von Schneeflocke
Severus muĂte all seine Willenskraft aufbringen, um Lucius und Narzissa hinab ins Esszimmer zu folgen. Der ĂŒberhebliche, siegessichere Ausdruck in Malfoys Augen hatte einen schmerzhaften Stich durch seinen Körper ziehen lassen, dessen Nachwirkungen er auch jetzt noch spĂŒren konnte, als er das Esszimmer betrat und sich mit einem flĂŒchtigen, fast schon gequĂ€lt wirkenden LĂ€cheln an den Tisch zu Lucius und Narzissa setzte. Nur kurz wagte er es seinen Blick auf das Gesicht der jungen Frau zu richten, die neben Lucius viel unscheinbarer wirkte, als sie eigentlich war, in dessen Seite sie wirkte wie ein verĂ€ngstigtes Tier.
Severus wollte sich gar nicht vorstellen, was in den letzten zwei Wochen vorgefallen sein muĂte um Narzissa, die zwar schon immer zurĂŒckhaltend und sanft gewesen war, derart verĂ€ngstigt und in sich gekehrt werden zu lassen. Auch jetzt zierte kein LĂ€cheln ihre ZĂŒge und wenn, dann war es nicht dazu imstande ihre Augen zu erreichen.
Schweigen lag ĂŒber dem Abendessen und mehr als einmal muĂte Severus den Instinkt unterdrĂŒcken aufzustehen und einfach zu gehen, zu flĂŒchten, es nicht mehr sehen zu wollen. Dennoch wusste er, dass es dadurch nicht weniger wahr werden wĂŒrde. Erst als der leichte WeiĂwein zu Ende des Essens gegen einen etwas stĂ€rkeren Rotwein getauscht wurde, richtete Lucius seinen Blick auf ihn.
âSag Severus, hast du die erfreuliche Nachricht schon gehört?â
Severus Muskeln verkrampften sich kaum merklich bei dieser Frage. âErfreuliche Nachrichtâ war meist etwas, das Severus mit diesen Worten nicht unbedingt beschreiben wĂŒrde.
âHab die Freundlichkeit mir genauer zu sagen, wovon du eigentlich sprichst Lucius, dann kann ich dir deine Frage beantworten.â
Lucius lĂ€chelte schmal, hob sein Glas an und trank langsam und genĂŒsslich den ersten Schluck. Erst als er das Glas wieder abstellte traf sein Blick seine Frau, die noch immer schweigend neben ihm saĂ, den Blick gesenkt.
âNarzissa meine⊠Liebe⊠Du möchtest dich doch sicher zurĂŒckziehen, nicht wahr?â
Luciusâ Stimme klang derart schneidend bei seinem Worten, dass selbst Severus, an welchen diese nicht gerichtet waren leicht zusammen zuckte. Wie muĂten diese Worte auf Narzissa wirken, die ohnehin schon völlig eingeschĂŒchtert wirkte? Tief durchatmend suchte Severus ihren Blick, fing ihn mit seinen Augen ein, um ihn einen Moment, nur einen winzig kleinen Moment festzuhalten und fast, fast glaubte er in ihren Augen etwas aufleuchten zu sehen, wie ein kleiner Funke, der jedoch sofort wieder erstarb, als dieser Blick sich von Severus ab- und Lucius zuwandte.
âNatĂŒrlich Lucius, entschuldige, ich war im Gedanken. Kann ich euch noch irgendetwas bringen lassen?â
Spöttisch lĂ€chelnd musterte Lucius seine Frau eine Weile. âVermutlich wĂŒrde sie noch von einer BrĂŒcke springen, wenn ich es ihr sagen wĂŒrdeâ, dachte er verĂ€chtlich. âVielleicht sollte ich auch genau das tun um diese Plage endlich loszuwerdenâŠâ Sich diese Gedanken nach auĂen nicht anmerken lassend ging Luciusâ Blick wieder auf Severus.
âDu hast es noch nicht gehört? Dolohov und Rabastan haben McKenzie erwischt.â
Severus atmete tief durch. Dolohov und Rabastan Lestrange. Beides Todesser, denen man problemlos ein ĂbermaĂ an Grausamkeit vorwerfen durfte.
âRobert McKenzie? Den Auror?â
Nachdenklich trank Severus einen Schluck Wein, um anschlieĂend leicht zu nicken.
âDas wurde Zeit. Er hat uns ziemlich viel Ărger gemacht.â
Lucius nickte ebenfalls zufrieden. Es gab nicht mehr viele Auroren, die ihnen Schwierigkeiten bereiteten. McKenzie war einer von ihnen gewesen.
