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Fanfiction

Schatten der Vergangenheit - Misstrauen

von Zaidisha

Harry fühlte sich vollkommen überfordert. Durch die Zeit reisen? Schlimm. Von Armando Dippet verhört werden? Horror. Aber einem Tom Vorlost Riddle die Hand schütteln müssen? Das war der reinste Albtraum. Er hatte gar nicht daran gedacht, dass Voldemorts jüngere Version in dieser Zeit frei herum lief, bis er direkt vor ihm stand. Er konnte es nicht glauben. Er wollte es nicht glauben. Wie konnte man nur so viel Pech haben? Nicht, dass er in seinem bisherigen Leben vom Glück verfolgt gewesen wäre, aber irgendwann musste doch mal gut sein.
Verstohlen warf er dem hochgewachsenen, bleichen Jungen mit den perfekt gekämmten Haaren und der perfekt sitzenden Uniform neben sich einen misstrauischen Blick zu, während sie den Korridoren Hogwarts' in Richtung Kerker folgten. Tom Vorlost Riddle. Er war ihm schon einmal begegnet, damals, in der Kammer des Schreckens, und er hatte keinen sonderlich guten Eindruck bei Harry hinterlassen. Nein, er hatte ihm gezeigt, wie verschlagen Voldemort schon in jungen Jahren gewesen war. Er hatte die Kammer geöffnet, eine Schülerin umgebracht und einem von Harrys besten Freunden, Rubeus Hagrid, die Schuld an dem ganzen Unheil zugeschoben. Und jetzt steckte er mit diesem Mistkerl in dieser Zeit fest? In einem Haus? In einer Jahrgangsstufe? Was hatte Dumbledore sich nur dabei gedacht? Warum hatte er seinen Namen geändert? Und ihn zurück in die fünfte Stufe gesteckt? Harry hatte ihm und Dippet erzählt, dass er das fünfte Jahr bereits hinter sich hatte. War seinem späteren Schulleiter das schlichtweg entfallen? Oder...
„Habe ich etwas im Gesicht?“, fragte Riddle so unvermittelt, dass Harry verschreckt zusammenzuckte.
Der andere Junge blickte ihn neugierig an, ein leichtes Schmunzeln auf dem Gesicht, das man wohl einfach nur als 'perfekt' bezeichnen konnte. Tom Riddle war ein gutaussehender Junge, das war Harry schon damals in seinem zweiten Schuljahr aufgefallen, als er dem Erinnerungs-Riddle gegenüber gestanden hatte. Zudem überragte er Harry, wie dieser sehr zu seinem Missfallen feststellen musste, um mehr als einen Kopf, obwohl der Gryffindor gut ein Jahr älter war. Aber das war nichts neues. Harry wusste, dass er ziemlich kurz für sein Alter war. Was ihn wirklich ärgerte, war, dass, wenn er nicht gewusst hätte, welches Monster sich hinter Riddles Fassade des Musterschülers verbarg, er ihm wahrscheinlich wie alle anderen auf den Leim gegangen wäre. Er war freundlich, zuvorkommend, höflich, distanziert, aber nicht abweisend. Das Lächeln auf seinen Lippen wirkte ehrlich, humorvoll, 'perfekt'. Alles an diesem Jungen wirkte 'perfekt'. Zu perfekt. Er war ein grandioser Schauspieler.
Unauffällig räusperte Harry sich, um seiner Stimme einen feste Klang zu verleihen, was dank seiner Verwirrung und Unsicherheit über seine unglückliche Situation gar nicht so einfach war. Er fühlte sich noch immer, als wäre er in einem bösen Traum gefangen. Das konnte doch alles nicht wahr sein!
