von Seamus ODonnell
Wer A sagt …, oder der unbequemen Wahrheiten erster Teil
Fernuk machte ein entgeistertes Gesicht. Er stotterte hilflos als er gelesen hatte, was dort stand: „Das… das…, nein das kann nicht sein! Da… da muss ein Fehler vorliegen. G… Ganz unmöglich. Bei allen Verliesen von Gringots. Möge Merlin uns beistehen.“
Harry und Ginny sahen sich an und konnten es nicht glauben. Fernuk, der am Anfang noch so selbstsicher gewirkt hatte, hatte nun komplett seine Fassung verloren. Wortlos legte er das Buch vor Harry und deutete auf die zwei sichtbaren Seiten. Sofort fingen Harry und Ginny, die neben ihm saß, an zu lesen.
Vermögen des Erben von Gryffindor und Potter
Grundstücke:
Gryffindor Castle, Ceridigion (Cardiganshire), Wales
Potter Manor, Godric's Hollow, Anglesey, Wales
Potter Cottage, Godric's Hollow, Anglesey, Wales
Hogwarts Castle, Hogsmeade, Inverness Shire (Wenn der Erbe der einzige überlebende älteste Nachkomme der Gründer ist)
Arundel Castle, Arundel West Sussex
Scilly Inseln, Cornwall (ohne die Dörfer)
Sonstiges Vermögen:
Den Inhalt der Verliese Nr. 2, 25, 78, 128, 687
Beteiligung in Höhe von 51% an Gringots, verwaltet durch das Direktorium
Geerbte Titel:
Lord Gryffindor-Potter
Earl of Arundel and Surrey
Count of Sussex
Viscount of Inverness
Earl of Hogsmeade and Hogwarts
Die mit den Titeln verbundenen Privilegien:
5 Sitze im Zaubergamot
Mitglied der erzmagischen Gesellschaft
Direkte Vorsprache beim Minister für Magie
Das Recht seine Majestät die Königin oder den König ohne Ankündigung aufzusuchen
Gesamtvermögen geschätzt:
Wert Grundstücke           3.500.000.000 Galeonen
Wert Verliese          743.926.851 Galeonen
Wert Gringotsbeteiligung     5.145.354.884 Galeonen
Summe               19.389.281.735 Galeonen
Harry konnte es nicht fassen. Schon wieder nahm sein Leben eine dramatische Wendung, dabei wollte er nur einfach in Ruhe leben ohne etwas Besonderes zu sein. Ginny holte tief Luft und Bill, der das Ganze auch gelesen hatte, schüttelte nur seinen Kopf.
'Was mach ich jetzt? `, fragte sich Harry. Noch mehr Ruhm und Verantwortung wurde durch das Erbe auf seine Schultern gelegt. Und er war nun verantwortlich für die Geschicke von Gringots. Harry wurde schwindelig ob der neuerlichen Entwicklungen.
Bill erfasste die Neuigkeiten schnell und klopfte Harry auf die Schulter.
