evans dahinter verbergen“, erwiderte Harry nachdenklich.
„Das ist gut möglich“, meinte Hermine, „ich glaube nicht, dass eine Ausweiskontrolle durchgeführt wird, wenn man eine Grabpflege übernimmt. Man kann das bestimmt unter falschem Namen machen.“
Noch einmal blickte sie zu dem Grab von Harrys Eltern.
„Die Blumen sind frisch, heute wird keiner mehr kommen. Ich überlege mir etwas, wie wir an die Person herankommen“, erklärte sie nachdenklich, dann stand sie auf und brachte das Buch zurück in die Kirche.
„So, Harry“, rief sie als sie wieder draußen war, „wo ist das Haus deiner Eltern?“
„Ich schätze, da oben“, sagte Harry und deutete auf eine Ruine, die ungefähr fünfhundert Meter von der Kirche entfernt etwas höher am Hang lag.

2.

Nach ein paar Minuten hatten sie die Stelle erreicht. Es handelte sich um ein typisch englisches Farmhaus, allerdings war das Dach in der Mitte eingebrochen und es sah so aus, als ob ein Feuer einen Teil des Hauses vernichtet hatte.
„Wir können einen Zauber um das Haus legen, so dass es für Muggel immer in diesem Zustand bleibt und wir von Ihnen nicht wahrgenommen werden können. Dann können wir das Haus in den Ursprungszustand versetzen“, schlug Hermine vor.
„Okay, Hermine, lege du bitte diesen Zauber auf das Haus. Dann möchte ich, dass wir uns die Ruine in dem jetzigen Zustand sehr genau anschauen. Hier wollte Voldemort einen großen Sieg feiern, er hat jedoch eine schlimme Niederlage erlitten. Vielleicht hat er etwas zurückgelassen“, erwiderte Harry.
Nachdenklich schaute Ron seine Freunde an und überlegte laut.
„Ja, doppelten Selbstschutz, bevor wir reingehen. Handschuhe anziehen und Sneakoskop bereithalten, das müsste erst mal reichen.“
Die Augenbrauen hochziehend lächelte Harry Hermine zu, die schmunzelnd nickte. Durch die offene Eingangstür betraten sie einen kleinen Flur und gingen weiter nach links in einen Raum, der ehemals die Küche gewesen war. Ein Teil des Mobiliars war noch vorhanden und erstaunlicherweise war dieser Raum in keiner Weise durch die Zeit, oder andere Umstände in Mitleidenschaft gezogen worden
„Das ist seltsam“, meinte Harry nachdenklich und schaute sich um, „aber hier können wir gut unser Lager aufschlagen.“
Zur Sicherheit legte er das Sneakoskop auf den Tisch, das allerdings keine Reaktion zeigte.
„Möchte jemand Kaffee?“, fragte Hermine und beide Jungen hoben zustimmend die Hand. Die junge Frau deutete mit ihrem Zauberstab auf den Tisch und Sekunden später stand eine dampfende Kaffeekanne mit drei Tassen auf dem Tisch.
„Also, Harry, wie gehen wir jetzt weiter vor?“, fragte sie.
„Wir werden das Haus in seinem jetzigen Zustand von oben bis unten untersuchen!“, erwiderte Harry entschlossen, „wenn wir etwas finden ist es gut, wenn nicht, haben wir Pech gehabt.“
Gemeinsam gingen sie zurück in den Flur und dann nach links durch eine Tür in das Wohnzimmer. Die Decke war durchgebrochen und teilweise verbrannt. Durch diese Öffnung konnten sie in den Raum darüber sehen, aber da dort ein großes Stück des Daches fehlte war der Blick auf den Himmel darüber frei. Gegenüber der Tür befand sich ein großes Fenster mit einem Ausgang zum Garten. Dahinter schloss sich eine Terrasse an, die weiter auf einen Garten hinauslief.
Die Stühle und der Tisch lagen zertrümmert in einer Ecke, die Bücherregale lagen flach auf dem Boden. Alles war durch den eingedrungenen Regen durchweicht und es roch muffig. Harry trat ans Fenster und blickte hinaus in den Garten. Dieser war allerdings vollkommen verwildert, es war unmöglich zu sagen, wie er vor sechzehn Jahren ausgesehen hatte. Ein einsames Schaukelgestell schaute traurig oben aus einem Brombeergestrüpp heraus.
An der rechten Wohnzimmerwand befand sich eine weitere Tür, die Harry vorsichtig öffnete. Das war der ehemalige Vorratsraum, ebenfalls mit einem Ausgang zum Garten hinaus. An zwei Wänden befanden sich Regale, in denen noch vereinzelt Dosen und Gläser standen, aber ansonsten war der Raum leer.
Nachdem sie alles inspiziert hatten, verließen sie das Wohnzimmer wieder. An der rechten Seite des Flures war noch eine Tür und daneben lief die Treppe zu dem oberen Stockwerk hinauf. Gerade wollte Harry diese Tür öffnen, wurde aber von Hermine zurückgehalten.

„Halt“, sagte sie leise und berührte vorsichtig mit der linken Hand, natürlich mit Handschuh, die Oberfläche der Tür. Sie spürte, etwas stimmt nicht.
„Vorsichtig, Harry“, fuhr sie angespannt fort, zog ihren Zauberstab und die Jungs taten es ihr nach.
Langsam drehte Harry den Knauf und die Tür öffnete sich einen Spalt. Er drückte sie mit seinem Zauberstab ganz auf. Dies war das Badezimmer, hier war auch ein Teil der Decke eingebrochen. Harry bewegte seinen Zauberstab in der Türöffnung rauf und runter und ging hinein. Hermine folgte ihm und deutete mit ihrem Zauberstab auf einen kleinen schwarzen Schrank unterhalb des Waschbeckens.
„Boggart?“, fragte Harry in Gedanken. „Ja“, empfing er von ihr, „öffne du den Schrank.“
Kurz blickte er sie an, deutete mit seinem Zauberstab auf den Schrank und mit einem lauten Knall flog die Tür auf. Voldemort stand in Lebensgröße vor ihnen und Hermines Zauberstab schnellte hoch.
„Riddikulus“, rief sie schnell und der Irrwicht verwandelte sich mit einem Knall in eine kleine graue Wolke. Harry hob zusätzlich seinen Zauberstab und mit einem lauten Plopp löste sich die Wolke auf.
Ron hatte seinen Freunden mit offenem Mund zugesehen und stand ganz starr.
„Wie habt ihr das denn gemacht?“, fragte er ungläubig.
„Hast du bei Remus nicht aufgepasst?“, antwortete Harry grinsend, „in diesen Schränken verbergen sich gerne „Boggarts“, Irrwichte, und Hermine hat ihn wahrgenommen.“
Natürlich erinnerte Ron sich an diese Schulstunde.
„Dann öffnet einer den Schrank“, fuhr Harry fort, „und der andere schlägt den Irrwicht zurück. Wenn es kein Irrwicht ist, muss derjenige der den Schrank geöffnet hat, bereit stehen, um eingreifen zu können. Das nächste Mal machen wir es gemeinsam Ron, o.k.?“
Dieser nickte zustimmend, hatte aber noch Zweifel.
„Aber ihr habt euch vorher nicht verständigt?“
„Nein, Ron, wir müssen uns ohne Worte aufeinander verlassen können, ein Blick muss reichen“, lachte Hermine.
Allerdings war Ron, das konnte man sehen, immer noch nicht restlos überzeugt.
„Wo hast du den „Boggart“ wahrgenommen, Hermine?“, wollte er wissen.
„Kurz vor der Tür, aber ich habe nicht den „Boggart“ wahrgenommen, sondern ich habe wahrgenommen, dass da etwas ist.“
„Kannst du dunkle Zauberer wahrnehmen?“, fragte Ron lebhaft, „so wie ein Sneakoskop?“
„Nein, Ron“, erwiderte Hermine geduldig, „ich habe doch gesagt, dass ich etwas wahrnehme, aber ich weiß nicht, was es ist. Wenn ich dunkle Zauberer wahrnehmen könnte, wäre mir die Sache mit Snape vor ein paar Wochen nicht passiert, das kannst du mir glauben.“
„Und ich könnte mich jetzt noch ohrfeigen“, fuhr sie wütend fort, „dass ich Dumbledore vertraut habe und nicht Harry!“
„Hermine“, warf Harry ein, „mach dir bitte keine Vorwürfe deswegen. Das ich Snape misstraut habe, hatte andere Ursachen, das werde ich euch noch erzählen. Aber kommt, lasst uns nach oben gehen.“
Sie verließen das Badezimmer und wandten sich der Treppe zu.
„Einer nach dem anderen, vielleicht ist die Treppe beschädigt. Ich mache den Anfang“, erklärte Harry seinen Freunden.
Langsam stieg er, jede Stufe einzeln prüfend, die Treppe hoch. Am Fuß der Treppe war Hermine stehen geblieben und folgte Harry mit ihrem Zauberstab. Oben angekommen, gab er den beiden ein Zeichen ihm zu folgen. Ron kam die Treppe hoch und dann folgte Hermine, während Harry sie mit seinen Zauberstab sicherte. Im Anschluss an die Treppe folgte ein kleiner Flur, von dem drei Türen abgingen. Harry nickte Hermine zu und öffnete die rechte Tür. Hier war auch ein Badezimmer gewesen, genau über dem im Erdgeschoss. Fast der komplette Boden war nach unten gebrochen und die Hälfte des Daches fehlte. Das Waschbecken und die Badewanne hingen an der Wand. Er schloss die Tür wieder und wandte sich der mittleren zu.
Sein Blick verweilte kurz bei Hermine und dann öffnete er die Tür. Dies war das Schlafzimmer seiner Eltern gewesen, der Raum über der Vorratskammer. Ein breites Bett stand darin und zwei kleinere Schränke. Das Dach war unbeschädigt und der Raum war nicht verwüstet. Ein breites Dachfenster lief auf den Garten hinaus. Nachdem er sich kurz umgeschaut hatte, schloss Harry die Tür wieder.
Hermine stand schon an der linken Tür und hatte die Hand auf das Türblatt gelegt. Mit rollenden Augen schaute sie zu ihm und er wusste, was sie wollte. Schmunzelnd zog er das Sneakoskop aus der Tasche und warf es ihr zu. Geschickt fing sie es auf und drückte das Instrument auf die Türfüllung. Langsam drehte sich das Sneakoskop zweimal und blieb dann stehen.
„Wie wir trainiert haben. Ron, du öffnest die Tür und lässt dich sofort fallen, der Flur ist so eng, dass du nicht zur Seite springen kannst“, kommandierte Harry leise.
Hermine und Harry stellten sich direkt nebeneinander und ihre Zauberstäbe zeigten auf die Tür. Harry nickte Ron zu, der daraufhin den Türknauf drehte und sich sofort auf den Boden warf, aber mit dem Zauberstab im Anschlag. Die Tür quietschte und öffnete sich langsam. Mit seinem Zauberstab prüfte Harry die Türöffnung, sprang hindurch und trat sofort einen Schritt nach rechts, damit die anderen auch ins Zimmer konnten. Hermine stand augenblicklich neben ihm und er spürte Rons Atem in seinem Genick. Dies war das Kinderzimmer gewesen, sein Zimmer. Der Laufstall und die Wiege lagen zertrümmert in einer Ecke, ein riesiges Loch gähnte im Fußboden und gab den Blick auf das darrunterliegende Wohnzimmer frei. Das Dach fehlte fast völlig. Die Wände waren mit einer Tapete beklebt, die Eulen und Katzen in allen Variationen zeigte und er musste lachen.
„Kannst du dich erinnern?“, fragte seine Freundin verblüfft.
„Nein, aber hier war mein Zimmer, das größte im ganzen Haus. Bei den Dursleys musste ich in dem Kabuff unter der Treppe leben und erst als ich mich beim Schlafen nicht mehr ausstrecken konnte, haben sie mir ein anderes Zimmer gegeben“, erwiderte er grinsend.
Sie klopfte ihm auf die Schulter, schüttelte den Kopf und musste dann auch lachen.
„Was wäre aus dir geworden, wenn deine Eltern noch leben würden?“, fragte sie und ihr Gesichtsausdruck wurde nachdenklich.
„Ich weiß es nicht“, überlegte Harry, „vielleicht so ein Frettchen wie Malfoy?“
Sprachlos sahen ihn seine Freunde an.
„Harry, sag doch so etwas nicht“, rief Hermine bestürzt und legte ihm tröstend eine Hand auf die Schulter.
„Das erkläre ich euch später, lasst uns weitermachen“, erwiderte er niedergeschlagen.

Verschiedene Stellen am Boden und an den Wänden prüfte Harry mit dem Sneakoskop, aber es rührte sich nicht mehr. Fragend schaute er Hermine an und sie schüttelte vereinend den Kopf.
„Gut“, meinte Harry erleichtert, „es scheint nichts hier zu sein. Da das Haus keinen Keller hat, werden wir uns nun noch im Garten umsehen.“
Hintereinander verließen sie das Kinderzimmer, gingen die Treppe hinunter und traten vor das Haus. Harry ging rechts um das Haus herum. Als er den Garten erblickte spuckte ganz kurz ein Bild durch seine Gedanken, ungläubig lächelnd schüttelte er den Kopf und verbannte damit das Bild. Hermine und Ron waren links um das Haus herumgegangen und sie trafen sich auf der Terrasse vor dem Wohnzimmer. Gemeinsam bahnten sie sich einen Weg durch Unkraut und Büsche. An einigen Stellen konnte man noch Teile von Kieswegen sehen, die noch nicht zugewachsen waren.
Im hinteren Teil fanden sie eine Sitzgruppe, aus einem schmiedeeisernen Tisch mit vier Stühlen, die aber durch einen Holunderstrauch fast komplett zugewuchert war. An einigen Stellen lagen Dachziegel und Teile des Dachstuhls im Garten und die drei konnten sich ungefähr vorstellen, welche Kräfte hier am Werk gewesen waren.
„Lasst uns zurückgehen“, forderte Harry seine Freunde auf.
Gemeinsam gingen sie zurück und waren kurze Zeit darauf in der Küche. Harry zauberte drei bequeme Schlafsäcke für sie und fragte nach ihren Wünschen zum Abendessen. Die beiden überlegten kurz und mit einem Schwung von seinem Zauberstab stand das Abendessen auf dem Tisch. Alle hatten Hunger und langten ordentlich zu.
„Seid ihr gesättigt?“, fragte Hermine und als die Jungs nickten, räumte sie den Tisch mit einem Schwung ihres Zauberstabes ab. Die Sonne war schon untergegangen, aber es war noch warm draußen und so setzten sie sich auf die Stufen vor der Eingangstüre.

3.

„Du wolltest uns etwas erzählen, Harry“, begann Hermine und er stimmte zu.
„Der Anfang ist etwas schwierig und es wird eine lange Geschichte“, erwiderte er und
lehnte sich seufzend mit dem Rücken an die Hauswand.
„Ich war elf Jahre alt“, begann er, „da erzählte mir Hagrid die Wahrheit über meine Eltern, so meinte ich damals jedenfalls. Ein Traumpaar waren sie, haben sich in Hogwarts kennen gelernt, sich sofort ineinander verliebt und nachdem sie die Schule beendet hatten, haben sie geheiratet und dann kam ich.“
Leise lachte er.
„Aber jeder hat die Geschichte deiner Eltern so erzählt“, warf Hermine ein.
„Ja, richtig“, fuhr Harry fort, „keiner wollte mir weh tun, indem er mir die Wahrheit erzählte. Vor gut einem Jahr hat mir Snape „Occlumensy“ beigebracht, erinnert ihr euch?“
Die angesprochenen nickten zustimmend.
„Jedenfalls bin ich durch Zufall einmal ins Snapes Erinnerungen eingedrungen.“
Hermine holte tief Luft und öffnete den Mund für eine Frage, doch Harry bat sie mit einem Blick zu schweigen.
„Am Anfang hassten sich meine Eltern wie die Pest“, meinte er leise, „wahrscheinlich so, wie wir Malfoy hassen, Hermine. Mein Vater, Remus, Sirius und Peter waren in einer Klasse in Gryffindor, Snape in Slytherin und meine Mutter im gleichen Jahrgang in Ravenclaw. Ich habe gesehen, wie mein Vater mit einem Zauber Snape kopfüber in der Luft hängen ließ, minutenlang, ohne Grund. Es hat ihm richtig Spaß gemacht und dann kam meine Mutter und hat Snape geholfen. Aber Snape hat sich nicht bei ihr bedankt, sondern meine Mutter als Schlammblut beschimpft. Sie hat Snape dann die passende Antwort gegeben und sich weiter mit meinem Vater gestritten. Ihr Ausdruck war genau so wie deiner, Hermine, wenn du so richtig wütend bist. Dann ging sie zurück ins Schloss und Snape hing wieder verkehrt herum in der Luft, nur so aus Spaß. Mein Vater war ein richtiger Kotzbrocken und ich kann nicht verstehen, wieso ihn meine Mutter geheiratet hat.“
Harry hatte Tränen in den Augen, Hermine und Ron schauten sich an und schwiegen. Wortlos nahm Hermine Harrys Hand und tröstete ihn damit ein wenig.
„Ich hatte keine Zeit mehr Sirius danach zu fragen“, erzählte Harry weiter, „also habe ich Remus gefragt. Er konnte mir nur sagen, dass Lily und James in der siebten Klasse plötzlich ein Paar wurden und das sie und die anderen sich nach der Schule etwas aus den Augen verloren hatten.“
Bitter lachte Harry auf.
„Er meinte“, fuhr er fort, „ dass James kein einfacher Charakter war. Toll, nicht wahr?“, und schwieg ein paar Augenblicke.
„James Potter war Reinblüter“, fuhr er unvermittelt fort, „und es machte den Anschein, dass er darauf auch noch stolz war.“
Seufzend ließ er seinen Blick in die Ferne schweifen.
„So“, beendete er leise die Geschichte, „jetzt kennt ihr die Geschichte von Lily und James Potter. Was haltet ihr davon?“
„Vergiss das ganze, Harry, sie sind tot, mach dir nicht zu viele Gedanken über die Vergangenheit“, erwiderte Ron forsch.
„Es ist schade, Harry, ich hätte die beiden gerne kennergelernt“, meinte Hermine leise.
Sich streckend stand Harry auf, die Nacht war hereingebrochen.
„Ich gehe ins Bett, schlaft gut.“
Hermine und Ron wünschten ihm auch eine gute Nacht, worauf er in die Küche ging und es sich in seinem Schlafsack bequem machte. Die anderen unterhielten sich noch draußen und darüber schlief Harry ein.

4.

Als die Sonne schon knapp über den Hügeln stand, wachte er auf. Ron schnarchte noch leise, aber Hermines Schlafsack war leer. Gähnend stand er auf, ging zur Haustür und sah sie den Weg vom Friedhof her kommen.
„Guten Morgen, Harry. Auf dem Friedhof ist noch keiner gewesen, aber ich habe Hunger und den Friedhof können wir auch von hier aus beobachten“, begrüßte sie ihn lächelnd, als sie das Haus erreichte.
„Guten Morgen, Hermine“, erwiderte er, „klar, das können wir auch von hier aus. Möchtest du Tee oder Kaffee zum Frühstück?“
„Tee und Toast mit Marmelade und Käse und…, Harry, du machst das schon.“
Den Küchentisch mit den Stühlen ließ er nach draußen fliegen und mit einem Schwung seines Zauberstabes war dann der Tisch gedeckt. Nach kurzem Nachdenken ging er hinter das Haus in den Garten und pflückte einen ansehnlichen Strauß Blumen.
„Sehr schön, Harry“, lobte Hermine und zauberte eine Blumenvase voll mit Wasser dazu.
„Ron“, rief Harry laut ins Haus, „es gibt Frühstück.“
Zwei Minuten erschien ihr Freund, streckte sich und gähnte.
„Morgen, morgen“, murmelte er verschlafen und setzte sich dazu.
Nachdem Essen sprang Hermine auf und blickte Harry an.
„Das Badezimmer hier unten gefällt mir nicht, ich bringe in Ordnung, oder hast du etwas dagegen? Wir sollten uns schon etwas frisch machen können.“
„Klar, Hermine, du machst das schon, wenn du Hilfe brauchst, sag bitte Bescheid.“
Gerade unterhielt er sich mit Ron über den vergangenen Tag, als sein Blick auf den Friedhof fiel. Plötzlich stand er auf; an dem Grab seiner Eltern stand eine Person. Harry war sich sicher, dass es höchstens eine Minute her sein konnte, als er zum letzten Mal zum Friedhof geschaut hatte. Seinem Blick war Ron gefolgt. Auf die Entfernung konnten sie nicht erkennen, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelte, auch das Gesicht konnten sie nicht erkennen. Die Person ging zum Ausgang, durch das Tor, zog dieses hinter sich zu und war plötzlich verschwunden.
„Disappariert“, stellte Ron ungläubig fest.
Nachdenklich nickte Harry und als Hermine zurückkam, erzählte er ihr, was passiert war. Langsam nickte sie, ihr Verstand lief auf Hochtouren.
„Morgen um diese Zeit bin ich auf dem Friedhof, ich will wissen, wer das ist“, teilte sie ihren Freunden mit
„Einverstanden, dann verstecke ich mich hinter der seitlichen Friedhofsmauer und gebe dir Schutz“, stimmte Ron zu.
„Nein, Ron, lass mich das bitte alleine machen“. Ihr Ton duldete keinen Widerspruch.
Ganz wohl war auch Harry nicht bei dem Gedanken, Hermine allein mit einer fremden Zauberin oder einem Zauberer dort auf dem Friedhof zu sehen. Allerdings hatte das Argument von Hermine, „eine Frau kann leichter das Eis brechen“, auch etwas für sich. Die Jungs würden die Szene vom Haus aus beobachten und könnten im Notfall zum Friedhof springen.
Den Tag verbrachten sie damit, die Gegend zu erkunden. Hermine wollte auf jeden Fall noch einmal zur Kirche, um mit dem Küster zu sprechen. Gerade hatten sie sich wieder gesetzt und tranken Kaffee, als ein Mann mit Fahrrad zur Kirche geradelt kam, dies an der Seitenwand abstellte und kurz darauf in der Kirche verschwand.
„Ha“, rief Hermine und verschwand wie der Blitz im Haus.
Ein paar Augenblicke später war sie frisch gekämmt wieder da und sie hatte sich einen hübschen Pferdeschwanz gemacht. Fasziniert betrachtete Harry sie, Hermine brauchte kein Make Up und keinen Nagellack, sie sah einfach immer toll aus. Wieso war ihm das früher nicht aufgefallen?
„Bis gleich“, rief sie und disapparierte.
Sekundenbruchteile später stand sie an der Kirche und schlüpfte hinein. Zwanzig Minuten später kam sie mit dem Mann wieder heraus. Ein paar Augenblicke unterhielten sie sich noch, dann schüttelten sie sich die Hände und der Mann verließ auf dem Fahrrad den Kirchenvorplatz in Richtung Dorf. Hermine blieb noch einige Augenblicke stehen, verschwand dann und stand plötzlich neben ihnen am Tisch. Lächelnd setzte sie sich zu den beiden und nahm sich noch eine Tasse Kaffee.
„Es war der Küster dieser Kirche. Aber wir haben Pech, er hat den Posten erst seit zwei Jahren, seitdem der alte Küster gestorben ist. Er kennt die ganzen Vorgänge nur aus Erzählungen der Dorfbewohner und die hatten und haben scheinbar einen Heidenrespekt vor diesem Haus. Er weiß auch nicht wer M. Potter ist, gesehen hat er diese Person nie, ihm ist aber auch aufgefallen, dass das Grab regelmäßig gepflegt wird“, erzählte sie.
„Schade, dann hoffen wir mehr von der Person zu erfahren, die die Blumen bringt“, meinte Ron enttäuscht.
Die anderen stimmten ihm zu. Als die Sonne unterging, beförderten sie alles ins Haus, Ron zauberte ein Uno Spiel und sie spielten bis weit nach Mitternacht Karten.

