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Fanfiction

Feels Like Home - Dezember: Heimlichkeiten

von ChrissiTine

6. Dezember: Heimlichkeiten

Mai 2031


„Was in aller Welt machst du hier?" Steven drehte sich ertappt um und schaute seinen kleinen Bruder Michael, der hinter ihm in der Menge der Zuschauer, die nach ihren Plätzen suchten, aufgetaucht war, mit vor Schreck geweiteten Augen an. „Ich dachte du musst arbeiten. Außerdem hasst du die Kestrels und interessierst dich nicht für die Wimbourner Wespen." Als Kind war er immer ein Fan der Tutshill Tornados gewesen, doch die Kenmare Kestrels hatten auch gewisse … Vorzüge, wie er in den letzten Jahren gemerkt hatte.

„Äh … ein Arbeitskollege hat mir seine Karte geschenkt, weil ihm was dazwischen gekommen ist", sagte er und kratzte sich verlegen am Kopf. „Ich hatte überraschend früher Schluss und dachte … warum nicht? Quidditch ist Quidditch."

Michael warf einen Blick auf das Ticket in seiner Hand und zog eine Augenbraue fragend hoch. „Und warum ist das eine Kestrels-Dauerkarte?" Er schaute noch genauer hin. „Auf der dein Name steht?", fügte er überrascht hinzu.

„Ähm …" So sehr er auch überlegte, Steven fiel absolut keine gute Erklärung ein. Ja selbst die Wahrheit war miserabel.

Michael schüttelte den Kopf und fing an zu lachen. „Meine Güte, das ist doch wirklich keine Schande, dass du ein Fan der Kestrels bist. So schlecht ist die Mannschaft nicht." Er verdrehte die Augen. „Manchmal bist du wirklich ein komischer Kauz." Dann schlug er Steven auf die Schulter und grinste. „Sollen wir zusammen sitzen? Die prüfen die Plätze hier nie."

Steven zuckte mit den Schultern. „Bist du nicht mit jemandem hier?" Normalerweise ging man doch nicht alleine zum Quidditch. Abgesehen von ihm. Aber er tat es nur, damit niemand davon erfuhr, dass er sich praktisch jedes Spiel der Kestrels anschaute. Zumindest jedes, seit sie dabei war.

„Ali wollte eigentlich mitkommen, aber ihre beste Freundin hat sich von ihrem neuesten Freund getrennt und das ist immer ein Weltuntergang, bei dem Ali nicht fehlen kann." Michael verdrehte die Augen. Er mochte die beste Freundin seiner Frau Allison nicht besonders, aber seiner Frau zuliebe musste er sie ertragen. „Also komm. Holen wir was von dem ganz ungesunden Popcorn, das darf ich sonst nie essen."

Steven lachte, erleichtert, dass sie anscheinend vom Thema abgekommen waren, und wandte sich dem nächsten Snackstand zu. „Du lässt deine Frau viel zu sehr in dein Leben reinreden. Sie gibt dir doch nur Gemüse." Allison war auf einem unheimlichen Rohkosttrip, von dem sie den Rest der Familie bei jedem Festessen zu überzeugen versuchte. Es konnte keiner mehr hören. Aber Michael zuliebe ertrugen sie sich den immer gleichen Vortrag geduldig, während sie alle extra viel Soße über ihren Braten kippten.

Micheal seufzte. „Sie meint es nur gut. Und laut meinem Heiler sind mein Cholesterin und Blutdruck sowieso viel zu hoch. Ich kann ihr doch nicht übel nehmen, dass sie will, dass es mir gut geht."

Steven verdrehte die Augen. „Geht's noch kitschiger?" Er mochte Allison zwar nicht so wahnsinnig gerne, weil sie seiner Meinung nach an allem etwas auszusetzen hatte und die Leute viel zu gerne kritisierte, aber es war trotzdem nicht zu übersehen, wie sehr sie und Michael ineinander verliebt waren. Meistens war dieses überdrehte Liebesglück schwer zu ertragen, aber es war doch ganz nett zu wissen, dass wenigstens einer von ihnen es auf die Reihe kriegte, mit einer Frau glücklich zu sein. Seit Allison zu ihrer Familie gehörte, hatte sich das Herumgemäkel ihrer Mutter an seinem Liebesleben etwas gemäßigt, wobei er seit kurzem ständig zu hören bekam „Warum schaffst du es nicht auch, eine anständige Frau zu finden? Dein kleiner Bruder hat es doch auch geschafft."

