von ChrissiTine
2. Dezember: B für BART
Hermine hatte für Gesichtsbehaarung nie sonderlich viel übrig gehabt. Ihr Vater hatte ein paar Jahre lang einen Bart getragen, aber ihr hatte das nie wirklich gefallen. Immer wenn er sie zur Schlafenszeit geküsst hatte, hatte es gekratzt und sie hatte sein Lächeln kaum noch sehen können hinter dem Bartwuchs. Außerdem sah es immer irgendwie unordentlich aus, selbst wenn er den Bart sorgfältig pflegte und aufpasste, dass alles den Hygieneregeln entsprach. Als Zahnarzt musste man schließlich vorsichtig sein.
Sicher, es gab Leute, denen ein Bart ausgesprochen gut passte. Hagrid wäre ohne Bart einfach nur lächerlich gewesen und bei Dumbledore hatte es zu seiner mysteriösen Aura beigetragen. Bei Sirius wiederrum hatte sie sich gefreut, dass er seinen Bart am Grimmauldplatz abrasiert hatte, aber bei ihm war das Gestrüpp auf der Flucht auch mehr eine Notwendigkeit als eine bewusste Entscheidung gewesen. Bill stand sein Bart ganz gut in Kombination mit seinen Narben, aber Hermine hatte Fleurs schwärmerische Blicke ehrlich gesagt nie wirklich nachvollziehen können. Wobei das wohl eher daran lag, dass sie immer nur Augen für einen Weasley gehabt hatte.
Als Harry sich dazu entschlossen hatte, einen Bart wachsen zu lassen, hatte sie sich als gute Freundin sehr bemühen müssen, nicht zu lachen. Der große Harry Potter konnte vieles, aber ein guter Bart gehörte nun wirklich nicht dazu und sie war froh, als Ginny ihren Mann endlich davon überzeugt hatte, sich wieder regelmäßig zu rasieren. Die Artikel in der Hexenwoche waren langsam wirklich qualvoll gewesen (besonders weil sie ausnahmsweise tatsächlich Recht hatten mit ihren Beschreibungen, so Leid es Hermine auch tat).
Bärte waren alles in allem nichts, was Männer für Hermine attraktiv machten und sie war froh, dass Ron sich immer sehr umsichtig rasierte. (Wahrscheinlich hatte das damit zu tun, dass Fred und George sich während der Pubertät immer über Ron lustig gemacht hatten und der nicht riskieren wollte, sich mit spärlichem Bartwuchs der Lächerlichkeit preiszugeben.) Selbst als sie auf der Flucht in ihrem Zelt waren, rasierte er sich täglich mit dem gleichen Rasierer, den Fleur auch Harry zum Geburtstag geschenkt hatte (selten war Hermine ihrer Schwägerin so dankbar für ein Geschenk gewesen).
Deshalb war sie auch völlig überrascht, als Ron von einem wochenlangen Einsatz, kurz nach ihrer Hochzeit, mit einem Bart zurückkam, bei dem ihre Knie weich wurden. Sie hatte seine weichen Wangen und seinen sanften Mund immer geliebt, deshalb war sie umso überraschter, wie sehr sie darauf reagierte, als ihre Lippen nicht nur zarte Haut, sondern auch struppige Barthaare berührten. Sie hatte kaum an sich halten können, als er ihren Hals geküsst hatte und auf ihren Brüsten konnte sie noch Tage später seine Bartstoppeln fühlen. Es war der beste Sex gewesen, den sie je gehabt hatten. Ron hatte das auf die lange Zeit der Trennung geschoben. Aber Hermine wusste es besser. Natürlich hatte er ihr gefehlt, aber es war mehr als das. Der Bart hatte so viele neue Empfindungen in ihr ausgelöst, dass sie es kaum glauben konnte. So überwältigt hatte sie sich selten gefühlt.