„Nicht, soweit ich sehen kann.“
Er blickte Riddle geradewegs in die eisblauen Augen, die in dem Licht der Fackeln an den Wänden seltsam aufzublitzen schienen, doch es war so schnell wieder verschwunden, dass Harry nicht sicher sein konnte, ob er es nicht einfach nur eingebildet hatte. Ein ungutes Gefühl breitete sich in seiner Magengegend aus. Er stand der jungen Version von Voldemort gegenüber. Dem Mann, der seine Eltern neben unzähligen anderen Hexen und Zauberern eiskalt gefoltert und ermordet hatte. Der Angst und Schrecken über die Zauberwelt gebracht hatte. Der eine Schar wahnsinniger Magier um sich versammelt hatte, die es genossen, wehrlose Muggel zu Tode zu quälen. Bellatrix Lestrange, die Mörderin seines Patenonkels, war das beste Beispiel. Oder die Ratte Peter Pettigrew, der seine Eltern an Voldemort verraten hatte, obwohl sie ihn zu ihren besten Freunden und Vertrauten gezählt hatten! Voldemort, der ihn, seit Harry ein Jahr alt gewesen war, gejagt und umzubringen versucht hatte. Der ihm die Chance auf ein normales Leben genommen hatte.
Ein bitteres Lächeln breitete sich auf Harrys Zügen aus, während die Wut langsam aber sich in ihm anstieg. Die Liste von Voldemorts Vergehen war schier endlos. Und nun war Harry hier, im Jahr 1942 und stand der Wurzel von allem, was in seinem Leben jemals schief gelaufen war, gegenüber. Was sollte er nur tun? Alles in ihm schrie danach, sich auf Riddle zu stürzen, ihn für seine zukünftige Verbrechen zahlen zu lassen, doch Hermines Predigt aus dem dritten Schuljahr über die Folgen, die das Spielen mit der Zeit mit sich brachten, hielt ihn zurück. Ron und Hermine, dachte er wehmütig. Wie sehr er sich die beiden doch in diesem Moment herbeisehnte. Zusammen wäre dieser ganze Schlamassel um einiges einfacher zu ertragen gewesen. Ein leiser Stich durchfuhr ihn bei dem Gedanken an seine Freunde, die er vielleicht niemals wiedersehen würde, wenn er keinen Weg zurück in seine Zeit fand, daher verscheuchte er das Bild von ihnen schnell aus seinem Kopf. Er hatte gerade andere Probleme. Zum Beispiel einen Riddle, der ihn mit echter Neugierde zu mustern schien. Das hatte ihm gerade noch gefehlt. Riddles Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen war das Letzte, was er jetzt gebrauchen konnte.
„Habe ich vielleicht etwas im Gesicht?“, fragte Harry gereizt, wusste jedoch sofort, dass das die falsche Frage war. Und vor allem der falsche Ton, wie er an der Verärgerung, die kurz über Riddles bleiches Gesicht zuckte, bevor sie wieder von einer falschen Freundlichkeit ersetzt wurde, erkannte. So sprach man wohl nicht mit dem Möchtegern-Lord.
„Um ehrlich zu sein, ja“, entgegnete Riddle vollkommen unschuldig.
Als Harry ihn bloß verständnislos anstarrte, hob er eine Hand und tippte sich mit einem vielsagenden Lächeln gegen die Stirn. Harry erbleichte. Bevor er es verhindern konnte, legte sich eine Hand auf seine blitzförmige Narbe und strich sich fahrig einige Strähnen seines pechschwarzen Haares in die Stirn, um sie vor den neugierigen Blicken des anderen Jungen zu verbergen. Verdammt, noch verdächtiger hätte er sich nicht benehmen können.
Riddle beobachtete seine Bemühungen schweigend mit klarem Blick, bevor er schließlich wieder die Stimme erhob: „Was ist da passiert?“
Harry schluckte. „Unfall beim Zaubern.“
Ein nachdenkliches „Hm“, war alles, was er dafür erntete, doch es sagte mehr als tausend Worte. Riddle kaufte ihm die fadenscheinige Erklärung nicht ab. Natürlich, dafür war er zu aufmerksam. Zu schlau. Verdammt, das würde Riddle nicht auf sich ruhen lassen. Harrys Gehirn lief auf Hochtouren, um sich eine bessere Ausrede auszudenken, doch wundersamerweise hakte Riddle nicht weiter nach. Schweigend setzten sie den Weg fort. Riddle sah ihn noch nicht einmal mehr an, sondern schien ganz in seiner eigenen Gedankenwelt versunken. Und das machte Harry nur noch nervöser, als wenn er ihn mit Fragen gelöchert hätte. Wer wusste schon, was sich sein brillanter Verstand im Stillen zusammenreimte. Das war nicht gut. Ganz und gar nicht gut. Sollte Riddle wie auch immer herausfinden, wer Harry wirklich war, dann... Nein, er wollte sich die Konsequenzen gar nicht ausmalen, dachte Harry mit einem Schaudern. Besser, er verhielt sich so unaufmerksam wie möglich und ging Riddle nach allen Formen der Kunst aus dem Weg, bis er eine Möglichkeit gefunden hatte, in seine eigene Zeit zurückzukehren. Er musste sich unbedingt mit Dumbeldore zusammensetzen. Sein zukünftiger Mentor war die beste Chance, die er hatte. Und wahrscheinlich auch die einzige. Dumbeldore würde wissen, was zu tun war.
