von ChrissiTine
20. Dezember: T für TROLL
„Ein T in Geschichte der Zauberei, James? Wirklich?", sagte Ginny tadelnd, nachdem sie James' Zeugnis überflogen hatte, das endlich mit der Post gekommen war. Albus' Hogwartsbrief war schon vor zwei Wochen gekommen und James hatte ehrlich gesagt gehofft, dass sein Zeugnis einfach verloren gehen würde.
James verdrehte die Augen und warf einen Seitenblick auf seine Cousine Rose, die neben ihm am großen Esstisch saß und verächtlich geschnaubt hatte. Dass das Zeugnis und die neue Bücherliste auch ausgerechnet dann kommen mussten, wenn Tante Hermine, Onkel Ron und deren Kinder zum Essen bei ihnen eingeladen waren! Seine Eltern waren ja noch relativ entspannt, was seine Noten anging, aber Tante Hermine war gar nicht zu halten, wenn es um das Thema Leistung und Ausbildung und Lernen ging. Schon als er in den Kindergarten gekommen war, hatte sie ihm erzählt, wie wichtig es war, zu lernen. Dabei wollte er einmal Quidditchprofi werden und da waren Noten doch scheißegal.
„Was hast du denn da bei der Prüfung geschrieben?", fragte Onkel Ron neugierig. „Ich hab das nie geschafft und ich hab nie wirklich gelernt für dieses Fach."
„Ron!", fauchte Tante Hermine kopfschüttelnd. „Das ist keine Leistung, auf die man stolz sein sollte! Ein T!" Sie schaute James enttäuscht an, mit genau dem gleichen Blick wie seine Mutter. Den hatten wohl alle Mütter drauf und James hasste ihn wie die Pest.
„Meine Güte, Hermine, das war doch erst die erste Klasse. Du weißt doch noch, wie der Unterricht von Binns war. Super zum Einschlafen, aber dass man da etwas lernen kann …" Tante Hermine kniff missbilligend die Lippen zusammen, als sie Onkel Ron zuhörte. „Außerdem, hattest du nicht ein T in Geschichte der Zauberei bei deinen ZAGs, Harry?"
„Wirklich, Dad?", fragte Al überrascht und schaute seinen Vater mit großen Augen an. James fing an zu grinsen. Wenn sogar Dad so schlecht in Geschichte der Zauberei war und das bei einem wichtigen Test, dann konnte Mum ihm doch gar nicht böse sein!
„Nein, das war ein S, vielen Dank, dass du das jetzt zur Sprache bringen musstest", erwiderte Dad augenverdrehend und warf Mum einen Seitenblick zu. Sie schien wirklich nicht glücklich mit Onkel Ron zu sein, aber James war mittlerweile richtig dankbar, dass er da war. Wenigstens einer, der verstehen konnte, wie bescheuert dieses Fach war! „Außerdem ist das nicht fair, ich hatte während der Prüfung eine Vision von Sirius' Tod, da hatte ich wirklich wichtigeres im Kopf als die Koboldaufstände."
Betreten schauten James, seine Geschwister, Rose und Hugo sich an. Sie alle kannten die Ereignisse, die zum Tod von James' Namenspaten geführt hatten und auch wenn sie wirklich spannend waren, hörten sie sie nicht gerne, weil sie wussten, wie alles ausgegangen war. Nur dass alles seinen Anfang in einer ZAG-Prüfung genommen hatte, das hatten sie nicht gewusst.
„Ich war eher überrascht, dass ich für die Prüfung kein T bekommen habe, so schrecklich, wie das alles gelaufen ist", fuhr Dad fort, schaute schließlich aber auch tadelnd zu James. „Aber ein T, musste das sein? In der ersten Klasse war die Prüfung doch wirklich nicht so schwer, oder?" Er schaute zu den anderen Erwachsenen. Onkel Ron zuckte unsicher mit den Schultern, Tante Hermine schüttelte entschieden den Kopf und Mum war völlig ratlos.
„Keine Ahnung. Als ich in der ersten Klasse war, sind doch die Prüfungen ausgefallen, wisst ihr noch?", erinnerte Mum die anderen
„Was?", fragte Rose entsetzt. „Wieso das denn?"
„Cool", unterbrach Hugo sie kauend. „Was das öfters so? Kann uns das auch passieren?" James würde das auch interessieren. Die Prüfungen waren wirklich nicht so wichtig.
