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Fanfiction

Amnesia - Wer wärst du ohne Vergangenheit? - Geister der Vergangenheit

von Zareyja

Pünktlich fuhr der Zug ein. Nur wenige Personen, in dem ohnehin nur mäßig gefüllten Zug, schien das wirklich zu interessieren. Die Meisten blickten weiterhin konzentriert auf ihr Lesematerial oder verträumt aus den staubigen kleinen Fenstern. Schnell griff sich die junge Frau, die bis eben im vorletzten Abteil ebenso verträumt auf die vorbeiziehende Landschaft geschaut hatte, ihren Koffer, rückte die Umhängetasche zurecht, verließ den Zug und begab sich am Bahnhof auf die Suche nach dem nächsten Münztelefon.

Mehrere Minuten und einige Hinweisschilder später, entdeckte sie es in einer Nische nahe dem Ausgang. Eingeklemmt zwischen der Betonwand und der Auslage eines kleinen Geschenkeshops hing ein unscheinbarer Kasten, mit ziemlich abgewetzten Tasten. Wirklich einladend sah der Apparat nicht aus, aber solange er seinen Dienst tat, konnte sie darüber hinweg sehen. In einer Hand den Zettel mit der Taxirufnummer, kramte sie mit der anderen nach dem Kleingeld in ihrer Hosentasche.

Etwas umständlich hielt sie den klebrigen Hörer mit zwei Fingern ein Stück von ihrem Gesicht weg, während sie die Münzen einwarf und begann zu wählen. Doch statt des erwarteten Tonsignals ertönte nur eine Bandansage mit Frauenstimme. „Dieses Münztelefon ist derzeit nicht in Betrieb. Bitte nutzen Sie ein anderes Gerät. Dieses Münztelefon ist derzeit nicht in Betrieb. Bitte nutzen Sie...“ Das war ja so klar gewesen. Wer nutzte heute auch noch Münztelefone? Kein Wunder, dass die nicht repariert wurden. Genervt hängte sie den Hörer wieder in die Gabel und drückte auf die kleine Taste an der unteren Seite, um ihr Geld wieder auszuwerfen. Nichts geschah. „Das wird ja immer besser.“ Dachte sie sich, zuckte dann aber mit den Schultern und wandte sich ab. Wegen der paar Cent würde sie schon nicht am Hungertuch nagen müssen.

Erneut wuchtete sie die Umhängetasche auf ihre Schulter und griff nach ihrem Koffer. Wie gerne hätte sie ihr Gepäck leichter gezaubert, aber nach dem Krieg hatte sie sich angewöhnt, Zauber ausschließlich anzuwenden, wenn sie sich in der Zaubererwelt befand oder zumindest niemand in der Nähe war, der nichts von der magischen Welt wusste. Oder in Notsituationen. Aber in der Letzten steckte sie vor über zwei Jahren. Eigentlich war es nicht einmal eine richtige Notsituation gewesen.

Ein kleiner Autounfall, den sie auf dem Weg vom Gemüseladen zurück zu ihren Eltern beobachtet hatte. Eine Frau, die sie schon von weitem mit ihrem Kind hatte spielen sehen, war vollkommen außer sich. Sie war überzeugt, ihre Tochter würde unter einem der beteiligten Wagen liegen. Mit einer schnellen Zauberstabbewegung ließ sie die Autos in der Luft schweben und sah einzig die Straße und eine kleine Lache Öl. Das Mädchen, so stellte sich kurz danach heraus, hatte sich vor Schreck hinter eine Buschreihe geflüchtet, ihr ging es gut. Auch die Fahrer und der im roten Ford sitzende Beifahrer waren unverletzt. So gesehen war alles gut ausgegangen. Dem Kind ging es gut, die Mutter beruhigte sich allmählich und auch die Unfallbeteiligten waren mit einem blauen Auge davon gekommen.

