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Fanfiction

What You Want The Most - Advent: Babyglück

von ChrissiTine

2. Advent: Babyglück

Das Haus war stockdunkel, als Ron am Abend schließlich nach Hause kam. Erst dachte er, dass Hermine noch im Ministerium war und Überstunden machte. Das war schließlich schon mehr als einmal vorgekommen. Aber dann entdeckte er ihre Aktentasche im Flur und wusste, dass sie Zuhause war.

Leise schlich er die Treppe hinauf. Mit seinem Zauberstab ließ er seine kleine Nachttischlampe aufleuchten. Mit einem Schlenker dämpfte er das Licht so, dass er sehen konnte, wo er hintrat, aber Hermine, die friedlich im Bett schlummerte, nicht weckte. Ihre Haare waren offen und über das ganze Kissen verteilt. Ihre Knie waren angewinkelt und sie hatte sich eingerollt wie eine Schnecke.

Ron ließ sich an der Bettkante nieder und strich seiner Frau zärtlich über die Wange. Die dunklen Ringe, die schon seit Wochen unter ihren Augen waren, waren immer noch zu sehen, aber ansonsten wirkte sie so sorglos und jung, wie sie es schon lange nicht mehr im wachen Zustand gewesen war.

Sie runzelte leicht die Stirn. Ron beugte sich vor und haute ihr einen Kuss auf die Falten. Einen Moment später waren sie verschwunden. Hermine regte sich und drehte sich auf die andere Seite.

Ron schluckte. Wenn es für ihn doch nur genauso leicht wäre, ihr ihren Kummer zu nehmen. Oder ihr das Kind zu schenken, das sie so unbedingt haben wollte. Wenn er nur mit dem Finger hätte schnippen können. Wie schön wäre das gewesen.

Er stand vorsichtig wieder auf. Erschrocken hörte er etwas unter seinem Fuß rascheln. Er beugte sich nach unten und hob ein Pergament auf, das wohl vom Bett gefallen war. Er warf einen Blick darauf und wusste sofort, was es war. Es war ein Kalender, der ihnen im nächsten Monat sagen würde, wann sie Sex haben durften, wie oft und um wie viel Uhr, um die Chancen zu erhöhen, dass Hermine schwanger wurde, und wann sie Sex besser vermeiden sollten. Dieser Kalender hatte ihr Sexleben in den letzten Monaten diktiert und Ron hasste diese roten und schwarzen Kreuze mittlerweile wie die Pest. Er konnte sich nicht mehr daran erinnern, wann er zum letzten Mal einfach so mit seiner Frau geschlafen hatte, nur weil sie beide Lust darauf gehabt hatten. Es drehte sich alles nur noch um ihren Eisprung und den richtigen Zeitpunkt. Anfangs hatte ihm das auch nichts ausgemacht, aber mittlerweile ... Wenn es wenigstens zu irgendetwas geführt hätte.

Aber der Trank wurde trotz all ihrer Bemühungen pechschwarz.

/-/

17. November

"Was ist denn das für ein Krach?" Verwirrt schlug Ron die Augen auf. Im Zimmer war es stockdunkel, abgesehen von den Ziffern seines Weckers, die ihm vom Nachttisch entgegenstrahlten. Laut ihnen war es fünf Minuten vor drei.

"Ron?" Er spürte, wie Hermine sich neben ihm rührte und einen Moment später kniff er die Augen zu. Sie hatte ihre Lampe angeknipst. Das ganze Zimmer wurde in helles Licht getaucht - viel zu hell für seine Augen. Er zog sich die Decke über den Kopf. Er war todmüde. Er war erst kurz vor Mitternacht nach Hause gekommen, weil er einen Verdächtigen hatte beschatten müssen. Bei diesem Unterfangen hatte er sich den Arsch abgefroren und rein gar nichts erreicht. Er hatte geplant, bis mindestens zehn Uhr am nächsten Morgen zu schlafen und nicht um halb drei aus dem Schlaf gerissen zu werden. So hatte er sich das wirklich nicht vorgestellt.

