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Fanfiction

Severus Snape - Vorwürfe, fliegende Autos und peitschende Weiden

von HannaLuisa

„Du hättest es verhindern können. Harry wäre beinahe gestorben. Du hattest versprochen, ihn zu schützen!“ Dumbledores Stimme klang leise und eindringlich, vielleicht sogar traurig. „Ich glaubte, mich auf dich verlassen zu können.“ Dumbledore legte die Fingerkuppen seiner langen Hände aneinander und sah Severus ernst an. Die Worte trafen Severus direkt ins Herz. Das Versprechen, Lilys Sohn zu schützen, war eine tägliche Last, doch nie hatte er in seiner Wachsamkeit nachgelassen. Zornesröte breitete sich auf dem zuvor fahlen Gesicht aus. Wie konnte Dumbledore es wagen, ihm Vorwürfe zu machen? Er selbst war doch auf den Brief hereingefallen, der ihn für Stunden aus dem Schloss gelockt hatte.
„Es ist nicht meine Aufgabe, Potters Wahnvorstellungen zu verfolgen“, fauchte Severus. „Es ist schließlich nicht das erste Mal, dass er uns Hirngespinste erzählt, wenn ich an die Geschichte mit dem Drachen erinnern darf, die sie Longbottom verkauft haben.“ Bei der Erinnerung an diesen Vorfall verdüsterte sich seine Miene noch weiter. „Dieser Junge schlägt alle Regeln in den Wind, er treibt sich nachts herum und bringt seine Freunde in Gefahr. Er ist genauso ein Unruhestifter wie sein Vater.“
Der Schulleiter ließ Severus durch eine ungeduldige Handbewegung verstummen.
„Severus, bitte nicht schon wieder“, rief er scharf.
„Hättest du früher auf mich gehört … Ich habe dich von Beginn an vor Quirrell gewarnt“, trumpfte Severus noch auf.
Der alte Mann seufzte und für eine ganze Weile sahen sie beide in verschiedene Richtungen.
„Es tut mir leid“, sagte der Schulleiter schließlich. „Es war nicht deine Schuld.“ Langsam verrauchte der Zorn des Zaubertrankmeisters. „Wir sind beide hereingefallen“, fuhr Albus fort. Mit zusammengekniffenen Lippen nickte Severus.
„Es ist ja nochmal gut gegangen. Wer hätte gedacht, wie tapfer Harry das alles durchsteht? Und das in seinem Alter.“ Severus' Magen zog sich zusammen. Er konnte es nicht stehenlassen.
„Ohne Miss Granger und Mr Weasley wäre es ihm nicht gelungen, Quirrell aufzuhalten.“ Doch er merkte, dass der Schulleiter ihm nicht zuhörte. Severus erhob sich. „Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren, ich werde sehen, was es zu tun gibt. Möglichst bevor Horden an Schülern durch das Schloss laufen.“ Albus nickte und Severus verließ das Büro.