Erfrischt wachte Harry auf und sah sich nach seinen Freunden um. Hermines Haarschopf schaute aus dem Schlafsack heraus, aber Ron war nicht mehr da. Gähnend stand er auf, ging ins Bad und kleidete sich an. Auf den Stufen vor dem Eingang sitzend, fand er Ron.
„Morgen, Ron, was machst du schon so früh hier?“, fragte Harry munter.
„Morgen, ich konnte nicht mehr schlafen und habe mich hier hingesetzt. Das Wetter ändert sich, heute wird es sich wahrscheinlich noch halten, aber wir bekommen Regen“, erwiderte Ron lachend.
Prüfend ging Harrys Blick nach oben, die Sonne war noch nicht aufgegangen und rötliche Wolken zogen langsam über den Himmel. Da es schon warm war, bereitete er das Frühstück draußen zu und vergaß auch nicht den Strauß frischer Blumen. Hermine ließen sie schlafen. Wie in Zeitlupe schob sich die Sonne über die Hügelkuppe und tauchte den Platz vor dem Haus in goldenes Licht. Die Badezimmertür fiel ins Schloss, ihre Freundin war aufgestanden. Ein paar Minuten später stand sie bei ihnen am Tisch.
„Morgen, ihr zwei. Habt ihr gut geschlafen?“
„Ja, danke“, erwiderte Harry, drehte sich zu ihr um, und stieß einen leisen Pfiff aus.
„Wahnsinn, Hermine“, meinte er bewundernd, während Ron sie sprachlos anstarrte.
„Gefalle ich euch?“, fragte sie zögernd und drehte sich einmal um sich selbst.
Sie trug flache schwarze Halbschuhe, einen knielangen engen Jeansrock und einen raffinierte rote Bluse. Der Clou waren jedoch ihre Haare; diese hatte sie mit mehreren Kämmen so festgesteckt, dass ihre Ohren zu sehen waren, und das Haar wie ein Wasserfall ihren Rücken hinunterfiel.
„Setz dich und frühstücke erst mal. Du siehst toll aus“, meinte Ron.
Lächelnd setzte sie sich und frühstückte in aller Ruhe. Dabei besprachen die drei noch einmal, wie sie sich die Begegnung am Friedhof vorstellten.
„Ich werde auf der Bank links am Eingang sitzen und ein Buch lesen“, begann Hermine, „wenn die Person kommt, werde ich ihr auf den Friedhof folgen und sie am Grab ansprechen. Ihr habt alles im Blick, wenn ich euch brauche, gebe ich euch ein Zeichen. Seid ihr einverstanden?“
Ihre Freunde nickten zwar zustimmend, doch sie hatten noch Zweifel, momentan aber auch keine bessere Idee.
„Du denkst an deinen Selbstschutz“, ermahnte Harry sie, Hermine nickte, während sie noch einen Schluck Kaffee trank, stand dann auf und verschwand. Fast sofort erschien sie auf dem Kirchenvorplatz, schaute sich um und schlenderte zum Friedhofseingang. Auf der linken Bank schlug sie die Beine übereinander, zauberte sich ein Buch und fing an zu lesen.

5.

„Absolute Wachsamkeit, Ron!“, rief Harry aufgeregt, nahm sich einen Stuhl und setzte sich, ohne den Friedhof aus den Augen zu lassen.
Ron stellte sich neben ihn, mit einer Hand hielt er sich an der Stuhllehne von Harrys Stuhl fest. Fünfzehn Minuten lang passierte nichts. Hermine stand auf, wohl um sich die Füße zu vertreten und drehte eine Runde auf dem Friedhofsvorplatz. Als sie zurück zu der Bank ging, tauchte plötzlich die Person hinter ihr auf. Hermine drehte sich blitzschnell um, ließ ihr Buch fallen und stolperte drei Schritte zurück. Ihre Beine knickten an der Bankkante ein und sie setzte sich hart hin. Ihre Hände hatte sie vor ihren Mund verschränkt.

„Was…?“, bellte Ron, aber Harry war schon aufgesprungen, hatte seinen Zauberstab gezogen und war disappariert.
Seinen Zauberstab im Anschlag tauchte er direkt hinter der Person auf.
„Nein, Harry, nicht“, rief Hermine schnell und die Person drehte sich geschmeidig um.
Ihm fiel der Zauberstab aus der Hand und er kniff mehrmals die Augen zusammen. Dumbledore stand vor ihm, in normaler Kleidung, ohne Bart und ohne Brille und Harry schüttelte den Kopf, das konnte nicht sein.
„Professor Dumbledore?“, fragte er ungläubig und die Person nickte.
„Ja“, erwiderte der Unbekannte leichthin, „aber nicht Albus Dumbledore, sondern Aberforth Dumbledore, ich bin Albus Bruder.“
Grinsend ging er auf Harry zu und streckte die Hand aus.
„Harry Potter?“, fragte er leise.
Der Angesprochene nickte abwesend und schüttelte die dargebotene Hand. Dumbledore drehte sich zu Hermine um und streckte auch ihr die Hand entgegen.
„Miss Granger, wenn ich mich nicht irre?“, meinte er lächelnd und Hermine stand auf und gab ihm, mit einem ungläubigen Gesichtsausdruck, die Hand.
„Es tut mir Leid, wenn ich Sie erschreckt habe, das hatte ich nicht beabsichtigt“, fuhr er entschuldigend fort.
„Nein, Sie haben mich nicht erschreckt, ich konnte es im ersten Moment nur nicht glauben, weil ich Ihren Bruder in Ihnen gesehen habe“, erwiderte sie noch immer etwas verwirrt.
Aberforth nickte, noch immer hielt er die frischen Blumen in der linken Hand.
„Wenn Sie nichts dagegen haben, stelle ich die Blumen auf das Grab“, meinte er leise.
„Ich komme mit Ihnen“, erwiderte Harry, „Hermine, informierst du bitte schon einmal Ron.“
Kurz nickte sie und war gleich darauf verschwunden. Harry und Aberforth gingen zum Grab und der alte Mann tauschte die Blumen vom Vortag gegen die Frischen aus.
„Sie kannten meine Eltern?“ fragte Harry leise. Aberforth bejahte und sie verließen den Friedhof.
„Ich schätze, Sie drei haben jetzt jede Menge Fragen“, meinte er, „dann sollten wir beide zum Haus springen.“
Direkt neben dem Frühstückstisch landeten sie, wo Ron sie mit offenem Mund erwartete.
„Ronald Weasley, erfreut Sie kennen zulernen“, meinte Aberforth munter.
Er nahm einfach Rons rechte Hand und schüttelte diese kräftig. Ron schloss den Mund und murmelte etwas Unverständliches. Hermine kam aus dem Haus, sie hatte sich umgezogen.
„Äh, Mister Dumbledore“, fragte Harry, „dürfen wir Ihnen etwas anbieten?“
„Danke, Harry“, erwiderte er, „eine Tasse Kaffee, das wäre sehr angenehm. Wenn Sie alle einverstanden sind, würde ich vorschlagen, das wir uns mit den Vornamen anreden, ich finde das persönlicher.“
Das Trio blickte sich kurz an und alle signalisierten Zustimmung. Harry stellte eine frische Kanne Kaffee auf den Tisch und eine neue Tasse für Aberforth.
„Ich habe gestern schon gesehen, dass jemand im Haus ist“, fuhr der Ältere fort, „konnte allerdings auf die Entfernung keinen erkennen. Ihr habt mich auch gesehen?“
Zustimmend nickte Harry.
„Ich habe euch schon seit einigen Wochen erwartet, quasi seit dem Albus tot ist. Ich hatte ihn schon seit zwei Jahren nicht mehr gesehen, aber wir hatten sehr engen Briefkontakt müsst ihr wissen“, erklärte Aberforth.
„Was weißt du über uns?“, platzte Hermine heraus, „wieso hattest du uns erwartet?“
Der Ältere nahm einen Schluck Kaffee und lächelte die jungen Leute an.
„Ich kannte Harrys Eltern“, begann Aberforth, „und dadurch natürlich auch Harry als Baby. Albus hat mir über seinen Werdegang berichtet, das erste Jahr in Hogwarts hat er euch das Detektiv Trio genannt, weil ihr eure Nasen in alles rein gesteckt habt. Aber ab dem dritten Jahr war er überzeugt, das ihr hervorragende Zauberer werdet. Hermine, von dir war er begeistert, von Harry hatte er gar nichts anderes erwartet, bei den Eltern und auch vor dir, Ron, hatte er Achtung wie du mit den beiden anderen und den Aufgaben gewachsen bist, gar nicht Weasley typisch.“
Die Freunde schauten sich unbehaglich an.
„Ich glaube, Aberforth, das dein Bruder da etwas übertrieben hat“, wehrte Harry ab.
Schmunzelnd zwinkerte der Ältere Harry zu, eine Geste, die ihn stark an Albus erinnerte.
„Die Nummer, die ihr da eben am Friedhof abgezogen habt, macht euch so leicht keiner nach“, meinte er überzeugt.
Die drei schauten ihn verständnislos an.
„Hermine mit vollem Schutz als Köder“, rief er, „du stehst direkt hinter mir und Ron als Sicherung auf Entfernung, alle Achtung, das hätte ich nicht anders gemacht.“
„Das war intuitiv, wir hatten das so nicht geplant“, erwiderte Hermine bescheiden.
„Um so besser“, sagte Aberforth und dachte nach.
„Ich hatte zu mindest Harry erwartet, die Prophezeiung kenne ich und dachte mir, dass er nach Albus Tod keinen Grund mehr sehen würde, in Hogwarts zu bleiben. Dass ihr zwei mit dabei seid, hatte ich gehofft, dadurch wird es einfacher für euch alle. Es lag auf der Hand, dass Harry die Suche hier in Godric Hollow beginnt. Ich habe mich dann entschlossen, die Blumen auf dem Grab täglich selbst auszutauschen, in der Hoffnung auf euch zu treffen. Normalerweise übernimmt das eine Frau aus dem Nachbardorf.“
Harry dachte angestrengt nach, dann fiel es ihm ein.
„Ja“, rief er, „Mad Eye Moody hat dich mal erwähnt. Wir waren am Grimauld Place, er zeigte mir ein altes Foto, da waren meine Eltern, du und Albus, die Longbottoms, Moody natürlich auch, Remus, Sirius, Peter und jede Menge Leute, die jetzt schon tot sind.“
Nachdenklich runzelte Harry die Stirn.
„Moody meinte, du wärst ein komischer Vogel gewesen.“
Der Angesprochene lachte laut und lange.
„Ja, Harry“, rief er, „Und wie würdest du Moody beschreiben?“
Die vier sahen sich an und lachten dann herzerfrischend.
„Für euer Verständnis, ich war auch mal Professor in Hogwarts. Das ist schon Jahre her, Zaubertränke war mein Fach und ich hatte Thomas Riddle als Schüler“, erklärte Aberforth.
„Du hattest Voldemort als Schüler“, rief Hermine überrascht und Aberforth zuckte zusammen.
„Du kannst seinen Namen aussprechen, Respekt, Hermine, Respekt“, meinte er und schaute sie erstaunt an.
Errötend nahm die junge Frau das Lob zur Kenntnis.
„Jedenfalls habe ich das Unterrichten nach einigen Jahren aufgegeben, ich war mehr an der Forschung interessiert. Schon seit Jahren bin ich hauptsächlich in Südamerika und erforsche die Stätten der Mayas und Inkas“, fuhr er fort.
„Matchu Pitchu und die großen Tempel im Urwald, sehr interessant“, meinte Hermine leise.
„Ja, genau Hermine“, rief Aberforth begeistert, „aber stell dir vor, dass es unter den Tempeln riesige Städte unter der Erde gibt. Neunzig Prozent des Tempels liegen normalerweise unter der Erde. Da müssen einst Hunderttausende Menschen gelebt haben.“
Begeistert schüttelte er den Kopf.
„Man kann es sich kaum vorstellen.“
„Als dann vor ungefähr achtzehn Jahren, du weißt schon wer, seine Herrschaft begann, rief mich Albus“, erzählte Aberforth weiter, „wir machten Jagd auf seine Gefolgsleute. Zu dieser Zeit muss auch das Foto entstanden sein, dass Moody dir gezeigt hat, Harry. Lily und James waren ein perfektes Angriffsziel, da sie durch dich nicht apparieren konnten wie sie wollten. Remus, Sirius und Peter sollten sie beschützen.“
Seufzend atmete er ein.
„Ihr wisst, was passiert ist“, bemerkte er resigniert.
„Als wir hier ankamen, hatte Hagrid dich schon abgeholt. Albus bat mich, deine Eltern zu bestatten und mich um das Grab zu kümmern.“
Harry trat zu ihm und nahm seine Hand.
„Ich danke dir, Aberforth“, sagte er gerührt, „wie hast du meine Eltern gesehen?“
Harry erzählte ihm kurz über den Ausflug in Snapes Erinnerungen und das sein Vater wohl nicht immer nur ein netter Kerl gewesen war.
„Tut mir leid, Harry“, entgegnete Aberforth, „als ich deine Eltern kennen lernte, waren sie schon verheiratet und du unterwegs. Ich habe sie nur als ein Herz und eine Seele kennen gelernt.“
„Was weißt du über die Horkruxe, Aberforth?“, fragte Hermine neugierig.
„Leider nur das, was Albus mir geschrieben hat“, erwiderte er, „zwei sind zerstört, drei bekannt, einen suchte er gerade und er war der festen Überzeugung, das Riddle der siebte selbst ist.“
„Ja, die Suche war sein Tod“, ergänzte Harry dunkel.
Genauestens schilderte er die gemeinsame Suche von Albus und ihm nach dem Horkrux und vom Tode Albus.
„Danke, Harry“, entgegnete Aberforth, „Professor McGonagall hat mir zwar von seinem Tod geschrieben, aber es aus erster Hand zu hören ist besser.“
Tief seufzend hing er ein paar Minuten seinen Gedanken nach.
„Sagen dir die Initialen R.A.B. etwas, die waren auf dem falschen Horkrux?“, fragte Harry ihn vorsichtig.
„Im Moment nicht, Harry, aber ich denke in einer ruhigen Minute darüber nach“, erwiderte er nachdenklich.
Langsam sah er die drei der Reihe nach an.
„Es wird langsam Zeit für mich, ich muss nach Hause. Morgen um dieselbe Zeit bin ich wieder da und dann habe ich auch mehr Zeit für euch.“
Er stand auf und schüttelte allen nacheinander die Hand. Sie wünschten sich noch gegenseitig einen schönen Tag, dann trat Aberforth hinaus vor die Stufen und war mit einem Winken verschwunden.


