von Saoirse
REMUS
„Louisa, ich muss mit dir reden“, sagte Remus, an dem Tag, an dem er sich mit Kingsley verabredet hatte.
„Remus, es ist passiert…“, flüsterte sie mit Tränen in den Augen.
„Du bist trächtig?“ fragte Remus entsetzt. Er hatte diese Worte so oft in dem Lager gehört, dass er sie nun schon selbst benutzte. Er wollte gerade fragen, wer der Vater war, da schüttelte Louisa den Kopf, „Remus, ich bin nicht trächtig. Ich habe gerade erfahren, dass Fenrir möchte, dass ich deine Partnerin werde.“
Louisas Worte hingen unheilvoll in der Luft. Remus sah sie entsetzt an. Er wollte es nicht… Und sie schien es genauso wenig zu wollen…
„Louisa, du kommst mit“, sagte Remus streng und packte sie am Arm.
„Du tust mir weh… Remus, lass mich los!“ rief sie und versuchte, sich zu befreien. Doch Remus war um einiges kräftiger, als das Mädchen. Er konnte ihr dünnes Handgelenk problemlos mit seiner kräftigen Hand umfassen. Vor den Augen der Werwolfsgemeinschaft zog Remus Louisa in den nahegelegenen Wald. Die anderen Werwölfe jubelten ihm zu, da sie glaubten, Remus würde nun versuchen, Nachwuchs zu zeugen. Louisa konnte sich nicht mehr beherrschen. Sie schrie, tritt und versuchte, Remus zu beißen.
„Bist du verrückt geworden?“ fragte sie wütend, „Erst sagst du mir, dass du deine Freundin über alles liebst und dann willst du dich hier im Wald plötzlich mit mir paaren.“ Remus kam schließlich ein ganzes Stück weiter nahe einer Waldlichtung zum Stehen kam. Er hoffte, dass hier keine anderen Werwölfe in der Nähe waren. Remus sah sich um… Es schien niemand in der Nähe zu sein.
„Louisa, bitte halt dich an mir fest“, bat er sie. Ihr Handgelenk hielt er noch immer umfasst.
„Hör mir bloß mit diesen dämlichen Sprüchen auf“, rief sie wütend.
Remus senkte die Stimme, „Verdammt, ich will dich hier wegbringen. Ich habe einigen Freunden Bescheid gegeben. Sie werden dich holen und in Sicherheit bringen.“
Louisa sah Remus entsetzt an, „Wenn das ein Trick ist…“
„Louisa, denk bitte darüber nach… Meinst du wirklich, ich würde einen Trick versuchen?“
Louisa sah Remus in die Augen. Dann nickte sie und umarmte ihn.
Zusammen apparierten sie in die Heulende Hütte.
„Remus“, rief Kingsley erfreut. Er hatte es sich auf dem alten Himmelbett gemütlich gemacht und bis zur Ankunft der beiden gewartet. Als Remus und Louisa erschienen waren, war er aufgesprungen.
„Hallo Kingsley“, sagte Remus, „Darf ich dir Louisa Garou vorstellen?“
„Hallo Louisa“, sagte der dunkelhäutige Zauberer mit seiner ruhigen, tiefen Stimme, „Ich bin Kingsley Shacklebolt. Ein Freund von Remus.“
„Hallo“, sagte Louisa schüchtern.
„Remus, wir warten noch ein bisschen… Dumbledore wollte dich gerne sehen, bevor du wieder aufbrichst“, erklärte Kingsley.
Louisa zitterte ein bisschen. Wahrscheinlich aus Angst… Sie war schließlich ihr Leben lang im Werwolfsrudel gefangen gewesen und hatte nun das erste Mal seit Jahren wieder Freigang. Es war vielleicht auch das erste Mal, dass sie appariert war.
„Kingsley, wie geht es Tonks?“ fragte Remus besorgt.