„Mann, jetzt bist Du ein echter Goldjunge. Gratuliere, Harry.“
Ginny fing an zu kichern und konnte nicht mehr aufhören. Nur Fernuk konnte der Situation nichts Amüsantes abringen. Er dachte nur daran, dass Gringots nicht mehr unter der Leitung der Kobolde stand. Harry merkte die Besorgnis des Direktors und dachte darüber nach, wie er diese unangenehme Situation klären könnte. Nach kurzer Zeit sagte er: „Fernuk, ich glaube, ich weiß was Sie bedrückt. Ich mache ihnen einen Vorschlag. Ich biete ihnen an, zwei Prozent meiner Anteile zu erwerben. Soweit ich informiert bin, besitzen die Kobolde die restlichen 49 % der Anteile. Die fehlenden zwei Prozent für eine Mehrheit können Sie für eine symbolische Summe von zwei Galeonen erwerben. Außerdem werde ich mich nicht in die Angelegenheit der Bank einmischen und das Direktorium meine Anteile verwalten lassen.“
Fernuk machte große Augen, als er das hörte. Trotzdem hatte er noch einen nicht gerade unwichtigen Einwand. „Mr. Potter, Ihr Angebot ehrt mich, aber Sie haben das Erbe noch nicht angenommen. Daher können Sie noch nicht Teile davon abtreten. Deshalb muss ich Sie fragen, ob Sie das Erbe annehmen.“
Der schwarzhaarige junge Mann brauchte einen Moment Bedenkzeit. Er stand auf und ging schweigend in Fernuks Büro auf und ab. Bill und Ginny konnten fast hören, was Harry dachte. Nach langen Minuten setzte er sich wieder und sagte: „Ich nehme das Erbe an. Und wenn die Kobolde folgende Bedingungen akzeptieren, können sie die zwei Prozent meiner Anteile erwerben.“
„Und welche Bedingungen?“ wollte Fernuk wissen. Er wirkte ziemlich beunruhigt, denn in der Vergangenheit haben Zauberer immer wieder unverschämte Bedingungen an die Kobolde gestellt. Auch wenn er es nicht vermutete, dass Harry Forderungen stellen würde, die nur zum Wohl der Zauberer dienten, war er sehr wachsam.
„Alle Kammern sollen von schwarzmagischen Gegenständen, die nur Schaden verursachen können, befreit werden und diese an das Ministerium zur Vernichtung übergeben werden. Meine Verliese sind nicht davon ausgeschlossen. Die Namen der Besitzer können dem Ministerium mitgeteilt werden oder auch nicht. Das sollen Sie entscheiden. Auch sollte Mr. Weasley hier seine Stelle bei Ihnen wieder einnehmen und nicht mehr gekündigt werden können, solange er sich an die Regeln von Gringots hält. Die Verliese verurteilter Todesser sollen aufgelöst und deren Inhalte an die Opfer des Krieges verteilt werden. Und zu guter Letzt soll jedes magische Wesen ein Verlies bei Ihnen eröffnen können.“
Bill, Fernuk und Ginny staunten. Fernuk, der nur einen Moment überlegte, stimmte den Forderungen zu. Mit Handschlag wurde die Übereinkunft besiegelt und damit war der Handel perfekt.
Harry wollte jetzt noch wissen, was sich in den einzelnen Kammern befand. Ohne zu zögern antwortete der Kobold: „Die Inhalte sind sortiert und Katalogisiert. Eines ist Ihr Geldverlies. Die anderen sind mit Dokumenten, Büchern, magischen Artefakten und seltenen Zaubertrankzutaten gefüllt.“ Er übergab eine Ãœbersicht der Inhalte an Harry, der diese in seinem Umhang verstaute.
