Harry Potter und die Bruderschaft der Erben - Gespräche im Verborgenen
von Seamus ODonnell
Gespräche im Verborgenen
In der Eingangshalle hielt Professor McGonagal Florean zurück, während Harry und Hermine weitergingen.
„Mr. Fortescue, Sie wollen wieder zurück in die Winkelgasse?“
„Eigentlich schon. Wieso fragen Sie?“
„Nun, um ehrlich zu sein, ich wollte Ihnen einen Vorschlag unterbreiten. Nachdem, was heute passiert ist, bin Ich der Ãœberzeugung, dass es nicht ratsam wäre, wenn Sie Ihr Geschäft wieder öffnen würden. Derjenige, der Ihnen das angetan hat, könnte auf die Idee kommen, Sie aus dem Weg zu räumen. Daher wäre es besser, wenn Sie hier in Hogwarts bleiben. Nächstes Jahr wird die Stelle des Hausmeisters frei.“ Mit einem ironischem Unterton in ihrer Stimme fuhr sie fort: „Unser allseits geschätzter Mr. Filch tritt in den Ruhestand und ich suche händeringend einen Nachfolger. Die freie Stelle möchte ich Ihnen anbiete, zumindest so lange, wie es nötig ist, die ganze Sache, die Ihnen widerfahren ist, aufzuklären.“
„Das ist ein wirklich verlockendes Angebot und Sie haben ja auch Recht mit dem, was sie sagen, aber ich möchte auch meinen Laden wieder eröffnen.“
Harry war mit Hermine stehen geblieben, hatte das Gespräch mit angehört und schaltete sich in die Diskussion mit ein. „Ich kenne etwas aus der Muggelwelt, das heißt Pacht. Vielleicht verpachten Sie Ihr Geschäft und so können Sie Ihr Geschäft behalten, haben Einnahmen dabei und können hier arbeiten.“
„Ver... was?“
Professor McGonagal schaute Harry mit einem wissendem Lächeln und einem gewissen Stolz an.
„Ja, das wäre eine Möglichkeit. Verpachten bedeutet so etwas wie vermieten. Dabei läuft der Vertrag über einen gewissen Zeitraum. Eine wirklich fabelhafte Idee, Harry.“
Nun hatten die beiden Fortescue so in die Ecke geredet und er hatte jetzt keine andere Wahl mehr als seine Zustimmung zu geben. „Na schön, Sie haben gewonnen. Ich nehme Ihr Angebot an, aber nur so lange, bis der Angreifer identifiziert und verhaftet ist. Eine Frage habe ich aber noch. Wie sieht es mit der Unterkunft, dem Essen und dem Gehalt aus?“
Etwas zerknirscht antwortete die stellvertretende Schulleiterin: „Ihre Wohnräume werden erst nächste Woche frei. Ihre Mahlzeiten können Sie dann entweder mit den Schülern in der Großen Halle einnehmen oder bei Ihnen in Ihren Wohnräumen, das liegt ganz bei Ihnen. Kost und Logis gehören mit zu Ihrer Entlohnung. Dafür ist der Lohn, der ausgezahlt wird, nicht gerade üppig.“
„Professor, das ist nicht so tragisch. Dafür habe ich ja immer gutes Essen und vielleicht lerne ich mit der Zeit ja doch noch etwas dazu. Außerdem habe ich ja dann noch Einnahmen aus der, wie heißt es noch, Verprassung? “
Harry grinste und auch McGonagal verzog amüsiert die Mundwinkel leicht nach oben.
„Dann ist ja alles geklärt. Herzlich Willkommen in Hogwarts Mr. Fortescue. Wenn Sie mir bitte folgen würden? Ich möchte Sie mit unserem bisherigen Hausmeister bekannt machen, Er wird Ihnen alles zeigen und Sie einarbeiten. Und Sie, Mr. Potter, gehen wieder zu Ihren Freunden. Es wäre eine Schande, wenn Sie diesen schönen Tag mit mir verbringen würden anstelle etwas zu entspannen.“
Harry lachte wegen dieser Bemerkung und Hermine, die alles mitbekommen hatte, kicherte. Zusammen gingen sie hoch zur Krankenstation um Tonks einen Besuch abzustatten. Dort trafen sie auch auf Ginny und Remus. Ginny, die seit dem Angriff kaum ein Wort mit Harry gewechselt hatte, bemerkte sie zuerst und kam direkt zu Harry.