Und dieser merkwürdige Krach, der ihn aufgeweckt hatte, hatte auch noch nicht aufgehört.

Er spürte, wie Hermine neben ihm aus dem Bett kroch. Langsam zog er die Decke wieder herunter. Hermine war zum Fenster gegangen, das sie schnell öffnete, um einen Steinkautz hereinzulassen, der mit seinem Schnabel gegen die Scheibe geklopft hatte.

Ron schloss die Augen wieder. Der verdammte Vogel musste sich im Fenster geirrt haben. Niemand, den er kannte, würde ihnen um diese Uhrzeit eine Eule schicken.

"Was ist?", fragte er dann alarmiert, weil er hörte, wie Hermine überrascht nach Luft schnappte. Er setzte sich auf. Sie hatte das Pergament vom Fuß des Vogels gelöst und starrte mit Tränen in den Augen darauf. Sofort sprang er auf und trat neben seine Frau. "Was ist los, Hermine? Ist irgendjemandem was passiert?" Hoffentlich war mit seinen Eltern alles in Ordnung. Sie waren beide nicht mehr die Jüngsten. Wenn seine Mutter auf der Treppe gestolpert war und sich irgendwas gebrochen hatte ... "Was ist denn?!", fragte er ungeduldig und angespannt, als Hermine immer noch kein Wort herausbrachte. Er machte Anstalten, ihr den Brief zu entreißen, um selbst lesen zu können, was darin stand.

"Ginny", begann Hermine mit zitternder Stimme. Ron gefror das Blut in den Adern. Oh nein. Wenn seiner schwangeren kleinen Schwester etwas passiert war … das würde Harry nicht überleben. Und der Rest seiner Familie auch nicht. Sie hatten schon viel zu viel verloren.

"Ginny hat das Baby bekommen. Ein Junge. Harry schreibt, dass es allen gut geht. Und dass sie ihn James Sirius genannt haben." Sie brach ab und wischte sich mit dem Handrücken über ihr Gesicht. Ron zog sie in seine Arme.

Ron fiel ein Stein vom Herzen. Ginny ging es gut. Und dem Baby auch. Er wusste, wie sehr sein bester Freund sich darauf gefreut hatte, Vater zu werden und endlich eine eigene, blutsverwandte Familie zu haben. Er wusste, wie sehr Ginny sich auf ihren Sohn gefreut hatte. Die beiden mussten jetzt unbeschreiblich glücklich sein. Und Ron freute sich wirklich für sie. Sie hatten es verdient, glücklich zu sein. Aber – und er schämte sich richtig, als er erkannte, was er sonst noch fühlte, denn dieses Gefühl war ihm mehr als bekannt - er war auch verdammt eifersüchtig. Harry und Ginny hatten etwas, von dem Hermine und er nur träumen konnten. Etwas, das mit jedem Monat unerreichbarer für sie wurde und das sie sich immer verzweifelter wünschten.

"Das ist so schön für sie", flüsterte Hermine leise. "Ginny ist so glücklich. Und Harry auch."

Ron nickte. "Das stimmt." Er küsste sie auf ihre Haare und drückte aufmunternd ihre Hand. "Wir sollten wieder ins Bett gehen. Wir haben morgen beide einen anstrengenden Tag vor uns." Für ihn stand am Nachmittag ein Verhör auf dem Plan und Hermine würde in der Verhandlung den dritten und wichtigsten Zeugen verhören müssen. Sie konnten ihren Schlaf gut gebrauchen. "Wir sollten Ginny morgen im Krankenhaus besuchen.", schlug er schließlich vor. Er wusste, dass ein neugeborenes Baby und eine strahlende Mutter zu besuchen das Letzte war, was Hermine wollte, aber sie würden nicht darum herumkommen.

Hermine zerknüllte den Brief in ihrer Hand und nickte. "Ja. Das sollten wir wohl", stimmte sie ihm tonlos zu und legte sich wieder hin, ohne ihn noch einmal anzusehen.