âNun, dazu ist er nun nicht mehr in der Lage. Er hat fĂŒr die Probleme, die er dem Lord bereitet hat, angemessen bezahlt.â
Wieder einen Schluck Wein trinkend schĂŒttelte Lucius unwillig den Kopf.
âWenn wir diesen Moody noch bekommen könntenâŠ, bei Merlin, dieser Kerl steht auf meiner Wunschliste gleich an zweiter Stelle.â
Severus konnte sich vorstellen, wer Platz eins inne hatte, verbot sich jedoch jeden Gedanken daran. Dieser Wunsch wĂŒrde Lucius nicht erfĂŒllt werden, dessen war er sich gewiss.
âDer Tag an dem ich Dumbledore in meine HĂ€nde bekomme, wird ein Feiertag werden Severus⊠Seine Lordschaft wĂ€re ĂŒber dieses Geschenk sicher sehr angetanâŠâ
Leise lachte er auf, doch, diese Vorstellung hatte durchaus etwas fĂŒr sich. Machte dieser alte Narr mit seinem seltsamen Orden ihnen doch zu viele Schwierigkeiten.
âStell es dir vor Severus, stell dir diesen Dumbledore vor, wie er sich vor uns im Dreck wĂ€lzt. Dort, wo er hingehört, dieser âgroĂeâ Zauberer! Eine Witzfigur gegen den Dunklen Lord, mehr nicht. Er wĂŒrde ihn in seiner Faust zerquetschenâŠâ
WĂ€hrend Lucius Lippen erneut hinter seinem Weinglas verschwanden, erlaubte sich Severus ein schmales LĂ€cheln. Sicher, dass Lucius es nicht sehen konnte. Die Wut, die Bitterkeit in Luciusâ Stimme allein waren ihm schon eine Genugtuung. WuĂte er es doch besser. WuĂte er doch, dass es vermutlich nur einen Menschen auf der Welt gab, vor dem der Dunkle Lord sich fĂŒrchtete⊠Albus Dumbledore. Nur eine einzige Niederlage hat Albus bislang gegen Voldemort hinnehmen mĂŒssen und die⊠hatte er, Severus Snape, herbei gefĂŒhrt.
Erneut erfĂŒllt von diesem stechenden Schmerz, der sich bis in sein Innerstes fraĂ, konnte Severus nur schwer ein gequĂ€ltes Keuchen unterdrĂŒcken. Schnell trank er noch einen Schluck, stellte jedoch fast schon enttĂ€uscht fest, dass der Alkoholpegel in seinem Blut noch nicht hoch genug war um diesen tiefen Schmerz zu betĂ€uben.
âJa, sicher wĂŒrde er dasâ, erwiderte er nur auf Luciusâ Worte, instĂ€ndig hoffend, dass man ihm den Widerwillen mit dem er diese Wort aussprach, nach auĂen nicht anmerkte.
Lucius indes musterte Severus abschĂ€tzend, konnte das MiĂtrauen dabei nur schwer aus seinem Blick heraus lassen. Nein, er vertraute Severus Snape nicht weiter als er ihn sehen konnte und selbst dann nur unter gröĂten Vorbehalten. Nicht genug, dass Snape den Platz in der Gunst des Dunklen Lords inne hatte, der ihm, Lucius Malfoy eigentlich zustand, nein⊠Er stand selbst bei seiner Frau an dem Platz der von rechts wegen seiner war.
Ein spöttisches LĂ€cheln zuckte um seine Mundwinkel, wĂ€hrend er sein Glas nachdenklich etwas drehte und dann den Blick auf Severus warf. Ja, das konnte durchaus wieder unterhaltsam werdenâŠ
âSeverusâ, begann er mit lauernder Stimme, âich habe eine Ăberraschung fĂŒr dich.â
Mit diesen Worten stand er auf, stellte sein Glas auf dem kleinen, aus teuren Holz gefertigten Holztisch ab der zwischen ihrer beider Sessel stand und sah seinen alten âFreundâ auffordernd an.
âĂberraschungâŠâ Severusâ Magen zog sich leicht schmerzhaft zusammen, als er Luciusâ Worte hörte, die gemischt mit dem Glitzern in dessen Augen nichts gutes verhieĂ. Nickend stand er auf, die Miene bewegungslos.
âEine Ăberraschung Lucius⊠wie aufmerksam von dir. Da bin ich doch wirklich gespannt!â
Gemeinsam verlieĂen die beiden MĂ€nner den Raum, um nebeneinander in die Eingangshalle zu gehen, von wo aus Severus Lucius mit immer noch wachsendem Unbehagen in den Keller folgte. Leichte Schauer durchzogen seinen Körper, was aber sicher nicht an der kĂŒhlen Luft hier unten lag sondern vielmehr an der Vorstellung dessen, was hier auf ihn wartete.