Sie wollte ihm am nächsten Morgen sagen, dass er den Bart ruhig behalten könnte, aber bis sie aus ihrem nahezu komatösen Schlaf endlich aufgewacht war, war es schon zu spät gewesen und er war bereits so glatt rasiert wie immer. Der Sex an dem Morgen war auch gut, aber … nun ja, nicht so gut wie der am Abend vorher. Es war irgendwie hemmungsloser gewesen, animalischer, weniger rücksichtsvoll, mehr konzentriert auf bloße Gefühle und Empfindungen, ohne jede Vernunft. Sie hatte nicht gedacht, dass ihr das gefallen könnte, aber … aber es hatte ihr wirklich, wirklich gut gefallen. Und ganz abgesehen davon sah Ron mit Bart auch irgendwie anders aus. Erwachsener, welterfahrener, wilder. Sie war selbst erstaunt, wie unglaublich attraktiv sie ihn so fand, aber, nun ja, Ron konnte sie eben immer wieder überraschen und wenn es um ihn ging, war sie selten Herr aller Sinne.
Aber Ron schien sein Bart nicht zu fehlen und Hermine wollte ihn nicht bedrängen, etwas zu tun, was er nicht mochte, nur weil es auf sie eine irrationale Anziehung ausübte. Sie liebte ihn schließlich so oder so. Und der Sex war auch niemals schlecht und wahrscheinlich war es wirklich mehr eine Kombination gewesen aus seiner Abwesenheit und dem Bart, der sie so wild hatte werden lassen.
Ihre Beziehung kehrte in ruhige Bahnen zurück und in den nächsten Monaten vergaß sie, dass Ron überhaupt einen Bart gehabt hatte. Ihre Arbeit nahm sie völlig in Anspruch und dann war da der Wunsch nach einem Baby, der sie nicht mehr losließ und deren fehlende Erfüllung sie in eine tiefe Depression stürzte. Sex hatte schon lange aufgehört, Spaß zu machen. Und als sie dann doch endlich schwanger geworden war, war das wirklich das Letzte, an das sie denken konnte als werdende Mutter, die so viel zu lesen und vorzubereiten und zu beachten hatte. Und als Rose dann endlich da war, als sie dieses kleine wunderbare Baby endlich in ihren Armen halten konnte, war alles andere unwichtig. Sie hatte sich so lange und so sehr ein Baby gewünscht und endlich hatte sie es und Ron und sie hätten nicht glücklicher sein können. Auch wenn ihr Sexleben nun wirklich auf der Strecke blieb. Aber für die ersten Monate war das ganz normal, versicherte ihr zumindest Audrey (Fleur und Ginny waren beide wenige Monate nach der Geburt ihrer ersten Kinder wieder schwanger geworden, also fiel es Hermine relativ schwer, den beiden zu glauben, wenn sie ihr das gleiche wie Audrey sagten).
Und es wurde noch schwieriger, als Hermine vier Monate nach Roses Geburt wieder anfing zu arbeiten. Sie liebte ihr Kind, aber sie wusste, dass sie als reine Hausfrau und Mutter nie glücklich sein würde und Ron hatte absolut kein Problem damit, seine eigene Karriere für seine kleine Prinzessin eine Weile etwas ruhen zu lassen. Ron war so verliebt in die Kleine, dass sie die beiden sowieso schwer trennen konnte, also brauchte sie wirklich kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn sie nicht so viel Zeit mit ihrer Tochter verbrachte wie andere Mütter. Das hieß schließlich nicht, dass sie sie weniger liebte. Aber es brachte relativ viel Stress mit sich und auch wenn sie es nicht wollte, vernachlässigte sie Ron in dieser Zeit etwas. Deshalb brauchte sie auch viel länger als ihr lieb war, bis sie schließlich erkannte, dass er aufgehört hatte, sich zu rasieren.
Doch eines Morgens, als sie beide im Bad waren, bemerkte sie schließlich, dass er seinen Rasierapparat überhaupt nicht beachtete und verschluckte sich beinahe an ihrer Zahnpasta, als ihr die ganzen Bartstoppeln ins Auge fielen, die sein Kinn und seine Wangen übersäten. Die waren schon länger als zwei Tage dort. Hatten sie sich so lange nicht geküsst, dass ihr das wirklich nicht aufgefallen war?
„Du…", fing sie schließlich zögerlich an, nachdem sie die Zahnpasta ins Waschbecken gespuckt hatte. „Du rasierst dich gar nicht?"