6.

„Traust du ihm?“, fragte Harry und blickte Hermine an.
Unentschlossen wiegte sie ihren Kopf hin und her.
„Ich hatte kein schlechtes Gefühl bei ihm, auch das Sneakoskop hat nichts angezeigt“, erwiderte sie vorsichtig und zog das Instrument langsam unter dem Tisch hervor.
„Deine Meinung, Ron?“, fragte Harry und Ron schaute die beiden entsetzt an.
„Ihr traut ihm nicht“, rief Ron, „aber man sieht doch, dass es sein Bruder ist und was er alles über Albus gewusst hat. Für mich ist er in Ordnung.“
„Okay, gehen wir mal davon aus, dass er der ist, der er vorgibt zu sein. Denkt trotzdem daran: „Constant Vigilance“, es kann nicht schaden“, erwiderte Harry bestimmt.
Hermine nickte zustimmend, Ron runzelte jedoch die Stirn.
„Warum?“, fragte er hitzig, „er ist in Ordnung, das sieht man doch.“
„Wir haben acht Monate lang dem falschen Mad Eye Moody vertraut“, erinnerte Harry ihn, „hast du das schon vergessen?“
Ron schnaubte verächtlich durch die Nase und lief in den Garten hinter dem Haus. Harry blickte ihm missbilligend hinterher uns schaute dann zu Hermine.
„Du hast mich gerade richtig verblüfft, normalerweise hättest du Ron gerade den Kopf abgerissen, nach seiner letzten Bemerkung“.
Lachend stand sie daraufhin auf.
„Ja, stimmt, aber ich habe dir vor einigen Wochen gesagt, dass ich mir bei dir auch einiges abgeschaut habe.“
Langsam beugte sie sich zu ihm runter und stemmte die Hände auf den Tisch.
„Warum sollen Ron und ich immer aufeinander rumhacken?“ fragte sie ihn leise, „ich werde mir jetzt überlegen, wie ich ihm die Situation ruhig und sachlich erklären kann.“
Lächelnd folgte sie Ron in den Garten, aber Harry schaute ihr skeptisch nach.
„Ich würde nicht darauf wetten, Hermine“, murmelte er zu sich selbst.

Hermine fand Ron bei der zugewachsenen Sitzgruppe im hinteren Teil des Gartens. Er saß auf dem Tisch, hatte die Füße auf einem Stuhl stehen und sie gesellte sich zu ihm.
„Warum bist du nicht dabeigeblieben, Ron?“, fragte sie ruhig.
„Das ist doch Blödsinn!“, er war aufgebracht, „das ist kein Feind, das sieht man doch!“
„Vielleicht hast du Recht“, beschwichtigte sie ihn, „aber er könnte einer sein und deshalb wollten wir darüber reden. Harry wollte doch nur unsere Meinung hören und mit seiner Warnung hat er wohl Recht, oder?“
Langsam drehte Ron sich zu ihr um, seine Ohren waren knallrot.
„Ja, natürlich Harry“, rief er aufgebracht, „immer nur Harry. Harry denkt dies, Harry tut das. Meinst du, er hat immer Recht?“
„Nein, Ron, Harry macht auch Fehler, wir alle machen Fehler, aber wir reden darüber, wie wir diese Fehler vermeiden können und ziehen uns nicht beleidigt zurück“, erwiderte sie beruhigend.
„Ich bin nicht beleidigt, ich meine nur, du verstehst dich viel zu gut mit Harry“, rief er und bedachte sie mit einem wütenden Blick
Hermine wurde weiß im Gesicht, konnte ihr Temperament aber zügeln.
„Ach, daher weht der Wind. Früher haben wir uns alle gut verstanden, oder nicht, Ron?“, erwiderte sie leise.
„Früher, ja, aber ich habe dich gefragt, ob du meine Freundin werden willst, und du hast gesagt…“, sprudelte es aus Ron hervor.
„Ich weiß, was ich gesagt habe“, schnitt Hermine ihm hart das Wort ab, „ich will darüber im Moment keine Entscheidung treffen und dabei bleibt es. Verstehst du das?“
„Klar“, erwiderte Ron gehässig, „du lässt Harry an der langen Leine laufen und wenn er dich nicht will, dann kommst du zu mir gekrochen. Ist doch so, oder nicht?“
Mit Tränen in den Augen senkte sie ihren Blick.
„Du bist gemein, Ron“, erwiderte sie tonlos, „und unfair. Wenn du dich so verhältst wie gerade eben, frage ich mich, wie ich dich jemals meinen Freund nennen konnte?“
„Was soll das denn bitte heißen?“, rief er aufgebracht.
„Du bist doch auf jeden Jungen eifersüchtig, mit dem ich mehr als ein paar Worte gewechselt habe“, erwiderte Hermine leise, „du willst nicht, dass ich Victor schreibe, du hast mich fast angeschrieen, als ich mit Terry Boot in Hogsmeade war, du hast Wochenlang nicht mit mir geredet, als mich Cormac Mc. Laggen zur Party eingeladen hat. Das alles hältst du mir doch heute noch vor.“
Der Mund ihres Freundes ging auf und zu, wie bei einem auf Fisch auf dem Trockenen, aber kein Wort kam über seine Lippen.
„Und jetzt ist es Harry, du hast recht, Ron, er bedeutet mir sehr viel. Aber du hast mir einmal mehr bedeutet als er, nur haben mir die vergangenen Monate gezeigt, was du für einen Charakter hast, Ron“, Hermine war laut geworden.
Sie starrte ihn wütend an, ihre Augen schleuderten Blitze.
„Keine Sorge“, rief sie aufgebracht, „ich komme nicht zu dir gekrochen, eher gehe ich ins Kloster.“
Frustriert wandte sich von ihm ab und ging durch den Garten und die angrenzenden Felder, weg vom Haus, weiter den Hang hinauf. Auf der Hügelkuppe angekommen, atmete sie ein paar Mal tief durch und setzte sich ins Gras. Hier oben war es ruhig und friedlich, der Wind strich ab und zu leise über die Hügelkuppe. Hermine ließ ihren Blick schweifen, sie sah das Dorf mit der Kirche, den Friedhof und sie konnte einen kleinen Punkt darauf ausmachen. Dass musste Harry am Grab seiner Eltern sein. Sie wollte ihn in diesem Moment nicht stören, aber beobachtete ihn weiter.

Als Hermine gegangen war, hatte Harry am Tisch gesessen und noch eine Kleinigkeit gegessen. Weil Rons Stimme immer hitziger wurde, stand er auf und beschloss zum Friedhof zu springen. Momentan hatte er kein Bedürfnis nach Streitereien, sondern wollte Ruhe und Frieden. Deshalb marschierte er los, öffnete das Tor und ging langsam zum Grab seiner Eltern. Einige Minuten verharrte er bewegungslos, dann verließ er das Grab, ging abermals durch das Tor und setzte sich auf die Bank, auf der Hermine heute Morgen gesessen hatte.
Sie hatte ihr Buch liegen lassen. Lächelnd nahm er das Buch, ohne auf den Einband zu schauen. Er wettete, dass dieses Buch irgendetwas mit Zauberei zu tun habe, wurde jedoch enttäuscht. „Gewalt in der Beziehung, ihre Ursachen und Auswirkungen“, lautete der Titel und war von einem, ihm unbekannten, Autor. Nachdenklich zog er die Stirn kraus und überlegte, warum seine Freundin ein solches Buch las.
Fast im gleichen Moment erreichte ihn ein Gedanke von ihr, „Hast du für mich Zeit, Harry?“ „Natürlich, Hermine“, antwortete er, „wo bist du?“
Winkend sah er sie auf der Hügelkuppe stehen und sprang dorthin, das Buch ließ er liegen.

„Hallo, Harry, schön das du da bist“, begrüßte ihn Hermine froh und irgendwie verlegen.
Gemeinsam setzten sie sich ins Gras und ließen sich die späte Abendsonne auf ihre Gesichter scheinen.
„Ich glaube, euer Gespräch ist nicht so verlaufen, wie du dir das vorgestellt hast?“, begann er vorsichtig.
Traurig schüttelte sie den Kopf und sah Harry unter Tränen an.
„Ich weiß nicht mehr, was ich machen soll?“, erwiderte sie leise und gab das ganze Gespräch mit Ron wieder.
Einige Minuten saßen sie schweigend nebeneinander und der Kloß in Harrys Hals wurde gleichzeitig immer größer. Sehr deutlich konnte er ihre Verzweifelung und Traurigkeit spüren. Langsam drehte sie sich zu ihm um, blickte ihn direkt an und nahm seine Hand.
„Harry, was ich wissen möchte…“, begann sie mit eigentümlich hoher Stimme und räusperte sich, „nein, ich muss es wissen, jetzt. Bin ich die Frau, für die du mehr empfindest, als für Ginny?“
Diese Worte waren ihr sehr schwer gefallen und der Druck ihrer Hand verstärkte sich.
Einen Moment konnte Harry nicht antworten, der Kloß in seinem Hals machte ihm jetzt auch das Atmen schwierig.
„Hermine, ich…“, flüsterte er.
„Nein, Harry. Bitte sei ehrlich zu mir, haben wir beide eine gemeinsame Zukunft?“ Ihre Stimme war jetzt festentschlossen.
Fragend blickte er in ihre Augen und dann durchfuhr ihn die Erkenntnis wie ein Blitz.
Ungewollt liefen ihm Tränen die Wangen herab; er konnte nicht sprechen und nickte nur. Erleichtert schloss Hermine für einen Augenblick ihre Augen und als sie Harry wieder ansah, war auch ihr Blick von Tränen verschleiert. Der Kloß in Harrys Hals verschwand urplötzlich und wurde von einem sehr angenehmen Gefühl ersetzt; sein Magen fuhr Achterbahn.
Vorsichtig hob er eine Hand an Ihre Wange und strich zart mit seinem Daumen die Tränen beiseite. Hermine drückte leicht ihren Kopf in seine Hand und das Gefühl in seinem Magen verstärkte sich.
„Hermine, ich…“ flüsterte er wieder und seine Stimme versagte nach diesen beiden Worten.
Soviel wollte er ihr sagen, brachte aber keinen Ton heraus. Hermine brauchte keine Worte, sie hatte es in seinen Augen gesehen.
Blinzelnd schauten sie sich an und umarmten sich mit einer Intensität, die sie beide überraschte. Ihre Lippen fanden zueinander, beide durchfuhr es wie ein Stromschlag und Harrys Erkenntnis wurde bestätigt. Dieser erste, zarte Kuss fühlte sich so richtig an, so gut, ein Kuss sollte dieses Gefühl hervorrufen. Nur wenn man die andere Person liebt, würde ein Kuss solche Emotionen auslösen, dessen war er sich jetzt sicher.
Hermine empfand es ähnlich und einige Augenblicke starrten sie sich verwundert, mit großen Augen an.