„Danke, dass Du mich in die Hecke geschubst hast. Ich wusste nicht, wie ich hätte reagieren sollen.“ Sie legte ihre Arme um seinen Hals und schaute ihm tief in die Augen. Immer, wenn sie seine Augen sah, kam es ihr vor, als ob sie darin versinken würde. Die Wärme und Liebe, die sie in ihnen sah, überwältigten sie immer wieder. Harry erging es ebenso. Erleichtert darüber, dass sie unverletzt geblieben war, schloss er sie in seine Arme und drückte Ginny ganz fest an sich.
Hermine bedachte die beiden mit einem warmen Lächeln. Auch Remus und Tonks, die auf Harry und Ginny nun aufmerksam geworden waren, konnten ihre Freude darüber, dass Harry und Ginny endlich wieder zusammengefunden hatten, nicht verbergen. Das ganze letzte Jahr hatte Ginny immer wieder an Remus und Tonks geschrieben, ob sie denn etwas von Harry gehört hatten und immer wieder mussten sie Ginny enttäuschen.
Remus räusperte sich und sagt: „Hallo, wir sind auch noch da!“
„Wie, wer ist denn noch hier?“, fragte Harry und schaute sich im Raum um, tat so, als ob Remus nicht anwesend sei und konnte sein Grinsen nicht unterdrücken.
Auch Remus grinste und meinte: „Du wirst Deinem Vater immer ähnlicher. Auch er hätte jetzt so reagiert. Für einen Scherz, wie flach er auch gewesen ist, war er immer gut.“ Bei diesen Worten merkte Harry dieses Mal keinen Stich in seiner Brust. Er hatte endgültig mit seiner Vergangenheit abgeschlossen und die Gewissheit, dass es seinen Eltern gut ging, dort wo sie waren, sorgte dafür, dass er ohne Trauer und Wut mit dem Thema umgehen konnte.
„Und Du kannst auch einen Spaß auf Deine Kosten vertragen. Wie geht es Dir, Tonks?“, fragte Harry, der sich inzwischen von Ginny gelöst hatte.
„Ich fühle mich ein bisschen schlapp, aber ansonsten ganz gut. Danke, dass Du mein Leben gerettet hast“, erwiderte Tonks, die inzwischen von Remus aufgeklärt worden war, was eigentlich passiert war.
„Jeder normale Mensch hätte genauso gehandelt. Dafür brauchst Du dich nicht bedanken. Außerdem war es Fawkes, der Dir geholfen hat. Bei ihm solltest Du dich bedanken.“
Als Fawkes, der noch immer ruhig am Fußende von Tonks Bett saß, seinen Namen hörte, gab er einen sanften Laut von sich.
Mit aufgerissenen Augen starrten Hermine, Tonks und Remus auf den Phönix; sie konnten es nicht glauben, das Dumbledores Haustier wieder nach Hogwarts zurückgekehrt war.
„Wo kommt er denn her?“ wollte Remus wissen.
„Dumbledore hat ihm eine letzte Aufgabe gegeben, bevor er starb. Und heute konnte er sie erfüllen. Ich schätze, dass Fawkes jetzt einen neuen Besitzer hat. Er ist ein letztes Geschenk, dass Dumbledore mir gemacht hat.“
Harry näherte sich dem Bett und hielt dem Vogel seinen Arm hin und fragte ihn: „Was ist, Fawkes? Willst Du bei mir bleiben?“
Ohne zu zögern kletterte der Phönix auf Harrys Unterarm und blieb ruhig sitzen.
