von ChrissiTine
4. Dezember: Tee bei Hagrid
„Und du bist sicher, dass er nichts dagegen hat?", fragte Scorpius unsicher, als er Al über die Ländereien folgte.
Al winkte ab. „Ganz sicher. Hagrid ist ein großer Teddybär, der freut sich über jeden Besuch. Und er hat uns zum Tee eingeladen."
„Du meinst er hat deine Familie zum Tee eingeladen, nicht mich. Ich will mich wirklich nicht aufdrängen."
„Ach Quatsch, du drängst dich doch nicht auf. Unsere Freunde sind Hagrids Freunde. Sei nur vorsichtig bei dem Essen, dass er dir anbietet." Die Kekse, die Hagrid ihnen mitgebracht hatte, hatten sie immer dezent in den Topfpflanzen verschwinden lassen.
„Aber meine Familie war nicht gerade nett-", setzte Scorpius zweifelnd an, doch Al ignorierte ihn einfach und marschierte zielsicher auf Hagrids Hütte zu. Scorpius war manchmal ein bisschen zu vorsichtig. Und Hagrid hatte mit absoluter Sicherheit nichts dagegen. Er war der gutmütigste Mensch, den Al kannte. Er würde Scorpius seine Familie bestimmt nicht vorwerfen, so wie manch andere das in der Schule taten.
„Al!" Scorpius folgte ihm schnellen Schrittes, doch bevor er noch weiter protestieren konnte, klopfte Al schon an die Tür, die einen Moment später aufgerissen wurde. Al hatte Glück, dass Scorpius direkt hinter ihm stand, sonst hätte Hagrids Hund Wuffy ihn beinahe umgerissen.
„Woah, vorsicht, Wuffy!", sagte Hagrid mit breitem Grinsen und riss den Saurüden zurück. „Wir wollen sie doch nich gleich am Anfang verschrecken, nich?" Er schlug Al auf die Schulter und warf ihn damit beinahe selbst um. „Albus, wie schön, dass du vorbei kommst. Ich hab den Tee schon aufgesetzt. Wo ist Rosie?"
„Sie wollte noch ihre Hausaufgaben machen und etwas später kommen." Rose war so begeistert vom Unterricht gewesen, dass sie bereits am allerersten Tag mit ihren Aufsätzen angefangen hatte und für Recherchen schon mehrere Stunden in der Bibliothek verbracht hatte. Al konnte darüber nur den Kopf schütteln, aber so war seine Cousine eben.
„Und James?"
„Quidditchauswahlspiele." Einer von Gryffindors Jägern hatte letztes Jahr seinen Abschluss gemacht und James nutzte natürlich jede Chance, um in die Mannschaft zu kommen. Um James' Ego Willen wäre es Al lieber, wenn sein großer Bruder nicht erfolgreich wäre, aber er war gut und hatte eine reelle Chance. „Vielleicht kommt er später noch."
„Dafür hast du Ersatz mitgebracht", erwiderte Hagrid und grinste Scorpius zu.
„Oh ja, das ist mein Freund Scorpius."
„Schön, Sie kennen zu lernen", sagte Scorpius vorsichtig.
„Malfoy, richtig?", erwiderte Hagrid und musterte ihn von oben bis unten. „Du bist deinem Dad wie aus'm Gesicht geschnitten. Is' richtig unheimlich mit euch beiden, so wie ihr ausschaut wie eure Dads. Kann mich nich erinnern, dass die beiden jemals so friedlich in einem Raum waren, nich?" Al schaute Scorpius mit hochgezogenen Augenbrauen an.
„Was hab ich dir gesagt?", flüsterte er ihm zu.
„Na dann kommt mal rein, was? Nich, dass der Tee kalt wird. Kekse hab ich auch da, aber lasst was übrig für James und Rosie."
„Wir werden's versuchen", erwiderte Al grinsend und schloss die Tür.