Unauffällig ließ Harry sich einige Schritte zurückfallen, um nicht in seiner Gedankenlosigkeit nachher noch den Eindruck zu erwecken, er würde den Weg zum Gemeinschaftsraum der Slytherins kennen. Immerhin sollte er vorgeben, neu in Hogwarts zu sein. Und ein neuer Schüler würde sich nie und nimmer auf Anhieb in Hogwarts zurechtfinden, dafür war das Schloss zu groß und seine Gänge zu verwinkelt. Zudem wechselten die Treppen ganz gerne mal die Richtung. Ron und er hatten sich im ersten Schuljahr dutzende Male verirrt, wobei sie oft genug dem Poltergeist Peeves in die Arme gelaufen waren, dessen liebster Zeitvertreib darin bestand, die Bewohner Hogwarts zu triezen und zu schikanieren. Nein, als Neuankömmling hatte man keine Chance, in dem riesigen Schloss unbeschadet von A nach B zu kommen. Eher wusch sich Snape mal die Haare.
Daher überließ er Riddle die Führung und folgte ihm in gebührenden Abstand, einen, wie er hoffte, staunenden Ausdruck auf dem Gesicht, während er seinen Blick über alles mögliche nur nicht den Jungen vor ihm gleiten ließ.
In aller Stille stiegen sie mehrere steinerne Treppen hinab in die Kerker, bogen um unzählige Ecken mal hierhin, mal dorthin ab, bevor sie vor einer Mauer stehen blieb, die sich in keinster Weise von all den anderen um sie herum unterschied. Doch Harry wusste es besser. Dies war der Eingang zum Gemeinschaftsraum der Slytherins, in den er, nach seinen Abenteuern im zweiten Schuljahr, niemals wieder einen Fuß hatte setzten wollen. Und nun war er ein Teil des Hauses Slytherin. Welche Ironie, dachte er bitter, während Tom Riddle laut und deutlich sagte: „Reinheit.“
Harry hätte fast die Augen verdreht. Natürlich, welches Wort wäre passender für die Slytherins, die so viel Wert auf die Reinheit ihres Blutes legten. Sie konnten ja so berechenbar sein.
Ein Zittern lief über die Mauer vor ihnen, als wäre sie zum Leben erwacht, dann schoben sich einzelne Stein vor, während andere sich zurückzogen, sich verschoben, bis ein Loch in der Größe eines Mannes in der Wand klaffte.
Lächelnd drehte sich Riddle zu Harry um. Glaubte der Gryffindor das nur, oder war da etwa eine Spur von Überheblichkeit in seinem Blick zu erkennen?
Als er jedoch Harrys ausdruckslose Miene bemerkte, verrutschte Riddles Lächeln ein wenig. Verwirrung zeigte sich auf seinem Gesicht, gefolgt von unverhohlenem Misstrauen.
Zu spät fiel Harry ein, dass ein Neuankömmling wohl beeindruckt von der Vorführung gewesen wäre. Oder zumindest aufgeregt Fragen über das Schloss, die Häuser, den Alltag in Hogwarts oder sonst was gestellt hätte.
„Echt beeindruckend“, bemerkte Harry mit gespielter Faszination, die bei Riddle jedoch auf taube Ohren zu stoßen schien. Er musterte Harry aufmerksam, bohrte seinen Blick in Harrys, der ihm tapfer standhielt, was nicht einfach war, wenn man die Intensität dieser eisblauen Augen bedachte.