„Ich schätze, das ist eine eindeutige Antwort. Wann darfst Du denn hier wieder raus, Tonks?“
„Heute zum Abendessen.“
„Das trifft sich sehr gut. Habt Ihr Lust heute Abend mit den Weasleys, Hermine und mir zu essen? Ich habe Euch allen etwas wichtiges zu sagen.“
„Natürlich. Jetzt, wo alles sich wieder beruhigt, haben wir alle Zeit der Welt. Wir treffen uns dann heute Abend in der großen Halle?“
„Genau.“
„Dann sehen wir uns heute Abend. Und jetzt geht Ihr besser. Nicht, dass Poppy hier rein gestürmt kommt und Euch rausschmeißt.“
So verabschiedet, gingen die drei Freunde zurück zum Gryffindorturm. Unterwegs wurde Harry von den wenigen Menschen, die noch anwesend waren angestarrt. Es war auch ein ungewöhnlicher Anblick, dass ein fast Achtzehnjähriger einen Phönix auf dem Arm trug. Unterwegs fragte Harry: „Hermine, weißt Du, was ein Phönix frisst?“
„Nein, aber wenn Du willst, gehe ich in die Bibliothek und schaue nach.“
„Nein, lass mal. Ich werde mich nachher selber schlau machen. Und zur Not kann ich ja noch Hagrid fragen.“
Die ganze Zeit über hatte Harry jedoch immer wieder über die Aussage von Fortescue nachgedacht. Die Anderen hatten davon nichts gemerkt, denn mittlerweile hatte er gelernt sein Temperament zu zügeln und sich nichts anmerken zu lassen.
Den restlichen Nachmittag verbrachte er mit Ginny und sie redeten über die heutigen Ereignisse. Kurz bevor sie in Richtung Schloss aufbrechen wollten, kam ein zerknirschter Ron zu ihnen.
„Harry, kann ich kurz mit Dir reden?“
Obwohl Harry ahnte, was kommen würde, verhielt er sich etwas kühl seinem besten Freund gegenüber und fragte: „Was gibt es denn?“
Verlegen sagte Ron: „Ich möchte mich für heute Morgen entschuldigen. Es geht mich wirklich nichts an, mit wem Ginny zusammen ist und meine Aktion war absoluter Mist. Außerdem finde ich es besser, wenn Du und Ginny ein Paar seid, als wenn irgendein anderer seine Hände an meine kleine Schwester legt.“
„Ist schon vergessen, Ron. Aber eines schreibe Dir hinter die Ohren. Wenn Du noch einmal versuchst, meine Beziehung zu Ginny zu beeinflussen, dann werde ich Dir alle Flüche die ich kenne auf den Hals hetzten.“
~*~
Unterdessen in einem Haus inmitten eines Waldes, abseits jedweder Zivilisation, fanden sich mehrere Gestalten ein. Die Umgebung des Hauses war dicht mit Bäumen bewachsen und die Sonne schaffte es kaum, durch das dichte Blätterdach durchzukommen. Nur einzelne, kleine Flecken des Waldbodens kamen in den Genuss der Sonne, ansonsten wirkte alles sehr finster. Das Haus selbst wirkte von außen sehr heruntergekommen. Einige Fensterläden hingen schief in den Angeln und die Fassade war grau und einige Flechten und etwas Moos hatten sich an den Stellen, wo der Putz abgefallen war, festgesetzt. Nur direkt am Haus selbst war eine wilde und wuchernde, kleine Grünfläche, die hauptsächlich mit Brennnesseln und anderem Unkraut bewachsen war. Ein kleiner Weg, der aus groben Kieselsteinen angelegt worden war, führte durch das Dickicht, welches sich angesammelt hatte, direkt zur Haustür. Zwischen den Steinen spross hin und wieder etwas Löwenzahn hervor. Die Tür war schmutzig grün und an einigen Stellen blätterte die Farbe ab. Das darunter zum Vorschein kommende Holz wirkte verwittert und machte nicht mehr den stabilsten Eindruck.