/-/

"Er ist toll, Ginny", murmelte Ron, während er fasziniert seinen neuen Neffen betrachtete. Er war seinem Vater schon jetzt wie aus dem Gesicht geschnitten. Sein Kopf war voller rabenschwarzer Haare, die in alle Richtungen abstanden. Und Ron hätte schwören können, dass er den gleichen nachdenklichen Gesichtsausdruck hatte, den er so häufig bei Harry sehen konnte. Er konnte Ginny überhaupt nicht in ihm erkennen. Aber vielleicht würde sich das noch ändern. Ron war sich nicht sicher, ob es das allerbeste für James war, ein genauer Klon seines Vaters zu sein. Dann würde er nie Ruhe haben, nie unerkannt bleiben.

"Nicht wahr?", fragte Ginny stolz. Sie hatte sich zurückgelehnt und die Augen geschlossen. Sie war hundemüde. So eine Geburt war viel anstrengender, als sie gedacht hatte. "Er ist absolut perfekt."

Ron schluckte. "Ja, das ist er." Er fuhr dem Baby über die Wange und beobachtete lächelnd, wie James seine Nase kraus zog. Er lächelte. Ginny hatte das früher immer gemacht. Vielleicht hatte er ja doch etwas von seiner Mutter.

Ron warf einen kurzen Blick auf seine Frau, die neben ihm stand und auf das Baby in seinen Armen starrte. Tränen standen in ihren Augen, aber sie versuchte um Ginnys Willen, sich zusammenzureißen.

Ron fragte sich, was seine Kinder wohl von ihm haben würden. Seine Haare oder seine Sommersprossen oder seinen Humor? Vielleicht auch sein Quidditchtalent. Aber vielleicht würden sie auch Hermines buschiges Haar erben und miserabel im Quidditch, aber brillant in allem anderen sein. Doch letzten Endes war es völlig egal, was seine Kinder von ihnen erben würden, solange sie überhaupt existierten.

Ron schluckte erneut. Er konnte sich nicht vorstellen, dass er seine Kinder niemals würde kennen lernen können. Es ging einfach nicht. Seit er mit Hermine zusammen war, hatte er in ihrer gemeinsamen Zukunft immer Kinder gesehen. Doch mit jedem weiteren Monat wurde es offensichtlicher für ihn, dass er sich wohl damit abfinden musste, dass es sie nie geben würde. Und als er auf das Baby in seinen Armen starrte, hatte er keine Ahnung, wie zum Teufel er das hinkriegen sollte.

"Ron?" Ginny hatte sich wieder aufgesetzt. Sie hatte den Kopf schief gelegt und musterte ihren Bruder besorgt. "Ist alles in Ordnung?"

Ron riss seinen Blick von dem Säugling los. Er räusperte sich. "Sicher. Alles bestens." Vorsichtig legte er das Baby Hermine in die Arme. Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr. "Es ist spät geworden. Ich muss noch ins Ministerium." Er beugte sich vor und gab Hermine einen flüchtigen Kuss auf die Wange. Dann lächelte er seiner Schwester zu. "Nochmal herzlichen Glückwunsch, Gin. Ihr könnt euch wirklich glücklich schätzen." Er riss die Tür praktisch auf und war einen Moment später aus dem Zimmer verschwunden.

Ginny schaute kopfschüttelnd auf die Tür, bevor sie sich mit einem fragenden Blick an ihre Schwägerin und beste Freundin wandte. "Was war das denn für ein Auftritt?"

Hermines Finger krallten sich in die Decke, in die James gewickelt war. "Ich hab keine Ahnung, wovon du sprichst." Sie wollte nicht darüber sprechen. Sie wollte lieber nur dastehen und das Baby in ihrem Armen betrachten. James war so wunderschön. So klein und trotzdem schon so perfekt. Wie sehr sie sich so ein kleines Wesen wünschte! Wie sehr sie sich danach sehnte, auch so ein Kind in ihrem Armen halten zu können. Ein Kind, das zur Hälfte von ihr und zur Hälfte von Ron war. Wie sehr sie sich wünschte, an Ginnys Stelle zu sein, in diesem Krankenbett zu liegen und Besuch von allen Familienmitgliedern zu bekommen, die sie alle zu diesem perfekten Wesen beglückwünschten, das nur durch Ron und sie, durch ihre Liebe, auf der Welt war.