Im Anschluss fragte er: „Wären Sie auch so freundlich, mir noch 3000 Galeonen auszuzahlen?“
Fernuk ging darauf ein und sagte: „Lord Gryffindor-Potter, in meinem ganzen Leben ist mir noch nie ein Zauberer begegnet, der uns mit so viel Respekt und Akzeptanz behandelt hat. Daher werde ich sofort die Schutzmaßnahmen wegen Ihnen beenden. Sie können mich auch jederzeit aufsuchen, wenn Sie weitere Vorschläge haben. Ich werde Sie jetzt zu Ihrem Geldverlies bringen.“
Harry bedankte sich dafür: „Vielen Dank für alles. Ich verspreche, dass ich alles machen werde, damit alle intelligenten Lebewesen in der magischen Welt die gleichen Rechte bekommen. Aber bitte lassen Sie den Lord weg. Mir reicht mein Nachname.“
Fernuk stand auf und verbeugte sich vor Harry und geleitete die drei im Anschluss in die Schalterhalle. Auf dem Weg dahin tauchte der Sicherheitskobold auf, der von Fernuk sofort weggeschickt wurde. Vor einer vergoldeten Koboldstatue mit Augen aus tiefschwarzem und auf Hochglanz poliertem Onyx blieb der Kobold stehen und legte seine rechte Hand auf die linke Hand der Figur. Kaum war das geschehen,  begann sich der Boden unter der Gruppe zu senken. Langsam sanken sie tiefer und tiefer und auf dem Weg nach unten erklärte Fernuk, dass Harrys Geld in ein Verlies gebracht worden sei. Es dauerte zehn Minuten, bis sie vor dem Verlies Nummer 687 stehen blieben. Dies war das Verlies, aus dem Harry immer wieder Geld geholt hatte. Die Tür öffnete sich und Harry stockte der Atem. Auch wenn vorher immer noch viel Geld vorhanden war, so hatte sich die Menge verhundertfacht. Ginny schaute sich um und konnte es kaum fassen, dass eine einzelne Person so viel Geld hatte. Ein gigantischer Haufen Knuts lag an der rechten Wand. Links von den dreien, Fernuk war draußen geblieben, lag ein genauso großer Haufen Sickel, der jeden von ihnen um das doppelte überragte. An der hinteren Wand stapelten sich unzählige Truhen voller Galeonen. Eine Truhe stand geöffnet vor dem Stapel und Harry steuerte zielsicher darauf zu und steckte so viele Münzen in seinen fangzähnigen Geldbeutel, wie dieser fassen konnte. Zum Schluss war der Beutel bis zum Platzen gespannt und lag schwer in Harrys Hand. Auf dem Weg zurück wollte er wissen, wie er sich angemessen von den Kobolden verabschieden soll.
Bill flüsterte ihm etwas ins Ohr, ohne dass Fernuk etwas mitbekam. Wieder in der Halle angekommen verabschiedete Fernuk sich.
„Mr. Potter, es war mir ein Vergnügen, sie kennenzulernen.“
„Fernuk, das Vergnügen war ganz auf meiner Seite. Mögen all Ihre Geschäfte stets mit gutem Profit belohnt werden.“ Fernuk gab Harry und den anderen die Hand, drehte sich um und verschwand wieder in Richtung der Treppe zu seinem Büro.
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In Hogwarts saßen unterdessen Ron und Hermine beim Frühstück und wunderten sich über den Verbleib von Harry und Ginny.
„Ron, hast du Harry oder Ginny heute schon gesehen?“
„Nein. Als ich aufgewacht bin, war Harrys Bett schon leer. Ich denke er ist mit meiner Schwester irgendwo und küsst sie bis sie ohnmächtig ist.“
„Das denke ich nicht. Meiner Meinung nach muss Harry etwas erledigen. Und das Ginny bei ihm ist, versteht sich doch von selbst.“
„Wenn du meinst? Was sollen wir in der Zwischenzeit machen, Hermine?“
„Was du machen willst, weiß ich nicht, aber ich werde mich mit Kingsley in Verbindung setzen um Einen Portschlüssel nach Australien zu bekommen. Meine Eltern sind noch immer dort und ich vermisse sie schrecklich. Ich denke, wir könnten alle zusammen dort Urlaub machen und so dem Trubel hier entko…“
Auf einmal erfüllte das Brüllen eines Löwen durch das gesamte Schloss und alle Anwesenden erschraken; entweder zückten sie ihre Zauberstäbe in Erwartung eines Angriffs oder versuchten sich in Sicherheit zu bringen. Doch es geschah etwas Unerwartetes. Die alten Gemäuer fingen an zu stöhnen, zu knirschen und zu ächzen. Wie von Geisterhand wurden die Schäden, die während des Kampfes entstanden waren, beseitigt. Auf dem Schulwappen begannen die Tiere der Hauswappen sich zu bewegen und die Unterteilungen verschwanden. Es schien fast so, als ob die Wappentiere miteinander fangen spielten; nur die Schlange der Slytherins hielt sich zurück. Erst durch einen Stoß mit der Schnauze des Gryffindorlöwen beteiligte sie sich auch an dem Reigen. Auch das Schulmotto veränderte sich. Aus Draco dormiens nunquam titillandus wurde E pluribus unum. Die Hausfarben verschwanden und wurden auf den Dachs, den Adler, die Schlang und den Löwen übertragen. Der Hintergrund verwandelte sich in ein neutrales Hellgrau. Auf den Gängen verfärbte sich die Farbe der Wände in ein tiefes Rot und alle Fenster- und Türrahmen waren auf einen Schlag vergoldet. Die Möbel im ganzen Anwesen richteten sich und erschienen wie neu. Und auch die Rüstungen in den Korridoren glänzten im Schein der Fackeln wie feinste Goldschmiedearbeiten.  Die Fassaden der Gebäude verfärbten sich schneeweiß und die Ziegel auf den Dächern wurden kobaltblau.