„Warte bitte auf mich“, flüsterte sie, stand auf und lief dann, ohne sich noch einmal umzuschauen, den Hügel zum Friedhof hinunter.
Wie festgewachsen blieb Harry sitzen, wo er war, so sehr hatte ihn Hermines Liebeserklärung überrascht. Überwältigt, froh und glücklich konnte er im Moment keinen klaren Gedanken fassen. Vor ein paar Minuten noch, hätte er es nicht für möglich gehalten, das seine Gefühle für Hermine so tief gingen. Aber schon als sie sich umarmten, meinte er, das seine Beine nicht mehr den Boden berührten. Lächelnd schloss er die Augen und ließ seinen Gedanken an ihre gemeinsame Zukunft freien Lauf.
Als sie zurückkam, setzte sie sich wieder neben ihn und nahm sein Gesicht in ihre Hände. Langsam und zart küssten sie sich und umarmten sich danach liebevoll. Seine Gefühle kochten fast über und er hätte Schreien können vor Glück.
„Hermine, du, ich…ich“, stotterte er und war nicht in der Lage, einen zusammenhängenden Satz zu bilden.
Sie verstand ihn und noch einmal küssten sie sich Leidenschaftlich. Vorsichtig ließen sie sich dann zurücksinken und betrachteten den Himmel. Ihr Kopf ruhte auf seiner Schulter und gerne hätten beide noch lange einfach so dagelegen.

„Komm, Harry, wir müssen zurück“, seufzte sie und stand auf.
Eine Hand streckte sie ihm entgegen und half ihm auf.
„Willkommen in der Realität“, meinte er bedauernd, „wo warst du eben?“
„Am Friedhof. Ich musste ein paar Augenblicke alleine sein und da habe ich das Buch geholt“, erklärte sie lächelnd.

Hintereinander folgten sie dem Pfad zum Haus zurück. Als sie um die Hausecke bogen, hatte Ron schon das Abendessen auf dem Tisch.
„Sehr schön, Ron“, rief Harry, „ich muss nur mal eben ins Bad.“
Er verließ die beiden und wusch sich im Badezimmer ausgiebig das Gesicht. Als sein Spiegelbild ihn zufrieden stellte ging er wieder zu den anderen. Ron saß am Tisch und schaute in den Himmel, während sie Hermine ebenfalls ins Bad gehen hörten.
„Es gibt definitiv Regen“, sagte Ron zu Harry.
Nach kurzer Zeit kam sie wieder und gemeinsam aßen sie zu Abend. Den Disput vom Nachmittag erwähnte keiner der drei. Kurz darauf verschwand Hermine in die Küche und kam mit einem Tablett zurück.
„Klasse, Hermine, Kesselkuchen“, freute sich Ron und die drei griffen bei dem Kuchen herzhaft zu.
Später spielten Ron und Harry ein paar Partien Schach, die Ron ausnahmslos gewann, während Hermine in ihrem Buch las. Bevor sie zu Bett gingen, holten sie noch den Tisch mit den Stühlen herein, da Ron Regen vorausgesagt hatte.
Lange Zeit konnte Harry nicht einschlafen, so sehr beschäftigte ihn der Nachmittag mit Hermine. Wenn er kurz zu ihr hinüberschaute, hatte er den Eindruck, dass sie auch noch nicht schlief. Nach Mitternacht setzte tatsächlich der Regen ein. Das Geräusch, die auf die Steinplatten des Eingangs fallenden Regentropfen, übten ein beruhigende Wirkung auf ihn aus und langsam schlief er ein.

7.

Am folgenden Tag wachten sie alle etwas später auf, es regnete Bindfäden und sie waren gezwungen im Haus zu frühstücken.
„Es wäre schön wenn die Terrasse überdacht wäre, dann könnten wir auch bei Regen draußen sitzen und essen“, meinte Ron und Harry stimmte ihm nach kurzem Nachdenken zu.
„Stimmt, ich lasse mir das durch den Kopf gehen.“
Anschließend spielten sie Uno und warteten auf die Ankunft von Aberforth. Dieser kam ein paar Minuten später, hatte ein großes Paket unter dem Arm und begrüßte sie einzeln mit Handschlag.
„Mit schönen Grüßen von meiner Frau“, schmunzelte er und öffnete das Paket.
„Kirschtorte mit Sahne, die Kirschen habe ich gestern noch selbst gepflückt.“
„Du machst das nicht mit Zauberei?“, fragte Harry ungläubig.
„Nur bei den Ästen, an die ich nicht rankomme, es macht Spaß, etwas mit seinen Händen zu tun“, erwiderte Aberforth lächelnd.
Hermine brachte eine Kanne Kaffee mit Tassen und Tellern auf den Tisch und sie machten ein zweites Frühstück mit frischer Kirschtorte.
„Ich habe über die Initialen nachgedacht, der einzige, auf den sie passen, war ein Klassenkamerad von Thomas Riddle. Die Beiden haben sich gehasst, wirklich gehasst.
Sein Name war Robert Anton Better. Ich weiß natürlich nicht, ob er etwas mit dem falschen Horkrux zu tun hat“, erläuterte Aberforth.
„Weißt du, was aus ihm geworden ist?“, wollte Harry wissen, aber Aberforth schüttelte den Kopf.
„Nein, leider nicht.“
„Wir werden das in Hogwarts in den Jahrbüchern nachlesen, vielleicht findet sich da ein Hinweis“, meinte Hermine, nachdem sie sich den Namen notiert hatte.
Nachdenklich musterte Harry ihn und versuchte Ordnung in seine Erinnerung zu bekommen.
„Albus hat mir einmal von einem Haus erzählt, wo sich früher Riddles Gefolgsleute trafen, ich weiß noch, dass es Spinners End hieß. Aber heißt das Haus, die Straße, oder das Dorf so?“ erklärte er.
„Ich kenne eine Straße mit diesem Namen, es ist das letzte Haus auf der rechten Seite. Das Dorf ist etwa fünfzig Kilometer von hier entfernt“, antwortete Aberforth sofort.
Mit einem Schwenk seines Zauberstabes erschien eine Karte auf dem Tisch. Er orientierte sich kurz und zeigte dann mit dem Finger auf einen Punkt.
„Limington, so hieß das Dorf.“
Die nächsten Stunden fragten die drei Aberforth Löcher über alles Mögliche in den Bauch und kurz vor Mittag hob Aberforth die Hand.
„Es tut mir Leid“, meinte er und blickte die Freunde an, „ich muss mich langsam verabschieden, sonst wird meine Frau unruhig. Wir lange bleibt ihr noch hier?“
„Vielleicht zwei oder drei Tage“, erwiderte Harry und Aberforth überlegte.
„Ich bin Morgen den ganzen Tag über unterwegs, aber ich möchte, dass ihr zum Abendessen zu uns kommt“, sagte er dann.
Die jungen Leute wechselten einen Blick und waren sich einig.
„Wir nehmen die Einladung gerne an, Aberforth, vielen Dank“, erwiderte Harry mit einer leichten Verbeugung.
Der Ältere erklärte ihnen, wie sie sein Haus finden würden, trat dann hinaus und verabschiedete sich von den dreien.
„Ich freue mich, bis morgen Abend“, rief er und verschwand ohne ein Geräusch.

Erwartungsvoll schaute Harry seine Freundin an.
„Wir wissen jetzt wo er wohnt, das könnten wir uns morgen einmal näher ansehen“, meinte sie nachdenklich.
Lächelnd stimmte er ihr zu.
„Das hatte ich mir auch gedacht, wir werden den Unsichtbarkeitszauber verwenden, da brauchen wir den Umhang nicht.“
„Ihr wollt ihm nachspionieren?“, fragte Ron vorwurfsvoll.
„Ich hoffe, du kommst mit. Sechs Augen sehen mehr als vier“, erwiderte Harry.
„Nein, das macht bitte ohne mich“, maulte Ron.
Um ihn aufzuheitern baute Harry mit Ron am Nachmittag einen Regenschutz über die Terrasse. Sie stellten den Tisch mit den Stühlen auf die Terrasse und konnten draußen bei leichtem Nieselregen zu Abend essen. Danach ließen sie den Tag noch einmal Revue passieren und gingen zeitig zu Bett.

Die Sonne weckte Harry, sie war eben über den Hügeln erschienen und tauchte die Küche in rotgoldenes Licht. Über Nacht waren die Wolken verschwunden. Leise stand er auf und ging nach draußen. Auf der obersten Stufe saß Hermine und lehnte mit dem Rücken an der Hauswand. Ihre Augen waren geschlossen und sanft berührte er mit seiner Hand ihre Schulter. Ein Lächeln erblühte auf ihrem Gesicht, ihre Augen hielt sie weiterhin geschlossen.
„Morgen, Harry“, flüsterte sie und legte ihre Hand auf seine.
„Morgen, Hermine“, flüsterte er ebenso leise, „genießt du den Sonnenaufgang?“
„Ja, es ist wunderschön hier.“
Dann stand sie auf, küsste ihn ganz zart und ging ins Bad.
Mit einem Schwung seines Zauberstabes beförderte er Tisch und Stühle von der Terrasse vor das Haus, denn er wollte im Sonnenschein essen. Den Tisch deckte er mit Magie und er vergaß auch die Blumen in der Vase nicht.
„Du solltest dir vielleicht langsam etwas anziehen“, meinte Hermine grinsend, als sie vor das Haus trat. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass er nur Shorts trug. Eine leichte Röte machte sich in seinem Gesicht breit und verschwand schnell im Haus. Nach ein paar Minuten erschien er wieder und hatte Jeans und ein Hemd angezogen.
„Ron, bist du auf? Kommst du?“, rief er laut.
Der Gerufene erschien ein paar Minuten später gutgelaunt am Frühstückstisch und sie besprachen, wie sie den Vormittag verbringen wollten.
„Überlege es dir bitte noch einmal, Ron“, bat Harry drängend, aber Ron schüttelte den Kopf.
„Ich halte die Überwachung für überflüssig, deshalb bleibe ich hier“, erklärte er kategorisch.
„Gut, Ron, dann eben nicht. Wenn uns etwas passiert und wir nicht bis spätestens zwölf Uhr wieder hier sind, springst du zum Grimmauld Place und erklärst Tonks und Remus, was passiert ist. Suche nicht nach uns, die anderen müssen dann Bescheid wissen“, erklärte Harry.
Nervös blickte Ron seine Freunde an.
„Glaubt ihr, dass etwas passiert?“, fragte er leise.
„Nein, Ron, das hoffen wir nicht, aber wir trennen jetzt das Trio. Jeder soll wissen, was zu tun ist“, erwiderte Hermine.
Zustimmend nickte Ron und die beiden anderen standen auf.
„Wir werden zuerst zu dem Hügel da drüben springen“, erklärte Harry und deutete auf die Hügelkuppe östlich von ihnen.
Hermine hielt das auch für das Beste und dann ging es los.
„Bis später, Ron“, rief Harry.
Kurz berührte er Hermines Scheitel mit seinem Zauberstab und sie war verschwunden. Sekunden später war auch Harry nicht mehr zu sehen.

