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Fanfiction

Sirius Black - Der Morgen des 1. November 1981

von HannaLuisa

Auf den Straßen herrschte hektisches Treiben. Menschen drängten dicht an Sirius vorbei, der getrieben durch die Stadt irrte. Hunger und Schlafmangel trübten seinen Verstand, doch Sirius Beine marschierten, scheinbar losgelöst vom Geist, zielstrebig durch das London der Muggel.
Zum ersten Mal in seinem Leben sehnte sich der junge Mann danach, dieser unwissenden Spezies Mensch anzugehören. Unwissend über die Terrorherrschaft, ahnungslos vom Krieg der Zauberer und verschont von persönlichen Verlusten.
Doch auch sie wurden nicht verschont, dachte Sirius. Er sah in das erschöpfte Gesicht eines früh gealterten Mannes, doch als Sirius seinen Blick suchte, war der Muggel bereits vorüber gegangen. Das Gefühl der Leere und Hoffnungslosigkeit wurde stärker. Der ungestüme, wilde und optimistische Teil seiner Seele schien im zerstörten Haus verblieben zu sein. Tränen stiegen in Sirius Augen und er machte sich nicht einmal die Mühe, sie weg zu wischen. Die Energie, die Hand zu heben, investierte er lieber in seine Beine, die ohnehin mit jedem weiteren Meter kraftloser aus schritten. Schließlich blieb er stehen. Seine Augen brannten, der Magen fühlte sich an wie ein übergroßes Loch, nach Nahrung verlangend. Er brauchte Schlaf!
Er musste etwas essen!
Er musste dem Ministerium entkommen.
Er musste Peter töten.
Die Überforderung vernebelte seinen Kopf.
„Junger Mann, kann man Ihnen helfen?“ Eine ältere Frau stand vor ihm, einen großen, geflochtenen Einkaufskorb in den Armen und musterte ihn besorgt. „Sie zittern ja.“ Mütterlich legte sie ihre dünne, runzlige Hand auf seinen Unterarm und Sirius zuckte zurück.
„In Ordnung“, brachte er mit zusammen gepresstem Kiefer hervor, nickte der Frau flüchtig zu und eilte davon. Der Kontakt zu ihr hatte seine Gedanken geklärt. Sirius ballte die Faust in seinem Umhang und spürte die beruhigende Struktur seiner einzigen Waffe. Entschlossen, als hätte er nie etwas anderes vorgehabt, betrat er einen Hauseingang, aus dem gerade ein Kind kam. Niemand war zu sehen. Sirius schloss die Augen, sein Oberkörper krümmte sich heftig. Sein Versäumnis fiel ihm erst auf, als es zu spät war. Er konnte die Tür unmöglich alleine öffnen. Laut bellend kratzte er mit seinen Vorderpfoten gegen die Scheibe. Die selbe alte Frau, die Sirius nur wenige Minuten zuvor angesprochen hatte, trat heran und drückte die schwere Tür auf. Ein leichter Wind strich Sirius um die Schnauze.
„Na, du bist ja ein Hübscher“, rief sie und versuchte ihn zu streicheln, doch Sirius preschte an ihr vorbei. Er hatte Witterung aufgenommen. Das diffuse Gefühl, welches ihn in diese Gegend getrieben hatte, intensivierte sich. Er spürte es. Peter war hier. Die belebte Straße entlang, die Kehle zugeschnürt, roch er den Angstgeruch seiner Beute immer stärker.
Es wurde Zeit…