Die nahende Ankunft des Jungen, der sein zweites Jahr beginnen würde, verursachte Snape Magenschmerzen. Dieses Kind tagtäglich um sich zu haben, ununterbrochen an James und Lily erinnert zu werden, war eine Qual. Überhaupt die Gryffindors!
Longbottom, der nicht bis drei zählen konnte und ihn durch seine Unfähigkeit gewiss eines Tages in den Wahnsinn treiben würde. Wieso der Dunkle Lord Potter für gefährlicher gehalten hatte, war ihm zwar unbegreiflich, doch beinahe in jeder Stunde Zaubertränke verfluchte er Voldemort dafür. Hätte er Longbottom ausgesucht, wäre ihm Lily nicht genommen worden. Was kümmerte ihn schon das Schicksal der beiden Auroren, die nun, durch die Folter zerrüttet, in St Mungo lebten, nein vegetierten. Severus hatte zu viele Menschen sterben gesehen, als dass er zu jedem eine emotionale Bindung hätte aufbauen können. Im Grunde war es ihm gleichgültig gewesen. Bis es Lily getroffen hatte. Lily, liebste Lily, du fehlst mir so. In Trauer versunken glitt er über die langen Gänge hinunter zu den Kerkern. Jemand, zweifellos ein Hauself, hatte ihm die Nachmittagsausgabe des Tagespropheten, sowie einen Brief auf den Schreibtisch gelegt. Desinteressiert ließ Severus seinen Blick über die Zeitung schweifen. Was kümmerte es ihn schon? Doch wie elektrisiert griff er Sekundenbruchteile später nach dem Blatt. „Fliegender Ford Anglia versetzt Muggel in Aufregung.“
Nicht möglich!
Langsam ließ sich Severus auf dem Stuhl nieder und las den Artikel. „Zwei Londoner Muggel sind felsenfest überzeugt, dass sie einen alten Wagen über den Turm des Postamtes fliegen sagen. „Es handelte sich eindeutig um zwei Kinder, einen rothaarigen und einen schwarzhaarigen Jungen“, rief Mrs Johnson unserem Reporter zu, während sie von zwei weiß gekleideten Muggeln in einen Kastenwagen gesetzt wurde und dort eine Spritze erhielt.“
Das Entsetzen wich langsam einem hinterhältigen Grinsen, das sich auf dem Gesicht des Magiers ausbreitete. Dafür bekommt Potter den Rausschmiss!
Endlich! Und Weasley bin ich dann auch direkt los
. Gut gelaunt wie selten an einem Tag der Ankunft, verließ Severus sein Büro und wandte sich der Großen Halle zu. Die Professoren McGonagall, Flittwick und Lockhart unterhielten sich eindringlich und mit sehr ernsten Mienen.
„Es kam schon die Rückmeldung, dass die Jungen im Zug fehlen“, sagte Minerva gerade.
„Es ist allein meine Schuld“, beteuerte Lockhart mit achtungheischender Miene und gestikulierte so wild, dass er beinahe dem kleinen Professor Flittwick ins Gesicht schlug. Missmutig duckte dieser sich gerade noch weg. „Ich konnte ja nicht ahnen, dass ihm der Erfolg, neben mir auf dem Titelblatt zu erscheinen so zu Kopfe steigen würde, dass er für ein bisschen Aufmerksamkeit das internationale Geheimhaltungsabkommen gefährdet“, tönte Lockhart weiter. „Immerhin sind Pressetermine dieser Art für mich Alltag und wäre ich mir dieser dramatischen Konsequenzen bewusst gewesen...“ Theatralisch seufzend brach er ab. „Ich werde mir den Knaben jedenfalls noch zur Brust nehmen.“
Genervt verließ Severus die Halle und begann mit seinem Rundgang auf dem Gelände. Nach einer Viertelstunde drang das Stimmengewirr vieler hundert Schüler über die Schlossgründe und Severus verzog leidend das Gesicht. Prüfend ließ er den Blick über den Himmel schweifen.
Da!
Was war das?
Ein kleiner Punkt, der immer größer wurde.
Ein hellblaues Auto.
Na bitte.
Glas splitterte, er hörte die Jungen schreien und sah die Peitschende Weide wild ausschlagen. Severus grinste ungerührt. Das geschah ihnen recht. Der glamouröse Auftritt vor allen Mitschülern war jedenfalls gründlich schief gegangen und er gönnte den beiden den Unfall von Herzen. Lautlos näherte er sich den Kindern.
„Wo ist eigentlich Snape?“, fragte Harry gerade.
„Vielleicht haben sie ihn rausgeschmissen. Immerhin kann ihn ja keiner ausstehen“, sagte Ron. Kalte Wut stieg in Severus auf. „Oder vielleicht wartet er darauf von euch zu hören, warum ihr nicht mit dem Schulzug gekommen seid“, zischte er. Genüsslich sah er, wie der Schock die beiden lähmte und sie sich dann langsam zu ihm umdrehten. „Mitkommen!“ Dafür würden sie der Schule verwiesen, er würde sie nie wieder sehen müssen. Am liebsten hätte er triumphiert aufgelacht, doch er beherrschte sich. Seine Schritte federten, während er zufrieden die langen Korridore zurück in sein Büro ging. Mit hängenden Schultern folgten die Beiden ihm. „Was habt ihr mit dem Wagen gemacht?“, fragte er und baute sich vor ihnen auf. Potter und Weasley sanken noch ein wenig tiefer ein. Mit der Ankündigung, nun jene Leute zu holen, die dazu befähigt seien, einen Schulverweis zu erwirken, verließ er das Büro.

„Wir holen unsere Sachen.“ Die Stimme Weasleys klang erstickt und heiser. Noch immer starrte er den Fußboden an, als wünschte er sich nicht sehnlicher, als in einer der Fugen zu verschwinden. Hocherfreut setzte sich Severus auf seinen Stuhl und verschränkte die Arme vor der Brust, ein süffisantes Lächeln auf den Lippen.
„Sie werfen uns doch raus, oder?“
„In der Tat“, wollte Severus gerade ausrufen, als er erstarrte.
„Nicht heute, Mr Weasley.“ Das Lächeln fror zunächst ein, dann rutschte es ganz vom Gesicht. Noch während er versuchte, den Schulleiter umzustimmen, wusste er, dass es vergebens war. Potter würde bleiben und seine Nerven ein weiteres verfluchtes, langes Schuljahr strapazieren.


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