/-/
Eine halbe Stunde später hatten sie Hagrid ausführlich von ihrer ersten Woche erzählt und ihren Gemeinschaftsraum beschrieben, da Hagrid noch nie bei den Slytherins gewesen war. Scorpius war anfangs etwas zurückhaltend gewesen, aber Hagrids gutmütiges Wesen hatte alle Wogen geglättet.
„Wie geht's deiner Mum?", fragte Hagrid Scorpius schließlich neugierig, während Al versuchte, den harten Keks im Tee etwas aufzuweichen. Er hatte nur sehr mäßigen Erfolg.
„Meiner Mum?", fragte Scorpius überrascht.
„Astoria Greengrass, richtig?" Scorpius nickte langsam und leicht verwirrt. „Sie war eine meiner besten Schülerinnen. Hat sogar ihren UTZ bei mir gemacht, das machen wenige. Weiß immer noch nich, wieso. Meine Hippogreifs haben sie geliebt. War'n richtig traurig, als sie ihren Abschluss gemacht hat. Hat sie irgendwas mit magischen Geschöpfen gemacht? Sie hat wirklich 'n gutes Händchen."
„Äh, ich glaube nicht", antwortete Scorpius perplex. „Meine Familie hat ziemlich viel Geld, da muss niemand wirklich arbeiten. Aber seit wir meine Katze aus dem Tierheim geholt haben, arbeitet sie da manchmal ehrenamtlich."
„Wirklich? Was ham die denn da so für Tiere?", erkundigte Hagrid sich interessiert. „Gibt's da auch Drachen? Ich hab keinen mehr gesehen, seit ich Norberta vor zwei Jahren besucht hab. Oder irgendwelche Hippogreifs? Teufelskralle is' so einsam, ich dacht, ich such ihm 'ne Freundin. Und es gibt nich viele Herden, die sich auseinanderreißen lassen."
Scorpius starrte Hagrid mit großen Augen an. „Das ist ein Muggeltierheim, die haben da nur Katzen, Hunde und Vögel. Und ein paar Hamster."
„Oh", erwiderte Hagrid enttäuscht. „Schade. Naja, grüß sie wenigstens von mir, wenn du ihr mal wieder schreibst, ja? Sie war so ein liebes Mädchen. Dein Dad hatte ja nich so das Händchen für meine Tiere. Wenn er auf mich gehört hätte, dann hätt Seidenschnabel ihn nich angegriffen, aber es kann ja nich jeder in allem gut sein, nich wahr? Manche haben einfach nich das richtige Gemüt, da war'n deine Eltern schon 'n bisschen begabter, Al." Er lächelte versonnen. „Aber deine Mutter, die war wirklich was Besonderes."
Scorpius nickte mit offenem Mund und starrte Hagrid nur sprachlos an, während Hagrid sich glücklich an die besten Momente erinnerte. „Ich fand's richtig schade, dass sie erst zu mir kam, nachdem ich die Köter nich mehr hatte. Wenn jemand gewusst hätte, wie man die anzupacken hat, dann deine Mutter. Und für die Thestrale hatte sie immer 'nen sechsten Sinn, obwohl sie sie gar nich sehen konnte. Und Angst hatte sie nie, auch wenn ihr das keiner übel genommen hätte." Er grinste. „Aber sie muss schon 'n bisschen furchtlos sein, um's mit deinem Großvater aufnehmen zu können. Der war nie 'n einfacher Charakter." Er schüttelte den Kopf.
„Das stimmt", murmelte Scorpius und lächelte Hagrid dankbar an. Al konnte sich vorstellen, dass Scorpius selten viel Gutes über seine Mutter hörte und hier an der Schule überschattete der Familienname Malfoy alles andere. Aber Hagrid war noch nie vorhersehbar gewesen und wenn jemand das Gute in anderen Menschen sehen konnte, dann war er es.
Es klopfte an die Tür und einen Moment später steckte Rose den Kopf hinein. „Hagrid, entschuldige, dass ich so spät komme, aber ich wollte meinen Aufsatz für Zaubertränke fertig kriegen und hab die Zeit vergessen."