„Hermine?“, fragte er leise, obwohl er noch immer ihre Hand hielt.
„Ich bin hier, Harry“, lachte sie leise.
„Wenn wir unsichtbar bleiben wollen, müssen wir uns an der Hand halten, um uns nicht zu verlieren, ich wüsste im Moment allerdings auch nichts, was ich lieber täte, als deine Hand zu halten“, erklärte er.
„Nein, Harry“, erwiderte sie ernst, „das geht nicht. Ich würde auch lieber hier mit dir stehen und alles andere um uns herum vergessen, dich küssen und festhalten und nur für uns da sein. Aber erinnerst du dich, was du mir über Beziehungen in unserem Trio gesagt hast? Sie zerstören unser Team. Harry, du hattest absolut Recht, ich hätte das vorher nicht geglaubt: Wenn ich jetzt deine Hand halte, wird alles Andere nebensächlich und das ist gefährlich, weil wir dann unaufmerksam sind.“
Tief durchatmend fasste sie einen Entschluss.
„Harry“, seufzte sie dann, „wir werden uns nicht küssen, wir werden uns nicht umarmen und wir werden uns nicht an den Händen halten, es sei denn, es muss sein. Versprichst du mir das?“
„Ja, Hermine, ich sehe das ein“, erwiderte er niedergeschlagen, „ich verspreche es dir, aber es wird schwer werden. Kannst du jetzt verstehen, Hermine, das ich dich schon seit einiger Zeit fragen wollte, ob wir nicht ein Paar werden können, das ich diesen Zeitpunkt aber so weit wie möglich herauszögern wollte?“
„Ja, Harry“, erwiderte sie erleichtert, „jetzt endlich kann ich es verstehen.“
Er ließ ihre Hand los und sofort empfand sie einen schmerzlichen Verlust.
„Hier, Hermine“, sagte er und drückte ihr das Ende eines dünnen Seils in die Hand.
„Schlechter Tausch“, beschwerte sie sich und er kicherte.
„Da unten, das Haus mit der schiefen Fassade, das müsste das von Aberforth sein. Ich schlage vor, wir gehen bis zu den Felsen und beobachten von da aus“, schlug er vor.
Sie nickte und schlug sich dann mit der Hand vor die Stirn.
„Hermine? Was ist mit dir?“, fragte Harry besorgt.
„Nichts, Harry“, lachte sie, „ich habe eben zu deinem Vorschlag genickt, aber das kannst du ja nicht sehen. Deshalb habe ich mir vor die Stirn geschlagen. Also los, du gehst vor.“

Das Haus der Dumbledors lag einen Kilometer entfernt, am Hang des nächsten östlich gelegenen Hügels. Kurz vor dem Haus befand sich eine größere Felsformation und die beiden brauchten gut zehn Minuten, um diese zu erreichen. Harry zauberte zwei Ferngläser, die gleichen, die sie auf der Quidditch Weltmeisterschaft gehabt hatten und dann ließen sie sich am Fuß der Felsen mit Blick auf das Haus nieder.
Die Umgebung des Hauses nahm sie genau unter die Lupe, während er sich die einzelnen Fenster des Hauses vornahm.
„Es scheint keiner zu Hause zu sein“, meinte Harry nach ein paar Minuten, „ist dir irgendetwas aufgefallen?“
„Nein, gar nichts“, erwiderte Hermine.
Von Norden näherte sich langsam ein Auto, das kurz darauf vor dem Haus hielt. Eine Frau stieg aus, nahm zwei Einkaufskörbe aus dem Kofferraum und ging hinein.
„Wenn das seine Frau ist, dann ist sie ein Muggel“, mutmaßte er.
„Oder es ist die Haushälterin“, ergänzte sie.
Intensiv beobachteten die beiden noch eine Stunde lang das Haus und seine Umgebung.
„Was wirst du machen, Harry, wenn Voldemort tot ist?“, fragte sie unvermittelt.
„Falsch gefragt, Hermine“, verbesserte er, „was werden wir machen?“
„Entschuldige bitte, ich kann es manchmal selber noch nicht glauben“, erwiderte sie leise.
„Immerhin, so glaube ich, haben wir genug Zeit, uns langsam daran zu gewöhnen“, meinte er glücklich lachend und sie drückte zärtlich seine Hand.
„Um zu deiner Frage zurückzukommen“, fuhr er fort, „wir sollten versuchen zu verhindern, dass so ein Unglück wie Voldemort noch einmal vorkommen kann. Ich glaube, dass das sehr wichtig ist. Du warst mit deiner Gesellschaft für Hauselfenrechte schon auf dem richtigen Weg.“
„Wie bitte, Harry, du hast doch nur milde darüber gelächelt?“, fragte Hermine verständnislos.
Mehrmals nickte Harry vor sich hin und schlug sich dann vor die Stirn.
„Du hast gerade genickt, Harry“, sagte Hermine und lachte, „warum, sag's mir?“
„Okay“, erwiderte er, „ich hatte auf der Schule den Kopf mit anderen Sachen voll, habe aber angefangen zu überlegen, wie es passieren konnte, dass Voldemort zu dem wurde, was er ist. Stell dir Dobby vor, ich habe ihm die Freiheit gegeben. Was passiert, wenn ihn keiner bezahlen will für seine Arbeit? Er wird unzufrieden, er besorgt sich einen Zauberstab, er lernt zaubern und er findet Anhänger. Das alles findet im Untergrund statt, keiner merkt etwas davon. Und eines Tages steht eine kleine Armee von bewaffneten Hauselfen da, was machen wir dann?“
Einige Minuten schwieg Hermine.
„Harry“, rief sie dann aufgeregt, „so weit hatte ich noch gar nicht gedacht, aber was ist mit den Waisenhäusern und den Kindern aus zerrütteten Familien, was ist mit all den Randgruppen?“
„Auch du kannst die Parallelen sehen“, erwiderte er leise.
Wieder schwiegen sie und beobachteten längere Zeit das Haus.
„Gehen wir zurück, Hermine?“, fragte Harry leise und sie seufzte schwer.
„Ja, aber es ist schön hier mit dir zu sitzen, auch wenn ich dich nicht sehe.“
„Das höre ich gerne, aber hier tut sich wohl nichts mehr. Sollen wir von hier aus springen?“
„Nein, lass uns wieder auf den Hügel zurückgehen und von da aus springen“, bat Hermine.
Er nahm das Seil und sie gingen den gleichen Weg den sie gekommen waren zurück. Auf dem Hügel angekommen, nahm er ihre Hand und sie sprangen zurück zum Haus. Als erste tauchte Hermine wieder auf und es sah lustig aus, als sie mit einer Hand in der Luft herumfuhr und Harrys Kopf suchte. Dann hatte sie ihn gefunden und mit einem Tipp ihres Zauberstabes brachte sie Harry in die sichtbare Welt zurück

Ron kam aus der Küche gelaufen.
„Habt ihr etwas rausgefunden?“, fragte er neugierig und Harry verneinte.
„Es macht alles einen ganz normalen Eindruck“, erwiderte er, „es gab nichts außergewöhnliches. Habt ihr schon überlegt, was wir ihnen mitbringen wollen?“
„Gute Frage. Der Frau des Hauses bringt man Blumen mit und ihm vielleicht eine Flasche Wein“, meinte Hermine nachdenklich.
Ron und Harry sahen sich an, „gute Idee.“
Zu einer Tasse Tee ließen sie sich am Tisch nieder. Sie nahm ihr Buch und fing an zu lesen.
„Was liest du denn da für eine Schwarte?“, fragte Ron.
„Wenn ich das Buch ausgelesen habe, gebe ich es dir, es ist sehr informativ. Du könntest daraus etwas lernen, Ron“, erwiderte Hermine ernst.
„Okay, wenn du das meinst, werde ich das machen“, lenkte Ron ein.
Danach holte Harry das Schachspiel und spielte mit Ron ein paar Partien. Als sich die Sonne langsam den westlichen Hügeln näherte, stand Hermine auf und streckte sich.
„Ich belege jetzt das Bad und mache mich frisch“, erklärte sie.
Inzwischen gab Harry sich geschlagen, ging in den Garten und pflückte einen großen Strauß Blumen, den er vorläufig in der Vase parkte. Er versuchte dann eine Flasche Wein zu zaubern, brachte das aber nicht fertig. Verdutzt blickte er Ron an und zuckte dann mit den Schultern.
„Warten wir auf Hermine, die kennt den Zauberspruch bestimmt“, schlug Ron vor.
Nach einer halben Stunde kam sie aus dem Bad. Beige Jeans hatte sie mit einer schwarzen Bluse kombiniert und ihre Haare zu einem schönen, raffinierten Zopf geflochten. Staunend blickte Harry sie an.
„Toll siehst du aus, Hermine!“, rief er und auch Ron klatschte anerkennend in die Hände.
Verlegen lächelnd schaute sie die Jungs an.
„Ihr solltet euch auch fertig machen“, forderte sie und Ron verschwand prompt im Badezimmer.
Währendessen zauberte sie eine Flasche Wein auf den Tisch und Harry sah sie verdutzt an. Lächelnd tippte sie sich mit dem Zeigefinger auf die Stirn und er verstand, dass sie seine Gedanken gelesen hatte.
„Spaß beiseite, wie machen wir weiter, Harry?“, fragte sie ernsthaft.
„Ich glaube in Hogwarts. Du hattest das erwähnt und ich hatte vergessen, dich danach zu fragen. Damals hattest du die Vermutung, dass sich dort Horkruxe befinden“, erwiderte er.
„Ja, es würde zu Voldemort passen, sie dort zu verstecken, nach dem was wir von ihm wissen. Ich hätte es so gemacht, wenn ich er wäre.“
Anerkennend pfiff er durch die Zähne.
„Ich denke, wir sollten uns alle zusammentun und versuchen uns in Voldemort rein zu versetzen, es wäre interessant, was dabei rauskäme.“
„Au ja, eine Runde Brainstorming für alle“, rief Hermine begeistert und Harry lachte lauthals los.
Gerade kam Ron aus dem Bad zurück. Eine schwarze Hose mit weißem Hemd und eine dunkelgraue Lederweste bildeten sein Outfit.
„Brain…was?“, rief er lachend und sie erklärte es ihm, während Harry ins Bad ging.
Zuerst rasierte er sich, duschte dann und versuchte zum Schluss seine Haare in den Griff zu bekommen. Das gelang ihm jedoch nur unzureichend. Schnell zauberte er sich eine weiße Hose mit dunkelgrünen Hemd und einer weißen Windjacke. Als er nach draußen kam, runzelte Hermine missbilligend die Stirn und versuchte seine Haare mit einem Scheitel zu versehen. Nach kurzer Zeit, gab sie den Versuch jedoch auf. Sie versah sich noch mit einer beigen Strickjacke, dann waren sie fertig.
„Wir springen bis zu den Felsen, Ron, gib mir deine Hand, du weißt nicht wo es ist“, erklärte Harry.
Ohne ein Geräusch waren sie plötzlich verschwunden.




8.