Bei einem war dies wörtlich zu nehmen, die anderen waren vollkommen unversehrt, nur jammerte einer von ihnen immer wieder, dass er den Kotflügel seines Wagens gerade erst hatte austauschen lassen. Die Polizei kam, als Hermione das Kind gerade entdeckt hatte, und nahm die Zeugenberichte auf. Hier in diesem kleinen Dorf wurde vermutlich auch die Polizei gerufen, wenn jemand sein Kaugummipapier neben den Mülleimer warf, dachte Hermione belustigt. Während sie darauf wartete ebenfalls befragt zu werden, hörte sie einige Gesprächsfetzen. Verdammt. Daran hatte sie in der Hektik und später in der Erleichterung gar nicht gedacht. Sie hätte das Gedächtnis der Anwesenden verändern müssen, bevor die Polizei kam. Nicht, dass es ein großes Problem darstellte, dies nachzuholen und auch die entsprechenden Stellen in den Berichten zu ändern, aber sie ärgerte sich über ihre Nachlässigkeit.

Seitdem achtete sie in der Muggelwelt noch mehr darauf, nicht, oder zumindest so selten wie möglich, zu zaubern. Meist übersahen Muggel Zauber einfach, aber man konnte sich nicht immer darauf verlassen. Erst recht nicht, wenn die Aufmerksamkeit der Muggel wie bei dem Unfall vollkommen auf den Zauberer oder die Hexe gerichtet war. Das war einer der Gründe, aus dem die magische Gemeinde gerne unter sich blieb. Selbst, wenn sie in gemischten Gebieten wohnten, spielte sich das Leben doch weitgehend getrennt ab.

Der Verzicht auf Magie war für sie ähnlich ungewohnt, wie für einen Rechtshänder alles mit links zu machen. Wenn man drauf achtete funktionierte es irgendwie – mal mehr, mal weniger gut. Aber wer hatte schon Lust darauf, sich ständig zu kontrollieren? Man denke mal an Arthur. Er war regelrecht besessen von der Muggelwelt und wusste für einen reinblütigen Zauberer erstaunlich viel. Dennoch würde er auffallen wie ein bunter Hund. Sie wollte nicht vergessen, woher sie kam. Auch wenn sich ihr Leben inzwischen hauptsächlich in der magischen Welt abspielte, wollte sie in der Muggelwelt einfach so tun, als wäre sie Muggel. So sehr sie das in diesem Moment gerade verfluchte.

Deshalb schleppte sie lieber weiterhin ihr Gepäck, als sie sich auf die Suche nach einem anderen Telefon machte. Hätte sie doch ihr Handy vor der Fahrt aufgeladen! Sie nutzte es eigentlich nur, um mit ihren Eltern zu telefonieren und da sie auf den Weg zu genau diesen war, hatte sie keinen Grund dafür gesehen. Dumm, aber nun, aus Fehlern wurde man klug. Ursprünglich hatte sie es nicht einmal einstecken wollen, aus Gewohnheit war es aber doch in ihrer Tasche gelandet. Nach weiteren 20 Minuten des Ausschauhaltens sprach sie eine der Servicekräfte an, die in einem abgegrenzten Bereich dabei war, ihre Pause mit einer Zigarette zu verbringen. „Entschuldigung, ich suche ein Telefon.“ Die leicht angegraute Frau mittleren Alters guckte sie etwas verwirrt an bevor sie antwortete. „Im Eingangsbereich hängt unser einziges. Das ist aber kaputt.“ Hermione seufzte.

Also kein Taxi. Dann würde sie wohl den Stadtbus nehmen müssen um zu ihren Eltern zu gelangen. Würden sie noch immer, oder besser gesagt wieder, in London wohnen, wäre das ohnehin ihr Plan gewesen. Aber dort fuhren die öffentlichen Verkehrsmittel auch alle fünf Minuten in jede beliebige Richtung. Sie dankte der Angestellten für die Information, schnappte sich den Koffer und ging in die Richtung, aus der sie gerade eben gekommen war. Wenigstens war die Haltestelle hier, im Gegensatz zu der ihrer Eltern, direkt vor der Tür. Dem Fahrplan zufolge hatte sie den letzten Bus gerade verpasst, der nächste kam in 30 Minuten. Sie hatte also noch etwas Zeit und beschloss, den kleinen Bahnhofsbuchladen aufzusuchen. Wirklich gut war die Auswahl dort zwar nicht, aber dort war es wenigstens schattig.

