von ChrissiTine
6. Dezember: Nur Scorpius Malfoy
Nach diesem Gespräch mit Al hatte Rose Scorpius und Carolina fast wieder vergessen. Sie hatte sich weiter in ihre ZAG-Vorbereitungen gestürzt, den Test in Zaubertränke mit Ohnegleichen bestanden, eine Menge alter Runen wiederholt und hinterher Al abgefragt, der in dem Fach noch besser war als sie selbst. Außerdem hatte sie mittlerweile damit begonnen, alle Zauberkunstsprüche seit der ersten Klasse zu wiederholen und war recht erstaunt, wie viele das eigentlich schon waren. Nebenbei hatte sie noch versucht, Zeit für ihre beste Freundin Lily zu finden und auch für Joseph, wobei sie sich bei ihm zugegebenermaßen die geringste Mühe gemacht hatte.
Doch mittlerweile fühlte sie sich so erschlagen von allem, dass sie auf die Ländereien geflüchtet war, um ein bisschen frische Luft zu schnappen. Vielleicht würde sie noch bei Hagrid vorbeischauen, wenn ihr der Sinn danach stand. Er war gerade dabei, kleine Thestralbabys heranzuziehen und konnte stundenlang von ihnen erzählen. Rose teilte zwar seine unendliche Leidenschaft für magische Geschöpfe nicht, aber seine Begeisterung war immer herrlich mitanzusehen, außerdem hatte er unzählig viele Geschichten über ihre Eltern und Onkeln und Tanten auf Lager und schon allein für die lohnte sich ein Besuch allemal (beim letzten Mal hatte er ihr erzählt, wie ihre Mum versucht hatte, seinem Halbbruder Gwarp Englisch beizubringen).
Aber im Moment gab sie sich noch damit zufrieden, einfach nur spazieren zu gehen. Mittlerweile war sie bei den Gewächshäusern angelangt und konnte Neville in einem erkennen, wo er gerade ein paar Alraunen umtopfte. Vor ein paar Tagen hatte es ein Feuer in einem der Gewächshäuser des St Mungos gegeben und dabei einen Großteil des Alraunenvorrats zerstört. Bestimmt machte Neville gerade die Pflanzen fertig, um dem Krankenhaus in seiner Notlage zu helfen. Sie wusste, wie viele Tränke auf Alraunen angewiesen waren und konnte sich nur zu gut vorstellen, wie sehr Ted in der Zaubertränkeabteilung des Mungos ohne die Pflanzen in Bedrängnis geraten würde.
Sie umrundete das nächste Gewächshaus und blieb stocksteif stehen, als sie erkannte, dass sie doch nicht so allein hier draußen war, wie sie gedacht hatte. Ein paar Meter von ihr entfernt standen Scorpius und Carolina eng umschlungen an der Glaswand des Gewächshauses. Sie hatte die Arme um seinen Hals gelegt und fuhr ihm durch seine blonden Haare, während er sie gegen das Glas presste.
Rose musste schlucken. Solche Leidenschaft hatte sie noch nicht mal bei James und seinen vielen Frauenbekanntschaften gesehen und sie hatte ihn häufiger irgendwo mit einem Mädchen erwischt, als ihr lieb gewesen wäre.
Aber das hier … die beiden waren so miteinander beschäftigt, dass sie nichts um sich herum wahrzunehmen schienen, nicht einmal sie, und sie stand nun wirklich nah bei ihnen. Es wäre besser gewesen, wenn sie sich umdrehen und wieder zurückgehen würde. Nichts wäre peinlicher, als wenn die beiden bemerken würden, dass sie sie beobachtete. Aber sie konnte sich nicht bewegen.
Sie konnte nur Scorpius und Carolina anstarren, während ihr Herz wild zu klopfen angefangen hatte und ein bitteres Gefühl sich in ihrem Mund ausbreitete.
Sie hatte Scorpius noch nie so gesehen, so leidenschaftlich, so erwachsen, so attraktiv. Und Carolina schien es zu gefallen, mehr als ihr selbst jemals gefallen hatte, was sie mit Joseph gemacht hatte, und da hatte Rose sich leidenschaftlicher gefühlt als jemals zuvor in ihrem Leben. Ein Schauer lief ihr über den Rücken, als sie sich vorstellte, an Carolinas Stelle zu sein. Wie es sich wohl anfühlen würde, wenn er sie küssen würde, wenn er ihr über die Wange strich, oder über ihre Hüften, ihre Brust. Wie seine Haare sich unter ihren Fingern anfühlen würden, seine durchtrainierte Brust, seine Schultern, seine unglaublich blauen Augen, die einen so durchdringend anblicken konnten, dass sie bis unter die Haut gingen.
