von ChrissiTine
14. Dezember: Aufgeflogen
Atemlos kam Scorpius im Slytherinschlafsaal zum Stehen. Er war Al sofort gefolgt, aber von Peeves aufgehalten worden, der ihm seine neue Stinkbombensammlung hatte zeigen wollen. Dadurch hatte er Al aus den Augen verloren. Im vollen Gemeinschaftsraum war er nicht zu sehen gewesen. Scorpius war froh, Al hier zu finden, denn sonst hätte er anfangen müssen, das ganze Schloss nach ihm zu durchsuchen und das wäre sehr mühsam geworden, so spät am Abend. Bei seinem Glück hätte ihn bestimmt noch ein Lehrer gefunden und ihm Punkte abgezogen.
„Al -"
„Spar's dir", unterbrach Al ihn barsch, verschränkte die Arme vor der Brust und wandte sich von ihm ab. „Spar dir deine Lügen und Ausflüchte und Entschuldigungen! Ist doch scheißegal."
„Al, jetzt komm schon", bat Scorpius ihn flehentlich.
„Wieso?", fuhr Al ihn an. „Damit du mich weiter anlügen kannst? Ist Rose vielleicht gestolpert und du hast sie aufgefangen? Mit deinem Mund? In einem von Kerzen beleuchteten Geheimgang? Und damit sie weich landet hast du noch ein paar Kissen mitgebracht? Wenn ich mir vorstelle, dass ich mir heute Morgen noch Sorgen um euch gemacht habe! Wie lange geht das schon so zwischen euch? Wochen? Monate? Jahre?"
„Jahre? Letztes Jahr wollte ich mit Enid ausgehen. Dieses Frühjahr war ich mit Carolina zusammen." Wo hätte er denn da noch Zeit für Rose haben sollen?
„Und? Woher soll ich das wissen? Vielleicht waren die anderen nur Tarnung für euer Techtelmechtel, damit es nicht auffällt!", erwiderte Al schulterzuckend. „Genau wie Joseph Corner."
Scorpius setzte sich neben Al auf dessen Bett, doch Al weigerte sich weiterhin, ihn anzusehen. „Glaubst du das wirklich? Dass wir Carolina und Joseph nur benutzt haben?" Dachte er so schlecht über sie?
„Ich weiß nicht mehr, was ich glauben soll, Scorp", flüsterte Al. „Ich meine, ich gehe nichtsahnend durch den Geheimgang und dann sehe ich Rose, die dir praktisch die Klamotten vom Leib reißt. Was soll ich denn da glauben? War das eine einmalige Sache? Wolltet ihr nur Sex?"
„Nein!", widersprach Scorpius vehement. „Nein, so ist das nicht."
„Und wie ist es dann? Will Rose nur wieder eine Ablenkung, so wie mit Joseph? Habt ihr zu viel Stress und wollt euch abreagieren?"
„Natürlich nicht, Al. Ich würde mir sicher nicht Rose aussuchen, wenn ich nur Sex wollen würde." Ron Weasley würde ihn umbringen, wenn er Rose nur als Sexspielzeug benutzen würde. Wobei, umbringen würde er ihn auch so. Und abgesehen davon, war er nicht wie James. Sex war nicht einfach nur Sex. Und Rose war nicht einfach irgendjemand. Sie war … sie war Rose. Sie war einzigartig. Wunderbar. „Wir sind zusammen, Al. Seit September. Als ich ihr den Aguamenti-Spruch erklärt habe. Glaub mir, mich hat das auch alles überrascht, mehr als Rose, aber ich … wir …"
„Liebst du sie?"
Scorpius schluckte. Diese Frage hatte er sich schon oft gestellt. „Ich glaube schon."
„Mehr als Enid? Oder Carolina?"