„Allerdings“, murmelte Riddle geistesabwesend. „Präg dir das Passwort gut ein. Solltest du es vergessen, kommst du nicht mehr zurück in die Räume der Slytherins.“
Harry nickte abgehackt. „'Reinheit'. Schon kapiert.“ War schließlich nicht schwer zu merken. Es hätte ihn eher überrascht, wenn das Passwort der Slytherins ein Begriff wie Lachkrampf oder... Blumenbeet oder so gewesen wäre. Obwohl das bestimmt für einige Lacher gesorgt hätte. Da wäre nie jemand drauf gekommen.
Für einen unangenehmen Moment blieb Riddles Blick auf Harrys Gesicht gehaftet, dann wandte er sich ab und verschwand durch das Loch in der Wand.
Harry nahm einen tiefen Atemzug, bevor er ihm widerstrebend folgte. Er fühlte sich wie ein Verräter.
Der Gemeinschaftsraum der Slytherins sah genauso aus, wie Harry ihn in Erinnerung hatte. Kalt, unfreundlich, düster. Die Schrumpfköpfe an den rohen Steinwänden und das grüne Licht der Kugellampen, die an der hohen Decke hingen, halfen auch nicht sonderlich, einen besseren Eindruck zu machen. Harry vermisste schon jetzt das heitere Lachen, die warme Atmosphäre und die rot-goldenen Banner an den Wänden des Gryffindor-Gemeinschaftsraums. Er glaubte kaum, dass er sich in den übertrieben elegant eingerichteten, in Silber und Grün gehaltenen Räumen der Slytherins jemals wohlfühlen würde. Gryffindor hatte ihm ein Gefühl von 'Zuhause' gegeben, ihm Wärme und Behaglichkeit gespendet. Davon würde er hier nicht das Geringste finden. Alles wirkte steif, unnahbar, herzlos. Nein, das hier war kein Ort, den man Zuhause nennen konnte. Es war ein Gefängnis.
Harry richtete seinen Blick wieder auf Riddle, der bereits an einer Treppe angekommen war, die weiter hinab unter die Erde führte. Ein schweres Seufzen unterdrückend stieg Harry die steinernen Stufen hinter ihm hinab, die in ein spärliches, blaues Licht getaucht waren, das die Umgebung nur noch abweisender wirken ließ, als sie es ohnehin schon war.
Riddle führte Harry einen langen, schmalen Gang entlang, bis er vor einer dunklen, mit aufwendigen Schnitzereien verzierten Holztür stehen blieb. Er legte die Hand auf die silberne Klinke, wandte dann jedoch den Kopf noch einmal Harry zu, der sich alle Mühe gab, sein Unbehagen zu verbergen. Er hoffte nur, dass es ihm auch nur ansatzweise gelang. Schauspielern war nicht gerade seine Stärke. Er erinnerte sich noch gut an seinen ersten Versuch, Professor Horace Slughorn dazu zu bringen, die wahre Erinnerung über ein Gespräch, das er mit Tom Riddle - welch ein Zufall - geführt hatte, rauszurücken. Ein katastrophaler Fehlschlag. Ohne die Hilfe eines kleinen Zaubertranks namens 'Felix Felicis' hätte er es wohl niemals geschafft. Nein, er war kein sonderlich guter Lügner. Warum also war der Hut so hartnäckig darauf aus, ihn in das Haus der Lügner und Betrüger zu stecken? Er war hier vollkommen fehl am Platz. Die Slytherins würden doch sofort merken, dass er keiner von ihnen war.
Allen voran Riddle, der ihn entschuldigend anlächelte. Harry zog fragend die Augenbrauen zusammen.
„Es ist schon spät“, bemerkte Riddle so leise, dass Harry sich anstrengen musste, um ihn zu verstehen.
Zur Antwort gab er ein abgehacktes Nicken, obwohl er, ehrlich gesagt, jegliches Zeitgefühl seit seinem Erwachen im Jahr 1942 verloren hatte. Er nahm einfach mal an, dass Tom Riddle keinerlei Grund hatte, ihn wegen der Uhrzeit anzulügen.