Erst als sie ein leises Stöhnen von Carolina hörte, wurde sie aus ihrer Trance gerissen und brachte es endlich fertig, aus der Sichtweite der beiden zu verschwinden. Sie entdeckte einen Baum in der Nähe, hinter dem sie von niemandem zu sehen sein würde, und lehnte sich atemlos an den Stamm, als sie ihn erreicht hatte. Mit zitternden Händen fuhr sie sich durch ihre buschigen Haare.
Was zum Teufel war das? Sie hatte zwar schon häufiger gedacht, dass Scorpius ganz gut aussah, zum Beispiel bei der Hochzeit ihrer Cousine Molly letzten Winter, wo er einen schwarzen Festumhang getragen hatte, der sowohl sein blondes Haar als auch seine blauen Augen zur Geltung gebracht hatte und er war einfach süß, wenn er jedes Jahr begeistert den Pullover anzog, den ihre Großmutter Molly ihm jedes Jahr strickte, aber so wie gerade eben hatte sie noch nie auf ihn reagiert. Ihr lief ein Schauer über den Rücken, wenn sie an seine Lippen dachte und ihr Herz schlug ihr immer noch bis zum Hals.
Das war doch nicht normal. Bestimmt war es nur der Prüfungsstress, der sie endgültig erreicht hatte und mittlerweile verrückt machte. Vielleicht war es auch nur aufgestaute Energie, weil sie Joseph in den letzten Tagen kaum gesehen hatte und sie sich auch solche Leidenschaft wünschte, wie Scorpius und Carolina sie offensichtlich im Überfluss hatten. Aber warum ließ der Gedanke an Joseph sie dann vollkommen kalt, während bei Scorpius ihr ganzer Körper verrücktspielte?
Mit geschlossenen Augen lehnte sie ihren Kopf gegen den Baumstamm. Sie hatte sich doch bei diesem Spaziergang entspannen, den Kopf freikriegen, etwas Ruhe haben wollen. Und jetzt tauchten ständig neue Bilder vor ihrem inneren Auge auf. Wie Scorpius und sie auf Mollys Hochzeit getanzt hatten, ihre Hand in seiner, seine Hand auf seiner Hüfte, wo sie schon ein leichtes Kribbeln verspürt hatte, es aber auf den aufregenden Tag geschoben hatte. Wie sie beide versucht hatten, Al in seinem Liebeskummer aufzumuntern, sie Scorpius erklärt hatte, wie Flugzeuge fliegen konnten und Muggel ohne Zauberei unter Wasser atmen konnten. Einmal war sie in den Osterferien mit Al und ihm in den neuen James Bond-Film gegangen und hatte die ganze Zeit versuchen müssen, ihr Lachen zu unterdrücken, weil er das Geschehen staunender verfolgt hatte als ein paar Zwölfjährige neben ihr, die nur wegen des Bondgirls im Kino waren. Ihre Hände hatten sich ein paar Mal gestreift, wenn sie beide nach dem Popcorn gegriffen hatten, aber sie hatte ihr Erschaudern auf die Schießerei auf der Leinwand geschoben.
Doch bestimmt reagierte sie nur so auf ihn, weil sie ihn gerade wild knutschend mit Carolina gesehen hatte. Als Rose gesehen hatte, wie sie ihn mit Haferbrei fütterte, fand sie das nur bescheuert und das sagte doch eigentlich alles. Sie hatte schon manchmal Schauspieler attraktiv gefunden, wenn sie sie in sexy Szenen gesehen hatte, aber ansonsten keinen weiteren Gedanken an sie verschwendet. Ganz anders als Lily, die in einer solchen Situation alle Informationen aus allen Klatschblättern sammelte, die sie nur kriegen konnte. Bestimmt spielte sie jetzt nur so verrückt, weil sie ihn in einer so ungewohnten Situation gesehen hatte. Morgen würde alles wieder beim Alten sein. Ganz sicher. Es war schließlich nur Scorpius Malfoy.
TBC …
_________________________________________________________
A/N:
@Schwesterherz: Da hab ich ja Glück, dass du dich an meinen jährlichen Adventskalender erinnert hast. Ich weiß nur schon nicht mehr, wer meine Stammleser sind und ob sie überhaupt noch interessiert sind.
Gut, dass dir der Kuss gefallen hat, ich hab ja immer das Gefühl, dass ich in diesen Beschreibungen miserabel bin, schön, dass sie manchen anscheinend doch gefallen. Albus braucht noch ein bisschen, bis er vermehrt auftaucht, glaub ich, aber er kommt schon noch.
Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.
Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel