von ChrissiTine
20. Dezember: Familienfeier
„Ich weiß nicht, wie du mich dazu überreden konntest", murmelte Dominique, während sie krampfhaft versuchte, tief durchzuatmen. „Ich bin nicht deine Freundin, was hab ich beim Geburtstag deines Vaters zu suchen?"
Sie standen vor einem großen Haus an der Küste Cornwalls, in dem Steven und sein Bruder aufgewachsen waren. Das Meer erinnerte sie an ihr eigenes Elternhaus, aber selbst dessen beruhigendes Rauschen war nicht genug für ihre Nerven. Sie klammerte sich an seinen Arm, den sie nicht losgelassen hatte, seit er sie hierher appariert hatte.
„Ich hab's dir doch schon zehnmal erklärt, ich hatte keine Lust, von meiner Mutter schon wieder verkuppelt zu werden, deshalb hab ich ihr erzählt, dass ich mich mit jemandem treffe. Außerdem ist mein Dad ein großer Quidditchfan und er wird ganz scharf darauf sein, mit einem richtigen Profi zu sprechen. Ein besseres Geschenk kann ich ihm gar nicht machen. Wen hätte ich denn sonst mitnehmen sollen?"
Sie verdrehte die Augen. „Wirklich schön zu wissen, dass du mich benutzt, um kein echtes Geschenk kaufen zu müssen."
„Jetzt sei doch nicht so dramatisch, Weasley." Er zog sie zur Haustür. „Gratis Essen, gratis Alkohol, ein Haufen Quidditchfans, worüber beschwerst du dich eigentlich?" Er klingelte an der Tür.
Sie wusste genau, worüber sie sich beschwerte. Sie hatten keine Beziehung, sie war nicht seine Freundin. Doch es fühlte sich genauso an, wenn er sie zu einer großen Familienfeier mitnahm, wo sie so ziemlich jeden seiner Verwandten kennen lernen würde. Und keiner von ihnen würde verstehen, dass es nichts Ernstes zwischen Steven und ihr war. Sie konnte seiner Mutter schließlich schlecht erklären, dass Steven und sie nur an Sex miteinander interessiert waren.
Bevor sie jedoch den Mund aufmachen konnte, um ihm das alles zu sagen, wurde die Tür geöffnet. Von einem Buttler. Der eine Uniform trug. Da fiel ihr der Mund doch auf und sie starrte den Mann ungläubig an.
„Willkommen zu Mr. Davies fünfundfünfzigstem Geburtstag. Darf ich Ihnen Ihre Mäntel abnehmen?" Sprachlos ließ sie den Mann gewähren und starrte ihm hinterher, während Steven sie an der Hand nahm und durch das große Foyer ins Wohnzimmer zog. Mit großen Augen schaute sie sich um.
„Hier bist du aufgewachsen?", fragte sie ihn schließlich leise. „Was hast du für eine Familie?!" So groß war ja nicht mal das Haus ihres Onkels Harry am Grimmauldplatz.
Steven zuckte mit den Schultern. „Die Familie meiner Mum hat jede Menge Kohle, und mein Dad spielt gerne mit dem Muggelaktienmarkt, da hat er vieles noch vermehrt. Aber so toll ist es auch nicht. Die meiste Zeit fühlt man sich wie in einem Museum. Das Haus von deinen Eltern gefällt mir viel besser." Kein Wunder, da braucht man auch nicht zehn Minuten von der Haustür bis ins Wohnzimmer.
An der Tür trafen sie auch gleich auf Stevens Mutter. Sie trug einen eleganten schwarzen Hosenanzug und hatte so viel Schmuck angelegt, dass sie der Queen Konkurrenz machen konnte. Sie umarmte Steven herzlich und richtete dann seinen Krawattenknoten.
„Schätzchen, wie schön, dass du da bist! Wir haben dich schon so lange nicht gesehen, du musst wirklich öfter zum Essen kommen! Hast du schon mit Michael und Allison gesprochen? Das Baby muss bald kommen, so groß wie ihr Bauch mittlerweile ist. Und du musst unbedingt mit deiner Großmutter sprechen, sie fragt schon nach dir, seit sie hier ist."
Steven nickte brav, aber Dominique konnte sehen, wie er die Augen verdrehte, sobald seine Mutter den Blick abwandte. Sie musterte Dominique prüfend und zog die Stirn kraus. Dominique schluckte. Deshalb hasste sie es, die Eltern von ihren Freunden kennen zu lernen (auch wenn sie das bisher nur einmal hatte machen müssen). Nie fühlte sie sich gut genug und bei dem Blick, den Mrs Davies ihr zuwarf, traf sie mit ihrem Gefühl ins Schwarze.