Im Inneren jedoch wirkte alles trotz einer dünnen Staubschicht gepflegt und ordentlich. Die Wände des Eingangsbereiches waren mit kostbaren Gobelins behängt und auf dem Boden lag ein orientalischer Seidenteppich, dessen Farben durch die spärliche Beleuchtung einer einzelnen Fackel nicht deutlich zu erkennen waren. Im Inneren des Hauses hatte der Besitzer alle Räume magisch vergrößert und so Platz für all seine Besucher geschaffen. Das Esszimmer war düster und wurde nur vom Licht weniger Fackeln etwas erhellt. Die anwesenden Personen waren in dunkelblaue, fast schon schwarze Umhänge gehüllt und ihre Gesichter waren hinter silbernen Masken mit langen Schnäbeln versteckt. Sie saßen an einem langen Tisch, dessen Holz so glatt poliert war, dass sich alles in der Oberfläche spiegelte. Insgesamt waren acht Personen in dem Raum, als eine weitere den Raum betrat. Sie trug, wie die anderen auch, einen dunkelblauen Umhang, nur mit dem Unterschied, dass an den Ärmeln feine goldene Linien eingenäht waren. Auch seine Maske unterschied sich von denen der Anderen. Die Form war die gleiche, nur war diese hier aus Gold gefertigt worden und reflektierte das Licht der Fackeln.
Mit leiser, fast schon bedrohlicher Stimme sprach er: „Ich glaube, jetzt sind alle anwesend. Mr. D, ich glaube, Sie haben uns etwas zu berichten.“ Sie sprachen sich nie mit ihren richtigen Namen an nur die Buchstaben A bis I wurden verwendet.
Die Stimme von Mr. D klang heiser als er sagte: „Ja, Mr. A. Mein Plan hat versagt. Dieser Potter hat einfach zu schnell reagiert. Aber ich habe ihn davon abgehalten, zum Grab seiner Eltern zu gehen. Zumindest glaube ich das. Kurz nachdem ich diesen Fortescue dazu gezwungen hatte, Potter anzugreifen, war er außer Gefecht. Kurz danach habe ich einen der Begleiter mit dem Sectumsempra Fluch belegt. Der dürfte jetzt nicht mehr leben. Natürlich bin ich direkt danach geflohen. Ich konnte es nicht riskieren, dass man uns auf die Schliche kommt.“
„DU DENKST, DU HAST IHN DAVON ABGEHALTEN? UND FORTESCUE HAST DU AUCH AM LEBEN GELASSEN? FÃœR SO VIEL DUMMHEIT SOLLTE ICH DICH MIT DEM CRUTIATUS BESTRAFEN. WAS DENKST DU DIR EIGENTLICH DABEI, DEN POTTERBENGEL AUS DEN AUGEN ZU LASSEN? BEI MERLIN, ALS VERSTAND VERTEILT WURDE, HAST DU ANSCHEINEND VERSCHLAFEN. EINS IST ABER SICHER. SOLCH EIN VERSAGEN WIRD IN DIESER RUNDE NICHT MEHR OHNE FOLGEN BLEIBEN.“ Laut donnerte die Stimme von Mr. A durch das Haus und hallte von den Wänden wider.
Die anderen Mitglieder der Runde nickten zustimmend.
Er fuhr fort mit leiser, fast schon zischender Stimme: „An Deinem Versagen lässt sich nichts mehr ändern. Jetzt müssen wir davon ausgehen, dass Potter die Prophezeiung kennt und das ist fast so schlimm, als wenn er wüsste um was es darin geht. Dann wäre er uns um Meilen voraus und wir hätten keine Möglichkeit, in den Besitz dieses ominösen Gegenstandes zu kommen. Jetzt müssen wir entscheiden, was wir als nächstes unternehmen. Leider hat unser Plan, Potter durch den dunklen Lord aus dem Weg räumen zu lassen, nicht geklappt. Diese falsche Vision, die wir diese verrückte Hexe haben machen lassen, hat es fast geschafft und auch Dumbledore und das ganze Ministerium sind darauf reingefallen. Hat jemand hier eine Idee, was wir unternehmen sollen?“
Die Person, die zur Rechten von Mr. A saß stand auf und sagte mit weiblicher Stimme: „Da wir nicht wissen, was dieser Junge vorhat, sollten wir versuchen, jemanden in seiner Nähe einzuschleusen. Dann könnten wir ihn überwachen und so erfahren was er plant.“ Im Anschluss setzte sie sich wieder
„Danke Mrs. H. Dann wollen wir darüber abstimmen. Wer ist dafür?“
Zögerlich erhoben sich zuerst 3, dann 4 Hände. Nach einer kleinen Pause hob auch die als Mr. A bekannte Person die Hand.
