von kikimaus
Der Lauschangriff
Doch bevor es nach Hogwarts ging, gab es noch jede Menge zu tun. Ron packte seine Schulsachen zusammen, und Hermine half ihm dabei. Ron schaffte es immer irgendwie, seine Schulsachen im ganzen Haus zu verstreuen. Es war zum Verrücktwerden! Harry hatte schon den Verdacht, Ron würde seine Sachen absichtlich überall liegen lassen, damit Hermine ihm dabei helfen konnte, die Klamotten wiederzufinden. Aber von solchen „Verdächtigungen“ erzählte er Ron lieber nichts. Er war im Grunde sogar froh darüber, dass Ron und Hermine sich auf diese Weise miteinander beschäftigten.
Harry nutzte die letzte Woche für ausgedehnte Spaziergänge, um „einen freien Kopf zu bekommen“, wie er Ron und Hermine sagte. Die Gegend war sehr weitläufig, man konnte stundenlang wandern, ohne auch nur einem einzigen Menschen zu begegnen...
Dieses Mal hatte er sich weiter als üblich vom Fuchsbau entfernt. Hier war die Landschaft aber auch besonders schön. Hier gab es riesige Felsen mit Höhlen, Wälder mit Lichtungen ...alles in allem - genau die Mischung, die Abenteuerlust weckte...
Es dämmerte schon, aber Harry hatte noch keine Lust, wieder zurückzugehen. Plötzlich sah er auf einer Lichtung eine Gruppe von Männern...er wusste zwar nicht, ob sie gefährlich waren. Trotzdem zog Harry es vor, sich im Unterholz zu verbergen.
Wer um alles in der Welt...? Als Harry näher kam, blieb ihm fast das Herz stehen.
Todesser!
Da hörte er hinter sich einen Zweig knacken.
Blitzschnell drehte Harry sich um, aber nichts regte sich.
Harry überlegte, ob er nicht zum Fuchsbau zurückkehren sollte, doch seine Neugierde war stärker. Er versuchte, sich dichter heranzupirschen, um verstehen zu können, was sie sagten… Als er näher kam, konnte er unter ihnen einen entdecken, der sich aus der Masse abhob: Seine hellblonden langen Haare stachen Harry schon von weitem ins Auge...
Lucius Malfoy!...Ist der also auch schon wieder drauĂźen...Was bespricht der bloĂź mit den anderen?...Und wieso war Voldemort nicht dabei?...
Plötzlich spürte Harry eine kalte Hand, die sich von hinten auf seinen Mund legte. Jetzt ist es aus, dachte er. Harry fühlte, wie er herumgerissen wurde, und starrte in Snapes zorniges Gesicht. Auch er trug ein Todessergewand. Trotz allem war es für Harry ein ungewohnter Anblick. Es war das erste Mal, dass er Snape in dieser Bekleidung sah.
„Sind Sie wahnsinnig, Potter? Ich kann so nicht arbeiten, wenn Sie hier herumschleichen.“
Warum war er nicht bei den anderen?
Ehe Harry wusste, wie ihm geschah, zerrte Snape Harry hinter einen Felsvorsprung.
Dabei sah er Harry durchdringend an und legte warnend seinen Finger an die Lippen. Harry wollte sich aus Snapes eisernem Griff befreien, aber es war unmöglich. Schließlich gab Harry vorerst den Widerstand auf. Und das war gut so. Dort, wo Snape und Harry standen, konnten sie alles beobachten, ohne bemerkt zu werden. Leider waren durch den starken Wind die Stimmen nur schwer zu hören.
„...aber der Dunkle Lord vertraut ihm doch“, sagte Greyback gerade.
„Das ist richtig. Und der Grund dafür ist denkbar einfach. Er besitzt eine Fähigkeit, die der Dunkle Lord sehr schätzt und über die nur sehr wenige Menschen verfügen: nämlich, immer im richtigen Augenblick den Mund zu halten...“
Harry warf Snape einen raschen Blick zu.
Das ist allerdings wahr...
„Snape kennt seine Fähigkeiten“, fuhr Malfoy fort „aber er prahlt nicht damit. Er umgarnt den Dunklen Lord wie eine Spinne ihre Beute. Ich kenne Snape. Er ist gefährlich…vielleicht gefährlicher als Harry Potter und Albus Dumbledore es zusammen je gewesen sind.“
Er schaute in die Runde. „Also, ihr wisst bescheid...Und denkt daran...Kein Wort zum Dunklen Lord, verstanden?“
Die anderen Todesser machte ein bejahendes Zeichen. Dann disapparierten sie. Harry und Snape sahen, wie sie alle nacheinander mit einem „Plopp“ verschwanden.
Alle, bis auf einen.
„Du bist dir deiner Sache sehr sicher, Severus...vielleicht ein bißchen zu sicher?“, sagte Lucius gedankenverloren, während seine Augen zu messerscharfen Schlitzen wurden.
Und mit einem spöttischen Lächeln fuhr er fort:
„Tja, Severus, ich fürchte, wir werden uns von dir trennen müssen...schade,...wirklich schade...“
Dann disapparierte auch er.
Harry spĂĽrte, wie Snapes Griff sich lockerte.
Minutenlang sagte keiner von beiden ein Wort. Man hörte nur das Heulen des Windes und das Rauschen der Blätter. Und den stoßweisen Atem der beiden.
Harry als erster die Sprache wieder.
„Na, Sie haben ja vielleicht tolle Freunde! Sie riskieren Kopf und Kragen, um ihnen den Hals aus der Schlinge zu ziehen und als Dank dafür kriegen Sie einen Tritt in den Arsch!“
„Nur kein Neid, Potter“, sagte Snape gelassen. „Haben Sie allen Ernstes geglaubt, dass Sie der Einzige sind, der mich so behandelt?“
Diese Bemerkung versetzte Harry einen Stich. Das war wieder mal typisch Snape. Und das Schlimme war: Er hatte recht. Wie so oft.
„Wenn Sie wollen, dass die Menschen dankbar sind, dann müssen Sie vielleicht etwas freundlicher sein…“
Snapes Augen verengten sich.
„Wenn ich netter zu Ihnen gewesen wäre, Potter, dann wären wir beide jetzt tot, genügt Ihnen das als Antwort?“
„Nein.“
Snape stöhnte, als könne er nicht glauben, dass jemand so begriffsstutzig ist.
„Gehen Sie, Potter.“
„Und wohin soll ich bitte gehen?“ kalte Wut stieg in ihm auf.
„Das überlasse ich ganz Ihnen.“
Ein Strahl eines Zauberstabes auf den Boden, ein Stoß von Snape - und Harry fiel vor die Türschwelle vom Fuchsbau…
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