„Macht doch nichts, wir ham dir ein paar Kekse aufgehoben", erwiderte Hagrid gut gelaunt und stand auf. Rose konnte ihr enttäuschtes Gesicht gerade noch verbergen, bevor Hagrid sie umarmte. „Du trittst ja wirklich sofort in die Fußstapfen deiner Mum, was? Die konnte alle Bücher schon auswendig, bevor sie überhaupt hergekommen is."
„Ich brauch gute Noten, wenn ich Heilerin werden will und Mum hat gesagt, dass vieles aus der ersten Klasse entscheidend bei den ZAG-Prüfungen ist", meinte Rose schulterzuckend und setzte sich neben Al. Sie nickte Scorpius zu und nahm sich einen Keks, den sie unauffällig zerbrach und eine Hälfte unter ihrem Umhang verschwinden ließ. Scorpius schaute sie beeindruckt an. Er hatte es geschafft, zwei davon herunterzuwürgen, aber er hatte auch keinerlei Erfahrung mit Hagrids Backwaren und kannte daher die üblichen Tricks nicht.
„Natürlich hat deine Mum da Recht, aber du solltest dich auch nich gleich überanstrengen. Deine Mum is die brillianteste Hexe, die ich je gesehen hab, aber sie hat sich manchmal schon etwas übernommen. Manchmal hatte ich wirklich Angst, dass sie umkippt."
„Ja, aber sie konnte auch einen Vielsafttrank in der zweiten Klasse brauen, wer kann das schon?", wandte Rose ein. Al verkniff sich ein Grinsen. Rose wusste es nicht, aber Onkel Ron hatte ihn gebeten, ein Auge auf sie zu haben und darauf zu achten, dass sie sich nicht zu sehr übernahm. Da wusste er zwar noch nicht, dass Al nicht nach Gryffindor kommen würde, aber Rose würde bestimmt oft genug in der Bibliothek sein, um sie ablenken zu können.
„Was? Wirklich?", fragte Scorpius beeindruckt und runzelte dann die Stirn. „Wieso musste sie in der zweiten Klasse einen Vielsafttrank brauen?"
Al und Rose tauschten einen Blick und zuckten dann gleichzeitig mit den Schultern. „Keine Ahnung", murmelte Al hastig und stopfte sich ein paar Krümel in den Mund.
„Jaah, aber das müsst ihr ja nich gleich nachmachen, oder?", ermahnte Hagrid sie kopfschüttelnd. „Dein Großvater war seit der fünften ein Animagus und das hat dein Dad ihm ja auch nich nachgemacht, oder?"
„Wär er's mal gewesen, dann hätte er wahrscheinlich nicht so kompliziert in Gringotts einbrechen müssen", erwiderte Al mit verträumtem Gesichtsausdruck. „Das wär schon cool, oder? Ein Tier zu sein?"
Rose verzog das Gesicht. „Ich weiß nicht. Stell dir vor, du bist eine Kakerlake oder sowas. Am Ende tritt einer auf dich drauf und du bist tot und keiner weiß davon." Sie erschauderte.
„Ich wär doch keine Kakerlake. Ein Adler wär nicht schlecht, oder ein Löwe."
Scorpius schnaubte. „Als Löwe hättest du nie unauffällig in Gringotts einbrechen können."
Al verdrehte die Augen. „Das wär auch nicht mein erstes Ziel, wenn ich ein Animagus wäre." Die hatten doch alle keine Vorstellungskraft. Und es wäre bestimmt ein cooler Partytrick.
Rose schüttelte den Kopf. „Du hast keine Ahnung, wie kompliziert es ist, ein Animagus zu werden. Dein Großvater und Sirius hätten sich umbringen können. Und in Askaban landen, wenn es jemals rausgekommen wäre."