In Hogsmeade rannten die Menschen auf die Straßen und blickten voller Erstaunen auf das Schloss, denn auch dort hatte man das Gebrüll laut und deutlich vernehmen können. „Ah“, und „Oh“ konnte man überall hören und die Gesichter der Leute waren freudig erregt. Alle waren der Meinung, dass nun eine Zeit des Friedens angebrochen war.
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Kurz nach der Verabschiedung verließen die drei die Bank und Harry machte einige Abstecher in verschiedene Geschäfte. Er brauchte unbedingt einen neuen Besen, denn seiner war bei der Abreise aus dem Ligusterweg zerstört worden. Bei Qualität für Quidditch kaufte er sich einen neuen Feuerblitz und ging dann zu Eeylops Eulenkaufhaus, denn eine Eule hatte er bitter nötig. Er wollte nicht Fawkes dazu nutzen, seine Post zu holen. Dafür war der Phönix etwas zu auffällig. Im Anschluss apparierten sie vor das große Gatter zum Schulgelände und blieben wie zu Salzsäulen erstarrt stehen. Sie konnten ihren Augen nicht glauben, als sie Hogwarts im neuen Glanz sahen. Das Schloss wirkte wie ein Juwel im Licht der Maisonne, die strahlend über der ruhigen Gegend stand.
Harry löste sich als erster aus der Starre und rannte so schnell er konnte zum Eingangsportal hinauf, um nach Hermine und Ron zu suchen. Seine Begleiter folgten ihm auf den Fersen und fast gleichzeitig erreichten sie das gigantische Holzportal. Schon von weitem konnten sie hören, wie sich die Bewohner über die Veränderungen unterhielten. Harry stürmte durch den Eingangsbereich in die große Halle, wo er nach seinen beiden besten Freunden Ausschau hielt. Hermine sah Harry als erste und zerrte Ron am Arm im Laufschritt zu ihm.
„Harry, da bist Du ja. Wo warst Du?“
„Ich war in der Winkelgasse. Wieso fragst Du?“
„Es war einfach unglaublich. Alle Beschädigungen durch den Krieg sind beseitigt und alles ist wie neu. Angefangen hat es mit einem Löwengebrüll und dann hat sich alles erneuert, wurde repariert und Rot und Gold eingefärbt. Ich kann es mir nicht erklären. Es ist fast so, als ob das Schloss nur noch Gryffindors beherbergen wird.“
Da Harry mehr wusste als Hermine, nickte er nur und gab kein Wort von sich. Er wollte den anderen erst später von seinem Erbe erzählen. So viel Aufmerksamkeit um seine Person, wie die Erbschaft nach sich ziehen würde, wollte er so weit wie möglich auf einen späteren Zeitpunkt verschieben.