„Die anderen werden schon schlafen“, erklärte Riddle ruhig, den Kopf leicht zur Seite geneigt, sodass seine Haare eine Hälfte seines Gesichts verbargen. „Ich werde dir unsere Zimmergenossen also erst morgen vorstellen können.“
Harry schluckte. Er war nicht sonderlich erpicht darauf, irgendjemanden in Slytherin kennenzulernen. Wer wusste schon, wie viele von ihnen bereits Riddle hörig waren? Hatte er schon zu Schulzeiten begonnen, seine Gefolgschaft aufzubauen? Wenn ja, wäre Harry mit einem Haufen potentieller Todesser in einem Raum gefangen. Er konnte sich wahrlich schönere Orte vorstellen. Sogar das Haus der Dursleys stand zur Debatte, wenn auch am ganz unten auf der Liste.
Harry quälte sich ein schwaches „Schon gut“ ab, woraufhin Riddle ihm, wie er wohl hoffte, aufmunternd zunickte, was Harrys Unbehagen jedoch nur noch steigerte, bevor der junge Vordemort-Verschnitt vorsichtig die Klinke herunterdrückte und die dunkle Tür lautlos aufdrückte.
Harry zögerte einen Moment, doch eine auffordernde Kopfbewegung von Riddle ließ ihn sich schließlich seinem Schicksal, wenn auch widerwillig, ergeben. Was hatte er schon für eine Wahl?
Er folgte dem Möchtegern-Lord in einen Raum, der so düster war, dass man die Hand nicht vor Augen sehen konnte, doch kaum drückte der andere Junge die Tür mit einem entschiedenen 'Klick', das Harry erschrocken zusammenfahren ließ, ins Schloss, erwachten die Lampen an den Wänden zum Leben und erhellten die Dunkelheit mit einem schwachen, grünen Schein, der Harry stark an den Avada-Kedavra-Fluch erinnerte. Das war ja überhaupt nicht beunruhigend. Er bezweifelte, dass er hier auch nur für eine Nacht erholsamen Schlaf finden würde. Wenn es ihm überhaupt gelingen sollte, auch ein Auge in Riddles Gegenwart zu schließen, ohne Gefahr zu laufen, verrückt vor Sorge über einen vermeintlichen Angriff zu werden. Nein, besser, er lernte mit offenen Augen zu schlafen.
Riddle stellte sich dicht neben Harry, der jedes Fünkchen seiner Selbstbeherrschung aufbringen musste, keinen Schritt zur Seite zu machen, um etwas Abstand zwischen sie zu bringen. Der Mörder seiner Eltern war ihm so nah, dass ihre Schultern sich leicht berührten. Ihm wurde schlecht.
Riddle hob einen Arm und deutete auf ein, wie Harry fand, übertrieben prunkvolles Bett, das einsam und verlassen auf der linken Seite des Raumes stand. Davor entdeckte er einen großen Koffer, der seinem eigenen verblüffend ähnlich sah. Aber... das war nicht möglich. Wie sollten seine Sachen in diese Zeit kommen? Er hatte wohl kaum vorher gepackt und war freiwillig in diesen Albtraum gereist. Daran hätte er sich erinnert. Hoffte er.
„Das Bett gehört dir“, flüsterte Riddle leise und fügte unnötigerweise hinzu: „Ich schlafe da hinten, an der Stirnseite des Zimmers.“
Was interessierte es ihn, dachte Harry erbost, stattdessen murmelte jedoch verwirrt: „Was machen meine Sachen hier?“
„Die Hauselfen haben Sie hierher gebracht“, erklärte Riddle hilfsbereit, was Harry beinahe ein genervtes Stöhnen entlockt hätte. Er wusste bereits, dass es Hauselfen waren, die die meiste Arbeit in Hogwarts erledigten, vom Kochen über Wäschewaschen bis zum Koffertragen, was er dem Möchtegern-Lord natürlich nicht sagen konnte. Es gab so vieles, worauf er achten musste, um sich nicht zu verraten. Das würde ein wahrer Spießrutenlauf werden.