Am liebsten hätte sie James nie wieder losgelassen.

Aber dann fing er an zu schreien und sich in ihren Armen zu winden und Hermine wusste, dass sie ihn seiner Mutter zurückgeben musste. Ginny hatte die Arme ausgestreckt und Hermine reichte ihn ihr vorsichtig. Ginny schaute ihren brüllenden Sohn einen Moment liebevoll an und machte sich dann daran, ihn zu stillen.

Hermine ging leise zur Tür. Sie wollte nicht länger stören. Ginny war sicher erschöpft. Und sie wusste nicht, wie viel sie noch ertragen konnte.

Aber Ginny hatte andere Pläne. Gerade, als Hermine ihre Hand auf die Klinke gelegt hatte, schaute sie von ihrem Baby auf. "Du willst doch nicht schon gehen, oder?", fragte sie enttäuscht. "Wir haben uns in der letzten Zeit so wenig gesehen. Ich dachte, wir könnten uns noch ein bisschen unterhalten. Oder musst du noch arbeiten?"

Hermine biss sich auf die Lippe. Es stimmte, sie hatte Ginny in den letzten Monaten kaum gesehen. Sie hatte es nicht fertig gebracht, ihre überglückliche Freundin zu sehen, deren Bauch immer runder geworden war, während ihr Bauch sich überhaupt nicht verändert hatte. Sie hatte nicht verhindern können, immer neidischer auf Ginny zu werden. Ron und sie hatten viel länger versucht, ein Kind zu bekommen, als Harry und Ginny. Ginny hatte ihren Verhütungstrank gerade mal einen Monat nicht mehr genommen, als sie schwanger geworden war. Wenn es bei Hermine und Ron auch so geklappt hätte, dann wäre Hermine schon fast Mutter gewesen, als Harry und Ginny sich überhaupt erst dazu entschlossen hatten, es zu versuchen.

Und jetzt hatte Ginny ihr Baby und Hermine war noch genau da, wo sie vor vierzehn Monaten auch schon gewesen war. Nichts hatte sich verändert.

Aber sie hatte ihre beste Freundin auch vermisst. Und sie hatte viel zu oft ihre Arbeit vorgeschoben, wenn Ginny sich mit ihr hatte treffen wollen. Also ließ sie ihre Hand wieder sinken und ließ sich schweren Herzens in einem der Stühle nieder, die um Ginnys Bett herum verteilt waren.

Ginny musterte sie besorgt. "Du siehst schrecklich erschöpft aus. Wie viel hast du in der letzten Zeit gearbeitet?"

Hermine zuckte mit den Schultern. Sie wusste es nicht. Der Prozess erforderte sehr viel Arbeit und sie war nie jemand gewesen, der seine Aufgaben schlampig erledigte. Obwohl sie sich in der letzten Zeit sehr dazu zwingen musste. Im Gerichtssaal fühlte sie sich in ihrem Element. Sie war eine gute Anklägerin mit hervorragenden Fähigkeiten und trotz ihrer jungen Jahre hatte sie bereits den Respekt all ihrer Kollegen. Sie war sehr zuversichtlich, dass der mordende Familienvater im nächsten Jahr für immer nach Askaban wandern würde, aber trotz allem fühlte sie nicht die Befriedigung, die sich sonst immer nach einem anstrengenden Verhandlungstag eingestellt hatte. Ihre Arbeit bedeutete ihr längst nicht mehr so viel wie früher.