Ron stieß seinen Freund in die Rippen und meinte: „Endlich sind wir die stinkenden Slytherins los. Das kann nur allen Recht sein.“ Harry wollte Ron zwar den Glauben daran nicht nehmen, deutete jedoch auf das Schulwappen.  „Schau mal genau auf das Wappen, Ron. Die Slytherins werden hier immer ihren Platz haben. Ich habe in den letzten Tagen auch mal Zeit gehabt über einiges nachzudenken. Wir müssen alle zusammenhalten. Oder willst Du, dass es irgendwann wieder einen neuen Dunklen Lord gibt?“ Diesen leise vorgetragenen Vorwurf von Harry verursachte bei Ron, dass er rot anlief. Jetzt schämte er sich für seine Äußerung und er konnte seinem besten Freund nicht ins Gesicht sehen, denn auch viele Angehörige des verhasstesten Hauses in Hogwarts hatten schwerwiegende Verluste erlitten. 'Harry hat vollkommen Recht. Wir alle müssen dafür sorgen, dass niemand mehr so einen Weg einschlägt. `
Auch Hermine, die die Tragweite von Harrys Aussage erfasst hatte, schaute betroffen umher. Sie hatte so viel über die erste Schreckensherrschaft von Voldemort gelesen und wusste, dass schon damals viele, die unter dem Verdacht, Voldemort unterstützt zu haben, gestanden hatten, von ihm und seinen echten Anhängern dazu gezwungen worden waren. Und nicht wenige hatten diesen Dienst mit ihrem Leben und denen ihrer Angehörigen bezahlt. Wieso sollte es heute anders sein.
Harry wollte nicht, dass seine Freunde sich schuldig fühlten und sagte: „Macht Euch keine Vorwürfe. Ich verstehe Euch ja, aber mittlerweile denke ich, dass wir unsere Vorurteile ablegen sollten. Das sind wir den Opfern des Krieges schuldig.“
Keiner von ihnen hatte bemerkt, dass Professor McGonagal nur wenige Meter von ihnen stand und mit gespitzten Ohren zuhörte, was die Gruppe diskutierte.
'Falls ich die Leitung hier übernehmen sollte, dann werde ich mir Gedanken darüber machen, ob Harry nicht die Rolle des Schulsprechers übernehmen soll. Es passt einfach alles zusammen. Er ist erwachsen geworden und auch einsichtig. In dem Punkt ist er ganz sein Vater. Er versucht gerecht gegenüber allen zu sein und ich hoffe bei Merlins gesammelter Weisheit, dass Harry wiederkommen darf. `
Mit diesen Gedanken ging sie in ihr Büro zurück; auf dem Weg dorthin umspielte ein kleines, freundliches Lächeln ihre Lippen.
Harry hingegen sorgte dafür, dass seine Freunde mit ihm in Richtung des schwarzen Sees gingen. Auf dem Weg wollten Ron und Hermine wissen, was er und Ginny in London gemacht hatten, doch Harry verweigerte die Antwort. Erst als er sich sicher war, dass niemand sie belauschen konnte, rückte er mit der Sprache raus.
„Ich werde jetzt Eure Fragen beantworten. Wir waren bei Gringotts und haben dort einige Angelegenheiten erledigt.“ Er machte eine Pause, denn es machte ihm Spaß, wie Hermine immer unruhiger wurde. Sie wollte immer sofort alles wissen und diesen Zahn versuchte Harry ihr schon seit Jahren zu ziehen, doch bisher ohne Erfolg.
„Jetzt mach es nicht so spannend“, brach es aus Hermine heraus und Harry grinste sie nur an. Ron und Ginny lachten und Hermine wurde richtig wütend.
„Was gibt es da zu lachen? Harry geht überall hin, wo er will und begibt sich in Gefahr und wir hocken hier und machen uns Sorgen.“
„Jetzt mach mal halblang. Denkst Du nicht, ich würde ohne Rückendeckung mich irgendwohin begeben? Aber nun genug der Vorwürfe. Ich habe Fernuk, einen Kobold getroffen und er hat mir ein Testament gegeben. Aber nicht das von Sirius, sondern von Mary Rose Potter, der letzten geborenen Gryffindor.“
„Du bist ein Nachfahre von Gryffindor?“ fragte Hermine erstaunt.
