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Fanfiction

Amnesia - Wer wärst du ohne Vergangenheit? - Die einzige Vertraute

von Zareyja

Edward erzählte seiner Chefin von dem merkwürdigen Verhalten der jungen Frau im Geschäft, von der Einladung zum Kaffee und natürlich von allem, was sie gesagt hatte. Als er die kurze Begegnung schlussendlich beinahe wörtlich wieder gegeben hatte, blickte er gedankenversunken aus dem Fenster.

Scarlet betrachtete ihn einige Minuten stumm, sich selbst fragend, wie sie sich in seiner Situation fühlen würde. Wie sollte man in der Gegenwart leben und auf die Zukunft warten, wenn man keine Vergangenheit hatte? Diese Frage hatte sie sich schon des Öfteren gestellt. Eigentlich, seit er sich um den Job beworben hatte, aber noch immer fand sie keine Antwort darauf.

In den letzten Monaten war er ihr ein guter Freund geworden. Nicht einer von denen, mit denen man stundenlang telefonierte, was sie ohnehin nicht gerne tat, und auch keiner von denen, die jede Kleinigkeit ihres Alltags mit ihr teilten. Aber einer von diesen besonderen Freunden, die da waren, wenn man sie brauchte. Die einfach durch kleine Blicke oder Gesten alles sagten, was gesagt werden musste und ebenso schnell verstanden.

Sie wünschte ihm wirklich, dass diese Unbekannte ihm helfen konnte den Teil seines Lebens, den er verloren hatte, wieder zu finden. Aber ein kleiner Teil ihrer selbst hatte genau davor Angst. Was, wenn er sich durch diese Begegnung oder auch durch folgende Begegnungen, verändern würde? Er war Lehrer gewesen, hatte ihm diese junge Frau erzählt. Würde er sich irgendwann daran erinnern oder würden es für ihn immer nur Berichte von Fremden über ihn sein? Und wenn er sich erinnerte, würde er dann weggehen? Weshalb sollte der Lehrer einer Privatschule sich damit begnügen, in dem kleinen Buuchladen eines unbedeutenden Bahnhofs die Regale einzuräumen?

Sie wandte den Blick von ihm ab und betrachtete stattdessen ihr Weinglas. Sie sollte so nicht denken. Natürlich würde sie ihn vermissen, zum einen als Mitarbeiter – es war schwer jemand Guten zu finden bei dem geringen Lohn – und zum anderen auch als Freund. Aber ihren eigenen Verlust – der davon abgesehen noch nicht einmal fest stand – als wichtiger anzusehen, als seine Vergangenheit, war einfach nur schäbig. Sie schob diesen Gedanken weit von sich, oder versuchte es zumindest, und räusperte sich. „Und... wie geht es jetzt weiter?“

Edward – oder sollte sie anfangen von ihm als Severus zu denken? – gab als Reaktion nur ein fragendes Brummen von sich. „Ich meine...“ begann Scarlet zu spezifizieren „... ob ihr euch noch einmal trefft.“ Ihr Gegenüber blickte sie etwas unsicher an. „Ich hoffe es. Sie hat mir ihre Nummer gegeben, aber... ich habe mich noch nicht getraut sie anzurufen. Was, wenn die Nummer falsch ist? Wenn sie gemerkt hat, dass ich doch nicht der bin, den sie zu kennen glaubt und sich nur nicht getraut hat, es mir direkt zu sagen? Oder wenn sie mich in ihrer Schulzeit so sehr gehasst hat, dass sie nicht will, dass ich mich erinnere?“

Was sollte Scarlet darauf schon sagen? Alles vom dem, was er aufgezählt hatte, war möglich. Das konnte sie nicht leugnen. Immerhin kannten sie diese Hermione nicht und konnten nicht einschätzen, wie sie sich verhalten würde. „Soll ich anrufen?“ Fragte sie mangels einer besseren Erwiderung „Was?“ Er blickte sie irritiert an. „Na, ob ich die Nummer anrufen soll, die sie dir gegeben hat.“ „Sicher. Es macht bestimmt einen unglaublich guten Eindruck, wenn mein Boss meine ehemalige Schülerin anruft.“ Grummelte er wenig begeistert. Scarlet wusste, dass dies bei ihm keine wirkliche Ablehnung ausdrückte, sondern vielmehr dazu diente, sein Unbehagen und seine Unsicherheit zu verbergen.