Vor Dumbledors Haustür prüften sie noch einmal den korrekten Sitz ihrer Kleidung und Harry zog an der Türglocke. Mit einem breiten Lächeln öffnete Aberforth.
„Willkommen, schön, das ihr da seid, tretet bitte ein“, rief er und sie folgten ihm. Der alte Mann ging vor, sie durchquerten ein geräumiges Wohnzimmer, die Küche lag rechts und führte sie auf eine weitläufige, überdachte Terrasse. Ein kleines, ab und zu knackendes Feuer brannte in einem offenen Kamin und gab der Terrasse eine gewisse Gemütlichkeit.
„Bitte setzt euch, meine Frau wird gleich kommen“, meinte Aberforth munter.
Ron überreichte ihm die Flasche Wein.
„Das ist ein sehr guter Tropfen, danke, aber zuerst trinken wir einen Schluck Champagner.“
„Guten Abend“, hörten sie eine dunkle Stimme hinter ihnen.
Etwas förmlich schüttelten die drei Frau Dumbledore die Hand und Harry überreichte die Blumen. Aberforths Frau war klein, zierlich, mit langen grauen Haaren und einem spitzbübischen Gesichtsausdruck.
„Ich heiße Sarah“, stellte sie sich vor, „und ich würde mich freuen, wenn ihr mich so nennt.“
Bei einem Schluck Champagner erklärte Sarah, dass das Essen in einer halben Stunde fertig sei. Kurz erzählte sie den dreien ihren Lebenslauf; Muggel, pensionierte Lehrerin und hatte keine Lust ihren Mann auf seinen Forschungsreisen zu begleiten.
„Wenn er halb Südamerika unterminierte, blieb ich lieber zu Hause. Albus hat mich oft besucht, deshalb weiß ich über euch gut Bescheid“, erklärte sie schmunzelnd.
Die Freunde blickten sie verlegen an.
„Ich hoffe, Sarah, dass Albus nicht alle unsere Streiche so ausführlich geschildert hat?“, hoffte Harry.
„Streiche? Harry, so würde ich das bestimmt nicht nennen. Was ihr, speziell du, im Kampf gegen den dunklen Lord geleistet habt, ist bewundernswert. Albus war sehr stolz auf euch und ihr könnt auch wirklich stolz auf euch sein“, erwiderte sie schmunzelnd.
Nach dem letzten Satz von Sarah, entstand eine Verlegenheitspause, die Aberforth mit kurzen Anekdoten seiner Lehrerzeit in Hogwarts überspielte. Es tat den dreien gut, mal wieder so richtig zu lachen. Sarah verschwand in der Küche, kam kurze Zeit später zurück und nickte ihrem Mann auffordernd zu. Dieser bewegte kurz seinen Zauberstab und das Essen stand auf dem Tisch.
„Wenn er nicht da ist, muss ich alles aus der Küche hierhin tragen, aber wenn er da ist; wofür habe ich schließlich einen Zauberer geheiratet, er kann sich doch auch mal nützlich machen“, lachte Sarah.
„Ja, genau, dass war der einzige Grund“, stimmte ihr Mann sarkastisch zu.
Alle lachten und das Abendessen verlief in einer angeregten Atmosphäre. Sarah hatte Seezunge gebraten, nicht Rons Geschmack, doch es gab gebackene Kartoffeln dazu, sowie einen großen frischen Salat. Als sie dann zum Nachtisch eine große Schüssel Mousse au Chocolat auftischte, hellten sich Rons Gesichtszüge wieder auf, er naschte nämlich sehr gerne. Die Gastgeberin erzählte einige Begebenheiten aus ihrem Berufsleben und auch die anderen konnten manche lustige Geschichte erzählen.
„Ich werde mich in der nächsten Zeit nur in England aufhalten, ab und zu werde ich Remus kontaktieren, um zu erfahren, wie es euch geht“, erklärte Aberforth nach einem kurzen Schweigen.
„Einverstanden, er arbeitet im St. Mungos Hospital in London und lebt mit einer tollen Zauberin zusammen, sie heißt Tonks. Wir bleiben mit den beiden in Kontakt“, stimmte Harry nach kurzem Überlegen zu.
Zum Abschluss des Abends bereitete Sarah für jeden noch einen Mokka zu, dann verabschiedeten sich die drei und bedankten sich für den schönen Abend.
„Bitte seid vorsichtig“, bat Sarah leise und sie winkten noch einmal und waren lautlos verschwunden.
„Ich hoffe sehr, dass wir sie wiedersehen, wenn alles vorbei ist“, meinte Sarah seufzend und blickte ihren Mann an, der die Tür verschloss.

„Es war ein guter Abend“, resümierte Hermine.
Gemeinsam saßen die Freunde in der Küche und sprachen über die vergangenen Stunden.
„Du hättest dein Gesicht sehen sollen, Ron, als plötzlich der Fisch auf dem Tisch stand“, lachte sie.
„Na ja, ich hatte mich auf ein richtiges Steak gefreut“, gab Ron zu.
Dann musste er selbst auch lachen und Harry fiel mit ein.
„Dafür traf der Nachtisch mehr deinen Geschmack“, meinte er schmunzelnd.

„Harry, Frühstück“, rief Hermine und steckte den Kopf durch die Türöffnung.
Lächelnd schlug er die Augen auf und blickte sie an. So wird man gerne geweckt, dachte er.
„Kommst du?“, fragte sie und zwinkerte.
„Gib mir zehn Minuten.“.
„Wo ist Ron?“, fragte er verblüfft, als er kurz darauf er am Frühstückstisch saß.
„Keine Ahnung, als ich aufwachte, war sein Schlafsack leer.“
Gerade hatten sie mit dem Essen begonnen, als Ron auftauchte.
„Den Kaffee konnte ich meilenweit riechen, ich bin sofort umgekehrt.“
„Du warst spazieren?“, fragte Harry.
„Ja, die Sonne hatte mich rausgelockt.“
„Möchte noch jemand Kaffee?“, unterbrach Hermine, „die Kanne ist leer.“
Harry hob die Hand und sie zauberte eine frische Kanne auf den Tisch.
„Meinst du, wir sollten „Spinners End“ einen Besuch abstatten?“, fragte sie dann vorsichtig, „jetzt, da wir wissen, wo es ist.“
„Nein, wir sollten heute alle noch ausspannen, Morgen möchte ich dann für ein paar Stunden zum Grimauld Place gehen und dann nach Hogwarts“, erwiderte Harry entschlossen.
„Sehr gut, ich werde erst mal ein langes Bad nehmen und möchte zwei Stunden lang nicht gestört werden“, rief Hermine zufrieden und verschwand in Richtung Bad.

„Was hast du eigentlich mit dem Haus, in dem hier deine Eltern lebten, vor?“, fragte Ron, „es ist schade, das es so verfällt, man könnte richtig was daraus machen.“
„Ja, das stimmt, aber ob du es glaubst oder nicht, Ron, ich weiß noch nicht einmal, wem das Haus gehört“, erwiderte Harry nachdenklich.
„Aber das lässt sich doch herausfinden“, meinte sein Freund.
„Ja, schon“, lachte Harry, „das kommt mit auf die Liste, was alles nach Voldemorts Tod zu erledigen ist. Was willst du dann machen, Ron?“
Unsicher blickte Ron seinen Freund an.
„Um ehrlich zu sein, ich weiß es nicht. Manchmal denke ich, das ich bei Fred und George mit ins Geschäft einsteigen möchte, kurze Zeit später empfinde ich den Gedanken als absurd und dann möchte ich etwas nützliches machen.“
„Also heißt es abwarten, Ron, bringen wir erst mal die Sache mit Voldemort hinter uns, und dann sehen wir weiter“, brachte Harry es auf den Punkt.
Ron nickte zustimmend und beide verfielen in Schweigen.
Einen winzigen Moment war Harry versucht, Hermine beim Baden zuzusehen, aber er verwarf diesen Gedanken sofort wieder, streckte sich, stand auf und holte das Schachspiel aus der Küche. Grinsend blickte er seinen Freund an weil er wusste, dass Ron selten zu einem Schachspiel nein sagen würde. Als er die dritte Partie in Folge verloren hatte, kam Hermine endlich zurück. Lächelnd schaute Harry sie an und sie zwinkerte zurück.
„Wie war das Bad, Hermine? Bist du nicht total aufgeweicht?“, fragte er neugierig.
„Fast“, lachte sie, „aber ich glaube, ich habe jetzt allen Dreck runter und in einer halben Stunde sind meine Haare auch trocken.“
Vehement schüttelte sie den Kopf, um ihre Haare zu entwirren und Wassertröpfchen schwirrten durch die ganze Küche.
„Ich will heute noch in die Kirche“, fuhr sie fort, „gehst du noch auf den Friedhof, Harry?“
„Ja, in einer Stunde wollte ich los. Passt dir die Zeit, oder willst du später gehen?“
„Nein, das passt“, antwortete sie und er ging ins Badezimmer.
„Kommst du mit, Ron?“ fragte Hermine.
„Was willst du denn in der Kirche, bist du fromm geworden?“, er schaute sie entgeistert an.
„Vielleicht bereite ich mich gerade auf das Klosterleben vor, Ron“, fauchte sie ihn an.
„Nein, Danke“, erwiderte er, „geh du alleine in die Kirche, ich mache lieber einen Spaziergang.“

Nachdem er aufgestanden war, verließ er das Haus in Richtung des Hügels, auf den Hermine und Harry gestern appariert waren. Dieser erschien ein paar Minuten später nachdem er schnell geduscht und frische Sachen angezogen hatte. Seine Freundin lachte ihn an.
„Man fühlt sich wie neugeboren!“, rief sie, „oder?“
Nickend lachte er und schaute sich um.
„Wo ist Ron?“
„Er hat es vorgezogen nicht mit in die Kirche zu kommen“, erwiderte sie schmunzelnd, wurde dann aber ernst.
„Hast du mir beim Baden zugesehen?“
„Nein, Hermine“, antwortete er fest, „ich muss aber gestehen, dass mir der Gedanke durch den Kopf gegangen ist.“
Errötend schaute sie ihn an.
„Danke“, sagte sie leise und stand verlegen auf.
„Was passiert“, fragte sie langsam, „wenn wir beide unsere Gedanken jeweils auf den anderen richten?“
Einige Sekunden überlegte er angestrengt.
„Keine Ahnung, machen wir einen Versuch. Setz dich, Hermine.“
Ihm gegenüber setzte sie sich an den Tisch.
„Also gut“, meinte er, „jeder denkt intensiv an den anderen.“
Obwohl er sich mit aller Kraft auf Hermine konzentrierte, sah er nur weißen, dichten Nebel.
„Nebel“, flüsterte sie erstaunt, „weißer Nebel.“
Fragend blickte sie ihn an.
„Habe ich auch gesehen“, stimmte er zu, „und sonst nichts.“
„Gut“, sagte Hermine langsam, „dann wissen wir es jetzt, wie es funktioniert.“
„Ich pflücke noch ein paar Blumen“, meinte er und stand auf, „soll ich auch welche für dich pflücken?“
„Ja, bitte, Harry.“

Als er mit zwei Sträußen zurückkam, machten sie sich auf den Weg zum Friedhof. Am Grab angekommen, stellte Hermine zwei, mit Wasser gefüllte Vasen vor den Grabstein und sie stellten die Blumen hinein.
„Harry, entschuldige bitte, dass ich dich frage, aber es interessiert mich. Wie ist es, ohne Eltern aufzuwachsen?“
Lange Zeit schwieg er, nahm aber dann ihre Hand.
„Es ist grausam“, stieß er hervor, „erst seitdem ich in Hogwarts bin, fühle ich mich besser.“
Trostspendend legte sie ihre Arme um seinen Hals und drückte ihn zärtlich. Das Geborgensein in ihren Armen genoss er wirklich und küsste sie zart auf die Wange.
„Kommst du mit?“, fragte sie leise, nachdem sie sich getrennt hatten.
Zustimmend nickte er und sie führte ihn in die Kirche. Wartend blieb er an der Tür stehen, während sie nach vorne ging und sich in die erste Bank setzte. Ein paar Minuten später stand sie wieder auf und gesellte sich zu ihm.
„Wir können nun gehen“, flüsterte sie.