„Sie sind also die Freundin meines Sohnes?"
Dominique schluckte. Das fing ja gut an. „Ähm …"
Steven schlang den Arm um ihre Taille und strahlte seine Mutter an. „Das ist Dominique Weasley, Mum. Sie ist die Sucherin bei den Kenmare Kestrels, du weißt schon, die, die die Meisterschaft letztes Jahr gewonnen haben."
Mrs Davies nickte unbeeindruckt. „Freut mich", sagte sie in einem abwertenden Tonfall. „Das scheint ja eine gute Leistung gewesen zu sein."
Steven nickte. „Oh ja. Und die Mannschaft hat wirklich lange darauf hingearbeitet. Die Presse hat sich überschlagen mit Lobeshymnen."
„Wie schön. Wie lange planen Sie noch, Ihre Karriere fortzuführen?"
Was war das denn für eine Frage? Selbst die Reporter hielten sich mit dieser Frage noch diskret zurück, nachdem sie im Moment so auf Erfolgskurs war. „So lange wie möglich", antwortete sie schließlich. „Sucher müssen nicht so schnell aufhören wie die anderen Spieler, weil sie körperlich weniger gefordert werden. Ich hab noch keine Pläne, aufzuhören. Ich hoffe, ich kann noch ein paar Jahre spielen, auf jeden Fall."
„Aber ist das nicht sehr hinderlich für Ihre Familie?" Steven versteifte sich neben ihr. Dominique zuckte mit den Schultern. „Meine Familie freut sich, dass ich erfolgreich bin, die würde es nicht stören, wenn ich Quidditch spiele, bis ich vierzig bin." Ihre Mutter war zwar nicht sonderlich begeistert von ihrer Karriere, aber was konnte sie schon dagegen tun? Mittlerweile hatte sie es akzeptiert.
„Aber was, wenn Sie selbst eine Familie gründen wollen? Würde Ihre Karriere das nicht erschweren?"
Bevor sie es verhindern konnte, schnaubte Dominique. „Merlin, nein! Ich will keine Kinder, ich bin doch nicht bescheuert!" Wenn sie wirklich wollte, dann konnte sie gute Manieren an den Tag legen, höflich sein und so tun, als ob die langweiligsten Themen sie interessierten (sie hatte genug Zeit mit Onkel Percy verbracht, um zu wissen, wie sie Interesse überzeugend vortäuschen konnte), aber sie konnte sich nicht verstellen und lügen. Sie wollte keine Kinder und einen Ehemann hatte sie auch noch nie in Erwägung gezogen. Ihre Karriere war das wichtigste und alles andere musste sich damit arrangieren.
Aber es war die falsche Antwort auf die Frage von Stevens Mutter. Deren Blick wurde kalt und sie nickte nur kurz. „Entschuldigen Sie mich bitte, ich sehe eine gute Freundin." Sie eilte davon.
Dominique ergriff ein Champagnerglas von einem der herumschwebenden Tabletts und trank es in einem Zug leer.
„Das lief ja super", seufzte Steven und griff ebenfalls nach einem Glas.
„Hätte ich etwa lügen sollen? Ich will keine Kinder, dazu hab ich schon viel zu viel Zeit mit der Brut meiner Geschwister und Cousins verbracht. Außerdem ist es doch scheißegal, was ich will, du wirst sowieso irgendwann eine andere heiraten." Wahrscheinlich irgendeine Schlampe, die es gar nicht abwarten konnte, einen Haufen perfekte Kinder zu bekommen.
Steven biss sich auf die Lippe und trank schließlich noch einen Schluck. „Trotzdem. Meine Mutter wird jetzt keine Ruhe mehr geben. Du solltest sie doch davon abhalten, mich mit irgendwem verkuppeln zu wollen!"
Dominique schnaubte. „Deine Mutter ist so dreist, dass sie sich mit jemandem verkuppelt, selbst wenn du eine Freundin hast?", fragte sie ungläubig.
Er seufzte. „Normalerweise nicht. Aber wenn sie wirklich glaubt, dass du schlecht für mich bist …"
Dominique grinste. „Ich hab nie behauptet, ein guter Einfluss zu sein. Aber wenn ich wirklich deine Freundin wäre, dann wäre ich jetzt sehr beleidigt. Deine Mum hat ja nicht mal versucht, höflich zu sein."
„Wären hier nicht so viele Leute, wäre sie bestimmt subtiler gewesen." Steven sah sich um und zog sie dann mit sich durch die Menschenmenge. Sie war froh, dass sie ihre Ballerinas angezogen hatte und keine High Heels, sonst wäre sie mindestens drei Mal gestolpert.
„Michael, hey!" Steven tippte einem Mann mit dem gleichen dunklen Haar wie er es hatte auf die Schulter und umarmte ihn.
„Hey, großer Bruder", erwiderte der Mann lachend. Nach einem Blick auf Stevens Gesichtsausdruck grinste er. „Mum hat dich schon fertig gemacht, hmm?"
Steven zuckte mit den Schultern. „Du kennst sie doch. Sie muss immer was zu meckern haben."
„Jetzt sei mal nicht so streng, sie hat die ganze Party alleine geplant, kein Wunder, dass sie gestresst ist", mischte sich eine dunkelhaarige Frau in das Gespräch ein. Sie hatte ein gewinnendes Lächeln und niedliche Grübchen. Sie trug ein wallendes grünes Kleid, das ihren enorm großen Babybauch überhaupt nicht kaschierte. Sie gehörte eindeutig zu den geplagten Schwangeren. Victoire und Annie war bei ihren Schwangerschaften das blühende Leben gewesen, aber Molly zum Beispiel war immer so angeschwollen und aufgedunsen gewesen, dass sie sich am Ende kaum noch bewegt hatte. Diese Frau gehörte eher in die zweite Kategorie.
„Ali, schön dich zu sehen", sagte Steven mit strahlendem Lächeln und küsste seine Schwägerin auf die Wange. „Du siehst toll aus."
Allison verdrehte die Augen, lächelte aber trotzdem. „Du lügender Schmeichler! Ich weiß, dass ich schrecklich aussehe, aber in das Kleid, was ich eigentlich anziehen wollte, hab ich nicht mehr gepasst. Und sonst hatte ich nur dieses Zelt hier."
„Mum hat ihr schon zu ihrem Stil gratuliert", fügte Michael hinzu und legte seiner Frau einen Arm um die Schultern. Dann fiel sein Blick auf Dominique und seine Augen wurden groß. „Ich glaub's ja nicht!", rief er und ergriff aufgeregt ihre Hand. „Dominique Weasley! Dad wird begeistert sein! Ich wusste gar nicht, dass man dich auch mieten kann!"
Dominique schaute ihn finster an und entriss ihm ihre Hand. „Wie bitte?!" Sie war doch keine Prostituierte!
„Kann man auch andere Quidditchspieler für eine Party buchen? Wieso wusste ich das nicht?" Er stieß Steven den Ellbogen in die Rippen. „Wieso hast du nichts gesagt? Das wär doch der Hit für jede Party!"
Dominique verschränkte die Arme vor der Brust. „Mich kann man nicht mieten! Ich bin doch nicht käuflich!"
„Aber was machst du dann hier?", fragte Michael verwirrt, während Allison seufzte und Dominique entschuldigend ansah.
„Ich hab sie eingeladen", erklärte Steven zögernd.
Michaels Augen wurden groß. „Du hast sie eingeladen? Wieso hast du nichts gesagt? Seit wann läuft das denn schon?" Er schaute erst Steven und dann Dominique gekränkt an. „Du hintergehst mich, Dominique, das ist wirklich nicht die feine Art."
Steven stöhnte, Allison schaute verwirrt zwischen Dominique und ihrem Mann hin und her und Dominique schnaubte.
„Nur weil wir einmal vor vierzehn Jahren eine Verabredung hatten, heißt das noch lange nicht, dass ich dich hintergehe, kleiner Davies", erwiderte sie und schaute Allison beruhigend an. „Wenn man das überhaupt Verabredung nennen kann. Du wolltest mich in den unmöglichsten Laden schleppen, den es gibt! Kein Wunder, dass ich dich stehen gelassen habe!"
In ihrem letzten Schuljahr, nach Stevens Abschluss, hatte Michael sie einmal um ein Date gebeten. Sie hatte kaum aufhören können zu lachen bei dem Gedanken, dass wohl alle Davies auf sie standen, hatte aber schließlich zugestimmt. Auch wenn Steven ein Volltrottel war, hatten sie doch ihren Spaß miteinander gehabt und vielleicht wäre Michael genauso gewesen. Er war nur ein Jahr jünger als sie, also kein Problem. Aber als sie entdeckt hatte, dass er sie zu Madam Puddifoot bringen wollte, ging das doch zu weit. Keine zehn Hippogreifs hätten sie in dieses alberne kitschige Café gekriegt und kein Junge, der dachte, dass das ein guter Ort für ein Date mit ihr war, war ihre Zeit wert. Steven hätte sie nie dorthin gebracht.