„Du bist doch nur neidisch", erwiderte Michael und verlangte den größten Popcornbecher, den sie hatten.

Steven lachte. „Sei unbesorgt, du kannst Allison ganz für dich alleine haben. Fällt mir zwar schwer, aber ich halte mich zurück." Sie gingen die Treppe zu den Zuschauerrängen hoch.

Sie fanden zwei freie Plätze und Michael fing sofort an, das Popcorn in sich hinein zu stopfen, während Steven die Spieler beobachtete, die gerade den Platz betraten. Manche von ihnen unterhielten sich, schauten entspannt drein und hatten ihre Besen locker geschultert. Zwei Jäger von den Wespen lachten lauthals über irgendetwas. Nur Kestrels' Sucherin sprach mit niemandem, sondern ließ ihren Blick hochkonzentriert durch das Stadion schweifen. Das hatte sie schon in Hogwarts getan. Es wirkte unglaublich arrogant, so als wolle sie sich einen unlauteren Vorteil verschaffen, hatte sich aber manchmal gelohnt.

Bald darauf hatte das Spiel angefangen und Michael schon die Hälfte von seinem Popcorn verputzt. Die Spieler befanden sich alle auf hohem Niveau und es war sehr ausgeglichen. Machte die eine Mannschaft ein Tor, zog die andere nach.

„Mann, ist das spannend", sagte Michael mit vollem Mund. „Wirklich gutes Spiel, ich bin froh, dass ich gekommen bin." Seine Augen leuchteten auf. „Wir sollten nächste Woche zum Finale gehen! Du hast ja schon die Kestrels-Dauerkarte und ich kenn jemanden, der mir eine besorgen kann! Das wär doch klasse, den Meisterschaftssieg zu sehen!"

„Glaubst du wirklich, dass die Kestrels die Meisterschaft gewinnen? Die Mannschaften sind doch ziemlich gleichstark." Die Wespen hatten auch noch gute Chancen, selbst wenn sie in der Tabelle hinter den Kestrels und Puddlemore United waren.

„Die Jäger und Treiber vielleicht", erwiderte Michael, „aber Dominique Weasley ist doch um Klassen besser als dieser Hampelmann." Er gestikulierte in Richtung des Suchers der Wespen, der hysterisch durch die Luft schwirrte, während die Kestrels-Sucherin besonnen über dem Treiben ihre Kreise zog und aufmerksam das Stadion absuchte.

„Hmm", murmelte Steven und beobachtete sie. Die Sucherin hatte wirklich eine ganz besondere Art, auf ihrem Besen zu fliegen. Entschlossen, konzentriert, elegant. Niemand anders war je so geflogen wie sie.

„Du hast doch in Hogwarts gegen sie gespielt, du weißt, wie gut sie ist."

„Hey!", beschwerte sich Steven beleidigt und riss Michael den fast leeren Popcornbecher aus der Hand. „So gut war sie auch nicht, ich hab mehr als einmal gegen sie gewonnen!" Tatsächlich stand es unentschieden zwischen ihnen, beide hatten zweimal den Schnatz gefangen. Auch wenn es einmal pures Glück gewesen war, dass er ihn geschnappt hatte, weil er beinahe vom Schnatz umgeworfen worden war, als der ihm entgegen geflogen war.

„Jaah, vielleicht, aber schau mal, wie viel besser sie geworden ist!" Sie hatte anscheinend etwas entdeckt, denn sie begab sich in einen halsbrecherischen Sturzflug. Leider fing sie den Schnatz nicht, als sie kurz vor dem Boden abbremste.

Steven seufzte und stopfte sich eine Handvoll Popcorn in den Mund. Es wäre ein spektakulärer Fang gewesen. Aber vielleicht hatte sie auch einen Wronski-Bluff versuchen wollen. Der wäre dann allerdings total in die Hose gegangen, da der andere Sucher ihr Manöver gar nicht bemerkt hatte, sondern weiterhin hysterisch durch die Luft rauschte.

„Ich bin mal mit ihr nach Hogsmeade gegangen", sagte Michael ein paar Minuten später und schaute Steven erwartungsvoll an.

Steven runzelte verwirrt die Stirn. „Mit wem?"

„Dominique Weasley, wem sonst?", antwortete Michael stolz.

Steven verschluckte sich und Michael musste ihm beherzt auf den Rücken schlagen. Sein Hustenanfall dauerte fast eine Minute. Tränen traten in seine Augen. Er atmete tief durch, nachdem das letzte Stückchen Mais aus seiner Luftröhre gewürgt worden war.

