von norah
\\\"Wie spät ist es? Oh mein Gott schon halb eins?! Meine Mutter bringt mich um! Ich muss los Ann!\\\"
\\\"Soll ich dich mit dem Auto fahren? Unser Kamin funktioniert nicht und ist nicht ganz ungefährlich da draussen!\\\"
\\"Wird schon nix passieren, aber danke. Ich hab dich lieb!\\\"
\\\"Ich dich auch! ...Und May, pass auf dich auf, ja?!!!\\\"
May nickte und rannte los.
Draussen herrschte eine lähmende Finsternis, nur eine einsame Strassenlaterne beleuchtete mit fahlem Licht den Eingang zu Ann's Haus. Ann war May's Cousine und drei Jahre älter als sie, für May war sie eine beste Freundin und eine zweite Mutter.
May spürte wie ihr eine Gänsehaut über den Rücken kroch und beschleunigte ihre Schritte, wenn sie doch nur schon apparieren könnte, oder zumidest ihren Besen dabei hätte!
Hinter ihr raschelte es leise, sie schnellte herum, den Zauberstab fest in der Hand.
Doch es war nur ein Igel, der sein Nachtessen im frischen Laub suchte.
May atmete tief ein und begann wieder zu rennen, sie hatte noch eine gute halbe stunde bis nach Hause und sie wollte den Wald so schnell wie möglich hinter sich haben.
Ein Käuzchen schuhute traurig in den Bäumen, ein Fuchs schlich mit blutigem Mund vom nächtlichen Raubzug Heim und irgendwo heulte schauerlich ein Wolf.
Ihre Schritte knirschten leise auf dem Kies, ein Ast streifte ihre Wange und liess sie zusammen zucken.
May spürte wie langsam Panik in ihr aufstieg, sie sah den Weg kaum, stolperte über eine Wurzel und konnte sich gerade noch an einem Baumstamm festkrallen.
Sie keuchte und ihre Beine wurden mit jedem Schritt schwerer, sie musste sich zu jedem weiteren Schritt zwingen, versuchte ihre Atmung wieder zu regulieren.
Die kalte Nachtluft schnitt ihr ins Gesicht und brannte in ihrer Lunge.
Wieder ein Rascheln hinter ihr, doch diesmal lauter, gerade so, als wollte jemand den Eindruck machen, nicht gehört werden zu wollen, aber eigentlich genau dies seine Absicht war.
Am ganzen Körper zitternd blieb May stehen, drehte sich langsam um.
Der Vollmond schien kalt durch das noch dichte Blätterdach der Bäume, übergoss den Weg mit fahlem, silbrigem Licht. Der Wind säuselte gefährlich durch die Blätter und rüttelte wütend an den Ästen.
\"Lumos,\" flüsterte sie leise und ein schwaches Licht erschien an der Spitze ihres Stabes, warum war ihr das nicht schon früher eingefallen?
May hob den Stab und erkannte ihm fahlen Licht eine grosse, schlanke Gestalt. Das Gesicht verschwand hinter der Kapuze des schwarzen Umhangs.
May zitterte unkontrolliert, sie hatte die Gestalt sofort erkannt, wollte es aber nicht glauben, noch nicht jetzt!
Ein Schrei wollte sich von ihren Lippen stehlen, doch die Angst schnührte ihr die Kehle zu.
Die Gestalt lachte kalt und grausam. Ein Lichtstrahl traf May mitten in die Brust.
Sie stürzte zu Boden, nie in ihrem ganzen Leben hatte sie jemals solche Schmerzen gespürt! Ein qualvoller Schrei durchdrang die Nacht, war es ihr eigener gewesen?
Sie konnte nicht mehr klar denken, ihr ganzer Körper war erfüllt von schrecklichen Schmerzen. Sie wand sich auf dem Boden, flehte, der Tod möge sie bald von diesen Qualen erlösen. Sie spürte die spitzen Steine nicht, die ihr Jäckchen zerrissen, spürte das Blut nicht, das ihr die Wange runter lief.
Die Schmerzen wurden immer schlimmer, bis sie schliesslich von einer warmen, alles auslöschender Dunkelheit umfasst wurde.
Als die Dunkelheit im Begriff war, ihren Verstand ein zu hüllen, lächelte sie traurig und flüsterte:"Es tut mir leid, Mum, ich bin zu schwach!"
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