Michael zuckte nur lachend mit den Schultern. „Den anderen hat es gut gefallen, ich weiß gar nicht, was du hast."
„Das du das nicht weißt zeigt nur, dass ich Recht hatte, dich stehen zu lassen. Außerdem, wenn jemand das Recht, sich zu beschweren, dann bin das ja wohl ich. Ich tu deinem Bruder nur einen Gefallen, du hast jemanden geschwängert."
Michael küsste Allison auf die Wange. „Und ich würde es wieder tun." Sie lächelte ihn liebevoll an. Dominiques Magen verkrampfte sich. Hatte sie denn nirgends Ruhe vor diesen verliebten Idioten? „Mit Vergnügen."
„Da hab ich ja wohl noch ein Wörtchen mitzureden", widersprach Allison entschlossen. „Und ich kann mir nicht vorstellen, dass ich diese Folter noch einmal mitmache."
„Und jetzt zurück zum Thema", forderte Michael. „Woher kennt ihr euch? Wie lange läuft da schon was?" Er boxte Steven in den Arm. „Und wieso zum Teufel hast du mir nichts davon erzählt?! Ich bin dein kleiner Bruder!"
„Da läuft gar nichts", erwiderte Dominique und ergriff das nächste Champagnerglas. „Wir sind uns in der Winkelgasse über den Weg gelaufen, er hat erwähnt, dass euer Dad ein großer Quidditchfan ist und sich freuen würde, wenn jemand wie ich bei seinem Geburtstag auftaucht und er hat mich mit gratis Essen und Alkohol geködert." Sie warf ihm einen finsteren Blick zu. „Nur eure Mutter hat er freundlicherweise verschwiegen." Das klang doch gut und glaubwürdig. Und war sogar größtenteils wahr.
Michael und Allison zumindest schienen die Erklärung zu akzeptieren. Und fingen dann gleich an, sie in ein Gespräch über die jetzige Saison zu verwickeln. Sie diskutierten so angeregt, dass ihr gar nicht auffiel, wie Steven von ihrer Seite verschwand. Erst als Michael laut stöhnte, bemerkte sie, dass er nicht mehr neben ihr war.
„Mum hat wirklich diese dumme Pute eingeladen, ich fass es nicht."
Dominique folgte seinem Blick. Da stand Steven, neben ihm seine Mutter, die sich bei ihm untergehakt hatte. Beide sprachen mit einer hübschen blonden Frau mit langen Haaren und einem tiefen Dekolleté. Alle drei lachten.
„Wer ist das?", fragte Dominique neugierig.
„Stevens Exfreundin", antwortete Michael missmutig. „Mum fand sie klasse, aber wenn du mich fragst, dann hat sie nie zu ihm gepasst. Und sie ist so langweilig. Kein Interesse an Quidditch, kein Sinn für Humor. Der Sex muss gut gewesen sein, sonst wäre er nie so lange bei ihr geblieben." Hilflos seufzte er.
„Sie hat auch ihre guten Seiten", wandte Allison ein. Michael zog die Augenbrauen hoch. „Ja, schon gut, ich mochte sie auch nicht. Aber andere schon."
„Also wenn du mich fragst, dann war sie nur scharf auf unser Geld. Sie hat doch ständig vom heiraten gesprochen. Keiner konnte das mehr hören! Und Steven war wirklich nicht glücklich mit ihr. Jetzt ist er viel besser drauf, seit er sie los ist."
Dominique wandte den Blick ab und versuchte zu ignorieren, wie sich ihr Magen zusammenkrampfte. Natürlich hatte er Exfreundinnen. Sie hatte kein Recht, eifersüchtig zu sein, schließlich hatte sie sich lange mit Brian getroffen. Nur zusehen wollte sie dabei nicht unbedingt.
„Mum gibt auch wirklich nicht auf", murmelte Steven kopfschüttelnd und küsste seine Frau einen Moment später stürmisch. „Bin ich froh, dass sie dich mag und nicht meine Exfreundinnen anschleppt."
„Das wär auch mehr als taktlos", wandte Dominique ein und deutete auf Allisons ausladenden Bauch.
Michael lachte. „Da kennst du meine Mutter schlecht." Dominique schluckte. „Hey, Dad!", rief er dann laut und winkte einen Mann in mittleren Jahren zu sich herüber. Er hatte das gleiche dunkle Haar wie seine Söhne. Steven hatte die Augen von seinem Vater geerbt. Mr Davies hatte ein warmes Lächeln und viele Lachfältchen um die Augen. „Du darfst Stevens Geschenk nicht verpassen." Er deutete auf Dominique. „Herzlichen Glückwunsch! Darf ich vorstellen, Dominique Weasley."