Vor einer HolztĂŒr blieb Lucius stehen. Eine TĂŒr, die Severus nur zu gut kannte. Die TĂŒr, die zu den im hintersten Teil des Kellers gelegenen Zellen fĂŒhrte, die Luciusâ Vater schon zu seinem âPrivatvergnĂŒgenâ hier hatte einrichten lassen. Sein Sohn nutzte diese in derselben Weise wie sein Vater es frĂŒher getan hatte und mehr als einmal âdurfteâ Severus diesen VergnĂŒgungen schon beiwohnen.
âKomm rein Severusâ, forderte Lucius seinen Begleiter auf als er die TĂŒr öffnete und nur wenige Schritte in den Raum ging um vor der ersten Zelle bereits stehen zu bleiben. Zufrieden lĂ€chelnd lehnte er sich mit verschrĂ€nkten Armen gegen die GitterstĂ€be und nickte auf den Mann, der zusammen gekauert in einer Ecke der Zelle hockte. Seine Kleidung war kaum mehr als Stoffetzen, die wahllos an seinem Körper hingen, die Haare waren ebenso wie der Stoff getrĂ€nkt von getrocknetem Blut. Der hagere, geschundene Körper zitterte so heftig, dass Severus glaubte zu hören, wie die ZĂ€hne aufeinander klapperten.
Tiefe Abscheu ĂŒberkam ihn bei dem Anblick des Gefangenen. Abscheu Lucius gegenĂŒber und nicht zuletzt dem Dunklen Lord, dessen Anordnung höchstwahrscheinlich fĂŒr den Zustand dieses Mannes gesorgt hatte.
âWer ist das?â, brachte er gepresst hervor, wobei sein Blick immer noch auf den Mann gerichtet war, dessen Gesicht er jedoch nicht einmal erahnen konnte. Hatte er den Kopf doch die ganze Zeit gesenkt.
âDas? Aber Severus, erkennst du ihn nicht? Das ist Rober McKenzie. Seine Lordschaft hat ihn mir zum Entsorgen gegeben, nachdem Dolohov und Rabastan mit ihm fertig waren.â
Severus muĂte schwer gegen die in ihm aufkommende Ăbelkeit ankĂ€mpfen. Dieses HĂ€ufchen eines Menschen war kaum mehr mit dem Bild des starken, fröhlichen Robert McKenzies zu vereinbaren, den er hin und wieder bei Albus gesehen hatte. Nicht genug damit, dass sie ihn gefoltert hatten und das wie es aussah weit ĂŒber das ânötigeâ MaĂ hinaus, nein, diese Mann war gebrochen. Das sah Severus spĂ€testens jetzt als Robert den Kopf leicht anhob und er ihm zum ersten Mal ins Gesicht sehen konnten. Das ĂŒbermĂŒtige Glitzern in seinen war erloschen, sie waren matt und ausdruckslos.
âViel wird er nicht mehr hergebenâ, seufzte Lucius mit einem Schulterzucken, âaber ein biĂchen kannst du sicher noch mit ihm spielen.â
Die Lippen zusammengepresst verbot es sich Severus mit dem Kopf zu schĂŒtteln. Die tiefe Abscheu, die er in diesem Moment fĂŒr Lucius empfand, war kaum in Worte zu fassen. Ja, Lucius liebte es Menschen zu foltern, zu quĂ€len. Aber war er, Severus wirklich besser, weil er keinen SpaĂ empfand wenn er folterte und quĂ€lte? Nein, es machte ihn fast noch zu einem gröĂeren Verbrecher weil er nicht den Mut fand ich dagegen aufzulehnen. Nun, er wusste was er zu tun hatte, was das einzige war, das er noch fĂŒr McKenzie tun konnte.
Nickend öffnete er die ZellentĂŒr und trat einige Schritte auf den Mann zu, in dessen Augen nun die reinste Panik aufflackerte und Severus⊠verfluchte sich selbst. Verfluchte sich dafĂŒr, dass er diesem Mann jetzt noch einmal Angst machen muĂte, dass das letzte GefĂŒhl, das er in seinem Leben fĂŒhlen wĂŒrde blanke Angst war. Wortlos formte er mit den Lippen ein âes tut mir leidâ, ehe er seinen Zauberstab zog, ihn auf McKenzie richtete und das âAvada Kedavraâ nur geflĂŒstert ĂŒber seine Lippen kam.
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