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Fanfiction

Petunias Erleben - Briefe aus Hogwarts

von HannaLuisa

„Was sollen wir tun, Vernon? Sollen wir vielleicht antworten? Ihnen sagen, wir wollen nicht?“ Ihr Mann überlegte. Nach einer Weile sagte er „Nein. Wir werden es einfach ignorieren. Als wir ihn bei uns aufnahmen haben wir uns geschworen, diesen gefährlichen Unsinn auszumerzen!“
Sie schwieg. Es ist gescheitert, dachte sie, und dir war klar, dass es scheitern würde.
Du hast dir all die Jahre versucht, etwas vorzumachen. Und ihm mit.

Seltsamerweise dachte sie an Dudley. Ihr Liebling würde nicht unter dieser Abnormalität zu leiden haben. Er würde nicht in den Schatten gestellt, wie sie es immer wurde.
Beiseitegeschoben. Weg vom Ruhm und Glanz der absoluten Lily, der freundlichen, schönen und begabten Lily.
9 Jahre lang hatte sie diese Gefühle weggeschoben, ignoriert, unterdrückt, wie sie ihren Neffen unterdrückt hatte. Weggesperrt in denselben dunklen Schrank, abgelehnt.
Und doch hatte sie es gewusst.
Eines Tages würde der Tag kommen, an dem dieser Brief eintreffen würde.
Es war nicht so, dass sie davon überrascht worden war. Die Erkenntnis, dass nun tatsächlich der Tag gekommen war, vor dem sie jahrelang Angst hatte, ließ sie schwer schlucken.
Ja, sie hatte versucht, es ihm auszutreiben. Jeden Vorfall, der magische Kräfte erahnen ließ, hatte sie geahndet. Ihn versucht, zu schwächen.
Die perfekte Lily war innig geliebt worden. Sie hatte sich entfalten können, alle Möglichkeiten und Fertigkeiten ungehindert aufbauen können.
Müsste es nicht möglich sein, hatte sie gedacht, ihn mitsamt seinen Kräften zu schwächen?
Sie fühlte sich schuldig.
Wie sie es machte, war es falsch. Ja, sie wollte, dass dieses Kind lebte und doch tat sie alles, um ihm das Leben so schwer wie möglich zu machen.
Ich tue es aus Verantwortung, sagte sie sich. Um ihm das Schicksal meiner Schwester zu ersparen. Um Dudley, Vernon und mir diese Schande zu ersparen.
Die Fragen der Nachbarn. Sie hätte umfallen mögen vor Scham, als Lily in ihrem Umhang zuhause angekommen war. „Sie ist in einem Begabteninternat“, pflegten ihre Eltern stets mit stolz geschwellter Brust zu sagen, wenn sie gefragt wurden.
Auch ihr wurde diese Antwort eingeschärft. „Wir legen höchsten Wert darauf, geheim zu bleiben.
Die Interationale Geheimhaltung ist da sehr strikt!“
Die Beamtin des Zaubereiministeriums hatte Petunia bei diesen Worten direkt angesehen und Petunia hatte folgsam genickt. „Auf unsere Älteste ist Verlass. Sie ist sehr vernünftig für ihr Alter“, hatte ihr Vater versichert und Petunia hatte schreien wollen, dass ihr diese ganzen Regeln und Gesetze egal waren, dass sie es jedem erzählen würde und hoffte, diese fremde Welt würde komplett zusammen brechen.
Doch sie hatte geschwiegen.
Nur Emma gegenüber hatte sie ihr Schweigen gebrochen.
„Lily muss in eine Anstalt, sie ist krank und muss vor uns und sich selbst geschützt werden“, hatte sie erzählt. Grimmige Genugtuung hatte sie dabei erfüllt. Und Emma hatte es in der Klasse weiter erzählt. Es war das kleine Stück Rache, welches die Schmach von Albus Dumbledores Antwort vorübergehend zu mildern vermochte. Doch natürlich war die Sache aufgeflogen.
„Lily? Nein, Lily ist doch nicht krank, Emma, wie kommst du darauf?“
Am Geburtstag von Petunia, ihrem 14. war die Bombe geplatzt.
„Lily ist auf einem Begabteninternat.“
Da war sie ausgerastet, hatte geschrien und den Teller auf den Boden geworfen. Und 2 Tage später, nach dem Wochenende, hatte Emma jedem in der Klasse erzählt, dass Petunia Evans eine neidische Lügnerin war. Auch ihre Eltern waren sauer und ausgerechnet Lily hatte versucht, sich ihr anzunähern. Sie hatte sie aus ihrem Zimmer gestoßen und sich eingesperrt.
Sich schuldig gefühlt und ihren Hass auf Lily übertragen.
Ihren Hass auf diese Ungerechtigkeiten, ihre Eltern, Emma und sich selbst.
„Wir konntest du nur, Petunia, was hat Lily dir denn getan, dass du ihr so übel nachredest?“
Sie hatte geschwiegen. Nur genickt hatte sie diesmal nicht folgsam.
„Völlig verstockt“, hatte ihre Mutter gemurmelt. Und sie war gegangen. Wieder einmal.
Sie allein gelassen in ihrer Verletzlichkeit, ihrem Neid, ihrer Missgunst und dem Gefühl, ungewollt zu sein.
Dudley wird es besser haben, hatte sie sich geschworen. Und er hatte es besser, sie hatte ihm stets jeden Wunsch von den Augen abgelesen, hatte ihn gehegt und gepflegt.
Ihm all das gegeben, was sie all die Jahre ihrer Jugend so schmerzlich vermisst hatte.
Und ihr Junge war prächtig, sie liebte ihn und wusste, dass er sich stets geliebt und geborgen fühlen würde. Dass sie alles tun würde, um Schaden von ihm abzuwehren.
Und es war gelungen, Dudley konnte sich zur Wehr setzen gegen das Kind. Er war beliebt, hatte viele Freunde. Er würde nie im Schatten eines berühmten Vettern stehen, dafür würde sie schon sorgen.
Und solange nur die geringste Chance bestand, das Kind von dieser Welt fern zu halten, würde sie nicht aufgeben.

In den folgenden Tagen kamen täglich mehr Briefe. Petunia schwankte zwischen Resignation und Aktionismus. „Stell keine Fragen“, blafffte sie das Kind an und schickte es weg.
Sie ertrug seine Anwesenheit nicht und musste sich beherrschen, ihm nicht zu verletzen. Bis zum Sonntag. Eine ganze Woche lang hatte sie unter der gereizten Stimmung Vernons gelitten, war ihre eigene Anspannung stets vor dem Siedepunkt gewesen.
Eine gewonnene Woche, dachte sie, als ihr Mann gut gelaunt die Vorzüge von Sonntagen verkündete. Bis es zu rumpeln begann und sie wusste, dass das Spiel aus war.
Briefe, Briefe, Briefe, überall.
Um sie herum und das Kind und ihr Goldstück versuchten begierig, einen in die Hand zu bekommen. Auch ihr Dudley hatte gelitten, zum ersten Mal konnte sie seinen Wunsch nicht erfüllen. Konnte seine Neugier nicht befriedigen, konnte nicht ehrlich sein.
Sie zuckte zusammen, als ihr Mann mit nur einem halben Schnurbart Dudley eine knallte. Und dann fuhren sie. Wir werden es nicht schaffen, es ist verloren, dachte sie müde, während sie fuhren.
Und fuhren.


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