Nach der Schlepperei durch die aufgeheizten Bahnhofsgänge, war es eine Wohltat in das kleine Geschäft zu betreten. Eine Klimaanlage gab es auch hier nicht, aber irgendwo musste ein Hinterausgang oder ein Fenster offen stehen, denn ihr wehte ein beständiger Strom an frischer Luft entgegen. Nachdem sie sich einen schnellen Überblick verschafft hatte, vorwiegend gab es Zeitschriften und Zeitungen, griff sie nach der Fortsetzung eines Romans, den sie bei ihrem letzten Aufenthalt gelesen hatte und ging zur Kasse. Sie würde sich draußen auf eine der Bänke in den Schatten setzen und von ihrer eigenen fantastischen Welt in eine andere eintauchen. Romane gab es kaum in der magischen Welt und wenn, dann waren sie einfach nur schlecht. Eine Aneinanderreihung von einfach gehaltenen Aussagen, ohne Gefühl für Spannung oder längere Handlungsstränge. Außerdem gab es eigentlich nur Liebesromane und das nur über eine Person. Zumindest hatte sie nie etwas anderes gesehen. Merlin verliebte sich in diese Frau, Merlin verliebte sich in jene Frau, Merlin hier, Merlin dort. Man könnte meinen, dass er der einzige Zauberer der ganzen Welt wäre!

Als die Dame vor ihr bedient wurde, lösten sich ihre Augen von dem Klappentext, auf dem sie bis dahin geweilt hatten. ‚Ein absolutes Muss für jeden Krimifan’ stand dort zuunterst als Bewertung eines Tageblattes. Ob man wohl viel zahlen musste, um so einen Satz auf sein Buch drucken zu dürfen? Immerhin stand auf jedem Buch etwas in der Art, eine wirkliche Qualitätsaussage war das nicht. Der Mann hinter dem Kassentresen lächelte die Kundin vor ihr an, als er ihr das Wechselgeld aushändigte. Es war kein wirklich freundliches Lächeln. Es wirkte eher schüchtern, vielleicht auch ein wenig gezwungen. Ein Lächeln das man aufsetzt, wenn es zur Firmenpolitik gehört.

Die Frau verstaute ihr Geld sowie die gekaufte Gartenzeitschrift, verabschiedete sich knapp und verließ das Geschäft. Doch Hermione bemerkte dies kaum, ihr Blick blieb auf den Angestellten gerichtet. Das konnte nicht sein! „Sie sind fündig geworden?“ Riss sie die Stimme des Mannes aus der Erstarrung. „Professor?“ Ihr vor Erstaunen geöffneter Mund und der ungläubige Blick löste eine gerunzelte Stirn bei ihrem Gegenüber aus. „Ent... Entschuldigung“ stammelte sie leicht irritiert und legte das ausgesuchte Buch auf den Tresen. „Sie erinnern mich an jemanden, den ich lange nicht gesehen habe.“ Noch immer sichtlich verwirrt suchte sie in ihrem Portmonee die passende Summe heraus, griff ihren Roman und steuerte gerade auf den Ausgang zu, als sie am Oberarm zurückgehalten wurde. „Haben Sie einen Moment Zeit? Für einen Kaffee?“ hörte sie die zur Hand gehörenden Stimme fragen.

„Ja ähm... sicher.“ Stammelte sie etwas überrumpelt. Eigentlich hatte sie sich schon darauf gefreut ein wenig zu lesen und die Ruhe genießen zu können, bevor sie von ihren Eltern wieder in Beschlag genommen werden würde. Aber das Buch würde ihr ja nicht weglaufen und bis ihr Bus kam, dauerte es bestimmt noch 20 Minuten. Während der Fahrt blieb ihr noch genug Zeit um etwas abzuschalten. „Scarlet?“ Wandte sich der Mann an eine ältere Frau, die gerade dabei war einige Zeitschriften in die Ständer einzusortieren. „Ich nehme meine Pause heute etwas früher.“ Die Dame nickte nur und drehte sich wieder ihrer Arbeit zu. Schweigend stand Hermione vor dem deutlich größeren Mann, dessen Gesicht ebenso unsicher wirkte, wie sie sich selbst fühlte.

„Können wir?“ Fragte er sie nach einem Moment der Stille, der eindeutig zu lange dauerte um noch als angenehm empfunden zu werden. Er hielt ihr die Tür auf, nachdem sie zustimmend genickt hatte, und trat nach ihr hinaus in die Bahnhofsvorhalle von der aus er sie in Richtung des Vorplatzes dirigierte. Sie zuckte kurz zusammen, als sie seine Hand neben ihrer spürte und sah darauf hinab. Er hatte den Griff ihres Koffers umfasst. „Geben Sie den ruhig mir. Wenn Sie sich schon Zeit nehmen, ist es das Mindeste, dass ich ihn trage.“ Dankend gab sie ihr Gepäckstück frei und ballte die Hand mehrfach zur Faust um das unangenehm verspannte Gefühl zu lösen. Er führte sie zu einem kleinen Café, das direkt neben den Glastüren des Haupteingangs seine Tische in die Sonne gestellt hatte. Hier und dort spendete ein großer Sonnenschirm Schatten. Er sah sie fragend an, woraufhin sie auf einen der Tische zusteuerte, die beides boten und zog sich selbst einen der im Schatten stehenden Stühle heraus.

Noch bevor sie sich vollkommen darauf hatte niederlassen könne, rückte er ihren Stuhl zurecht, nahm selbst direkt daneben Platz, streckte ihr seine Hand entgegen und stellte sich als Edward vor. Eine junge Frau mit aschlondem Haar trat an ihren Tisch heran, wischte noch einmal schnell mit einem feuchten Lappen den Blütenstaub von der Oberfläche und nahm die Bestellung ihrer Gäste entgegen. Schweigend saßen sie nebeneinander, bis ihre Getränke erstaunlich schnell an den Tisch gebracht worden waren. Hier war wohl selten wirklich etwas los und wenn, dann eher zu den üblichen Pendlerzeiten.

Ihr Gegenüber räusperte sich. „Entschuldigen Sie, dass ich Sie aufgehalten habe. Sie nannten mich eben ‚Professor’ und meinten, ich würde Sie an jemanden erinnern.“ Er stockte und folgte mit den Augen dem reflektierten Licht auf seinem Löffel, den er nervös zwischen seinen langen Fingern drehte. Sie nutze die Gelegenheit ihn näher zu betrachten. Er trug eine schwarze Stoffhose. Zwischen den Beinenden und den mattschwarzen Herrenschuhen lugten schwarze Socken hervor. Das Hemd war in einem dunklen Grau gehalten und an der Hemdtasche, dort, wo im Geschäft das kleine Schild ‚Hallo, mein Name ist Edward’ befestigt gewesen war, sah man noch den Abdruck des Metallclips neben dem eingehakten Kugelschreiber.

Schließlich riss er seinen Blick los und sah ihr in die Augen. „Ich würde gerne wissen, an wen ich Sie erinnere.“ Hermione wollte bereits antworten, überlegte es sich dann aber anders und schloss den Mund. Ein weiteres Mal setzte sie an und brach ab. Sie senkte den Kopf und konzentrierte sich darauf, Zucker in ihren Milchkaffee zu geben und diesen solange zu rühren, bis sich auch mit Sicherheit das letzte Körnchen aufgelöst hatte.

„An einen meiner früheren Lehrer.“ Sagte sie leise bevor sie gedankenverloren ihren Löffel aus dem Milchschaum hob und in den Mund steckte. Sie konnte ihn nicht ansehen. Sie wusste nicht, ob es sie mehr erschrecken würde, in seinen Augen zu sehen, dass er es tatsächlich war, oder dass er es nicht war. Eigentlich müsste sie sich gar keine Gedanken machen. Es war ja nicht so, dass sie damals mit ihm besonders gut befreundet gewesen war. Er war nur ihre Lehrer gewesen! Und nicht einmal einer, den sie wirklich gemocht hatte. Sie hatte ihn respektiert, das war aber schon alles gewesen. Der Krieg, und vor allem die letzte Schlacht, hatte viele Menschen das Leben gekostet, die ihr wichtiger gewesen waren als er! Aber das war lange her. Inzwischen konnte sie nicht nur an ihre Freunde, sondern auch an deren Tod denken, ohne sich in ihren Gedanken zu verlieren. Natürlich betrübte es sie noch immer, wenn sie daran dachte, aber das war wohl nur natürlich.