„Wenn wirklich dieses Mädchen abhebt, kann ich ja behaupten mich verwählt zu haben. Wenigstens wäre das auf deiner Liste ein Punkt weniger, über den du dir den Kopf zerbrechen würdest!“ Edward atmete tief ein, zog anschließend sein Portmonee, in das er die Telefonnummer vor seinem Aufbruch gesteckt hatte, aus der Gesäßtasche und kramte darin herum. Zum Vorschein kam ein kleiner Zettel, den er einen Moment anblickte bevor er ihn ihr wortlos und auch ohne Blickkontakt reichte. Sie sah auf die darauf notierte Nummer, griff zu ihrem Telefon und wählte.

Nach dem zweiten Ton meldete sich eine Frauenstimme mit einem einfachen „Hallo?“ Sehr aussagekräftig dachte Scarlet augenrollend. „Ja? Mary? Bist du es?“ Versuchte sie einen möglichst unauffäligen und halbwegs unverfänglichen Gesprächseinstieg „Nein, ich fürchte Sie haben sich verwählt. Das Telefon gehört meiner Tochter Hermione.“ „Wie... bin ich nicht richtig bei Mary Stellar?“ versuchte sie noch ein wenig mehr aus der fremden Stimme zu locken „Nein, Sie sind verbunden mit Granger.“ Innerlich jubelte die Geschäftsfrau und scheinbar hatte auch ihr Gast ihre Freude auf dem Gesicht gesehen, obwohl er demonstrativ uninteressiert ihr Bücherregal betrachtet hatte.

Er blickte sie nun erwartungsvoll an, während sie mühevoll versuchte, ihre Stimme enttäuscht klingen zu lassen. „Oh... ich verstehe, ich habe mich wohl verwählt. Dann entschuldigen Sie bitte die Störung. Aus Wiederhören.“ Kaum hatte sie das Gespräch beendet, verzogen sich ihre Mundwinkel zu einem breiten Grinsen. „Die Nummer stimmt.“ Schaffte sie noch zu sagen, bevor ihr ein ungewohnt enthusiastischer Edward in den Armen lag, ihr einen dicken Schmatzer auf die Wange drückte und sie einmal im Kreis wirbelte. „Was hat sie gesagt? Wie klang sie? Meinst du, sie hat etwas vermutet?“ Sprudelte es sehr untypisch aus ihm heraus, als er sie wieder abgestellt hatte. Scarlet hielt sich noch einen Moment an ihm fest, bevor sie antwortete, um das leichte Schwindelgefühl abebben zu lassen. „Sie war es nicht, es war ihre Mutter. Aber sie sagte, dass es die Nummer ihrer Tochter Hermione Granger sei.“

Er tigerte nervös durch das kleine Wohnzimmer. Scheinbar hatte ihm dieses kurze Telefonat einen großen Teil seiner Unsicherheit und Lethargie beraubt. „Wenn das ihre richtige Nummer ist, dann hat sie mich sicher nicht belogen, oder?“ Fragte er ohne seinen Lauf zu unterbrechen. Die Frage diente wohl eher dazu, seine Gedanken erneut zu ordnen, denn für einer Antwort lies er ihr keine Zeit, sondern fuhr direkt fort „Wenn sie ausschließen würde, sich noch einmal mit mir zu treffen, dann hätte sie mir nicht ihre richtige Nummer gegeben, richtig? Soll ich sie anrufen? Oder soll ich warten, bis sie anruft? Kann ich mal bei dir ins Internet?“ Der Übergang zu dieser letzten Frage irritierte Scarlet schon ein wenig.