Langsam machten sie sich auf den Heimweg.
„Ron beobachtet uns“, stellte sie nach wenigen Sekunden fest.
„Woher weißt du das?“ Sein Kopf herum.
„Sieh mal unauffällig zu dem Hügel, auf den wir gestern gesprungen sind“, erwiderte sie und Harry ließ seinen Blick zufällig über den Hügel gleiten. Eine kurze Sonnenrefflektion, wie von einem Spiegel, erreichte seine Augen.
„Wenn er schon ein Fernglas benutzt, sollte er aufpassen, dass es nicht die Sonne reflektiert“, meinte Hermine säuerlich.
„Was soll das denn? Warum beobachtet Ron uns?“
„Ich schätze, er vermutet etwas zwischen uns beiden und er ist eifersüchtig“, erwiderte Hermine und blieb stehen.
Nachdenklich war Harry noch ein paar Schritte weitergegangen, blieb dann auch stehen, drehte sich um und blickte sie an.
„Na, klasse. Ich glaubte, das wir uns ganz normal verhalten“, sagte er niedergeschlagen.
„Ja, schon“, antwortete Hermine, „aber es kann sein, das wir uns andere Blicke als sonst zuwerfen, befürchte ich.“
Mit beiden Händen fuhr er durch seine Haare.
„Aber du hast ihm doch keine Hoffnungen gemacht, Hermine?“, fragte er unsicher.
„Nein, Harry, ich habe dir genau mein Gespräch mit Ron wiedergegeben, mehr habe ich nicht gesagt“, erwiderte sie fest und er dachte kurz nach.
„Stimmt, Ron hat immer alle Mädchen in seiner Nähe als sein Eigentum betrachtet, auch seine Schwester und wenn irgendein Junge in die Nähe kam, wurde er eifersüchtig“, pflichtete er ihr bei und sie nickte lebhaft.
„Du warst früher auch eifersüchtig, Hermine“, fügte er als Nachsatz hinzu.
Schmunzelnd sah sie ihn an und musste es zugeben.
„Ja, stimmt und wie“
Weitergehend drehte sie sich zu Harry um, der stehen geblieben war.
„Ich habe mir das abgewöhnt“, ergänzte sie leise.
Mit ein paar großen Schritten war er bei ihr und blickte ihr fragend ins Gesicht.
„Was machen wir jetzt mit Ron?“
Schulterzuckend erwiderte sie seinen Blick.
„Wir verhalten uns wie immer. Wenn wir Ron jetzt sagen würden, das wir zusammen sind, wäre das eine mittlere Katastrophe“, erwiderte sie und er musste ungewollt schmunzeln.
Grinsend sah sie ihn an und stimmte in sein Lachen ein. Kurz darauf kamen sie an den Punkt, an dem der Weg zum Haus links abzweigte und er blieb plötzlich stehen.
„Möchtest du zurückgehen?“, fragte er leise, „ich würde gerne mit dir noch weiter spazieren gehen.“
Glücklich schloss sie für einen Moment die Augen.
„Du brauchst mich nicht fragen, Harry, natürlich gehe ich mit dir“, erwiderte sie sanft.
Zufrieden gingen sie nebeneinander her, jeder genoss die unmittelbare Nähe des anderen.
„Wann hast du mich eigentlich erstmals richtig als Mädchen wahrgenommen? War das auf dem Weihnachtsball?“, fragte sie ihn unvermittelt.
„Das habe ich mich in den letzten Wochen auch oft gefragt. Nein, auf jeden Fall vor dem Weihnachtsball. Ich glaube, es war in der heulenden Hütte, wie du da mit Ron und mir zusammen gekämpft hast. Tolles Mädchen, habe ich damals gedacht und nicht: tolle Hermine“, erwiderte er nachdenklich.
„Aber du hast nie irgendeine Andeutung in diese Richtung gemacht, oder mir etwas gesagt“, entfuhr es ihr leise.
Traurig blickte sie ihn an und er schüttelte verneinend seinen Kopf.
„Nein, Hermine“, begann er entschuldigend, „du warst für mich, ich weiß nicht wie ich es ausdrücken soll, du warst einfach tabu. Immer habe ich unsere Freundschaft vorgeschoben. Wenn du mich nicht durch das Aufklärungsgespräch zum Nachdenken gebracht hättest, wäre das immer noch so.“
Für die nächste Frage musste er tief durchatmen.
„Wärst du dann mit Ron zusammen?“
Eine leichte Röte überzog ihr Gesicht und sie dachte nach.
„Auf keinen Fall seit ich mich entschlossen habe, mit dir Voldemort zu jagen“, meinte sie bestimmt, „eventuell wenn wir auf der Schule geblieben wären und du weiterhin mit Ginny gegangen wärst. Aber nach dem letzten Vorfall ist das Thema Ron für mich erledigt.“

„Irgendwann erzählst du es mir?“, bat er leise und sie nickte.
„Ich kann es aber jetzt noch nicht, Harry“, erwiderte sie mit einem Schauer.
„Was ist damals eigentlich im Schwarzen See passiert, Victor hat einmal eine Andeutung gemacht, wollte aber nie richtig mit der Sprache raus“, lenkte sie ab.
Schmunzelnd musterte er sie.
„Das ist ganz einfach, ich verstehe nicht, warum Victor dir das verschwiegen hat. Zuerst wollte ich dich da unten befreien, noch vor Ron und das hat Victor gesehen“, erwiderte er leichthin.
Mit einem Ruck fuhr ihr Kopf zu ihm herum, so dass ihre Haare flogen. Mit aufgerissenen Augen starrte sie ihn an und Harry konnte ihre Tränen sehen.
„Wieso?“, wisperte sie.
Beide waren sie stehen geblieben und er überlegte einen Moment
„Ich hatte die Aufgabe so verstanden, dass wir jeder nur ein Ding, was uns wichtig war, aus dem See retten konnten. Zuerst kam ich dort an, sah euch dort, dich, Ron, Cho und Fleurs Schwester und habe begonnen, deinen Halteriemen durchzuschneiden. Cedric erschien kurz nach mir und nahm Cho mit. Da dämmerte es mir, das Victor dich holen würde, vorausgesetzt, er fand dich. Also habe ich gewartet und als Victor dich holte, habe ich die beiden anderen befreit“, versuchte er zu erklären, aber bei einem Blick in Hermines Augen, meinte er darin zu ertrinken.
Da warf Hermine ihm die Arme um den Hals, er spürte ihre Tränen an seiner Wange und auch er legte seine Arme fest um sie. Für ein paar Augenblicke waren sie eins, so ein Gefühl hatte keiner von ihnen jemals vorher verspürt.
Dann machte sie sich los und putzte sich die Nase.
„Entschuldige, ich hatte versprochen dich nicht zu umarmen, aber ich musste einfach, sonst hätte ich es nicht verkraftet“, erklärte sie leise.
„Was ist, wenn Ron uns gesehen hat?“, fragte er und Hermine warf kurz die Arme in die Luft.
„Das ist mir egal, Harry, ich musste dich einfach umarmen und alles andere war in diesem Moment egal“, erwiderte sie fest
Langsam gingen sie weiter und kamen in ein Stück Laubwald. Hier war es angenehm kühl und schattig. Nebeneinander setzten sie sich auf einen Buchenstamm, der parallel zum Weg lag.
„Das fünfte Jahr in Hogwarts warst du fast die ganze Zeit auf Cho fixiert“, meinte sie.
„Ja, stimmt und du hast mir noch Tipps gegeben, wie ich mich ihr gegenüber verhalten soll. Du hast mir geraten, Cho zu sagen, das ich dich hässlich finde, warum hast du das gemacht, Hermine?“, erinnerte er sich.
Sie nahm ein paar Buchenblätter vom Boden und warf sie in die Luft. Langsam schwebten sie wieder zur Erde.
„Vielleicht wollte ich, dass du Erfahrungen sammelst, Harry“, schaute sie ihn schelmisch an, „in den Ferien warst du ja nur mit den Dursleys zusammen, da konntest du keine Erfahrungen machen.“
Noch eine handvoll Blätter wurde von ihr in die Luft geworfen.
„Hattest du denn auch Gelegenheit, Erfahrungen zu sammeln?“, fragte Harry neugierig.
„Natürlich, für erste Erfahrungen hat's gereicht und weitere wollte ich damals noch nicht“, erwiderte sie einfach.
„Ich würde das Kapitel Cho nicht unter dem Begriff gute Erfahrungen verbuchen, sondern unter Missverständnisse“, meinte er nachdenklich.
Mit leicht schief gelegtem Kopf musterte sie ihn.
„Auch das sind Erfahrungen, Harry. Wir zwei, glaube ich, können ohne Hemmungen über alles sprechen und dazu gehört auch wesentlich mehr als ein bisschen Erfahrung.“
Lange Zeit blickte er ihr in die Augen.
„Voriges Schuljahr muss dann schlimm für dich gewesen sein“, stellte er fest und Hermine seufzte.
„Die Hoffnung auf dich hatte ich aufgegeben, als du mit Ginny ein Paar wurdest. Zu diesem Zeitpunkt hat Ron mich zum erstenmal gefragt und ich habe mir ein paar Tage Bedenkzeit genommen.“
Ungläubig schüttelte sie den Kopf und lachte rau.
„Drei Tage später knutscht der Kerl mit Lavender in aller Öffentlichkeit rum, so als hätte er mich nie gefragt, ich hätte ihn umbringen können“, rief sie aufgebracht.
„Dein Versuch ihn umzubringen war ein wenig dilettantisch“, meinte er grinsend und sie hob abwehrend die Hände.
„Die Vögel, ich weiß nicht, was ich mit Ron gemacht hätte, wenn du nicht in dem Klassenzimmer aufgetaucht wärest. Heute weiß ich, dass es kindisch war“, gab sie zu.
„Wie würdest du es denn heute machen?“, wollte er wissen.
„Ich würde ihm alles Gute zu seiner neuen Eroberung wünschen“, lachte sie, „und dann nicht mehr auf sein Gesülze reinfallen, zu oft habe ich ihm geglaubt.“
Harry erinnerte sich, dass er im vergangenen Schuljahr sehr viel Zeit mit Dumbledore verbrachte und seine Freunde dementsprechend seltener gesehen hatte. Deshalb hatte er auch wenig von dem mitbekommen, was sich zwischen Hermine und Ron abspielte.
„Schluss jetzt, wir lassen das Thema Ron beiseite, ich hoffe, das sich das im Laufe der Zeit von selbst erledigt“, sagte sie entschieden.
Zustimmend nickte er, sagte aber nichts. Langsam gingen sie zum Haus zurück. Harry hoffte im Stillen, das Hermine Recht behalten sollte, glaubte aber nicht daran.

Nach einer halben Stunde kamen sie am Haus an, aber Ron war noch nicht da. Harry stellte eine Kanne Tee auf den Tisch und sie tranken erst mal in Ruhe eine Tasse. Ihr Freund erschien einige Minuten später. Ein Fernglas baumelte um seinen Hals.
„Ich habe Spechte beobachtet“, berichtete er mit einem Lächeln und Harry zog fragend die Augenbrauen hoch.
„Ich wusste nicht, dass du unter die Ornithologen gegangen bist, Ron“, sagte er, „Respekt.“
Ron sah fragend in die Runde.
„Ornithologen“, erläuterte Hermine, „sind Vogelkundler, Ron.“
„Es ist schon interessant, diese Vögel zu beobachten“, erklärte er, „speziell die Schwarzspechte sind schwer auszumachen.“
„Setzt dich und trink eine Tasse Tee mit uns, Ron“, sagte Hermine beiläufig, „du hast wirklich Schwarzspechte gesehen? Die sind selten.“
Zustimmend klopfte Ron auf das Fernglas und nickte.
„Es waren wirklich Schwarzspechte, das kannst du mir glauben.“
Derweil konzentrierte Harry seine Gedanken auf Hermine: „Es gibt keine Schwarzspechte auf den Britischen Inseln, nur auf dem Kontinent“, empfing er von ihr, so etwas hatte er schon geahnt.
„Kommst du morgen mit zum Grimmauld Place, Ron?“, fragte er, „wir wollten nach dem Frühstück los.“
„Nein, ich springe in der Zeit nach Hause, ihr könnt mich da abholen und dann geht es nach Hogwarts.“
Hermine und Harry erklärten sich einverstanden. Den Rest des Tages verbrachten sie mit Geschichten erzählen, faulenzen und lesen. Nach dem Abendessen spielten sie noch bis weit in die Nacht hinein Uno und gingen dann zu Bett.

Am nächsten Morgen frühstückten sie gemeinsam in Ruhe und packten ihre wenigen Sachen zusammen. Vor dem Haus ermahnten sie sich gegenseitig zur Vorsicht, Hermine und Harry umarmten Ron noch einmal und plötzlich waren die Freunde verschwunden.


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