„Und wer ist dagegen?“
Nun erhoben sich 4 Hände und Mr. A stellte fest: „Das sind also 5 Stimmen dafür und 4 dagegen. Damit wäre dieser Punkt geklärt. Jetzt müssen wir nur noch festlegen, wer diesen Auftrag übernehmen soll. Irgendwelche Vorschläge?“
Der geschäftsmäßige Ton, der vorherrschte, hätte jeden außenstehenden Zauberer oder Hexe erstaunt. Es klang fast so, als ob hier um einfache Geschäfte verhandelt würde. Wiederum erhob sich Mrs. H und schlug vor: „Wie wäre es, wenn ich diese Aufgabe übernehme. Ich könnte ja als, falls es nötig sein sollte, als Lehrer in Hogwarts arbeiten. Ansonsten wissen wir ja, dass der Orden des Phönix immer noch aktiv ist und ich könnte versuchen, mich einzuschleichen.“
„In dem Fall übernehme ich die Entscheidung alleine. Was Sie vorschlagen klingt etwas kühn, aber vielleicht funktioniert es ja. So soll es dann sein. Sie versuchen, das umzusetzen und erstatten mir persönlich Bericht über Ihre Fortschritte. Wir treffen uns in einer Woche wieder. Und jetzt verlassen Sie mein Haus. Ich muss nachdenken.“
Die anderen Anwesenden erhoben sich, verließen das Haus und disapparierten.
~*~
In Hogwarts war der Abend angebrochen und Harry wartete zusammen mit Ginny auf die anderen, als Professor McGonagal an ihnen vorbeiging.
„Professor McGonagal, haben Sie einen Moment Zeit für mich?“ fragte Harry.
„Aber sicher Mr. Potter. Was kann ich denn für Sie tun?“
„Wäre es möglich, wenn wir einen eigenen Raum für das Abendessen heute haben könnten? Es gibt einige Sachen zu besprechen, die nicht an die Ohren von anderen gelangen sollten.“
„Das lässt sich einrichten. Wie viele Personen erwarten Sie denn?“
„Wir werden 13 Personen sein.“
„13? Lassen Sie das nur nicht Professor Trelawney hören. Sie können die Kammer hinter dem Lehrertisch haben. Ich werde die Hauselfen anweisen, den Raum herzurichten.“
„Vielen Dank, Professor.“
„Nichts zu Danken. Sie wissen ja wohl, dass Sie immer zu mir kommen können, wenn Sie eine Frage haben.“ Mit diesen Worten verabschiedete sich Professor McGonagal und ging in die große Halle.
Die Zeit zog sich wie Kaugummi und Harry wurde immer ungeduldiger. Als dann endlich Remus und Tonks erschienen, wirkte er erleichtert. Tonks war noch immer etwas blass, aber ihre Laune war wieder so gut, wie er es von ihr gewohnt war.
„Sollen wir schon reingehen?“ fragte Tonks.
„Nein, denn wir werden nicht mit den Schülern und Lehrern zusammen essen. Professor McGonagal hat für uns die Kammer hinter dem Lehrertisch herrichten lassen“ antwortete Harry.