„Sicher kannst du ins Internet und was das andere angeht... warte noch zwei oder drei Tage. Wenn sie sich bis dahin nicht gemeldet hat, kannst du sie immer noch anrufen.“ Etwas entgeistert blickte er sie an. Er sollte so lange warten? Er hatte doch nun schon lange genug ohne Vergangenheit gelebt. Er wollte so schnell wie möglich, so viel wie möglich erfahren. Das Schmunzeln seiner Vorgesetzten trug nicht unbedingt zu seiner Beruhigung bei. „Edward, wann hattest du dein letztes Date?“ „Wie bitte? Was hat das denn damit zu tun?“ Seine Verwirrung stieg bei dieser Frage weiter an. „Man ruft eine Frau doch nicht wenige Stunden, nachdem man sie kennen gelernt hat, an.“ Belehrte sie ihn. War diese Frau jetzt verrückt geworden? „Scarlet, ich will doch nicht mit ihr ausgehen oder sie ins Bett zerren, ich will wissen wer ich bin! Das ist doch wohl etwas anderes!“ Erklärte er entrüstet.

„Trotzdem.“ Beharrte sie auf ihrem Standpunkt. „Ich weiß, dass du es kaum erwarten kannst.“ Ihre Stimme wurde etwas sanfter, diesmal ohne Schmunzeln, dafür mit viel Verständnis. „Aber wenn du sie jetzt direkt anrufst, fühlt sie sich vielleicht bedrängt. Sie ist bisher die einzige Verbindung zu deiner Vergangenheit die du hast. Mach dir das nicht kaputt, indem du zu einem Stalker mutierst! Das Mädchen hat heute erfahren, dass ihr früherer Lehrer sein Gedächtnis verloren hat. Dass sie vermutlich die einzige Person ist, die ihm helfen kann, etwas über sich zu erfahren. Das ist eine große Verantwortung. Ich bin sicher, dass ihr derzeit selbst viel durch den Kopf geht. Auch, wenn sie nicht derart direkt betroffen ist, wie du es bist.“

Ihre Miene war mit jedem Wort mitfühlender geworden. Ebenso wie er nach und nach langsamer gegangen war und sich schlussendlich in einen der abgewetzten Lesesessel hatte fallen lassen. Von der Energie, die er noch kurz zuvor gedacht hatte abbauen müssen, war nichts mehr vorhanden. Er wirkte älter als sonst. So hatte sie ihn zuletzt gesehen, als er ihr das erste Mal ausführlich von seiner ergebnislosen Suche nach sich selbst erzählt hatte. Es tat ihr weh ihn so zu sehen, aber ein kurzes Gespräch und eine Telefonnummer waren noch kein Garant dafür, dass dieses Mädchen, diese Miss Granger, die Wahrheit sagte und auch nicht dafür, dass sie ihm weiterhin helfen würde. Unerwartet stand er auf und schritt in den Flur.

„Du hast Recht.“ Sagte er tonlos, als er seine Schuhe anzog. „Entschuldige, aber ich denke, ich sollte besser gehen. Ich brauche etwas Ruhe zum nachdenken.“ Nur kurz streiften sich ihre Augen und unwohl wandte er sich ab, um die Tür zu öffnen. „Edward“ Rief sie ihn zurück „Ich freue mich für dich.“ Ein sanftes, leich trauriges Lächeln erschien auf seinem Gesicht, bevor er ihr zunickte, sich abwandte und die Treppe hinabstieg. Erst als sie hörte, wie die Haustür ins Schloss fiel, drückte sie auch die Wohnungstür zu. Heute würde sie das Wohnzimmer nicht von den Überresten des Abends säubern, dafür wäre morgen noch genug Zeit. Sie nahm ihr halb geleertes Weinglas und ließ sich in den Sessel sinken, in dem noch kurz zuvor ihr Gast gesessen hatte. Auch sie hatte nun einiges, über das sie würde nachdenken müssen.

Edward hörte kaum, wie sich die Tür hinter ihm schloss. In seinem Kopf kämpften seine Gedanken darum, welcher die Vorherrschaft erhalten sollte. Darum, welcher als erster gedacht und welchem zuerst nachgegangen werden sollte. In Folge dessen war sein Kopf vollkommen leer. Keiner der Gedanken siegte. Es war, als würde eine Masse von Menschen durch eine einzelne Tür drängen. Je stärker sie drückten und drängelten, umso mehr behinderten sie sich gegenseitig, so dass schlussendlich niemand passieren konnte und der Platz dahinter leer blieb.