Und dabei war sie am Anfang ihre größte Zuflucht gewesen. Ihr Körper hatte nicht geschafft, was sie sich unbedingt von ihm wünschte, aber zumindest bei ihrer Arbeit war sie unschlagbar. Wenigstens dort hatte sie alle Zügel in der Hand. Sie hatte vergessen können, dass sie nicht schwanger wurde. Aber je länger es dauerte, desto häufiger schlich sich ihr Kinderwunsch auch im Ministerium in ihre Gedanken und schließlich war sie irgendwann so davon beherrscht worden, dass alles andere zweitrangig geworden war. Sie wollte nicht, dass es so war, aber sie konnte rein gar nichts dagegen tun.

"Harry hat mir erzählt, dass der Prozess sehr schwierig ist. Machst du dir deswegen Sorgen?"

Hermine war einen Moment versucht zu nicken. Es wäre die einfachere Antwort gewesen. Aber sie hatte ihre Freundin noch nie belogen und sie wollte jetzt nicht damit anfangen. Also schüttelte sie schließlich den Kopf. "Nein. Das ist es nicht. Ich bin mir sicher, dass ich gewinnen werde. Der Verteidiger hat keine Chance."

Ginny runzelte die Stirn. "Und was ist es dann? Irgendwas stimmt doch nicht, das sehe ich dir an. Ist irgendwas mit Ron? Habt ihr euch gestritten? Ist er deshalb so schnell wieder abgehauen?"

Hermine seufzte. Und schüttelte den Kopf. "Nein. Mit uns ist alles in Ordnung." So in Ordnung, wie es eben sein konnte in Anbetracht ihrer Situation.

James hatte anscheinend genug getrunken. Ginny knöpfte ihr Nachthemd wieder zu und hob ihn dann an ihre Schulter, damit er sein Bäuerchen machen konnte. Während sie ihm sanft über seinen kleinen Rücken strich, schaute sie Hermine verwirrt an. "Aber was ist denn dann? Was ist los?"

Hermine schluckte. Sie hatte Ginny nie gesagt, dass sie und Ron ein Baby wollten. Anfangs erschien es ihr keine große Sache zu sein und sie hatte den Rest der Familie damit überraschen wollen, dass sie schwanger war. Sie war sich sicher, dass es nicht lange dauern würde, bis es so weit sein würde. Und dann war Ginny schwanger geworden und Hermine hatte sie nicht mit ihren Problemen belasten wollen.

"Ron und ich versuchen seit vierzehn Monaten, ein Baby zu bekommen." Sie deutete frustriert auf ihren flachen Bauch. "Wie du siehst, hat es wunderbar geklappt."

Ginny schaute sie mit offenem Mund an. Sie blinzelte ein paar Mal, bevor sie ihre Stimme wiederfand. "Du ... ihr ... ihr wollt ein Baby? Seit über einem Jahr?" Deprimiert nickte Hermine. "Aber warum hast du nichts gesagt? Warum hast du nicht mit mir gesprochen? Wir haben uns doch immer unsere Probleme erzählt", sagte sie verletzt. James machte sein Bäuerchen und Ginny nahm ihn wieder in ihre Arme.

Hermine zuckte mit den Schultern. "Ich weiß nicht. Am Anfang war es nichts Besonderes. Ich dachte, es würde nur zwei oder drei Monate dauern, bis ich schwanger werde. Und dann wurdest du schwanger und warst so glücklich und ich wollte deine Freude nicht mit meiner miesen Laune verderben."

Ginny schüttelte energisch mit dem Kopf. "Du hättest es mir sagen können. Ich wäre doch für dich da gewesen." Sie streckte eine Hand aus und Hermine ergriff sie zögerlich. Ginny drückte sie fest. "Ich bin für dich da."

Hermine blinzelte ein paar Tränen aus den Augen. Sie lächelte ihre beste Freundin dankbar an. "Das ist lieb von dir, Ginny. Aber du kannst nichts tun. Du kannst mich nicht schwängern." Ginny grinste. "Und James wirst du mir wahrscheinlich auch nicht geben." Ginny warf einen Blick auf ihren schläfrigen Sohn und hielt ihn etwas fester im Arm. Sie schüttelte den Kopf.

