Fanfiction

Seelenleichen - Ein ungewöhnlicher Auftrag

von DracosLady

Lilian ging gerade die Galerie über der Marmortreppe entlang, als Quirrell aus einem Gang gehastet kam und die Eingangshalle durchquerte. Neugierig folgte sie ihm nach draußen. Ihr fiel auf, dass er einen Reiseumhang trug. Es war äußerst seltsam, wo wollte er hin, wenn doch an diesem Abend das Halloween-Festessen stattfand? In einigem Abstand folgte sie ihm nach draußen. Als sie auf eine kleine Hügelkuppe trat, hatte er bereits in der Ferne das Tor mit den geflügelten Ebern erreicht. Das musste sie sofort ihrem Vater berichten. Sie drehte um, knallte aber gegen etwas großes hartes.
"Autsch! Hagrid, schleich dich nicht so von hinten an mich ran!", sagte sie und sah zu dem riesigen, wild aussehenden Mann auf. Hagrid grunzte vergnügt und kleine Lachfalten runzelten sich um seine Augen.
"Hab mich nur gewundert, dass du mich noch kein einziges Mal besucht hast, seit du hier bist", sagte er mit seiner tiefen Brummstimme. "Hab mir überlegt, ich frag einfach mal..."
"Hagrid, das tut mir leid, es war einfach so-", wild fuchtelte sie mit den Armen um sich auszudrücken. Sie konnte nicht in einem Satz zusammenfassen, was in den ersten paar Wochen schon alles passiert war. "-viel!"
Sie konnte ein Lächeln unter Hagrids dichtem Bart erkennen. Er tätschelte ihr kräftig die Schulter, was sie in die Knie gehen ließ.
"Komm, ich lad' dich auf 'ne Tasse Tee ein, hm?", schlug Hagrid vor und sie begaben sich zu seiner Hütte.
Lilian hatte in ihrer Kindheit viel Zeit mit Hagrid verbracht. Solange ihr Vater unterrichtet hatte, hatte er sie in Hagrids Obhut gegeben, der ihr solange alle möglichen magischen Tiere gezeigt hatte. Sie traten in seine Hütte. Seit ihrer Kindheit hatte Hagrid nichts an ihr verändert. Die Hütte bestand aus einem einzigen Raum. In einer Ecke stand ein riesiges Bett mit Flickendecke und in einer anderen ein großer Tisch. Von der Decke hingen Schinken und Würste und im Kamin züngelte ein munteres Feuer. Lilian setzte sich an den Tisch und Hagrid bot ihr Tee an.
"Wie oft ich in diesem Bett geschlafen hab...", erinnerte sich Lilian lächelnd.
"Du warst so klein, du hast noch in eine Hand gepasst", sagte Hagrid und wedelte mit einer seiner mülleimerdeckelgroßen Hände.
"Ich weiß noch, wie ich hier mit Fluffy gespielt hab, als er noch ein Welpe war", sagte Lilian verträumt. "Wo ist Fluffy?"
"Ich hab - hab ihn weggegeben", sagte Hagrid und erbleichte.
"Weggegeben?!", sagte Lilian ungläubig. "Du lügst! Du könntest dich niemals von ihm trennen!"
Hagrid wurde noch bleicher.
"Na gut... hab ihn Dumbledore gegeben, als Wachhund für - für - was auch immer...", stammelte er.
"Für den Stein", fügte Lilian hinzu. "Hagrid, ich weiß von dem Stein. Ich hab Dad bei seinem Schutz geholfen."
"Ouh", sagte Hagrid verdattert. "Das is' gut..."
"Wie groß ist Fluffy geworden?", fragte Lilian begeistert. "Los, erzähl schon endlich!"
Hagrid lachte. Lilian teilte seine Leidenschaft für die 'interessanten Geschöpfe', wie er sie immer nannte.
"Ähm, nu' drei Meter werden's schon sein...", murmelte er.
"Und wächst er noch?", wollte Lilian wissen.
"Kann schon sein, is' ja noch fast 'n Baby mit seinen vier Jahren."
"Aber der Arme hat ja gar keinen Auslauf, wenn er da unten eingesperrt ist!"
"Das macht ihm doch nix..."
"Darf ich ihn besuchen?"
"Nein! Der Korridor im dritten Stock ist für alle Schüler verboten! Keine Ausnahmen!"
"Wann fütterst du ihn?"
"Sonntagabend..."
"Kann ich mitkommen?"
Hagrid machte ein unschlüssiges Gesicht.
"Biiitte!", bettelte Lilian und sah mit großen Augen zu ihm auf. "Ich will ihm nur kurz hallo sagen. Bitte, Hagrid."
"Wenn's denn sein muss", brummte Hagrid schließlich. Lilian machte vor Freude einen kleinen Hüpfer.
"Wie geht's deinem Dad?", fragte Hagrid.
"Ach, du weißt doch wie er ist. Er arbeitet zu viel", antwortete Lilian. Dann fiel ihr ein, warum sie eigentlich hier war.
"Da du ihn gerade erwähnst, ich muss dringend zu ihm. Hatte ich ganz vergessen!", rief Lilian und sprang auf. "Danke für die Einladung Hagrid!"
Sie stürmte hinaus und spurtete zurück zur Schule. Außer Atem klopfte sie an Severus' Bürotür.
"Ja, bitte!", rief er. Lilian stolperte, sich die stechenden Seiten haltend, hinein.
"Was ist passiert?", fragte ihr Vater und sprang auf. Lilian schüttelte den Kopf und winkte ab.
"Nichts", keuchte sie. "Aber Quirrell - hat das - Schlossgelände verlassen."
Sie stützte sich auf seinem Schreibtisch ab um nach Luft zu schnappen. Severus runzelte die Stirn.
"Irgendwas hat er vor...", grummelte er nachdenklich. "Konntest du herausfinden, wo er hin ist?"
Lilian schüttelte enttäuscht den Kopf.
"Ich war auf der Galerie - hab ihn mit seinem Reisemantel aus einem Korridor kommen sehen - bin ihm gefolgt - er war zu schnell - bin nicht hinterher gekommen-"
Severus setze sich wieder an den Schreibtisch.
"Halb so wild, du hättest ihm sowieso nicht folgen können, wahrscheinlich ist er disappariert. Es reicht, dass wir wissen, dass er fortgegangen ist. Das ist ein eindeutiges Zeichen, dass er etwas plant", schlussfolgerte er. "Ich muss Dumbledore sofort davon berichten. Du kannst gehen, wir sehen uns beim Festessen."
Er nahm sie liebevoll in den Arm.
"Gut gemacht!"
Dann rauschte er mit wehendem Umhang aus dem Büro.