Er fühlte sich wie in Watte gepackt. Den Weg, den Edward nahm, kannte er auswendig. Er musste nicht auf seine Umgebung achten, sondern folgte einfach dem Schritt seiner Füße. Wie er in den kleinen Park gekommen war, wusste er nicht mehr. Nur an die letzten paar hundert Meter von dem Eckkiosk aus konnte er sich erinnern. Er blickte auf die Schachtel in seiner Hand. Ob er vor seinem Gedächtnisverlust bereits geraucht hatte? Er erinnerte sich nicht, wie auch? Woran er sich erinnerte, war die erste Zigarette in seinem ‚neuen’ Leben.

Er hatte wieder einmal den gesamten Tag damit verbracht, einem Phantom hinterher zu jagen. Natürlich erfolglos. ‚Prince’ Nummer 27, er hatte eine ganze Liste mit Personen dieses Namens angelegt, hatte sich als Bewohnerin eines Altersheim herausgestellt, die sich nur mit Mühe daran erinnern konnte, was es zum Mittagessen gegeben hatte. Ganz zu schweigen natürlich davon, dass sie gewusst hätte, ob sie verwandt waren oder nicht. Sie hatte ihm bestimmt eine Stunde von ihrer Jugend erzählt. Von ihrem großen Bruder, der, ebenso wie ihr erster Verlobter, im Krieg gefallen war. Ihrem Vater, einem Kohlekumpel, der seine Staublunge nicht überlebt hatte und dem alten Kirschbaum in ihrem Garten, der hatte gefällt werden müssen. Alle paar Minuten fragte sie ihn, ob er wüsste, wo Bessy, ihr Mischlingsrüde aus Kindertagen, sei. Laut Akten jedenfalls hatte sie keine engen, noch lebenden Angehörigen. Die Betreuerin hatte sich zwar etwas geziert, ihm diese Information zu geben, hatte sich aber durch seine herzerweichende Geschichte überreden lassen. Natürlich unter dem Sigel der Verschwiegenheit, denn diese Auskunft hätte sie schlimmstenfalls den Job kosten können. Aber Edward hatte nicht die Absicht, ihren Vorgesetzten davon zu berichten.

Nummer 28 war Hank. Ein älterer, kinderloser Mitarbeiter eines kleinen Theaters. Kinderlos nicht, weil er diese nicht mochte, sondern vor allem deshalb, weil er stockschwul war. Edward interessierte sich nicht sonderlich für die sexuellen Vorlieben anderer, aber in diesem Fall hatte es wirklich starke Beherrschung gebraucht, nicht ärgerlich zu werden. Nicht wegen Hank, sondern wegen dem, was er erlebt hatte. Seine Familie hatte sich wegen seiner Homosexuelität von ihm abgewandt. Das einzige, was der Mann berichten konnte war, dass er vor zwei Jahren eine Mitteilung erhalten hatte, dass seine Mutter gestorben war. Sein Vater hatte ihm untersagt, zu ihrer Beerdigung zu kommen und dessen Telefonnummer, die er erhalten hatte, war scheinbar schon seit längerem nicht mehr vergeben. Auch schien er verzogen zu sein, oder vielleicht auch gestorben, denn bei der letzten Hank bekannten Adresse wohnte nun die Familie Miller, die keine Auskunft über den Vorbesitzer geben konnte oder wollte.

Erschöpft und desillusioniert hatte er abends in einer kleinen Kneipe einer Seitenstraße gesessen. Neben ihm waren nur der Wirt und ein weiterer Gast anwesend. Vermutlich war das Lokal generell nicht sonderlich gut besucht. Die Einrichtung war abgenutzt und die Theke an einigen Stellen klebrig. Entweder wurde hier nicht sonderlich gründlich geputzt, oder die Lackierung des Holzes war falsch vorgenommen worden. Eher letzteres dachte er, als er die blitzblanken Gläser im Regal und die staubfreien Ecken betrachtete. Aber eigentlich war es ihm egal.

Er hatte sich diesen Ort ausgesucht, weil er seine Ruhe wollte und die fand er hier. Das Holz und die nur mäßige Beleuchtung wirkten auf ihn gemütlicher, als diese auf hochglanz polierten, mit Neonlicht ausgestatteten Szenelokalitäten. Auf seinem Deckel hatten sich schon so einige Striche angesammelt, als der andere Gast an die Theke trat und sich selbst ein weiteres Bier orderte. Nach einem kurzen Seitenblick zu Edward und seinem beinahe leeren Glas verdoppelte er seine Bestellung. Wortlos schob er ihm das zweite Glas hin, zückte eine Packung Zigaretten und hielt sie ihm hin. „Auch eine?“ Nach einem kurzen Blick griff er zu. Was machte es noch? Er hatte mit diesem Mann nur wenige Worte gewechselt, das hatte diesen scheinbar nicht gestört.

Erwards Gedanken fanden wieder in die Gegenwart und zu der Packung zurück, die noch immer in seiner Hand lag. Mit einem mulmigen Gefühl riß er die Plastikumhüllung von der Schachtel und warf sie in den Mülleimer neben der Parkbank, auf der er manchmal saß. Er ließ die Pappe aufschnappen, angelte nach einer Zigarette, steckte sie zwischen seine Lippen und zündete sie an. Eine zeitlang beobachtete er den sich kräuselnden Rauch und tauchte wieder in die Erinnerung an diesen weiteren Tag der vergeblichen Suche. Dieser Abend hatte ihm nicht nur einen Höllenkater beschert, sondern auch eine neue Erkenntnis. Noch sieben Namen waren auf seiner Liste. Wenn sein Erfolg weiterhin ausblieb wäre er danach ohne Hinweis. Und dann?

Würde er seine Suche auf das gesamte Land ausdehnen statt nur den Umkrei zu durchsuchen? Hätte das überhaupt einen Sinn oder würde er wieder nur enttäuscht werden? Sollte er wirklich so weitermachen oder sollte er sich lieber eine sinnvolle Beschäftigung suchen und seine Suche entzerren? Er hatte ohnehin eine Stinkwut auf seinen anonymen Gönner und wollte von ihm weg. Dazu bräuchte er Geld. Für gewöhnlich schaffte er es nicht, direkt zwei Namen auf seiner Liste an einem Tag zu streichen. Denn dazu, die Namen aus dem Telefonbuch oder Internet zu suchen, kamen noch die Versuche, die Stammbäume aus diversen Archiven zu durchforsten.

Bei der alten Frau war es sehr schnell gegangen. Ihr Mann, damals nur ihre zweite Wahl, aber wie sie sich ausgedrückt hatte, doch die Liebe ihres Lebens, war vor beinahe 20 Jahren gestorben und er hatte weder Geschwister noch hatte sie lebende Kinder. Eines war im Kindbett gestorben, das andere bei einem Autounfall. Hin und wieder vergaß sie das und fragte die Pfleger, wann ihr Sohn sie denn besuchen würde. Das hatte ihm die Betreuerin verraten. Auch, dass sie, an dem Tag, an dem er sie besucht hatte, wohl eine gute Phase hatte. Ihre einzigen Verwandten waren ein Cousin dritten Grades und dessen Frau. Aber die wohnten in der Schweiz und er nahm nicht an, dass es Sinn hatte, dort weiter zu suchen.

Dieser Hank hatte noch einen jüngeren Bruder. Dieser war ebenso rigoros in seinen Ansichten wie der Vater und hatte keinen Kontakt mehr zu seinem Bruder. Interessanterweise war Edward bei diesem bereits einige Wochen zuvor gewesen und war spektakulär gescheitert in seinem Versuch, Informationen zu erhalten. Neben seiner Frau hatte er zwar noch einige Geliebte, aber dank Sterilisation – und in diesem Fall war Edward wirklich dankbar dafür – keine Kinder. Was man nicht alles aus tratschsüchtigen Nachbarn heraus bekam... Doch selbst wenn er welche hätte, würden diese ihn wohl kaum weiterbringen können, dazu wären sie zu jung. Nach Monaten der Recherche und Wochen des Klinkenputzens war er genauso weit wie damals, als er in diesem elenden Krankenhaus erwacht war. Das war doch einfach beschissen. Er war es leid!