„Ja. Und nicht nur das. Mir gehören mehrere Schlösser und Grundstücke. Darunter auch Hogwarts.“
Jetzt fielen Ron und seiner Freundin die Kinnladen fast bis zum Boden. Sie hatten mit vielem gerechnet, aber das ging über ihre Fantasie hinaus.
„Aber das ist noch nicht alles. Ich habe auch einige Titel geerbt. Ich bin Lord Gryffindor-Potter Earl of Arundel and Surrey, Earl of Hogwarts and Hogsmeade, Count of Sussex und Viscount of Inverness. “ Die Titel musste er von einem Pergament ablesen, da er sich nicht an alles erinnern konnte. Er zeigte den beiden anderen die Liste mit der Auflistung aller Besitztümer, Titeln und Privilegien. Ron fiel fast um und auch Hermine wurde es schwindelig bei solchen Summen.
„Jetzt hast Du ja keine Sorgen mehr. Ich wünschte, ich hätte auch nur einen Bruchteil von deinem Vermögen.“
Mit sehnsuchtsvoller Stimme sagte Ron diesen Satz. Doch Harry rückte ihm den Kopf wieder zurecht und auch Hermine bekam einige Worte mit auf den Weg.
„Doch Ron, gerade weil ich reich bin, habe ich Sorgen. Aber es ist nicht nur das Vermögen, das mir Verantwortung auferlegt. Auch die Titel und die mit ihnen verbundenen Privilegien sind kein leichtes Erbe. Ich hoffe, dass Du es verstehen wirst. Ich für meinen Teil habe es verstanden und zwar schon lange. Erinnerst Du dich noch an unser erstes Treffen? Schon damals war ich mir irgendwie darüber im Klaren, dass alles, was ich mache, genau beobachtet werden würde und ich hatte Recht. Ruhm ist etwas, dass nur ein vollkommen egoistischer Narr wie Lockhart sucht. Die meisten wollen nur in Ruhe leben können, so auch ich. Aber nach dem Erlebnis mit Quirrel und dem Stein der Weisen ahnte ich schon, dass mein Leben nicht ruhig sein würde. Aber ich muss Dir ja nicht alles nochmal erzählen, denn Du warst ja immer mit dabei. In den letzten Jahren habe ich jedoch etwas gelernt, was uns kein Lehrer beibringen konnte. Vorurteile sind dumm und können nur böses Blut erzeugen. Und Hermine, bevor Du jetzt etwas sagst, ich weiß, dass ich mich auch an den Beleidigungen gegenüber den Slytherins beteiligt habe. Es war falsch von mir und ich werde mich bei allen dafür entschuldigen. Auch wenn mir nicht erlaubt werden sollte, mein letztes Schuljahr hier zu absolvieren. Ich bin mir seit heute vollkommen meiner Verantwortung bewusst und werde alles versuchen, ihr gerecht zu werden. Ich glaube nicht, Ron, dass Du mit mir tauschen möchtest. Denn meine Familie hat einen sehr hohen Preis bisher gezahlt und Du hast Deine noch. Und Geld ist nicht so wichtig. Wichtiger sind die Menschen, die immer zu Dir halten und Dir auch mal vor das Schienbein treten, wenn es nötig ist. Und Du, Hermine, solltest nicht immer nur auf Dein Wissen vertrauen. Es hat uns zwar sehr oft geholfen, aber häufig hattest Du auch mal keine Idee, wie es weitergehen sollte. Hin und wieder solltest Du auf Deinen Bauch hören. In gefährlichen Situationen kannst Du nur reagieren und nicht lange Grübeln. Wissen ist dort nur bedingt nützlich und das weißt Du auch. Da helfen Dir nur Deine Instinkte weiter, denn denen kannst Du fast immer vertrauen. Ich meine es nicht böse, wirklich nicht. Das