Mr Davies lächelte ihr überrascht zu und küsste ihre Hand. „Das ist ja mal eine gelungene Überraschung. Ms Weasley, ich freue mich sehr, sie kennen zu lernen. Und lassen Sie mich Ihnen gratulieren. Ihr Fang im letzten Spiel vor Weihnachten war wirklich sensationell. Sie haben das Talent Ihres Onkels Harry geerbt."
Dominique lächelte verlegen. „Danke. Freut mich auch, Sie kennen zu lernen. Aber mit Onkel Harry bin ich ja nicht wirklich verwandt. Wenn überhaupt, dann hab ich mein Talent von meinem Dad. Der war auch unschlagbar in der Schule."
„Ihr Vater ist Charlie Weasley, oder?", fragte Mr Davies stirnrunzelnd.
Micheal stöhnte gequält. „Ihr Dad ist Bill Weasley, Dad! Also wirklich, und du behauptest, dass du ein Quidditchfan bist!"
Mr Davies' Augen wurden groß. „Bill Weasley?" Dominique nickte. „Dann sind Sie Fleurs Tochter, oder?" Seine Augen wanderten über ihre Gesichtszüge. „Wie dumm von mir, Sie sind das Ebenbild Ihrer Mutter."
Dominique runzelte die Stirn. „Sie kennen meine Mum?" Woher denn? Laut Steven hatte seine Familie nichts mit Gringotts zu tun. Und stimmen tat es sowieso nicht. Abgesehen von dem blonden Haar und der Nase war sie ihrem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten. Victoire sah aus wie ihre Mutter, nicht sie.
„Oh, wir sind damals zusammen zum Weihnachtsball gegangen, als sie am Trimagischen Turnier teilgenommen hat." Er lächelte versonnen. „Ich konnte mein Glück kaum fassen. Alle wollten mit ihr hingehen, aber mit mir ist sie gegangen. Mann, waren die alle neidisch. Schade, dass Snape uns unterbrochen hat, bevor es so richtig zur Sache gehen konnte."
Allison fing an zu kichern und Michael war entsetzt. „Dad! Sowas kannst du doch nicht sagen!"
„Wieso nicht?", erwiderte er grinsend. „Fleur ist zu einem Viertel Veela. Ich hab jahrelang damit angegeben. Und sie ist wahnsinnig intelligent und mutig. Das Trimagische Turnier ist wirklich nicht ohne gewesen."
„Sie ist auch glücklich mit meinem Dad verheiratet", wandte Dominique vorsichtig ein. Natürlich hatte er Recht mit der Einschätzung ihrer Mutter, aber sie und ihr Vater waren seit über dreißig Jahren mehr oder weniger glücklich verheiratet.
„Natürlich, das bin ich auch", erwiderte Mr Davies schnell. Michael schnaubte. „Aber genug davon. Erzählen Sie mehr von sich. Wie ist denn Thomas Miller so? Ist er wirklich so ein strenger Trainer wie alle sagen?"
Und so verging die nächste Stunde wie im Flug. Dominique beantwortete alle möglichen Fragen zu ihrem Team, ihren Trainern und den Gegnern und sie stritten regelrecht über die letzte Weltmeisterschaft. Irgendwann gesellte sich Steven wieder zu ihnen, wünschte seinem Vater alles Gute zum Geburtstag und schlang die Arme um ihre Hüfte, bevor auch er in die Diskussion mit einstieg. Keiner von ihnen hatte das besondere Bedürfnis, sich mit den anderen Gästen zu unterhalten, nur Stevens Mutter flatterte die ganze Zeit durch das riesige Wohnzimmer, um mal mit der einen Gruppe und dann mit der anderen Gruppe zu sprechen.
Dominique stopfte sich mit dem Finger Food voll, das durch das Zimmer schwebte und kippte reichlich von dem Champagner hinunter. Damit hatte Steven sie geködert, da konnte sie das auch genießen.
Michael war ein interessanter Gesprächspartner, viel besser als in Hogwarts, wo er ihr nur auf den Busen gestarrt hatte, und Allison wusste wahnsinnig gut über Quidditch Bescheid, auch wenn sie andere Teams unterstützte und einen handfesten Streit mit Dominique angefangen hatte, als sie behauptet hatte, Puddlemore United wäre das beste Team der ganzen Liga. Mr Davies amüsierte sich königlich über ihre zahlreichen Anekdoten und Steven hielt sie die ganze Zeit über in seinen Armen. Es war angenehmer, als sie gedacht hätte.
Die gute Stimmung war schlagartig vorbei, als Mrs Davies sich zu ihnen stellte. „Roger, Schatz. Barry und Ryan fragen schon nach dir! Du bist der Gastgeber, du musst dich um alle Gäste kümmern."
Mr Davies seufzte ergeben. „Natürlich, Liebling." Er ergriff erneut Dominiques Hand und küsste sie. „Es war mir eine Freude, Sie kennen zu lernen, Dominique. Hoffentlich sehen wir uns bald mal wieder." Er zwinkerte ihr zu. „Und grüßen Sie Ihre Mutter von mir."
Michael erschauderte theatralisch und seine Frau beäugte Dominique misstrauisch. „Dominique, kennen Sie schon Heather? Eine reizende junge Dame."
Steven stöhnte. „Mum, bitte, hör auf."
„Ja, Mum", stimmte Michael ihm zu, aber es war zu spät. Stevens Exfreundin war schon da und musterte die Gruppe abwertend.
„Dominique, Heather", sagte Mrs Davies mit einem süßlichen Lächeln. „Heather war mehrere Jahre mit Steven zusammen. Dominique ist Stevens Begleitung."
„Ach, wie nett", sagte Heather mit einem falschen Lächeln. „Ihr Outfit ist ja wirklich … hübsch." Dominique hatte ein relativ biederes Kleid an, das sie letztes Jahr für die Beerdigung der Mutter eines Teammitglieds gekauft hatte. Es war enganliegend, dunkelblau, mit langen Ärmeln und einem hochgeschlossenem Kragen. Sie hatte überlegt, eines ihrer sexy Kleider anzuziehen, aber keins war ihr passend erschienen. Die meisten hatten einen viel zu tiefen Ausschnitt. Außerdem hatte sie alle zu Verabredungen mit Brian angehabt und alle hatten zu Sex mit Steven geführt und daran wollte sie nicht unbedingt in Gegenwart seiner Eltern erinnert werden. Aber wenn sie sich das Outfit von Heather so anschaute … okay, es war auch langärmlig. Aber es fehlte ein gutes Stück Stoff in der Mitte des Kleides, sodass man ihren nackten Bauch begutachten konnte. Außerdem endete es gute zehn Zentimeter über ihrem Knie und war so eng, dass sie auf keinen Fall Unterwäsche anhaben konnte.
„Ich wollte nicht der Grund für irgendwelche Herzinfarkte sein", nickte Dominique. „Manchen ist die Gesundheit der Mitmenschen immer noch wichtig."
Heather lachte so künstlich, dass es Dominique in den Ohren wehtat. „Dass Sie keinen Sinn für Mode haben, müssen Sie mir nicht erzählen." Sie warf einen abschätzigen Blick auf Allisons Kleid. Michael ballte die Fäuste, während sich Stevens Fingernägel in ihre Haut bohrten. Dominique legte eine Hand auf seine und lockerte seine Finger etwas. Er umklammerte ihre Hand.
„Natürlich", erwiderte Dominique. „Ich sehe schon, dass ich mich da in bester Gesellschaft befinde. Ich meine, es ist wirklich mutig, so einen Lippenstift zu nehmen. Ich könnte das nicht, ich hätte viel zu viel Angst, wie der Hogwartsexpress auszusehen. Und Ihre Frisur! War das Kleid so teuer, dass Sie nicht mehr zum Friseur konnten? Sie sollten sich wirklich überlegen, wie Sie Ihre Prioritäten setzen. Ich meine, ein Kleid kann noch so spektakulär sein, wenn die Haare so aussehen, als ob eine Eule darin nistet, dann wird doch niemand darauf achten, hab ich nicht Recht?"
Heather zupfte pikiert an ihrer toupierten Mähne herum und warf Dominique einen wütenden Blick zu. „Sie haben doch keine Ahnung!"
Sie zuckte mit den Schultern und lehnte sich gegen Steven. „Das hab ich auch nie behauptet, Schätzchen. Aber mir ist das scheißegal, im Gegensatz zu Ihnen. Aber wenn Sie meine Meinung trotzdem hören wollen, dieses Kleid passt besser zu einer Stripteasestange als auf eine Geburtstagsfeier für einen Mann Mitte fünfzig."
Heather schnappte empört nach Luft. Sie schaute zu Steven, von dem sie keine Hilfe erwarten konnte, zu Mrs Davies, die angesichts von Dominiques Worten sprachlos war. Und selbst wenn nicht, konnte man Dominique wirklich nicht widersprechen.