Unter Riddles wachsamen Blick ging Harry hinüber zu dem freien Bett und ließ sich vor dem Gepäckstück auf den Boden sinken, bevor er mit zitternden Fingern den Verschluss entriegelte, um den Deckel aufklappen zu können. Er fiel aus allen Wolken, als er sein Hab und Gut, seine Bücher, Federkiele, Umhänge und die anderen, ausgeleierten Kleidungsstücke, die die Dursleys ihm 'geschenkt' hatten, erblickte. Fassungslos starrte er vor sich hin. Das durfte doch nicht wahr sein. Was wurde hier gespielt? Er verstand gar nichts mehr.
Eine Berührung an der Schulter riss ihn unsanft in die Gegenwart zurück. Alarmiert sprang er auf und wirbelte herum, nur um sich einem verdutzten Tom Riddle gegenüber zu sehen, dessen Hand ratlos in der Luft zwischen ihnen schwebte. Gar nicht gut.
Eine Weile blickte er Harry schweigend an, dann schien er zu bemerken, dass er den Arm noch immer erhoben hatte, und ließ ihn langsam sinken, einen überraschten, aber auch über die Maßen interessierten Ausdruck auf dem Gesicht. Harry verfluchte sich für seine übertriebene Reaktion. Das wurde ja immer schlimmer. Anstatt Riddles Neugier ihm gegenüber zu zügeln, stachelte er sie auch noch an. Das konnte doch nicht wahr sein.
„Was?“, fragte Harry mit etwas zittriger Stimme sein Gegenüber, der ihn mit schräg gelegten Kopf so eindringlich musterte, dass Harry glaubte, sein Blick würden Löcher in seine Haut brennen.
Ein Lächeln breitete sich auf Riddles Gesicht aus, doch es schien anders als vorher. Als würde er sich nicht mehr so viel Mühe geben, es überzeugend aussehen zu lassen. Ja, Harry ging sogar so weit, Riddles Ausdruck als schlichtweg unheimlich zu bezeichnen. Denn das war er. Ohne Zweifel.
„Ich wollte dir nur eine Gute Nacht wünschen.“ Tom Riddles Augen schienen sich in Harrys zu bohren. „Und dir raten, das Auspacken auf morgen zu verschieben. Es ist wirklich spät.“
„Das war mir auch klar“, schoss Harry gereizt zurück, bevor er es verhindern konnte, rang sich dann aber noch ein einigermaßen freundliches „Na, dann, gute Nacht“ ab.
Ohne Toms Erwiderung abzuwarten, wandte er sich wieder seinem Koffer zu, um darin nach seinen Schlafsachen zu kramen, sich des stechenden Blicks auf seinem Rücken unangenehm bewusst.
Hastig suchte er alles nötige zusammen, wobei er ein heilloses Durcheinander in seinem Koffer hinterließ, in dem er wahrscheinlich nie wieder etwas finden würde, doch in diesem Moment war ihm das vollkommen egal. Er wollte nur diesem scharfen Blick entkommen und endlich alleine sein, um in Ruhe über alles nachdenken zu können, was heute passiert war. Er brauchte eine Pause. Er musste wieder zu Atem kommen, seine Gedanken ordnen. Er musste sich beruhigen!
Er eilte durch eine weitere Tür, die glücklicherweise, wie er gehofft hatte, in ein geräumiges, protziges Gemeinschaftsbad führte, das das der Gryffindors meilenweit in den Schatten stellte. Und DAS war Harry damals schon luxuriös vorgekommen. Die Slytherins übertrafen mal wieder alles. Anscheinend genossen sie es, jede Gelegenheit zu nutzen, um ihren Reichtum, oder besser den ihrer Eltern, zur Schau zu stellen.