Dass sie ausgerechnet bei ihm wieder diese Beklemmung spürte hatte dennoch einen guten Grund, wie sie wusste. Während die anderen Opfer der Schlacht inzwischen begraben waren, war er es nicht. Als das Ministerium nach einer gefühlten Ewigkeit endlich Mitarbeiter auf die Gründe von Hogwarts schickte, war der Kampf bereits beendet. Nach einigen Tagen waren alle Gefallenen identifiziert. Viele von ihnen hatten tiefe Wunden, teilweise fehlten Körperteile. Einige von ihnen schienen dagegen nur zu schlafen. Körperlich unversehrt, nur fürchterlich blass, lagen sie auf der Wiese oder zwischen Sträuchern. Andere hatten die Augen weit aufgerissen und wirkten, als hätte sie ein Stupor getroffen. Bei einer Person traf dies sogar zu. Keiner der Männer, welche die Leichen abtransportierten, hatte bemerkt, dass Luna noch lebte. Jeder, der sich nicht mehr bewegte oder zumindest stöhnte, wenn er zum Apparierpunkt levitiert wurde, war ihrer Meinung nach tot. Erst bei der Identifizierung der Leichen im St. Mungos bemerkte der zuständige Heiler, dass die junge Frau auf Tisch Nr. 17 noch atmete.

Über 14 Stunden lang hatte Luna unter dem Einfluss eines starken Schockzaubers gestanden, hatte alles mitbekommen, was um sie herum geschah. Mit offenen Augen war sie getroffen worden und starrte seitdem unentwegt aus scheinbar leblosen Augen in die Welt. Ihr Atem ging flach, ihr Herzschlag so langsam, dass er es kaum schaffte, das Adrenalin, das sie nach wie vor überflutete, durch die Adern zu pumpen. Sie hatte gesehen, wie zwei ihrer Mitschüler leblos neben ihr aufschlugen ohne ihnen helfen zu können. Sie hatte die Leichenträger sprechen gehört, das Schild am Eingang des furchtbar kalten Raumes gesehen, das diesen als Leichenhalle auswies. Den Heiler gehört, wie er einer flotten Schreibefeder die Namen der Opfer und deren Todesursachen diktierte. Ihr vor Angst, als nächstes in einen dieser schwarzen Säcke gesteckt und lebendig begraben zu werden, schneller Atem und die einzelne Träne, die ihr deswegen über die Wange gelaufen war, hatten ihr vermutlich das Leben gerettet. Bei einer ordentlichen Untersuchung hätte der Arzt sicher auch so festgestellt, dass sie noch lebte. Doch jeder in diesem Raum, der keine äußeren Verletzungen aufwies, bekam den Eintrag „Avada Kedavra“ als Todesursache. Zu viele Leichen lagen dort für den einzigen vom Ministerium beauftragten Heiler und die Identifizierung sollte am nächsten Tag abgeschlossen sein, damit sich der Minister einer effektiven Arbeitsweise rühmen konnte. Luna war danach nicht mehr die Gleiche.

Doch tatsächlich wurde, nicht einmal 24 Stunden nach dem Ende der Schlacht, eine Liste mit den Namen der Toten und eine weitere mit den Namen der Verletzten und Bewusstlosen freigegeben. Snape stand auf keiner von beiden. Zuletzt hatte Hermione ihn gesehen, als er in seinem Todessergewand schräg hinter Voldemort gestanden hatte. In dem Moment traf sie selbst ein Fluch. Sie war zu sehr damit beschäftigt sich trotz der stechenden Schmerzen in ihrer Seite zu verteidigen, als dass sie noch Augen für anderes als ihr Überleben gehabt hätte. Als sie das nächste Mal zum dunklen Lord blickte, sah sie gerade noch, wie dieser mit leeren Augen in sich zusammensackte. Von ihrem Lehrer war keine Spur mehr zu sehen.