„Askaban? Wer kommt nach Askaban?" James hatte sich nicht mal die Mühe gemacht, anzuklopfen, und einfach die Tür aufgerissen. Seine Haare standen in alle Richtungen ab und er hatte Dreck im Gesicht, aber er grinste bis über beide Ohren. „Hat Malfoy schon irgendwas angestellt?"
„Hey!", rief Al wütend. Scorpius hatte schon genug Komplexe, da musste James ihn nicht auch noch beleidigen. „Wenn hier irgendjemand nach Askaban kommt, dann du."
„Das bezweifle ich, Brüderchen. Wenn ich irgendwo hinkomme, dann höchstens in die Quidditchmannschaft!" Er warf sich in den leeren Stuhl neben Scorpius und griff nach Als Tasse, die er in einem Zug leertrank.
„Sie haben dich wirklich genommen?", fragte Al ungläubig. „Die müssen aber sehr verzweifelt gewesen sein." Und James würde unerträglich sein mit seiner Angeberei. Aber beeindruckend war es trotzdem. Ob er nächstes Jahr vielleicht auch in die Mannschaft kommen könnte … dann könnte er es seinem Bruder mal so richtig zeigen, der zog ihn immer damit auf, wie schlecht er spielte. Aber im Sommer spielten sie trotzdem immer gemeinsam und Al hatte es ihm noch nie einfach gemacht.
„Haha", erwiderte James augenverdrehend. „Jetzt hat Ravenclaw keine Chance mehr! Slytherin hat ja schon seit Jahren nichts gewonnen. Du hast dir wirklich ein beschissenes Haus ausgesucht, Al, da wirst du nie wissen, wie es ist, die Meisterschaft zu gewinnen."
„Nana, James, sei da mal nich so voreilig. Jede Mannschaft hat 'ne Chance", schaltete sich Hagrid ein. Er wusste, wie sehr die Diskussionen der Brüder manchmal außer Kontrolle geraten konnten und jetzt, wo sie in verschiedenen Häusern waren, würde die Rivalität nur noch größer werden.
„Mum hat mal gesagt, dass diese Quidditchturniere zwischen den Häusern keine gute Idee sind. Die sorgen doch nur für Konflikte und Rivalität, anstatt Einigkeit."
„Hey!", riefen alle drei Jungen entrüstet. „Quidditch ist klasse!"
Rose verdrehte die Augen. „Jungs", murmelte sie nur. Hagrid zwinkerte ihr unauffällig zu und schob ihr die Kekse hin. Seufzend nahm sich Rose einen weiteren.
TBC...
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A/N:
@Schwesterherz: Naja, viel Plot wird es dieses Mal nicht geben, eher Gespräche zwischen Scorpius und Al, deren Eltern und anderen Verwandten, weil mich das weniger Zeit kostet als so aufwendige Storylines wie damals über Mollys Hochzeit oder Steven und Dominique, aber ich danke dir vielmals für das Lob, dass diese Dinge meine Stärke sind, ich bemüh mich immer sehr.
Ich habe extra Al als nicht sonderlich deprimiert dargestellt, gerade weil er Scorpius so schnell kennen gelernt hat und der im Grunde noch deprimierter war als er selbst. Und geteiltes Leid war halbes Leid, deshalb wurde er ziemlich schnell wieder aufgemuntert. Das waren zumindest meine Ãœberlegungen.
@Legolas: Vielen Dank für deinen Kommentar. Ich hab früher nie wirklich darüber nachgedacht, aber wenn man bedenkt, wie abhängig die heutige Generation von Technik ist und wie verzweifelt wir immer sind, wenn es mal für ein oder zwei Tage kein Internet gibt, dann ist das schon irgendwo realistisch, dass das den Muggelgeborenen in Hogwarts fehlt. Und ergibt Stoff für ein paar lustige Begebenheiten. TBBT hab ich eher willkürlich gewählt, weil ich die Serie kenne, viele andere auf der Welt auch und ich wohl davon ausgehen kann, dass sie 2017 noch läuft. Schön, dass die Stelle dir gefallen hat.
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