An diesem Abend hatte er beschlossen, seine Suche nur noch in Teilzeit fortzusetzen und im Alltag seine Gedanken anders zu beschäftigen. Egal womit. Hauptsache, es brachte Geld und Ablenkung. Nach einigen erfolglosen Versuchen hatte er dann, bei einem seiner Ausflüge, ein handgeschriebenes Blatt ‚Mitarbeiter gesucht’ in dem Buchhandel entdeckt, in dem er noch heute arbeitete. Er war recht bald in dieses kleine Städchen mit seinem überschaubaren Ortskern und weit auseinanderliegenden Vororten gezogen. Wo er lebte war ihm ziemlich egal, immerhin hatte er nichts, dass ihn an einem bestimmten Platz hielt und so hatte er es wenigstens nicht weit zur Arbeit.

Inzwischen versuchte er, Ringe mit dem Rauch seiner Zigarette zu blasen. Erfolglos. Und nun? Wie würde es jetzt weitergehen? Dieses Auf und Ab seiner Stimmung laugte ihn aus. Hoffnung und Zweifel, Freude und Niedergeschlagenheit. Es war nicht einmal so, dass ihm diese Gefühle unbekannt waren, aber sie alle innerhalb von wenigen Stunden derart intensiv zu erleben war zu viel für ihn. Je näher er seiner Vergangenheit kam, desto mehr bedrückte es ihn. Er wusste nicht genau, was ihn mehr beunruhigte. Vollends in der Hoffnung zu versinken um dann enttäuscht zu werden, oder sein, ihm Sicherheit gebendes, neues Leben für sein altes noch ungewisses Leben aufzugeben? Er konnte sich nicht entscheiden.

Sich plötzlich sehr alt fühlend nahm er auf der Parkbank platz und legte den Kopf in den Nacken. Scheinbar bekam er Angst vor seiner eigenen Courage. Er hatte diesen Ausspruch nie verstanden, aber das war es wohl, worauf es alles hinauslief. Seit er suchte war er seinem Ziel noch nie so nahe gewesen und doch bekam er jetzt Zweifel. Nacheinander begann er, alle von hier an möglichen Abläufe der Begegnung mit Miss Granger durchzugehen, die ihm einfielen. Nach der fünften gab er auf. Es gab einfach zu viele Variablen. Vielleicht sollte er einfach Scarlets Rat befolgen und dem Mädchen etwas Ruhe zum Nachdenken gönnen, bevor er sie mit der Lösung seiner Probleme konfrontierte. Vielleicht würde es auch ihm gut tun.

Ein beißender Gestank stieg ihm in die Nase und als er nach der Quelle suchte sah er, dass seine Zigarette beinahe ungeraucht bis auf den Filter abgebrannt war und diesen nun ankokelte. Mechanisch drückte er die restliche Glut auf der Sitzfläche neben sich aus, warf den Stummel in Richtung Mülleimer und verfehlte ihn. Auch egal. Die letzten Minuten Fußweg bis zu seiner Wohnung verbrachte er damit, sich mit den alltäglichen Nichtigkeiten abzulenken.

Er überschlug die Bestände des Buchladens, erinnerte sich daran, dass er schon längst ein paar Mausefallen im Lagerraum hatte aufstellen wollen und stellte gedanklich seinen Einkaufszettel für die nächste Woche zusammen. In seiner Wohnung angekommen, schritt er ohne zu zögern ins Badezimmer, griff nach den Schlaftabletten, beugte seinen Kopf zum Wasserhahn und schluckte die selbst verordneten Medikamente. Ohne sie würde er heute Nacht kein Auge zu tun, aber er war sich ziemlich sicher, dass es Schlaf war, den er jetzt brauchte.


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