Er schmiss seine Sachen auf einen niedrigen Hocker an der Wand, entledigte sich seiner übergroßen Kleidung, die er achtlos auf den Fußboden warf, dann ging er zu einer Duschnische und drehte den Wasserhahn auf. Heiß prasselte der Strahl auf seine ausgestreckte Hand nieder, mit der er die Temperatur fühlte, während die andere an den Hähnen herumwerkelte, bis er sicher sein konnte, dass das Wasser ihm nicht die Haut verbrennen würde. Er legte seine Brille behutsam auf einem kleinen Brett an der Wand ab, bevor er einen Schritt nach vorne machte und genüsslich aufseufzte, als der warme, weiche Strahl auf seine verkrampften Muskeln fiel, sie massierte, bis sich die Spannung, die sich in den letzten Stunden in ihm aufgebaut hatte, langsam aber sicher löste. Er stützte die Hände an der kühlen Wand ab, den Kopf leicht geneigt, während er versuchte, alle Gedanken an Zeitreisen, Hogwarts, Slytherin und vor allem Tom Riddle alias Lord Voldemort von sich zu schieben und einfach nur diesen Moment, diese Ruhe, die sich in seinem Inneren ausbreitete, zu genießen. Ein willkommene Leere füllte seinen Kopf, die sich, nach den Stunden der Verwirrung anfühlte wie der Himmel auf Erden. Er hätte ewig hier stehen und alles andere vergessen können, sich fallen lassen, doch letztendlich war Harry niemand, der die Augen vor der Realität verschloss. Daher beendete er seine Dusche schweren Herzens und tastete unbeholfen nach dem Regal mit seiner Brille, die er beinahe auf den Boden geschubst hätte, als seine suchenden Finger gegen den kalten Rahmen stießen. Hastig setzte er sie auf, immerhin war er ohne sie praktisch blind, dann griff nach seinem Handtuch, das er auf eine Stange vor der Nische gehangen hatte, gerade als die Tür zu dem Gemeinschaftsbad geöffnet wurde. Harry warf einen kurzen Blick über die Schulter zum Eingang, wo er Tom Riddle im Türrahmen stehen sah, in den Armen ebenfalls Sachen für die Nacht, bevor er dem unerwünschten Besucher demonstrativ den Rücken zudrehte. Konnte er ihm denn nicht eine Minute Ruhe und Frieden gönnen? War das zu viel verlangt?
Entschlossen packte er das Handtuch und trocknete sich flüchtig ab, bevor er es nachlässig zurück über die Stange warf. Hastig schlüpfte er in seinen Schlafanzug, wobei Riddles forschender Blick die ganze Zeit über auf ihm ruhte, bevor er sich an dem anderen Jungen vorbei zu drängen versuchte, doch der wich nicht einen Millimeter zur Seite, sondern versperrte den gesamten Eingang, sodass Harry ihm genervt seine Schulter hart in die Seite rammte, um ihn aus dem Weg zu schubsen. Dabei würdigte er den Möchtegern-Lord nicht eines Blickes. Er wollte einfach nur so schnell wie möglich von Riddle wegkomme. Gott, das war alles so seltsam. Wie sollte er es in Slytherin aushalten? Zudem mit einem jungen Lord Voldemort in einem Zimmer? Das war reine Folter. Was hatte er je getan, um das zu verdienen? Harry fiel keine Antwort darauf ein. Nicht, dass das Leben bisher einen Grund gebraucht hätte, um ihn von einem Problem ins nächste zu werfen. Er zog sie halt magisch an. Seit seinem ersten Lebensjahr. Was für ein Glückspilz er doch war, dachte er sarkastisch, während er zu seinem neuen Bett ging, seine Brille auf einem kleinen, dunklen Nachtschränkchen platzierte und sich mit einem erleichterten Seufzer auf die Matratze fallen ließ, die ihn in ihrer weichen Umarmung willkommen hieß. Er rollte sich zur Seite, weg von der Badezimmertür, in deren Rahmen er noch immer Riddles Umrisse aus den Augenwinkeln erkennen konnte, bevor er sich in der Decke einwickelte und hundemüde die Augen schloss. Mit einem Mal schien all die Anspannung der letzten Stunden ihren Tribut zu zollen. Erschöpfung packte ihn mit unnachgiebigen Klauen, um ihn innerhalb von Sekunden tief in das Reich der Träume zu ziehen. Er hoffte nur, dass er am nächsten Morgen wieder in seiner eigenen Zeit erwachen würde. Die Hoffnung starb schließlich zuletzt...