Nach und nach trafen alle ein. Zuerst Ron und Hermine, die Arm in Arm die Treppe herabstiegen. Im Anschluss tauchten Bill und Fleur auf, gefolgt von Charlie, Arthur zusammen mit Molly und ungefähr eine halbe Minute später kamen Fred und George zu ihnen. Hinter ihnen kam Percy her gehetzt, der sich für sein verspätetes Erscheinen entschuldigte. Alle wollten nun von Harry wissen, was denn los sei und er sagte nur: „Ich werde euch gleich alles erzählen. Nur nicht hier, wo alle es hören können. Wir gehen in den Raum hinter den Lehrern um dort zu essen.“
Harry und Ginny führten die Gruppe durch die Halle, deren Decke sich dunkelblau gefärbt hatte und einzelne Sterne waren sichtbar geworden. Die Kerzen, die in der Luft schwebten, warfen ein warmes Licht auf die Gruppe, die von Allen neugierig beäugt wurden.
Harry öffnete die Tür und die Mitglieder defilierten an ihm vorbei in den Raum. Als er die Tür geschlossen hatte, zückte er seinen Stab und sprach den Muffliato Zauber. Da niemand ahnte, was Harry ihnen mitteilen würde, schauten sie erwartungsvoll auf ihn. Nur Fred und George konnten ihren Mund nicht halten und fingen an zu nörgeln.
„Komm schon, Harry. Raus mit der Sprache“ verlangte Fred.
„Genau, sonst fällt mir vor Langeweile auch noch das andere Ohr ab“ witzelte George.
Harry musste lachen, wurde dann aber ernst und bat alle, sich hinzusetzen, was diese auch machten. Kurz darauf fing Harry an zu sprechen.
„Was ich euch allen zu sagen habe, ist äußerst wichtig. Daher bitte ich euch, mich nicht zu unterbrechen. Wie einige von euch wissen, war ich mit Ginny heute in Godric's Hollow und habe dort noch einmal das Grab meiner Eltern besucht. Dabei ist etwas merkwürdiges passiert. Während Ginny und ich am Grab standen, hat eine Stimme uns etwas zugeflüstert. Nicht nur das ist seltsam, sondern auch die Nachricht an sich. Es war eine, in Versform abgefasste Prophezeiung. Sie betrifft hauptsächlich mich und...“
Harry konnte kaum weitersprechen, da alle ihn mit weit aufgerissenen Augen ansahen. Er wusste, dass alles weitere die Anwesenden schockieren würde. „... Ginny. Aber auch ihr, die Weasleys, wurdet erwähnt. Angeblich gab es eine Zeit, in der die Urahnen unserer Familien sich nahe standen. Sie besaßen oder erschufen einen Gegenstand, der so mächtig sein soll, dass sich ihre Kinder darum stritten, wer ihn in Gewahrsam nehmen sollte. Im Laufe der Zeit entfernten sich die Familien voneinander und erst vor knapp sieben Jahren kamen sie sich wieder näher. Langer Rede kurzer Sinn, das bedeutet, dass Ginny und ich dazu bestimmt sind, diesen Gegenstand zu finden und zu bewahren. Und bevor ihr fragt, um was für ein Gegenstand es sich handelt, muss ich euch enttäuschen. Darauf habe ich keine Antwort.“
Ein leises Murmeln und Flüstern geisterte durch den Raum und unterbrach Harry.
„Es gibt noch weitere Sachen, die ihr erfahren müsst. Wir sind kurz, nachdem wir in meinem Elternhaus waren, angegriffen worden. Es kann gut sein, dass es Todesser waren, die dahinterstecken, aber ich habe das Gefühl, als ob jemand anderes im Hintergrund die Fäden zieht. Ach ja, bevor ich es vergesse, heute Morgen habe ich Severus Snape lebendig an der heulenden Hütte gefunden.“
Er hatte den Satz kaum beendet, da fingen Molly, Fred und George an zu schimpfen. Ihre Wut über Snape war unermesslich, auch wenn sie wussten, dass Snape dabei geholfen hatte, Voldemort ins Jenseits zu befördern.
