von ChrissiTine
24. Dezember: X für Xmal
Seit die Weasleys denken konnten, bekamen sie einen selbstgestrickten Pullover zu Weihnachten. Anfangs waren sie auch alle ziemlich begeistert, jeder bekam eine andere Farbe und weil sie noch nicht lesen konnten, war es schön, den Anfangsbuchstaben seines Namens erkennen zu können. Manchmal experimentierte ihre Mutter auch mit dem Motiv. Charlie bekam ein Jahr einen etwas gequetschten Drachen, weil seine Mutter das Muster nicht ganz so gut stricken konnte wie sie gehofft hatte. Als Ron Fan der Chudley Cannons wurde, bekam er einen orangenen Pullover mit dem Vereinslogo, was seiner Mutter im Vergleich zu dem Drachen fantastisch geglückt war. Ron trug den Pullover zwei Monate lang jeden Tag. Dann wuchs er allerdings plötzlich mehrere Zentimeter und der Pullover passte ihm nicht mehr.
Aber weil sie wirklich jedes Jahr ohne Unterbrechung einen Pullover bekamen und ihre Mutter sich nach einer Weile mehr oder weniger auf ihre Anfangsbuchstaben und die immer gleichen Farben beschränkte, wurde es langweilig. Besonders, als sie nicht mehr so schnell wuchsen und ihnen die Pullover aus dem Vorjahr immer noch passten und es ihnen so vorkam, als würden sie jedes Jahr den gleichen Pullover bekommen. Fred und George machten sich häufig einen Spaß daraus, die Pullover zu tauschen und die Lehrer so zu verwirren. Ron schenkte seine Pullover gerne Dobby. Er war noch keinem begegnet, der sich so unbändig über ein Geschenk gefreut hatte wie der freie Hauself.
Auch wenn Harry ziemlich nah an Dobby herangekommen war, als Mrs Weasley ihm in der ersten Klasse einen eigenen Pullover geschenkt hatte. Ron war zwar kein Fan mehr von den Pullovern, aber dass es jemanden gab, der überhaupt noch nie Geschenke zu Weihnachten bekommen hatte … das war einfach unvorstellbar für ihn. Deshalb war es auch selbstverständlich, dass er seiner Mutter vor Weihnachten einen Brief geschrieben und sie gebeten hatte, für Harry doch bitte auch einen Pullover zu stricken. Er hatte sogar angeboten, auf seinen eigenen zu verzichten, damit sie nicht extra Wolle kaufen musste (es war pure Selbstlosigkeit gewesen und hatte überhaupt nichts damit zu tun, dass seine Begeisterung für die Pullover seiner Mutter mittlerweile ziemlich nachgelassen hatte, auf keinen Fall). Aber seine Mutter hatte natürlich nicht auf ihn gehört und Harry einen eigenen Pullover aus anderer Wolle gestrickt. Und dieser Blick, als Harry ihn in den Händen gehalten hatte … Die Pullover waren eben doch Gold wert, selbst wenn Ron sie irgendwann nur noch zum Putzen seines Zaubertrankkessels oder zum Polieren seines Besens benutzte.
Meistens war es wirklich der symbolische Wert, der die Pullover so besonders machte und wegen dem jeder aus der Familie sie auch noch nach Jahrzehnten zu schätzen wusste. Besonders als sie alle noch klein waren, hatte ihre Mutter so viel zu tun und nahm sich trotzdem die Zeit, jedem von ihnen einen eigenen Pullover zu stricken.
Später gehörte jeder nicht-Weasley, der auch einen Pullover bekam, so inoffiziell zur Familie. Harry seit seinem ersten Schuljahr, Hermine erst ein paar Jahre später. Fleur hatte demonstrativ keinen bekommen, als sie mit Bill verlobt war, aber im Jahr darauf, als sie und Bill wegen Ron in ihrem eigenen Haus feierten, fand sie einen eigenen unter ihrem Weihnachtsbaum, blau mit eingewebten silbernen Fäden, der perfekt zu ihren Augen und Haaren passte und mit Tränen in den Augen hatte sie ihn angezogen, obwohl er überhaupt nicht zu ihrem Kleid gepasst hatte.
Nach der Hochzeit bekam auch jeder andere Ehepartner von Mollys Kindern einen eigenen Pullover, wenn er oder sie ihn nicht schon vorher bekommen hatte, so wie Harry und Hermine, um sie in der Familie willkommen zu heißen. Außerdem strickte Molly fantastische Umstandspullover, über die sich alle Schwangeren in der Familie freuten.
Ganz zu schweigen von den wirklich niedlichen Pullovern, die die Babys zu Weihnachten bekamen und an denen man wirklich exzellent sehen konnte, wie schnell die Kinder doch wuchsen. Es war gut, dass Molly sich nicht mehr um die Kindererziehung kümmern musste, und so mehr Zeit für die Pullover hatte, denn je größer die Familie wurde, desto früher musste sie anfangen mit Stricken. Für ihre eigenen Kinder fing sie meist direkt nach Weihnachten an, und die jüngsten Enkel hob sie sich bis zum Schluss auf, damit sie nicht schon wieder aus den Pullovern herausgewachsen waren, bis Weihnachten endlich da war.