was ich Euch gerade gesagt habe, soll Euch zum Nachdenken bringen. Nichts von dem, was ich Euch erklärt habe, werdet Ihr in Büchern oder Pergamenten finden. Sucht in Euren Herzen nach der für Euch richtigen Antwort und haltet sie fest. Erst wenn Ihr sie gefunden habt, werdet Ihr das Ausmaß der Verpflichtungen erkennen, die seit heute auf mir lasten. Um eines möchte ich Euch bitten. Erzählt niemandem etwas von meiner Erbschaft. Wenn die Zeit gekommen ist, werde ich damit an die Öffentlichkeit gehen, aber jetzt noch nicht. Die Menschen brauchen erst einmal Zeit um ihr Leben wieder zu ordnen und können daher keine wilden Spekulationen über meine Pläne gebrauchen. Auch ich kann so was nicht brauchen, da ich mir erst einmal klar werden muss, was ich mit all dem anfangen soll.“
Erstaunt schauten Ron und Hermine Harry an. So ernst und doch so offen hatten sie ihn noch nie sprechen gehört. Es war fast so, als ob Dumbledore persönlich mit ihnen geredet hätte. Was Harry ihnen gesagt hatte, traf sie tief, ohne sie jedoch zu kränken. Es lag viel Weisheit in den Worten. Doch ein lehrerhafte Ton wurde nie erkennbar. Zumindest sah Hermine das so.
'Das glaube ich jetzt nicht. Harry ist so ausgeglichen und erwachsen. Das was er gesagt hat, ist fast schon ein Lehrbuch für Führungsqualitäten. So tiefgründig habe ich ihn noch nie erlebt. Da hat er mir eine harte Nuss zum knacken gegeben. Das kann dauern bis ich die Antwort gefunden habe`, dachte Hermine.
Ron hingegen nahm die Worte nicht so gefasst auf. Bei ihm kam ein Neid auf, der ihn von innen aufzufressen drohte. 'Warum immer er? Er bekommt alles und ich nichts. Und jetzt wirft er mir an den Kopf, ich wüsste nicht was Verantwortung heißt. Da kann er mir gestohlen bleiben. Wer von uns beiden war denn Vertrauensschüler? Ich. Und meine Arbeit habe ich gut gemacht.`
Rons Miene verfinsterte sich und er versuchte Hermine von Harry wegzuziehen.
„Ron, was soll das? Bist Du verrückt geworden?“
„Verrückt? Ich? Frag lieber mal unseren großen Lord hier. Nur weil er Geld und Titel hat, meint er, er könne uns Vorschriften machen. So etwas brauche ich mir nicht sagen zu lassen. Er meint zu wissen, was Verantwortung heißt. Woher denn? War er Vertrauensschüler oder ich? Es reicht mir.“
Ginny fuhr wütend dazwischen: „Ron, du riesiger Esel. Du hast mal wieder nicht zugehört. Wenn du meinst, Harry hätte alles, was er sich wünscht, dann liegst Du falsch. Du hast Eltern, die Dich lieben. Vielleicht haben wir nicht viel Geld, aber Harry hat keine Familie, auf die er sich verlassen kann. Seine Tante und sein Onkel hassen ihn und Sirius ist tot. Er hat nur uns, seine Freunde und Du bist auf dem besten Weg, diese Freundschaft zu zerstören. Ich sage Dir eines. Wenn Du noch einmal so schlecht über Harry redest, dann werden unsere Eltern Dir die Ohren lang ziehen und auch ich werde Dir die Hölle heiß machen. Was Fred und George mit Dir machen werden kann ich nur erahnen aber es wird garantiert sehr schmerzhaft für Dich.“
Hermine war geschockt, denn Rons Verhalten war unmöglich. Sie zog mit einem Ruck ihren Arm aus Rons Griff und stellte sich zu Harry und Ginny.