„Beruhigt Euch bitte. Ich kann ja verstehen, dass Snape nicht gerade Euer Liebling ist, aber die Sache mit Georges Ohr war ein Unfall. In der Nacht, wo ich abgeholt worden war, hatte Snape versucht zu verhindern, dass ein Todesser einen Todesfluch auf George und Remus loslässt. Wenn er hier wäre, würde er, und da bin ich mir absolut sicher, sein Bedauern darüber zum Ausdruck bringen.“
Die Diskussion, die daraufhin entbrannte, war so hitzig, dass Harry schon fürchtete, dass es einige Fluchschäden geben könnte.
So heftig dieser Ausbruch von Emotionen auch war, so schnell war er auch wieder vorbei, denn Arthur ging dazwischen. „Im Ministerium geht es drunter und drüber und die Leute beschuldigen sich gegenseitig Todesser oder Sympathisanten Voldemorts gewesen zu sein. Ich habe keine Lust, mir heute noch weitere Streitereien anzuhören.“
George meinte ganz nebenbei: „Genau. Seid ganz Ohr bei dem was unser Vater sagt.“
„Sieh an, sieh an. George wird doch langsam vernünftig“, sagte Ron grinsend.
„Wie bitte? Ich war noch nie unvernünftig. Ich mache halt nur das, was mir gefällt. Das ist doch vollkommen in Ordnung.“
„Wenn Du meinst.“
Harry wurde es zu bunt und fuhr etwas genervt dazwischen: „Jetzt hört doch bitte auf. Es gibt wichtigeres als unsinnige und wertlose Diskussionen. Ich habe mir heute Gedanken darüber gemacht, was sein sollte, wenn ich mit meiner Vermutung recht habe. Außerdem bin ich zum Schluss gekommen, dass ich noch viel lernen muss. Daher habe ich beschlossen, mein siebtes Schuljahr nachzuholen. Ich denke, dass es von Vorteil wäre, wenn wir, damit meine ich Hermine, Ron und ich, unser Wissen erweitern und unseren Abschluss hier machen. Der Schutz, den Hogwarts bietet, der ist besser als alles andere, was wir sonst aufbringen und erschaffen können.“
Auf einmal herrschte eine gespenstische Ruhe im Raum. So sachlich wie Harry in diesem Moment argumentierte, so kannte ihn keiner seiner Freunde. Bei Hermine schien es so, als ob sie ihren Mund nicht mehr schließen konnte. Die anderen schüttelten fast alle den Kopf. Nur Ginny und, zu Harrys Verblüffung, Fleur lächelten ihn an und nickten zustimmend. Die sanfte Stimme Fleurs unterbrach nach einigen Augenblicken die Stille.
„Ich finde, `Arry `at recht. Nur wer lernt, `at die Voraussetzungen, ein erfülltes Leben zu führen. Und was die Prophezeiung angeht, da `aben wir alle viel Arbeit vor uns. Wir wissen nicht, wie viel Zeit wir `aben, da`er sollten wir keine Sekunde verlieren.“
Dankbar erwiderte Harry: „Ich bin froh, dass Du das sagst. Besser hätte ich es nicht ausdrücken können. Aber es ist nicht nur Lernen, was ich im Kopf hatte, als ich für mich die Entscheidung getroffen habe. Die Bibliothek in Hogwarts ist so groß, vielleicht lässt sich da etwas finden, das uns bei der Suche weiterhilft. Und in der Zwischenzeit möchte ich Euch, Arthur und Percy, darum bitten, im Ministerium nach passenden Informationen suchen.“
Percy erwiderte: „Harry, Du scheinst vergessen zu haben, dass ich gekündigt habe, obwohl, wenn ich genau nachdenke, die Kündigung selbst nur dann gültig ist, wenn sie schriftlich abgefasst und in dreifacher Ausfertigung dem Minister oder dem Abteilungsleiter vorgelegt wird. Von daher ist mein Ausscheiden nicht offiziell.“
„Und das bedeutet?“ fragte Harry etwas angespannt.