Je älter die Weasleys wurden, desto häufiger versuchten sie ihre Mutter zu überreden, für sie keine Pullover mehr zu stricken. Sie hatten mittlerweile ganze Schränke voll, weil sie ein schlechtes Gewissen hatten, diese persönlichen Geschenke weiterzugeben, und da sie nicht mehr wuchsen, konnten sie sie auch jahrelang tragen und es war Verschwendung, jedes Jahr den gleichen Pullover zu bekommen.
Aber Molly brachte es nicht übers Herz, auch nur einen Pullover nicht zu stricken. Seit Bill geboren worden war, hatte sie ihren Kindern jedes Jahr einen geschenkt. Es war ihre Möglichkeit, Zeit für jedes ihrer Kinder zu haben, und nur dieses Kind, ohne sich von den anderen ablenken zu lassen. Immer wenn sie strickte, dann dachte sie nur an diese Person, für die der Pullover bestimmt war und es war ein wunderbares Gefühl, nur Zeit dafür zu haben, sich mit ihren Hoffnungen und Träumen für diesen einen besonderen Menschen zu beschäftigen.
Sie wusste, dass für ihre eigenen Kinder der Reiz schon längst verloren gegangen war, aber Harry und Hermine, Audrey und Fleur und Angelina liebten ihre Pullover immer noch, als Zeichen, von den Weasleys geliebt und akzeptiert und willkommen geheißen zu werden. Und die ganzen Enkel waren auch begeistert, zumindest als sie noch klein waren. Später glich der Enthusiasmus eher dem von Mollys eigenen Kindern, aber Dominique zum Beispiel blieb ein großer Fan, weil sie in einer besonders kalten Ecke in Schottland wohnte und häufig im Schnee trainierte und bei James war es ähnlich. Albus gab auf Ausgrabungsstätten immer gerne damit an, wenn er Kollegen aus aller Welt hatte, die selbstgestrickte Weihnachtspullover nicht kannten. Auch Victoire mochte die Pullover, wenn sie für das Ministerium in der kalten Jahreszeit in andere Länder reiste und schlief gerne in ihnen, um sich ihrer Familie nahe zu fühlen.
Und Scorpius erst. Der Junge hatte Molly sehr an Harry erinnert in seiner unbändigen Freude über ein so simples Geschenk. Er war Albus' bester Freund und Molly wusste, was für Sorgen Harry und Ginny sich um ihn gemacht hatten, als er nach Slytherin gekommen war. Aber Scorpius war da und ihm war es zu verdanken gewesen, dass Albus sich allen Sorgen zum Trotz sofort wohl gefühlt hatte in Hogwarts. Es hatte ein paar Jahre gedauert, bis Albus sich getraut hatte, ihn zur Weihnachtsfeier im Fuchsbau einzuladen, die jedem offen stand, der gerne mit den Weasleys feiern wollte. Albus hatte extra alle gebeten, nett zu Scorpius zu sein, der sich solche Sorgen gemacht hatte, als Malfoy von den Weasleys nicht akzeptiert zu werden (und das, obwohl alle Weasleys, die mit ihm zur Schule gingen, ihn mochten und schätzten). Molly hatte sich lange gefragt, wie sie ihn willkommen heißen und ihm zeigen konnte, wie dankbar sie ihm dafür war, dass er es Albus so leicht gemacht hatte und ihm dann kurz entschlossen auch einen Pullover gestrickt, den Scorpius stolz ihn Ehren hielt. Es war schön, so viel Freude zu schenken, also hatte sie ihm in den nächsten Jahren auch einen gestrickt, und als Rose und er schließlich heirateten, gehörte er Mollys Ansicht nach schon lange zur Familie. Und er war wirklich einer der größten Fans, trug die Pullover sogar zur Arbeit und war häufig einer der ersten, der sie bei Kälte aus dem Schrank holte.
Mit jedem Jahr wurden es mehr und mehr Pullover, sodass Molly irgendwann ihre Nadeln verhexen musste, um alle fertig zu bekommen. Wolle kaufte sie mittlerweile fast Tonnenweise, um genug zu haben. Aber sie vergaß niemals jemanden. Jeder konnte sich darauf verlassen, zu Weinachten ihren Pullover zu bekommen, komme war wolle. Und selbst wenn sie die Pullover irgendwann nicht mehr sehen konnten, die Geste wussten sie alle zu schätzen und ihre Augen strahlten und das war immer Mollys schönstes Geschenk.
TBC…
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A/N: Ein schönes Weihnachtsfest und wir lesen uns morgen mit dem vorletzten Kapitel zum Buchstaben Y.
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