Ihre Gedanken kehrten zurück zu dem Mann, der ihr gegenüber saß. Er musste es sein. Seine Haare waren länger und an den Schläfen etwas graumeliert. Sein Blick war nicht mehr so scharf und die Lippen nicht ganz so verkniffen. Die Haut war leicht gebräunt und er schien zugenommen zu haben. Dennoch, die Ähnlichkeit war zu groß um es als einfachen Zufall ansehen zu können. Vor allem seine Stimme ließ ihre Erinnerungen wieder lebendig werden. Sie war ganz anders als früher, aber doch gleich. Genauso samtig, aber nicht mehr scharf. Ebenso dunkel, aber weich. Nicht mehr so kontrolliert, vielmehr unsicher. Irgendwie menschlicher.

„Haben Sie noch Kontakt zu ihm?“ riss sie genau diese Stimme unvorbereitet aus ihren Beobachtungen. „Kontakt? Zu wem?“ „Zu ihrem ehemaligen Lehrer“ erinnerte er sie an das Thema ihres bisher nur kurzen Gesprächs. „Ähm... nein. Er ist vor einigen Jahren verschwunden.“ Er nickte gedankenverloren „Wann genau ist er verschwunden?“ „Vor zwei Jahren und elf Monaten.“

Sie würde das Datum des Endkampfes sicher nie vergessen und musste nicht einmal überlegen, wie lange er her war. In vier Wochen würde es ein weiteres ‚Fest der Befreiung’ geben. In den wenigen Jahren hatte sich dieser Tag zum festen Bestandteil der magischen Gemeinschaft entwickelt. Kinder lernten Gedichte und Lieder über die Helden- und Gräueltaten der letzten Schlacht, in den Geschäften gab es kitschige Souveniers und überall fanden Feiern statt. Irgendwie verstand Hermione, dass dieser Tag, der umgehend zum Feiertag erklärt worden war, etwas Besonderes war. Sie verstand auch, weshalb damals viele nicht gegen Voldemort und damimt für ihre Freiheit gekämpft hatten. Aber dieser ganze Rummel fremder Menschen um ein Ereignis, das sie nicht einmal erlebt hatten, war aus der Sicht einer Beteiligten einfach nur geschmacklos.

Wieder nickte er. Es schien, als bräuchte er dies um seine eigenen Gedanken zu ordnen. „Weshalb erinnere ich Sie an ihn?“ forschte er weiter nach. Das Gespräch war irgendwie merkwürdig. Wollte Snape sie in die Irre führen um zu sehen, wie gut seine Tarnung war? Oder hatte sie ihn doch verwechselt und der Kerl war einfach nur begierig etwas über seinen Doppelgänger zu erfahren?

„Weil Sie aussehen wie er. Naja, eigentlich nicht wirklich, aber irgendwie schon. Ihre Hände, ihr Haar, ihre körperliche Statur und ...“ über ihr Gesicht lief ein leichtes Schmunzeln „... Ihre Nase.“ Auch Edward schmunzelte als er mit Daumen und Zeigefinger über seinen Nasenrücken fuhr. „Ja, ich fürchte, die ist ziemlich charakteristisch.“ Die bislang eher getrübte Stimmung entspannte sich merklich. „Weshalb fragen Sie eigentlich?“ wollte nun Hermione wissen. Sie hielt es nicht mehr aus und wollte versuchen ihrerseits zu ergründen, ob es ihre Sinne waren, die ihr Streiche spielten, oder der Mann ihr gegenüber. Er seufzte und ließ seine Hand vom Gesicht in den Schoß sinken. Mit der anderen griff er nach seinem Kaffee und hob sie einige Zentimeter an bevor er antwortete „Weil ich nicht weiß, wer ich bin.“


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Es gibt einen Grund dafür, warum alle großen Fantasy- und Science-Fiction-Filme im Gedächtnis der Leute geblieben sind. Sie haben eine große Tiefe und nicht nur eine oberflächliche Handlung. Und deswegen werden wir in 50 oder 100 Jahren auch immer noch die Harry-Potter-Bücher lesen und hoffentlich die Filme anschauen.
Michael Goldenberg