Gebadet in dem schwachen, grünlichen Schein der Kugellampen an den Wänden, stand Tom Riddle vor einem pompösen, in Grün und Silber gehaltenen Himmelbett und schaute nachdenklich auf den schlafenden Jungen herab, der die weiche Decke eng um seine schmale Gestalt geschlungen hatte.
Alles an diesem Jungen war eine Lüge. Sein Name, seine Geschichte, sogar sein Verhalten. Er hatte versucht ihm vorzuspielen, er wäre neu in Hogwarts. Ihm! Dem Meister der Täuschung. Dabei war es so offensichtlich gewesen, dass er sich bereits in Hogwarts auskannte. Seine Überraschung, seine Begeisterung, das alles war gespielt gewesen. Und schlecht noch dazu. Nichts an ihm war echt.
Wer war er wirklich? Was an ihm war so verdammt wichtig, dass man es geheim halten musste? Was verbarg er vor ihm? Riddle wollte es wissen. Er musste es wissen. Es macht ihn wahnsinnig, nicht zu wissen. Die Fragen hatten ihm während des gesamten Weges von der Krankenstation zu ihrem Schlafraum auf der Zunge gebrannt wie Säure, doch er wusste, dass es ihm nichts bringen würde, den Jungen zu löchern. Er würde ihm keine Antwort geben, das hatte er in seinem Blick erkannt, als er nach der Geschichte hinter seiner Narbe gefragt hatte. Diese Narbe...
Vorsichtig strich Tom dem schlafenden Jungen die Haare aus der Stirn, um einen besseren Blick auf die seltsame Narbe erhaschen zu können, die sich deutlich in der Form eines Blitzes von seiner gebräunten Haut abhob. 'Brown' regte sich unter der Berührung leicht, und für einen kurzen Moment fürchtete Tom, er würde erwachen, doch zu seiner Erleichterung wandte der Junge ihm lediglich leise murmelnd das Gesicht zu. Die Erschöpfung zeichnete sich klar als dunkle Ringe unter seinen geschlossenen Lidern ab, deren gelegentliches Zucken Tom signalisierte, dass der Junge tief im Reich der Träume versunken war, was ihm sein Vorhaben um einiges erleichterte, da er keine Gefahr lief, erwischt zu werden.
Mit vor Neugierde brennenden Augen folgte er dem gezackten Verlauf der Narbe, dann legte er sanft einen Daumen auf den tiefen Schnitt, zog jedoch sogleich die Hand wieder zurück, als ein stechender Schmerz durch seinen Arm zuckte. Fasziniert betrachtete er seine prickelnde Fingerspitzen, bevor seinen Blick zurück auf den friedlich schlafenden Jungen richtete, der nicht das geringste von dieser Aktion mitzubekommen haben schien. Tom spürte, wie sein Puls sich vor Aufregung über seine Entdeckung beschleunigte, während sein Verstand fieberhaft nach einer Erklärung für das gerade Geschehene suchte.
Es gab so vieles an dem Jungen, was ihn faszinierte, so viele Fragen, nach deren Antwort es ihn verlangte. Woher stammte die Narbe? Warum hasste er Tom, obwohl sie sich noch nie zuvor begegnet waren? Wer war er? Und noch wichtiger: was wusste er über ihn?
Wie gerne hätte Tom ihm die Antworten gewaltsam entlockt, und schon bei der bloßen Vorstellung daran, mit welchen Mitteln er den Jungen zwingen könnte, ihm seine tiefsten, bestgehüteten Geheimnisse zu beichten, lief ein Zittern der Vorfreude durch seinen Körper, doch noch gelang es ihm, die Beherrschung zu bewahren. Wenn auch nur um Haaresbreite. Er würde seine Antworten bekommen. Er würde das Rätsel um 'Harry Brown' lüften. Doch bevor er zu etwas... drastischeren Mitteln griff, würde er zunächst versuchen, sich sein Vertrauen mit Freundlichkeit und Charme zu erschleichen. Darin war er schließlich Meister. Niemand konnte dem perfekten Tom Riddle widerstehen. Absolut niemand.


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