„Lieber nicht, Schatz", antwortete Tante Hermine mit betretener Stimme. „Damals war die Kammer des Schreckens offen und Schülerinnen und Schüler sind versteinert worden und Professor Dumbledore war suspendiert und deine Tante Ginny von Voldemort besessen. Das wollt ihr sicher nicht wiederholen, glaubt mir."
„Oh", murmelte Lily betreten. Diese Geschichte kannten sie natürlich auch alle. Zuerst nur den Teil, in dem Dad in einem Geheimgang unter dem Schloss eine Riesenschlange mit Gryffindors Schwert erstach, um Mum zu retten. Später auch, dass diese Schlange daran Schuld war, dass Tante Hermine für einen Teil des Schuljahres versteinert worden war und beinahe gestorben wäre und schließlich hatten seine Eltern ihnen letztes Jahr erzählt, dass Mum die ganzen Ereignisse ausgelöst hatte, indem sie in Voldemorts Tagebuch geschrieben hatte und von ihm besessen gewesen war. Mum hatte Tränen in den Augen gehabt und ihre Hände hatten gezittert und Dad hatte den Arm die ganze Zeit um sie haben müssen, aber Mum hatte gesagt, dass es wichtig war, dass sie alle wussten, zu was magische Gegenstände fähig waren und wie wichtig es war, vorsichtig zu sein und Neville sofort Bescheid zu sagen, wenn etwas ihr Misstrauen erregte. Lily hatte ein paar Tage Albträume gehabt, bevor Dad ihr wirklich versichern konnte, dass er es nicht zulassen würde, dass ihr irgendwas passierte. Und auf Dad war nun wirklich Verlass, er hatte schließlich Voldemort umgebracht.
Aber cool war die Geschichte schon irgendwo. Eine Schlange, von der niemand wusste, ein Zauberer, der so mächtig war, dass er durch ein lausiges Buch von einer Hexe Besitz ergreifen konnte (und James' Mum war wirklich eine mächtige Hexe, das sollte schon was heißen) und Dad, der einfach so aus dem Sprechenden Hut ein Schwert herausziehen konnte und für Mum sein Leben geopfert hätte, wenn Dumbledores Phönix nicht aufgetaucht wäre. Wenn die Prüfung in Geschichte der Zauberei ihn danach gefragt hätte, dann hätte er bestimmt kein T geschrieben. Aber Binns konnte sich wahrscheinlich nicht mal daran erinnern, dass das mal passiert war. Bestimmt hatte er sogar die ganze Schlacht von Hogwarts komplett verpennt. Nur zum Unterricht kam er jedes Mal rechtzeitig, aber sicherlich nur, weil der immer um genau die gleiche Zeit war. Andere Fächer wurden immer wieder hin und hergeschoben, aber Geschichte der Zauberei nicht.
„Habt ihr denn keine schönen Geschichten aus Hogwarts?", fragte Lily jetzt betreten. Sie mochte die Geschichte über die Kammer des Schreckens verständlicherweise nicht. Nicht zuletzt, weil sie sehr gerne Tagebuch schrieb (ziemlich langweiliges Zeug, James hatte das Tagebuch ein paar Mal aus seinem Versteck geholt, um zu erfahren, ob seine Schwester irgendetwas Interessantes erlebt hatte. Aber Lily dachte sich meistens nur Geschichten über ihre Lieblingspuppe Evelyn aus.) „Immer wäre fast einer von euch gestorben. Ich dachte, es hat euch dort so gut gefallen?", fragte sie verwirrt.
„Aber natürlich waren da auch schöne Geschichten, Süße", beeilte Onkel Ron sich zu sagen und tätschelte Lily den Arm. „Da waren ganz tolle Geschichten, nicht wahr?" Mit hochgezogenen Augenbrauen schaute er die anderen Erwachsenen an. „Wie wäre es mit … hmm …" Er kratzte sich an seinem Bart, aber ihm schien nicht wirklich etwas einzufallen.
„Ich weiß was", sagte Tante Hermine erfreut und drückte aufmunternd Lilys andere Hand. „Wie wäre es mit dem echten Troll?"
Rons Augen leuchteten auf. „Oh, ja, der echte Troll, der ist gut."
„Was für ein echter Troll?", fragte Mum verwirrt und schaute von Dad zu Onkel Ron. Sie runzelte die Stirn. „Wann seid ihr einem Troll begegnet? Ihr meint doch nicht etwa Gwarp, oder?"