Scorpius lachte humorlos. „Ich hab Enid nie geliebt. Ich hab sie gemocht. Und Carolina … Es ist anders mit Rose. Sie ist lustig, sie ist intelligent, sie ist wunderschön. Wenn ich mit ihr zusammen bin, dann fühle ich mich einfach wohl. Ich kann's nicht wirklich beschreiben, aber ich weiß, dass es mit Carolina nie so war. Rose macht mich glücklich. Und ich glaube, ich mach sie auch glücklich. Hoffentlich."
„Und wieso habt ihr dann nichts gesagt? Wieso trefft ihr euch heimlich in irgendwelchen Geheimgängen? Wieso lügt ihr alle an? Oder bin ich der einzige, den ihr im Dunkeln gelassen habt?", fragte Al verletzt.
Scorpius schluckte. „Meinst du, dass James oder Lily so etwas für sich behalten hätten?"
„Wahrscheinlich nicht", stimmte Al zu. Lily würde es wahrscheinlich irgendwann rausrutschen und James wäre es scheißegal, wer davon wüsste.
„Es weiß keiner außer dir. Und es hat wirklich nichts mit dir zu tun, dass wir nichts gesagt haben."
Al schnaubte. „Wie kann das nichts mit mir zu tun haben? Hattet ihr Angst, dass ich mich verplappere? Oder dass ich mich nicht für euch freuen würde?"
„Das ist es nicht. Wir wollten einfach sehen, wie es zwischen uns läuft oder ob es so ist wie mit Carolina und Corner. Das hat ja alles nicht wirklich lange gehalten."
„Aber da habt ihr doch nicht gelogen. Das wusste jeder."
„Aber Carolina ist keine Weasley. Und Corner kein Malfoy. Kannst du dir vorstellen, was dein Onkel sagen wird, wenn er erfährt, dass Rose und ich zusammen sind? Der Mann würde mich jetzt schon am liebsten umbringen, wenn ich bei euch auftauche. Und mein Großvater? Er hasst die Weasleys. Und er wird Dad sicher unter Druck setzen, mich davon zu überzeugen, das zu beenden. Und Großmutter wird Rose auch nicht mögen. Sollten wir uns diesem ganzen Theater aussetzen, wenn wir uns in ein paar Wochen oder Monaten wieder trennen würden?"
„Und was war euer Plan? Bis zum Schulabschluss warten, bis ihr einen Ton sagt?"
Scorpius lachte. „Das nicht gerade." Wobei der Gedanke schon verlockend war. Er hatte jetzt schon Albträume, wenn er daran dachte, eines Tages Ron Weasley gegenüber zu treten. Neben seinem Großvater war er der furchteinflößendste Mann, denn er kannte, mit dem Unterschied, dass ihm bei Ron Weasley wichtig war, was er von ihm hielt. „Wir wollten bis Weihnachten warten. Rose will es ihren Eltern persönlich sagen, nicht in einem Brief. Sie sagt, dass ihr Vater ihren Hundeaugen nicht widerstehen kann."
Al grinste. „Mit ihrem Dackelblick hat sie bisher wirklich alles von ihm bekommen. Onkel Ron kann ihr nichts abschlagen."
„Hoffentlich", seufzte Scorpius. „Sie liebt ihn so sehr. Und ich will nicht, dass sie sich meinetwegen streiten. Obwohl das wahrscheinlich unvermeidbar ist."
„Meinst du wirklich?"
„Machst du Witze? Mein Dad hat ihn vergiftet. Auch wenn's aus Versehen war. Sie haben sich in Hogwarts nur gestritten. Roses Mutter wurde im Haus meiner Großeltern fast um den Verstand gefoltert." Er legte den Kopf schief. „Eigentlich kann ich es ihm gar nicht verübeln. Ich wäre an seiner Stelle wahrscheinlich auch nicht gut auf meine Familie zu sprechen."
„Aber das hat doch nichts mit dir zu tun!", widersprach Al. „Du hast ihn nicht vergiftet und Tante Hermine nicht gefoltert. Du warst doch noch nicht mal geboren. Du kannst dafür doch überhaupt nichts."