"Tut mir Leid, Hermine. Ihn kriegst du nicht", sagte sie entschlossen.

Hermine lächelte traurig. Das hatte sie auch nicht ernst gemeint. Zumindest fast nicht.

"Wart ihr schon bei den Heilern? Haben sie gesagt, ob irgendwas nicht stimmt?", wollte Ginny dann wieder ernst wissen.

"Ja. Wir haben uns von magischen Spezialisten durchchecken lassen und von Muggelspezialisten und alle haben gesagt, dass es auf den ersten Blick keinen Grund geben sollte, warum ich nicht schwanger werde." Das war das schlimmste daran. Wenn es wenigstens ein Problem geben würde, dass sie lösen könnte. Aber einfach so, ohne Grund … es war schrecklich.

Ginny hob eine Augenbraue. "Aber?"

Hermine seufzte. "Als auch die Tränke, die sie uns gegeben haben, nichts gebracht haben, haben die Heiler angefangen zu vermuten, dass vielleicht der Cruciatus-Fluch von Bellatrix dafür verantwortlich ist, dass es nicht funktioniert. Die Nachwirkungen sind noch nicht sehr erforscht. Vielleicht haben sie deshalb nichts entdecken können."

Ginny schluckte. "Oh Hermine, das tut mir so Leid."

Hermine wischte sich ein paar Tränen aus den Augenwinkeln. "Glaub mir, mir auch. Die Heiler haben gesagt, dass wir es weiterversuchen sollen und das machen wir auch. Aber ich weiß nicht, wie viel das noch bringen soll." Sie versuchte zwar, es zu verdrängen, aber sie fragte sich immer häufiger, ob sie nicht einfach akzeptieren sollte, dass sie nie schwanger werden würde. Doch wenn sie auf das Baby in Ginnys Armen schaute, dann wusste sie, dass sie es nicht akzeptieren konnte. Sie wollte ein Baby von Ron, mehr als alles andere in ihrem Leben.

"Was sagt Ron? Wie geht es ihm?"

Hermine atmete tief durch. Ein liebevolles Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. "Er ist wunderbar. Einfach wunderbar." Wieder stiegen ihr Tränen in die Augen. "Aber er möchte so sehr ein Baby. Er wünscht es sich so. Er tut zwar so, als wäre es nicht schlimm, dass ich nicht schwanger werde, aber ich weiß, dass er enttäuscht ist. Ich möchte ihm so gerne ein Kind schenken, aber ich kann nicht." Hermines Stimme brach. "Irgendwann wird es ihm zu viel werden. Irgendwann wird er nicht mehr können. Und dann wird er gehen. Das weiß ich." Er war schon einmal gegangen, als es ihm zu viel geworden war. Damals, als sie auf der Suche nach den Horkruxen gewesen waren. Er war gegangen und hatte sie im Stich gelassen. Er würde es wieder tun. Weil sie nicht genug war. Sie war nicht genug, um ihn zu halten, nicht, wenn sie ihm nicht die Familie geben konnte, die er so sehr wollte. Und sie konnte es ihm noch nicht einmal übel nehmen. An seiner Stelle würde sie sich auch fragen, wie lange sie bei jemandem bleiben konnte, der ihr ihre Wünsche nicht erfüllte.

"Hermine, nein." Ginny schaute ihre beste Freundin entsetzt an. Sie ließ ihre Hand los, schlug die Decke zurück, stand auf und legte James in sein Bettchen, das neben ihrem Krankenhausbett stand. Dann ging sie zu Hermine und zog sie in ihre Arme. Hermine begann, hemmungslos zu schluchzen. "Ron liebt dich. Er wird dich nicht verlassen, nur weil du keine Kinder kriegen kannst. Er hat jahrelang darauf gewartet, mit dir zusammen zu sein. Er wird das nicht wegwerfen. Niemals."