„Nein, nein, ich meine einen echten Troll", erwiderte Tante Hermine und lächelte Onkel Ron und Dad rührselig an. „Es war in der ersten Klasse, deshalb weißt du vielleicht nichts davon, Ginny", sagte sie zu Mum, die nickte. „Es war an Halloween. Ich war damals totunglücklich, weil ich keine Freunde hatte und mich schrecklich alleine gefühlt hab und weil Ron mich beleidigt hat, weil ich so viel gelernt habe."
„Nein!", sagte Lily und starrte Onkel Ron entsetzt an. Auch Rose warf ihrem Vater einen überraschten Blick zu. James musste zugeben, dass er sich auch etwas wunderte. Er hatte gedacht, dass Dad, Onkel Ron und Tante Hermine schon immer befreundet gewesen waren. Onkel Ron neckte Tante Hermine manchmal zwar wegen ihrer Lernwut, aber er war auch immer unheimlich stolz auf alles, was sie geschafft hatte. James konnte sich gar nicht vorstellen, dass das mal anders gewesen sein sollte.
„Ihr müsst verstehen, ich war schon ziemlich besserwisserisch damals und ich wollte unbedingt die Beste sein, um zu beweisen, dass ich als Muggelgeborene in Hogwarts genauso viel zu suchen hatte wie alle anderen auch", erklärte Tante Hermine mit sanfter Stimme. „Und ich hab deinen Onkel manchmal korrigiert, wenn er im Unterricht was falsch gemacht hat, obwohl er mich nicht darum gebeten hat, deshalb war er verständlicherweise ein bisschen sauer, Lil."
Onkel Ron schüttelte den Kopf. „Ich war ein Idiot, Hermine, das kannst du ruhig sagen. Ich war genervt und hab was Blödes gesagt und du hast das leider gehört. Es war nicht fair von mir."
„Und wo war jetzt der Troll?", unterbrach James ungeduldig seinen Onkel. Er kannte seinen Onkel und seine Tante, wenn sie gegenseitig die Schuld auf sich nahmen für Sachen, die sie vor Ewigkeiten falsch gemacht hatten, dann würden sie nie erfahren, wie die Geschichte ausging.
„Es war wie gesagt Halloween", erzählte Dad jetzt weiter und James seufzte erleichtert. Dad ließ sich nicht ganz so schnell ablenken. „Und es gab ein großes Festessen. Wir haben uns alle nichts Böses gedacht, als plötzlich irgendjemand in die Große Halle gerannt kam und gesagt hat, dass ein Troll im Schloss war. Wir sollten natürlich alle in unsere Schlafsäle gehen, wo wir in Sicherheit waren und die Lehrer sollten sich um den Troll kümmern, aber Ron und ich haben uns daran erinnert, dass Hermine sich in irgendeinem Klo eingeschlossen hatte und wir wollten natürlich nicht, dass sie dem Troll in die Arme läuft."
Onkel Ron nickte bekräftigend. „Ich hätte mir das nie verziehen, wenn ihr was passiert wäre, nur weil sie wegen mir so traurig war." Tante Hermine lächelte ihn so verliebt an, dass James die Augen verdrehen musste. Aber Lily seufzte verzückt. Sie liebte Liebesgeschichten.
„Richtig", fuhr Dad fort. „Wir haben uns also zum Mädchenklo geschlichen, und wen haben wir da im Gang gesehen?"
„Den Troll, oder?", rief Hugo aufgeregt. Mum lachte wegen seiner Begeisterung.
Dad nickte. „Ganz genau. Wir hatten Glück, dass wir ihn im nächsten Zimmer ohne große Probleme einschließen konnten. Wir waren richtig stolz auf uns."
„Blöd nur, dass sie ihn in genau dem Klo eingeschlossen haben, in dem ich war", warf Tante Hermine augenverdrehend ein. Lily schnappte nach Luft. Obwohl er wusste, dass natürlich alles gut ausgegangen war, war auch James neugierig, wie es weiterging. Ihm war letztes Jahr sowas spannendes leider nicht passiert.
„Das ist uns auch schnell aufgefallen", erwiderte Dad grinsend. „Deshalb sind wir auch gleich hinterher und haben uns auf den Troll gestürzt, um ihn fertig zu machen. Dann waren auch schon die Lehrer da und haben sich um den Rest gekümmert. Aber seitdem sind wir Freunde. Man kann einfach nicht sowas gefährliches machen und danach noch böse aufeinander sein."
„Krass", sagte Hugo begeistert und James musste ihm zustimmen.