„Alles okay?", fragte Michael besorgt und nahm ihm den Becher weg. Steven nickte und sein kleiner Bruder grinste. „Ali hatte wohl Recht, das Zeug ist wirklich lebensgefährlich. Ich behalte das lieber, damit du dich nicht in noch mehr Gefahr begibst."

Steven verdrehte die Augen. „Was war das mit ihr und dir? Du bist doch nie mit ihr nach Hogsmeade gegangen." Das wäre ihm aufgefallen. Sein kleiner Bruder hatte viele Verabredungen gehabt, aber keine mit ihr.

„Das war schon nach deinem Abschluss", erklärte Michael schulterzuckend. „Sie hat sich zehn Minuten kaputtgelacht." Michael schüttelte lächelnd den Kopf, versunken in der Erinnerung. „Aber sie ist trotzdem mitgegangen."

Steven ballte die Fäuste. „Wieso sie?", fragte er und versuchte mühsam, sich unter Kontrolle zu bringen und der Versuchung zu widerstehen, seinem Bruder eine reinzuhauen. „Sie war doch gar nicht dein Typ, du magst Brünette doch viel lieber."

„Na und? Sie war doch trotzdem scharf, mit ihren kurzen blonden Haaren. Außerdem ist zum zum Teil eine Veela, auch wenn man's ihr nicht so ansieht wie ihrer Schwester. Und hast du damals ihre Beine gesehen?" Er pfiff anerkennend. „Stell dir vor, die schlingen sich um deinen Körper. Was will man mehr?"

Steven biss sich auf die Lippen. Ihre Beine waren wirklich beeindruckend. Und sie hatten sich fantastisch angefühlt. Alles an ihr hatte sich fantastisch angefühlt. Und er hatte es in den letzten Jahren erfolgreich verdrängt. Hatte andere gefunden, die sich ebenfalls fantastisch angefühlt hatten. Auch wenn keine wie sie war.

„Und?", presste er schließlich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

Michael, wieder fasziniert von dem Spiel, zuckte mit den Schultern. „Was und? Ich wollte sie zu Puddifoot's mitnehmen, sie hat sich wieder kaputtgelacht, mir dann vorgeworfen, dass ich keine Ahnung hab, wer sie ist und mich einfach stehen lassen." Steven atmete tief durch und lockerte seine Fäuste. „Ich bin dann Andrea Smith über den Weg gelaufen und mit ihr ins Café gegangen. Ich hab's schon fast vergessen gehabt, aber wenn ich sie so auf dem Besen sehe …" Die Uniform war zwar alles andere als sexy, aber Steven wusste, was Michael meinte. Ihre Beine waren immer noch fantastisch.

„Lass das bloß nicht Ali hören", murmelte Steven. Er würde es am liebsten auch nicht hören. Auch wenn er seit mehr als zehn Jahren nicht mehr mit ihr gesprochen oder sie aus der Nähe gesehen hatte, war sie doch die Frau, an die er damals seine Jungfräulichkeit verloren hatte (was er ihr natürlich nie gesagt hatte, sie hätte sich nur lustig über ihn gemacht) und dass sein kleiner Bruder sie leichtfertig so beschrieb passte ihm gar nicht. Er sprach schließlich auch nicht so von Allison.

Michael lachte. „Du müsstest mal hören, wie sie über den Arsch ihres Yogalehrers redet, sie schreibt praktisch Sonette darüber. Da darf ich doch auch mal eine andere scharf finden. Ist ja nicht so, als ob ich das Weasley irgendwann sagen würde. Die würde sich nur wieder kaputtla-" Er unterbrach sich und sprang jubelnd von seinem Sitz. Ohne dass Steven es bemerkt hatte, hatte sie den Schnatz gefangen. Auf dem Bildschirm konnte man die Wiederholung ihres Fluges sehen, wie sie zwischen den Treibern der Wespen durchgesaust war, einen Looping gemacht und den Schnatz geschnappt hatte, als er beim Ohr ihres Hüters geflattert war.

„Trotzdem ist die Frau unglaublich!", rief Michael begeistert und umarmte Steven stürmisch. „Nächste Woche schauen wir uns sowas von das Finale an, da kannst du Gift drauf nehmen, dass wird spannend werden!"

Steven erwiderte die Umarmung und stimmte Michael lachend zu. In allem.

TBC…


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