"Aber er will Kinder. So sehr", widersprach Hermine mit zitternder Stimme. "Und ich kann nicht ..."

"Hermine." Ginny löste sich aus der Umarmung und legte ihre Hände auf Hermines Wangen. Sie zwang sie dazu, den Kopf zu heben. "Sieh mich an. Hör mir zu. Ron liebt dich. Mehr als alles andere auf der Welt. Er liebt dich schon sein halbes Leben lang. Du bist ihm wichtiger als alle Kinder, die er mit jemand anderem haben könnte." Sie hatte noch nie zwei Menschen gesehen, abgesehen von ihren eigenen Eltern, die sich so sehr liebten wie Ron und Hermine. Die sich so sehr brauchten. Ohne den anderen wären sie verloren. Aber sie hatte auch noch nie zwei Menschen gesehen, die so unsicher waren, was die Gefühle des anderen betraf. Zu oft schon hatten sie sich wehgetan. Seit sie zusammen waren, seit sie verheiratet waren, waren sie sicherer geworden und hatten angefangen, in ihre Liebe zu vertrauen, aber das bedeutete dennoch nicht, dass die Zweifel verschwunden waren, nicht gut genug für den anderen zu sein. Auch wenn Ginny keine Ahnung hatte, wie Ron und Hermine auch nur im Geringsten davon ausgehen konnten, dass sie nicht der wichtigste Mensch im Leben des anderen waren und befürchteten, einander wieder zu verlieren. „Glaub mir. Ihr habt schon so viel zusammen durchgemacht. Das schafft ihr auch. Da bin ich sicher. Vertrau in euch."

Hermine schniefte und nickte zögernd. "Ich will ja", murmelte sie. "Aber ich habe Angst." Mit jedem Monat, in dem nichts passierte, wurde ihre Angst größer. Sie konnte nichts dagegen tun. Genau, wie sie nichts dafür tun konnte, dass sie ein Baby bekam. Sie war machtlos.

/-/

Erschöpft legte Ron seine Feder hin. Er hatte gerade eine Stunde gebraucht, um eine Festnahme von letzter Woche zusammenzufassen. Er liebte seinen Beruf. Er liebte den Adrenalinrausch, der jedes Mal kam, wenn er jemanden verfolgte oder wenn er versuchte, jemanden zu finden oder auch wenn er jemanden verhören sollte. Wenn er mit Harry besprach, welche Taktik die klügste war, um zu erfahren, was sie wissen mussten. Er liebte diesen Teil seiner Arbeit sehr. Aber auf den dämlichen Papierkram hätte er getrost verzichten können. Es gab sowieso niemanden, der den Scheiß je lesen würde.

Er hörte ein Klopfen an der Tür und drehte den rollbaren Schreibtischstuhl herum. Hermine stand in der Tür. "Hallo", begrüßte sie ihn leise und deutete auf ihren Schreibtisch. "Was hast du denn hier gemacht?"

Ron schaute sie entschuldigend an. "Es tut mir Leid. Ich hatte im Ministerium heute keine Zeit mehr, den Bericht zu schreiben. Du warst nicht da und ich dachte nicht, dass es dich stören würde, wenn ich ihn an deinem Schreibtisch schreibe. Ich hab auch nichts verändert, ich schwöre." Der Schreibtisch seiner Frau war überraschend aufgeräumt gewesen. Wenn sie normalerweise an einem Fall arbeitete, dann herrschte das totale Chaos hier, aber vielleicht hatte sie sich auch einfach ein neues System überlegt. Er hatte sich jedenfalls bemüht, nichts zu verändern und nicht gegen die Akten zu stoßen, die sie säuberlich auf der Tischplatte gestapelt hatte.

Sie schüttelte lächelnd den Kopf. "Das ist doch egal", winkte sie ab. Sie betrat den Raum und warf einen Blick auf sein Pergament. "Bist du fertig geworden?"