Die Augen Peters weiteten sich, als Sirius gemessenen Schrittes auf ihn zu kam.
„Sirius“, schrie er und wich zurück. Kaltblütig erwiderte Sirius den panischen Blick. Er würde diesen wertlosen Haufen Dreck vernichten. Würde gelassen beobachten, wie das Licht aus den Augen des Mörders wich.
„Lily und James!“ Peters Stimme wurde schrill, Passanten blieben stehen und sahen mit argwöhnischer Miene von Sirius zu Peter, bis sich eine Menschentraube bildete.
„Sirius, wie konntest du das tun?“ Sirius fühlte sich, als wäre er von einem großen Schlagholz getroffen worden. Überrumpelt stand er da, fassungslos in die nach wie vor weit aufgerissenen Augen Peters starrend. „Sie waren doch noch so jung.“ Peter schluchzte, doch seine Hand fuhr in den Mantel. Sirius brüllte vor Wut: Nicht nur, dass dieser Kerl Lily und James verraten, sie ausgeliefert hatte, stand er nun leibhaftig vor ihm und bezichtigte ihn lauthals des Verrates. Sirius stieß die Faust in seinen Umhang und richtete den Stab auf Peters Gesicht. Die Muggel drängten von ihnen weg, ein ohrenbetäubender Knall ertönte, ein grüner Lichtblitz zuckte aus Sirius Zauberstab und die Straße verschwand in einer Staubwolke. Plötzlich war er umgeben aus einem Meer von Schreien. Sie fuhren dem Mann durch Mark und Bein, er rannte blind zu der Stelle, wo Peter nur Sekunden vorher gestanden haben musste, doch seine ausgestreckten Hände griffen ins Leere. Er stolperte über ein großes Hindernis und stürzte. Die Schreie machten ihn wahnsinnig, er presste die Hände auf beide Ohren und kniff die Augen zusammen.
Wie lange er so gekniet hatte, wusste Sirius nicht. Irgendwann löste er sich aus der verkrampften Haltung. Der Staub verschleierte nicht länger die Sicht und Sirius Knie begannen so heftig zu zittern, wie im Hause seines besten Freundes. Die Straße war aufgerissen, Rohre in mindestens zwei Metern Tiefe lagen frei. Doch viel entsetzlicher war der Anblick jener alten Frau, die ihm an diesem Tag zweimal geholfen hatte. Der Einkaufskorb lag neben ihr, Trauben und Tomaten waren heraus geschleudert worden. Doch was war das?
Sirius ging in die Knie und nahm das kleine Etwas in die Hand. Ein Finger. Sirius Oberkörper schüttelte sich, Tränen strömten über sein Gesicht. Er hatte es geschafft.
Alles war vorbei. Er litt solchen Hunger. Am Himmel näherten sich in rasender Geschwindigkeit die Umrisse von zwei Dutzend Hexen und Zauberern. Verwandle dich, befahl ein Teil in Sirius. Flieh!
Doch sein Körper schien eingefroren zu sein. So stand er da, während Triumph, befriedigte Rache, der unermessliche Verlust und die Schrecken des bisherigen Tages seinen Körper durchfluteten.
Seine Tränen waren versiegt, die Anspannung überwältigte ihn erneut und ein Prusten ertönte. Die Hexen und Zauberer kreisten ihn ein, Sirius spürte, wie sein Zauberstab aus der Hand flog und lachte. Er lachte voller Hysterie, Not, Verzweiflung und Wahnsinn. Vier kräftige Hände griffen nach ihm und er wurde weg geführt. Weg von dem Finger, der alten Frau und den unendlich vielen anderen, die ihr Leben durch Peter verloren hatten.
Ich habe Peter umgebracht, dachte er wieder und wieder, murmelte die Worte fast beschwörend vor sich hin, als hätten sie die Macht, ihn zu retten. Sirenen erklangen und kamen immer näher, Autos mit kreisenden Lichtern fuhren in die Straße, während Sirius in der Mitte der Zauberer lachte.

Die Seeluft hinterließ einen salzigen Geschmack auf Sirius Zunge. Apathisch schritt er die langen, steinernen Gänge des Ortes entlang, welches für eine ungewisse Zeit sein Zuhause würde. Sirius konnte nicht mehr denken. Schlafen. Schlafen. Jede Faser seines Körpers verlangte danach, liegen und für wenige Stunden dieser Welt entkommen zu dürfen.
Die Zelle war winzig, doch Sirius nahm nichts als die schmale Pritsche wahr. Ächzend sank er auf dem Bett nieder und noch bevor er die staubigen, blutigen Kleider ausziehen konnte – ja, noch bevor die dünne, zerschlissene Decke den schmerzenden Körper bedeckte, übermannte ihn der erlösende Schlaf.


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