“Du bist einfach nur ein neidischer, kleiner Bengel. Ginny hat absolut Recht. Und glaub ja nicht, dass Du mit meiner Unterstützung rechnen kannst. Ich möchte nichts mehr mit Dir zu tun haben, wenn Du dich so benimmst.“ Sie war den Tränen nahe, so sehr hatte Ron sie enttäuscht. Ginny nahm sie in den Arm und warf ihrem Bruder, der alleine vor ihnen stand, einen finsteren Blick zu. Der rothaarige Junge starrte die drei böse an.
„Dann war es das mit uns. Ich habe keine Schwester und keine Freundin mehr. Macht doch was Ihr wollt.“ Ron drehte sich um und lief einfach davon. Hermine konnte ihre Enttäuschung nicht verbergen und brach schluchzend zusammen. Sie war nicht in der Lage auch nur ein Wort von sich zu geben und ihre Schultern hoben und senkten sich ruckweise.
Ginny, die ihre Freundin nicht losgelassen hatte, kniete neben ihr und streichelte über Hermines Rücken um sie zu trösten. Harry war zutiefst enttäuscht von Ron. Wieso er das getan hatte, war Harry schleierhaft. Er hatte gedacht, dass Ron ihm bei der Formulierung und Umsetzung seiner Pläne helfen würde, doch das konnte er jetzt vergessen.
Der Tag zog sich für die drei wie Kaugummi und Ginny und Harry hatten alle Hände voll damit zu tun Hermine zu beruhigen. So aufgelöst war sie noch nicht einmal gewesen, als Ron im letzten Jahr sie alleine zurückgelassen hatte. Und damals war mit ihr nicht viel anzufangen gewesen. Sie hatten fast eine Stunde gebraucht, bis Hermine wieder stehen konnte und es brach Harry fast das Herz, seine beste Freundin so niedergeschlagen zu sehen. Ihre Traurigkeit hüllte ihn und Ginny ein und ihnen war nicht zum Lachen zu Mute. 'Wie kann er so etwas behaupten? Habe ich etwa übertrieben? ` Diese Gedanken tauchten in Harrys Kopf immer wieder auf und wirkten wie die Leuchtreklamen am Piccadilly Circus.
Bis zum Abend blieben die drei im Gemeinschaftsraum der Gryffindors. Ron tauchte die ganze Zeit nicht auf und es war auch besser so. So wütend und traurig wie die drei Freunde waren, hätte Ron nicht viel zu lachen gehabt. Beim Abendessen, das Hermine, Ginny und Harry zusammen mit den meisten Lehrern einnahmen, war von Ron nichts zu sehen. Molly und Arthur Weasley waren am Morgen zum Fuchsbau zurückgekehrt um dort alles in Ordnung zu bringen. In der untergehenden Sonne tauchten drei dunkle Punkte auf, die direkt auf die große Halle zuhielten. Es waren Eulen, eine davon war Pig. Die beiden anderen waren fast weiße Schleiereulen vom Ministerium. Harry hatte fast schon vergessen, dass Kingsley ihn benachrichtigen wollte wegen der Anhörung durch die Schulräte. Im Sturzflug kamen die Eulen auf Harry und Ginny zu und landeten auf dem Tisch. Harry nahm einen Brief entgegen und als er den zweiten ergreifen wollte, hackte der Vogel in seinen Zeigefinger. Der Brief schien nicht für ihn zu sein. Das Tier kam jetzt auf Hermine zu, die von dem Ganzen nichts mitbekommen hatte. Harry stieß sie leicht am Arm.
„Hermine, da ist ein Brief für Dich.“
Seine beste Freundin zuckte zusammen. So gedankenverloren kannte Harry sie nicht und er machte sich große Sorgen um sie. Hermine befreite das Tier von seiner Last und sah auf den Umschlag. Der Absender erregte ihr Interesse und sie las den Inhalt. Auf ihrem Gesicht tauchte ein kleines Lächeln auf, denn anscheinend hatte der Inhalt des Schreibens ihre trüben Gedanken etwas aufgehellt.
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