„Ich kann im Ministerium ein und ausgehen, wie ich will. Niemand wird mich aufhalten.“
Mit Freude nahm Harry dies zur Kenntnis und antwortete: „Dann nimm doch bitte Deine alte Position wieder ein. Wie Du gemerkt hast, wäre es immer besser, einen Spion in den oberen Etagen einer Organisation zu haben, obwohl ich Kingsley als Minister vertraue. Es gibt halt noch so viele, die Voldemort unterstützt haben und im Ministerium arbeiten. Daher würde ich gerne wissen, was da vorgeht. Und natürlich kannst Du ja auch nach den passenden Lektüren in Bezug auf diese komische Prophezeiung suchen. Aber jetzt möchte ich erst etwas essen. Ich habe einen Mordshunger.“
Bei dem Stichwort erschienen auf dem Tisch mehrere Schüsseln und Platten voller Kartoffeln, Bohnen, Pasteten, Braten und Soße.
Jeder tat sich so viel er wollte auf und schweigend aßen sie, über das nachdenkend, was sie eben erfahren hatten. Sie alle hatten gedacht, jetzt, wo der dunkelste aller Magier endlich das Zeitliche gesegnet hatte, würde endlich Frieden einkehren. Doch es war wie verhext. Niemand von ihnen konnte so lange zur Ruhe kommen, wie es eine Bedrohung da draußen gab. Auf jeden Fall würde keiner von ihnen so lange Ruhen, bis auch die letzte Gefahr gebannt war.
Als alle endlich ihre Mahlzeit beendet hatten, kam Arthur zu Harry und gab ihm einen Brief von Kingsley.
„Der Minister bat mich Dir diesen Brief zu geben. Er traut zurzeit so gut wie niemandem aus seinem nächsten Umfeld. Lies ihn bitte, wenn Du alleine bist. Das sollte ich Dir noch dazu mitteilen.“
Erstaunt erwiderte Harry: „Was will Kingsley denn von mir?“
„Darüber hat er mit mir nicht gesprochen, von daher bin ich genauso ratlos wie Du.“
Das Gespräch wurde kurz darauf von Percy unterbrochen, der sehr reumütig wirkte. „Harry“, begann er, „ich möchte Dich in aller Form um Verzeihung bitten, dass ich Dir nicht geglaubt habe. Bis heute habe ich keine Ahnung, weshalb ich mich so verhalten habe und ich weiß auch, dass es für mein Benehmen eigentlich keine Entschuldigung gibt.“
Und obwohl Harry erkannte, dass Percy es ehrlich meinte, entgegnete er ausweichend: „Das musst Du mit Deiner Familie ausmachen. Bei mir musst Du dich nicht entschuldigen, sondern eher bei Ron. Ihm hast Du diesen, vor Arroganz triefenden Brief geschrieben und ihm empfohlen, den Kontakt zu mir abzubrechen.“
Als Arthur Weasley das gehört hatte, wurde er knallrot, zerrte Percy zur Seite und zischte ihm irgendetwas ins Ohr. Percys Schultern sackten nun endgültig nach unten und er erkannte, wie stark seine Meinung durch Umbridge und Fudge manipuliert worden war.
Nach dem Essen verdrückte sich Harry in ein leeres Klassenzimmer und öffnete den Brief.
Lieber Harry,
Ich weiß, dass es ungewöhnlich ist, dass ein Minister sich so meldet, aber im Moment vertraue ich der Eulenpost nicht.
Daher sah ich mich gezwungen, Dir diese Nachricht durch Arthur zukommen zu lassen.
Du fragst Dich jetzt sicher, was ich von Dir will. Die Antwort ist ganz einfach. Ich habe beschlossen, dass Du den Orden des Merlin erster Klasse erhalten sollst. Natürlich bekommen auch Hermine, Ron und alle anderen, die so tapfer gekämpft haben, diese Auszeichnung.
Daher möchte ich Dich bitten, ein Treffen mit mir zu ermöglichen. Wenn Du es wirklich willst, dann wird Dich dieser Brief, der auch ein Portschlüssel ist, noch heute Nacht um Mitternacht zu mir bringen.
Mit freundlichen Grüßen
Kingsley Shacklebolt
Zaubereiminister
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David Heyman über ein Thema des vierten Harry-Potter-Films