„Aber wieso war ein Troll in Hogwarts?", wollte Rose wissen und schaute fragend zu James. „Das ist doch nicht normal, oder?" Sie kam erst dieses Jahr nach Hogwarts und war natürlich richtig neugierig auf die Schule.
Er schüttelte bedauernd den Kopf. „Ich hab letztes Jahr keinen gesehen." Wäre aber cool gewesen.
„Oh, einer der Professoren stand unter dem Einfluss von Voldemort und hat gehofft, dass der Troll Ablenkung genug ist, um an den Stein der Weisen ranzukommen", erklärte Dad und schaute dann stirnrunzelnd zu Tante Hermine und Onkel Ron. „Ist aber schon irgendwo bescheuert, oder? Er hätte es doch auch an jedem anderen Tag versuchen können. War ja nicht so, als ob einer der Lehrer den Eingang bewacht hätte."
Onkel Ron zuckte mit den Schultern. „Voldemort war schon manchmal ziemlich dramatisch, das musst du zugeben, Harry. Wie mit dem Trimagischen Turnier. Crouch hätte ja auch deine Zahnbürste in einen Portschlüssel verwandeln können, da hättest du dich nicht erst durchs ganze Turnier kämpfen müssen, um an den Trimagischen Pokal zu kommen."
Dad legte stirnrunzelnd den Kopf schief. „Da hast du eigentlich Recht", murmelte er überrascht.
„Aber dann hättest du nie gegen einen Drachen kämpfen können, Onkel Harry", wandte Hugo ein. „Das war doch echt cool."
Dad lachte. „Naja, ich hätte eigentlich drauf verzichten können." Das konnte James nun überhaupt nicht nachvollziehen. Das war doch eine der beeindruckendsten Geschichten, die er überhaupt auf Lager hatte!
„Aber der Troll war wichtig", wandte Mum grinsend ein. „Sonst wärt ihr vielleicht keine Freunde geworden." Onkel Ron und Tante Hermine lächelten sich schon wieder so verliebt an und James stöhnte auf. War ihnen das gar nicht peinlich? Einen Moment später wünschte er sich allerdings, er hätte die Klappe gehalten, denn seine Mutter warf ihm einen strengen Blick zu. „Glaub bloß nicht, dass ich dein T vergessen hätte, junger Mann!"
Scheiße!
TBC…
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A/N: Ich hab die Geschichte mit dem Troll nur aus dem Gedächtnis geschrieben, weil ich das erste Buch nicht zur Hand habe und erinnere mich nur dunkel an die Geschichte mit dem Troll. Ich meine aber, dass es weniger spektakulär war als im Film und Harry und Ron sich nur auf den Troll gestürzt, aber nicht gezaubert haben. Etwaige Fehler bitte ich zu entschuldigen, das Trio erinnert sich nach so langer Zeit eben genauso unscharf an die Geschichte wie ich ;).
@Winkelgassler: Du hast natürlich Recht, dass mein Universum nur einen bestimmten Teil der Leserschaft bedient, der sich mehr für die nächste Generation interessiert als die ursprünglichen Teenager. Ursprünglich hatte ich das gar nicht so tiefgehend geplant, aber als ich mir die Lebensgeschichten der Kinder ausgedacht hat, wurde das immer ausführlicher und irgendwie schreibe ich lieber über die Kinder als Erwachsene als das Trio als Erwachsene, weil die mehr meine eigenen Charaktere sind als das Trio. Wahrscheinlich bekommst du einen besseren Überblick, wenn du weitere Geschichten aus dem Universum liest, das stimmt.
(Wenn du an Geschichten Interesse hast, in denen die Canon Figuren auftreten würde ich dir von meinen Geschichten am ehesten "What You Want The Most" empfehlen, die dreht sich um Ron und Hermine und wie sie versuchen, ein Baby zu bekommen. "That's What Friends Are For" dreht sich um den Beginn der Freundschaft in zwischen Albus und Scorpius, als sie frisch in Hogwarts sind und "Can't Help Falling in Love" über Scorpius und Rose und die Anfänge ihrer Beziehung, ebenfalls in Hogwarts. Auch wenn es hauptsächlich um die nächste Generation geht, sind die Eltern trotzdem mehr involviert als in anderen Geschichten.)
Schön, dass du den Kalender dennoch verfolgst, auch wenn er nicht so deins ist. Potterwatch hat mir immer gut gefallen und mir gefällt die Vorstellung, dass Harry die Sensationslust der Zauberwelt befriedigen kann, indem er über so banale Dinge wie Schwangerschaftstests oder Kochrezepte spricht.
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