„Was findest du bloß an so einer vulgären Person, Stevie?", fragte sie enttäuscht und machte auf dem Absatz kehrt. Auf sehr hohen Absätzen stöckelte sie davon.
Mrs Davies schüttelte nur den Kopf und wandte sich enttäuscht ab. „Ich liebe dich, Dominique", sagte Michael ehrfürchtig. Steven legte seine Hand auf Dominiques Wange und drehte ihr Gesicht zu ihm. Er küsste sie, viel zu leidenschaftlich angesichts des Ortes, wo sie waren.
Dominique grinste, als Steven sich schließlich wieder von ihr löste. „Sowas wollte ich Heather immer schon mal sagen", fuhr Michael begeistert fort.
Dominique zuckte mit den Schultern. „Victoire hatte eine Zeitlang so unmögliche Freundinnen. Da lernt man passiv aggressive Beleidigungen ohne weiteres." Sie schaute Steven kopfschüttelnd an. „Aber wirklich, Stevie", er verzog gequält das Gesicht, „was hast du nur an ihr gefunden?"
„Mum hat uns verkuppelt?", fragte er schwach.
Dominique lachte. „Du lässt dir von deiner Mutter wirklich viel zu sehr reinreden in dein Liebesleben."
„Sag ich schon seit Jahren", stimmte Michael zu. „Mum meint es nur gut, aber sie hat wirklich keine Ahnung von unserem Geschmack."
„Aber jetzt hast du ja Dominique", sagte Allison hoffnungsvoll.
Dominique schluckte. Und Steven erwiderte nichts.
/-/
„Es tut mir so Leid", sagte Steven schwer atmend, während er ihren nackten Bauch küsste und immer weiter herunterwanderte. „So so Leid. Ich dachte wirklich, dass Mum sich zusammenreißt."
Dominique hob den Kopf, schnappte nach Luft und vergrub ihre Finger in seinen Armen. „Können wir nicht … oh Gott … über deine Mutter sprechen … genau da … wenn wir gerade Sex haben?" Sie stöhnte laut und schlang die Beine um seinen Oberkörper.
„Du bringst mich noch um, Weasley!"
Dominique wollte grinsen, aber seine Zunge hielt sie davon ab. „Was … was anderes … hast du auch … nicht … oh Gott … nicht verdient …"
/-/
„Ich wusste wirklich nicht, dass Mum Heather eingeladen hat", fing er eine Stunde später wieder davon an. Ihr Kopf lag auf seiner Brust. Mit geschlossenen Augen lauschte sie seinem Herzschlag. „Sie hat sich in den Kopf gesetzt, dass sie meinem Liebesleben auf die Sprünge helfen muss."
„Ist schon gut", sagte sie erschöpft. „Ich weiß besser als jeder andere, dass man seine Mutter nicht aufhalten kann, wenn sie sich was in den Kopf gesetzt hat. Das ist nicht deine Schuld." Sie seufzte zufrieden, als seine Hände durch ihre kurzen Haare fuhren. „Aber … wenn du mal jemanden hast, mit dem es dir Ernst ist" Seine Hand erstarrte und sein Herzschlag beschleunigte sich. „Wenn du mal so jemanden hast, dann solltest du sie zumindest vorwarnen. Besonders, wenn sie keine Kinder will." Sie hob den Kopf und schaute ihn an. „Wäre das eigentlich ein No-Go? Wenn deine Freundin keine Kinder will?"
Er schaute sie lange an. „Wenn sie die Richtige ist", sagte er mit rauer Stimme. „Wenn sie die Richtige ist, dann wäre mir das egal. Ich bin mir nicht mal sicher, ob ich irgendwann welche haben möchte. Wenn sie unbedingt welche haben will, dann hätte ich wahrscheinlich nichts dagegen, aber …" Er strich ihr über die Wange und schluckte. „Es wäre kein Opfer, ohne sie zu leben."
Sein Blick war so intensiv, dass ihr ein Schauer über den Rücken lief und sie den Kopf drehen musste. Sie ließ sich wieder auf seine Brust sinken und lauschte seinem unruhigen schnellen Herzschlag.
„Gut zu wissen", flüsterte sie. Sie musste etwas Falsches gegessen haben auf der Feier. Sie hatte ein ganz komisches Gefühl im Bauch. So als ob sie sich in einem Sturzflug befinden würde, der einfach nicht aufhören wollte. Und seine Fingerspitzen, die mittlerweile über ihr Schulterblatt strichen, halfen nicht gerade dabei. „Apropos", sagte sie schließlich, „wusstest du, dass dein Dad mal mit meiner Mum ausgegangen ist?"