Kingsley seufzte, „Remus, du musst dich bei ihr melden… Sie schafft das nicht. Ich verstehe ja, dass du deinen Auftrag hast… Aber Tonks wäre gestern beinahe zum zweiten Mal von einem Todesser fast umgebracht worden. Ihr Kummer macht sie unvorsichtig…“, Kingsley stoppte abrupt. Das Knarzen von Holz war zu vernehmen. Dumbledore öffnete die Tür.
„Remus, wie schön, dass du wohlauf bist“, sagte Dumbledore freundlich. Er schüttelte Remus die Hand und Remus‘ Blick fiel auf Dumbledores‘ verkümmerte, linke Hand. Remus konnte sich nicht erinnern, dass diese vor einigen Monaten schon so ausgesehen hatte.
„Das hier ist Louisa Garou“, sagte Remus, „Ich habe sie im Rudel kennen gelernt.“
„Hallo Louisa. Ich bin Albus Dumbledore. Der Schulleiter von Hogwarts“, auch er schüttelte Louisa die Hand.
„Die Sache ist die… Louisa hat im Rudel ziemlich viel mitgemacht…“ begann Remus. Er biss sich auf die Lippen. Es gab keine Worte, mit denen er Louisas Vergangenheit schön hätte darstellen können.
„Remus, bitte sag einfach wie es ist“, wandte Louisa ein, „ich bin 16 Jahre alt. In unserem Rudel müssen Werwölfinnen bereits mit spätestens 15 ein Junges geworfen haben. Ich bin bisher noch nicht trächtig geworden und dadurch wertlos für das Rudel. Deswegen wird bald zum Vollmond eine Treibjagd auf mich veranstaltet, bei der ich wahrscheinlich getötet werde.“
„Mir ist diese Regelung bekannt“, sagte Kingsley mit ruhiger und trauriger Stimme.
Remus sah Louisa lange an, dann sprach er weiter, „Es sieht folgendermaßen aus… Louisa hat bereits mit sämtlichen männlichen Werwölfen schlafen müssen. Sie ist von ihnen vergewaltigt worden. Es gibt nur noch eine Chance, dass sie träch… schwanger werden könnte“, Remus machte eine bedeutungsschwere Pause. Dumbledore und Kingsley sahen Remus mit großen Augen an. Remus wusste nicht, aus welchem Grund die beiden ihn entsetzt ansahen… Entweder hatten sie die richtigen Schlussfolgerungen gezogen und wussten, dass er als nächstes versuchen musste, Louisa zu schwängern, oder es war die Tatsache, dass er beinahe auch das Wort „Trächtig“ benutzt hatte, an Stelle des Wortes „Schwanger“.
„Louisa, ich hätte eine Idee, wie wir dich in Sicherheit bringen können. Ich verspreche dir, dass dir keiner an diesem Ort etwas antun wird“, sagte Dumbledore. Er ging etwas in die Knie und flüsterte etwas in Louisas Ohr. Schließlich erhob er sich, „Du musst dir gut merken, was ich gerade gesagt habe… Ich werde sie wegbringen“, fügte er an die beiden erwachsenen Zauberer gewandt hinzu.
„Danke, Remus“, sagte Louisa mit Tränen in den Augen. Für sie hatte noch nie jemand so viel auf sich genommen. Sie hatte immer nur Ablehnung im Rudel erfahren. „Ich hoffe, wir sehen uns wieder. Viel Glück!“
Louisa lief auf Remus zu und umarmte ihn. Dann hakte sie sich in Dumbledores Arm ein und disapparierte mit ihm.
„Ich denke mal, Dumbledore wird sie zum früheren Hauptquartier bringen…“, mutmaßte Kingsley.
„Kingsley, was ist passiert?“ ihn ließ noch immer nicht los, was sein Ordenskollege eben über Tonks gesagt hatte.