Ron grinste zufrieden. "Gerade eben." Er warf dem Pergament einen bösen Blick zu. "Aber vielleicht sollte ich mir auch so eine Flotte-Schreibe-Feder besorgen." Er hielt seine Hand hoch. "Ich schwöre, ich hab nach einer halben Stunde einen Krampf gekriegt."

Hermine lachte. "Du übertreibst." Sie legte die Arme um seinen Nacken und ließ sich auf seinem Schoß nieder. Ron schaute sie überrascht an und schlang seine Arme um ihre Taille. "Und ich weiß nicht, ob so eine Feder eine gute Idee ist. Du weißt, was die von Rita Kimmkorn immer angestellt hat. Am Ende verfasst sie noch eine herzergreifende Geschichte über den Todesser, den du gefasst hast."

"Vielleicht aber auch nicht", widersprach Ron. Bevor er aber noch mehr sagen konnte, hatte Hermine ihre Lippen auf seine gedrückt und ihn stürmisch geküsst. Sie vergrub ihre Hände in seinen Haaren und rückte so nahe wie möglich an ihn heran. Ron was so perplex, dass er einige Momente brauchte, bis er ihren Kuss erwiderte. Er schob seine Hände unter ihre Bluse und fuhr über ihren Rücken. Zufrieden stellte er fest, dass sie eine Gänsehaut bekam.

Als er aber spürte, wie sie versuchte, sein Hemd aufzuknöpfen, löste er sich von ihr. "Warte", flüsterte er schwer atmend und lehnte seine Stirn gegen ihre.

Hermine schaute ihn verletzt an. "Was ist? Willst du nicht?"

Ron lachte atemlos. "Natürlich will ich. Was denkst du denn?" Das konnte sie doch spüren. „Aber dürfen wir überhaupt? Der Kalender ... Ist heute der richtige Zeitpunkt?" Er hasste es, sie an diesen dämlichen Kalender zu erinnern, der ihnen sagte, wann sie Sex haben durften und wann nicht, aber er wollte nicht daran Schuld sein, dass sich ihre Chancen auf ein Baby verringerten. Obwohl das wahrscheinlich das erste Mal seit Monaten sein würde, dass der Sex zwischen ihnen sich wieder normal angefühlt hätte.

Hermine zuckte mit den Schultern. "Keine Ahnung. Aber das ist auch egal." Sie küsste ihn erneut und löste ohne Widerstand von ihm seine Knöpfe. Schnell schälte er sich aus dem Kleidungsstück. "Ich will dich. Scheiß auf den verdammten Kalender."

Ron schaute in das Gesicht seiner Frau. Ihre braunen Augen leuchteten voller Leben, ihre Wangen waren gerötet und ihre Lippen geschwollen. Ein paar Haare hatten sich aus ihren Knoten gelöst, den sie jetzt fast täglich trug, und fielen ihr in die Stirn. Ron strich sie hinter ihr linkes Ohr und fuhr dann mit seinem Daumen zärtlich über ihre Wange. "Ich liebe dich", flüsterte er.

Sie schluckte schwer, bevor sie sich nach vorne lehnte und ihn weniger stürmisch, dafür aber umso intensiver küsste. Sie umarmte ihn so fest, dass ihr ganzer Oberkörper gegen seine nackte Brust gedrückt wurde.

"Ich liebe dich auch."

TBC ...
_________________________________________________________

A/N:

@HG+RW4-ever:
Vielen Dank für deinen Kommentar, freut mich, dass es dir bisher gefällt. Ich hab manchmal eine sadistische Ader und quäle die Leute gern, wenn ich weiß, dass es wieder besser werden wird.

@J_T: Vielen Dank für deinen Kommentar, freut mich, dass es dir bisher gefällt.

@Phoenixträne: Jeden Sonntag+Weihnachten kommt bei dieser FF ein Kapitel, sonst müsste ich Satz für Satz posten (und ich zerstückel die FFs gerne, so krieg ich meistens ein oder zwei Reviews mehr als wenn ich alles am Stück poste und man konzentriert sich mehr auf die Entwicklung als nur auf das Ende ;) ).


Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.

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