Steven lachte und schüttelte ihren Kopf durch. „Wirklich? Wann soll das denn gewesen sein?"
„Sie war doch für das Trimagische Turnier in Hogwarts", erwiderte Dominique grinsend, denn ihre Mum war schon ziemlich hardcore. Nicht jeder kam an einem Drachen vorbei und konnte eine Stunde im großen See zurecht kommen. Ganz zu schweigen von den ganzen Kämpfen im Krieg, die sie bestritten hatte. Leider sprachen ihre Eltern viel zu selten über diese Sachen. Wahrscheinlich, weil sie nicht wollten, dass ihre Kinder irgendwelche Ideen bekamen. Spielverderber. „Und da sind sie wohl auf diesen großen Ball gegangen." Dominique zuckte mit den Schultern. „Mum hat ihn nie erwähnt."
„Dad hat immer nur irgendwas von einer Veela gefaselt", erwiderte Steven lachend. „Aber er hat's immer so betont, dass ich dachte, er meinte eine echte hunderprozentige Veela."
„Hey, meine Urgroßmutter ist eine echte Veela!", protestierte Dominique und richtete sich auf. „Und ich bin auch eine!"
„Ich weiß, mein Schatz", beschwichtigte Steven sie lachend und strich ihr beruhigend über die Arme. „Ich bin ja froh, dass du keine vollständige bist, da könnte ich ja gar nicht klar denken." Sie verdrehte die Augen. Männer! „Und du hättest wahrscheinlich gar kein Interesse an mir", fügte er leise hinzu.
Sie beugte sich vor und küsste ihn. „Mein Großvater ist ein pummeliger kleiner glatzköpfiger Mann. Das war er schon auf seinem Hochzeitsfoto. Meine Großmutter ist eine halbe Veela und sie … sie ist einfach wunderschön. Atemberaubend. So schön könnte ich nie sein. Sie ist einen Kopf größer als er. Und jeder, der sie zum ersten Mal zusammen sieht muss mindestens dreimal nachfragen, ob sie wirklich zusammen sind. Und das Schöne …" Sie schluckte. „Das Schöne ist … dass er es gar nicht sieht. Er sieht nicht, wie schön sie ist. Anfangs hat er das bestimmt, aber … er schwärmt immer von ihrem Humor. Und wie gut sie Kreuzworträtsel lösen kann. Und dass sie das beste Coq au Vin von ganz Frankreich kochen kann. Und dass sie wunderschöne Rosen züchtet. Es ist ihm egal, dass es wenige Frauen gibt, die schöner sind als sie und ihr ist es egal, dass er klein und glatzköpfig ist, weil er sie jeden Tag zum Lachen bringt. Und weil er ihr eine Unmenge von Socken gestrickt hat, weil sie während ihrer Schwangerschaften immer eiskalte Füße hatte. Und dass er ihr zu jedem Geburtstag einen neuen Rosenstrauch schenkt."
Er wischte ihr eine Träne von der Wange. „Wenn ich die beiden so sehe, dann … Schönheit ist was vergängliches. Und auch was relatives. Es ist nicht genug, wenn man einfach nur schön ist. So kann keine Beziehung halten. Es geht darum, dass man sich noch was zu sagen hat, wenn man neunzig und faltig und halb blind ist. Dass man sich immer noch versteht und Spaß haben kann und sich glücklich macht." Er zog sie zu sich und küsste sie, so intensiv wie an diesem Nachmittag und sie schmolz dahin.
„Dominique … ich", seine Stimme versagte. Dieses Mal küsste sie ihn und sie sagten lange, sehr lange, nichts mehr.
TBC…
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A/N: Die Outfits der Damen findet ihr unter diesem Link: http://clamydomona.tumblr.com/post/105679370048/feels-like-home-kapitel-20
@Leseratte: Sie sind schon im Sommer zusammen in den Urlaub gefahren, nicht erst an Silvester ;). Sie bemüht sich, das noch nicht anzuerkennen, aber dass sie praktisch eine stinknormale Beziehung haben, war schon meine Absicht. Und sie hat schon manchmal überlegt, Annie etwas zu sagen, aber meistens hat sie jemand gestört und dann erinnert sie sich immer daran, wie Annie und Victoire sie in Hogwarts damit aufgezogen haben und dass Annie bestimmt genau wissen wollen würde, was zwischen ihnen läuft, und dann müsste sie ernsthaft über ihre Gefühle nachdenken und das will sie alles vermeiden.
@Kati89: Schön, dass es dir gefällt, vielen Dank für deinen Kommentar.
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