„Das hat ihn bisher aber nicht davon abgehalten, Al, und das wird bestimmt nicht besser werden. Wir wollten uns damit einfach nicht auseinander setzen, ohne sicher zu sein, dass das zwischen uns was Ernstes ist."
„Also ist es ernst?"
„Es fühlt sich zumindest so an." Er schaute zu Al und ihm fiel ein Stein vom Herzen, als dieser ihn ansah. „Wir wollten dich wirklich nicht anlügen." Theoretisch hatten sie das auch nicht, aber sie hatten ihm trotzdem nicht die Wahrheit gesagt. Was es nicht besser machte. „Aber wir wollten dich auch nicht in die Situation bringen, für uns lügen zu müssen."
„Ihr wollt es euren Familien also immer noch an Weihnachten sagen?"
Scorpius hob eine Augenbraue. „Glaubst du, dass ihr Vater es besser aufnimmt, wenn er es aus einem Brief erfährt?"
„Vielleicht." Scorpius schaute ihn überrascht an. „Tante Hermine kann ihn dann schon mal bearbeiten. Sie hat ihn besser im Griff als jeder andere."
„Ja, aber er hat dann auch mehr Zeit, sich zu überlegen, wie er mich am besten umbringen könnte, ohne erwischt zu werden." Nervös fuhr er sich durch seine blonden Haare. „Wenn er wenigstens so cool wäre wie dein Dad …"
„Täusch dich da mal nicht. Ich hab keine Ahnung, wie der drauf wäre, wenn Lily dich angeschleppt hätte."
„Aber als dein bester Freund hat er mich akzeptiert", gab Scorpius zu bedenken. Er hatte ihn zwar anfangs schief angeschaut, als er im Hause Potter zu Gast gewesen war, aber letzten Endes hatte Scorpius sich dort immer willkommen gefühlt.
„Ja, aber wir sind auch nicht zusammen", wandte Al ein. „Wenn wir es wären, dann würde Dad sicher auch anders reagieren."
„Nur weil ich ein Malfoy bin?", lachte Scorpius.
„Ich könnte bessere kriegen", nickte Al überzeugt.
„Das bezweifle ich. Du würdest doch keinen besseren kriegen als mich. Ich bin ein Malfoy!"
„Also wenn das dein einziges Verkaufsargument ist, dann hast du wirklich schlechte Karten, Scorp."
„Und trotzdem hab ich jetzt Rose."
Al seufzte. „Ja, die hast du. Und ich freu mich wirklich für euch, auch wenn das jetzt nicht so rüber gekommen ist." Scorpius atmete erleichtert durch und umarmte seinen besten Freund. Es wäre wirklich scheiße gewesen, wenn Al nicht auf ihrer Seite stehen würde. Sie hatten wirklich Glück, dass er kein nachtragender Mensch war. „Aber wenn ihr heiratet, ohne mir was davon zu sagen, dann seit ihr geliefert."
Naja, vielleicht war er ein bisschen nachtragend.
TBC …
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A/N:
@Dolohow: Ja, Al war vorhersehbar, nicht wahr? Aber da die FF sowieso schon vor Klischees trotzt und ein bisschen Drama reinmuss, hat Al sie erwischt (hat mich an Harry, Ron, Ginny und Dean erinnert, wenn das auch bei ihnen in etwas anderem Zusammenhang war). Vielen Dank für deinen Kommentar, ich freu mich wirklich sehr, dass dir meine FFs so gut gefallen.
@Leni-04: Und ich bin doch noch ziemlich moderat mit meinen Cliffhangern, so viele müsst ihr gar nicht ertragen. Danke für deinen Kommentar.
@jujaja: Aber das war ja auch wieder viel zu einfach gewesen, wenn Al das auch noch mitangehört hätte. Ein bisschen Drama muss doch auch sein ;).
@Laila Malfoy: Ja, war natürlich klar mit Al (und hat hauptsächlich damit zu tun, dass ich keine große Lust hatte, viel über die Geheimhaltung der beiden zu schreiben. Und wie Al reagiert, hast du ja jetzt schon gelesen.
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