„Oh", murmelte Ron und räusperte sich. Sie konnte sehen, wie er rot wurde, als er sich unsicher über die Bartstoppeln fuhr. „Jaah, weißt du, das kostet immer so viel Zeit und ich muss so aufpassen und ich war meistens so müde, dass ich mich geschnitten hab …" Jetzt wo sie so darüber nachdachte, konnte sie sich tatsächlich daran erinnern, dass er manchmal ein paar kleine Schnittwunden gehabt hatte. „Außerdem mag Rosie die Stoppeln sehr gerne, sie lacht immer so niedlich, wenn sie mit der Hand drüber fährt oder ich ihr auf den Bauch puste, deshalb dachte ich … ich meine, wenn es dir nichts ausmacht …" Er wurde noch röter. „Ich weiß, du magst Bärte nicht, aber …"
„Nein, nein", fiel sie ihm hastig ins Wort und schüttelte den Kopf. Es war ihr peinlich, zuzugeben, wie heiß ihr allein bei dem Gedanken wurde, dass er wieder einen Bart haben könnte … Merlin! Das war doch sicher nicht normal. „Wenn es für dich praktischer ist, dann … dann mach es ruhig, ich gewöhn mich schon dran." Sie biss sich auf die Lippe, um nicht zu viel zu sagen.
„Wirklich? Danke!" Er lächelte sie erleichtert an und küsste sie flüchtig auf die Wange. Hermine musste alle ihre Kraft aufwenden, um ein Stöhnen zu unterdrücken. Sie legte eine Hand auf seine Wange und fuhr mit zitternden Fingern über die Bartstoppeln.
„Weißt du", sagte sie mit heiserer Stimme und räusperte sich hastig. „Ich hab heute nicht so viel Arbeit, ich müsste mich bald loseisen können. Vielleicht …" Sie schluckte. „Vielleicht können deine Eltern Rosie für heute Nacht nehmen und wir machen uns einen netten Abend. Nur wir zwei. Das haben wir schon so lange nicht gemacht …"
Rons Augen wurden groß. „Wirklich?", fragte er ungläubig und schlang die Arme um sie. „Nur wir zwei?" Hermine nickte. Er fing an zu grinsen und sie konnte nicht anders, als es zu erwidern. Es war wirklich schon viel zu lange her, als dass sie alleine gewesen waren. „Soll ich irgendwas Besonderes kochen? Oder schickes anziehen? Und mich rasieren?"
„Nein!", rief Hermine sofort energisch und presste einen Moment später die Lippen fest zusammen. Sie versuchte so würdevoll wie möglich auszusehen. „Wir können doch einfach was beim Chinesen bestellen", sagte sie schließlich, konnte seinem verwunderten Blick aber nicht ausweichen. „Ganz zwanglos." Sie schluckte. „Und … und du musst dich auch nicht rasieren. Mach dir nicht zu viel Mühe, okay?"
„Okay", bestätigte er misstrauisch, aber bevor er weiter nachforschen konnte, erlöste Hermine das Weinen ihrer Tochter aus der Zwangslage. Da hatte sie ja gerade nochmal Glück gehabt, dachte sie, als sie hastig ihre Akten zusammensuchte, Rose auf ihren herrlich duftenden Kopf und Ron auf seine verführerisch stoppelige Wange zum Abschied küsste.
Aber Ron hatte sie doch durchschaut. Sie konnte ihre Reaktionen am Abend und in der Nacht einfach nicht unter Kontrolle halten und als sie schließlich nach dem intensivsten Sex ihres Lebens atemlos im Bett lagen, wusste er ganz genau, wie sehr sie seinen Bart mochte.
Und für den Rest ihrer Ehe hatte er ihn nicht mehr abrasiert und Hermine störte das kein bisschen. Der Bart war das Beste, was ihrem Sexleben hätte passieren können und sie konnte sich nicht mehr erinnern, warum sie das jemals anders gesehen hatte.
TBC…
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A/N: Vielen Dank an alle, die an der Umfrage teilgenommen haben. Momentan steht es 7:2 für eine Ausdehnung auf die beiden Weihnachtsfeiertage. Und ganz besonderen Dank auch an die eine Person, die ein paar Vorschläge für die fehlenden Buchstaben gemacht hat. Bisher ist mir noch nichts Spezifisches dazu eingefallen, aber vielleicht wird es noch was.
Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, ob im Epilog etwas über Rons Gesichtsbehaarung gesagt wurde, aber wenn doch, dann ignoriere ich das mal, weil mir diese Geschichte einfach gut gefällt.
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