„Tonks geht es im Moment wirklich schlecht. Ich weiß, dass du das nicht hören willst und sie würde mich umbringen, wenn sie wüsste, dass ich dir davon erzähle, aber sie kann ihr Aussehen nicht mehr verändern. Generell habe ich das Gefühl, ihr wird das alles zu viel. Der Knaller war wirklich, als sie gestern wieder nicht bei der Sache war. Rabastan Lestrange selbst hat sie mit dem Cruciatus angegriffen hat und sie es einfach passieren ließ. Sie hat nicht mal versucht, auszuweichen oder einen Schutzzauber auszuführen“, Kingsley seufzte, „Noch dazu war das nicht das erste Mal. Rockwood hat sie schon auf die gleiche Weise attackiert. Sie ist nicht bei der Sache…“
„Es ist meine Schuld“, stellte Remus entsetzt fest.
„Nein, Remus… Du hast deine Verpflichtungen und Tonks hat ihre… Der Unterschied ist nur, dass Tonks eventuell noch andere Menschen mit hineinzieht, wenn sie unaufmerksam ist. Du bist im Rudel auf dich gestellt. Wenn du Mist baust, bist du derjenige, der dafür gerade stehen muss.“
„Denkst du, es war die falsche Entscheidung, Louisa aus dem Rudel rauszuholen?“ fragte Remus.
„Es war deine eigene Entscheidung. Ich urteile nicht darüber, ob es eine richtige oder falsche Entscheidung war. Ich kenne die Umstände in den Werwolfslagern nur gerüchteweise. Du weißt, was dort wirklich vor sich geht. Ich denke, es war für dein eigenes Leben ein Risiko, Louisa zu retten“, erklärte Kingsley.
„Ich konnte sie nicht in dem Lager lassen… Und ich wollte mich auch nicht mit ihr paaren. Dafür liebe ich Dora zu sehr“, sagte Remus leise.
„Remus, ich sage dir das als Freund… Pass auf, dass du nicht zu sehr den Einflüssen des Rudels unterliegst. Wenn du so weitermachst, wirst du wirklich noch zu einem von ihnen. Es war gut, dass du Louisa weggebracht hast, weil das deine menschliche Seite zeigt. Aus diesem Grund ist es auch gut, dass du an deiner Liebe zu Tonks festhältst. Aber pass bitte auf… Du hast heute mehrmals Worte benutzt, die nicht zu dir und deiner Einstellung passen“, Kingsley sah Remus ernst an.
„Bei Merlin… Ich fange an, die Begriffe der Werwölfe zu kopieren“, bemerkte Remus entsetzt. Kingsley wirkte besorgt auf Remus.
„Bitte sag Tonks nichts davon, dass ich mich wie ein Werwolf benehme“, ihm war es unglaublich peinlich, dass er sich nun wirklich zu einem Tier machen ließ. Plötzlich fiel ihm noch etwas ein…
„Erzähl ihr bitte auch nichts von Louisa… Ich weiß auch nicht… Sie könnte meine Tochter sein… Sie ist in Harrys Alter. Ich mag sie, aber es ist anders, als bei Dora“, er konnte nicht definieren, was es war. Vielleicht war es die Tatsache, dass Louisa das gleiche Leid, wie er durchmachen musste…
„Remus… Nutze die Zeit ohne dieses Mädchen, um dir darüber klar zu werden, wen du wirklich willst“, sagte Kingsley.
Für Kingsley musste es so aussehen, als ob er sich in Louisa verliebte. Kingsley wusste nicht, dass Remus all das für Tonks auf sich nahm. Er wusste nichts von dem unbrechbaren Schwur, den er mit Greyback eingegangen war.
„Kingsley, ich liebe Louisa nicht. Ich liebe Dora“, sagte Remus.
„In Ordnung… Dann stell dir aber mal die Frage, warum ich Tonks nichts von Louisa erzählen darf“, gab Kingsley zu bedenken.
Remus kannte die Antwort darauf: Er wollte nicht, dass Tonks erfuhr, dass er sich für sie geopfert hatte, aber das konnte er Kingsley nicht sagen. Remus hatte mit Dumbledore abgesprochen, dass er auf Dumbledores Auftrag hin die Werwölfe unterwanderte. Alles andere hätte nur bedeuten können, dass Remus den Orden an die Werwölfe verriet.
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