von G_we@sleygirl
Sie hatte mit ihm Schluss gemacht. Ungefähr ein Jahr war das jetzt her und es schmerzte immer noch so, als hätten sie sich gerade erst getrennt. Ginny hatte ihn für den berühmten Harry Potter verlassen. Dieser war doch auch nur ein Junge, verdammt! Diese Gedanken spucken schon die ganzen Monate in Deans Kopf herum und auch heute kann er sie nicht abschalten.
Leise, ohne jemanden aus seiner Familie zu wecken, läuft er die Treppe hinunter. Frische Luft ist jetzt genau das, was er braucht. Natürlich musste ausgerechnet dann ein Dielenbrett knarzen, als er an dem Zimmer seiner jüngeren Schwester vorbeiging. Leise fluchend, schimpfte er sich selbst aus, nicht besser aufgepasst zu haben.
„Dean?“ Schon steht sie mit unordentlichen Haaren und einem müden Gesichtsausdruck vor ihm an der Tür.
„Lucy, geh wieder ins Bett. Es ist noch früh.“ Das stimmt, es ist gerade mal die Sonne aufgegangen. Seine Lieblingszeit des Tages. Oft sind Ginny und er... Nein, Dean will jetzt nicht daran denken. Es schmerzt einfach zu sehr.
„Aber du darfst schon wach sein, oder wie?“, entgegnete sie.
„Das ist was anderes.“
„Es ist wegen dem Mädchen, oder?“, wechselt sie abrupt das Thema, „Ginny.“ Fragend sieht sie ihren großen Bruder an. Woher zum Teufel weiß sie das? Dean hat nie von ihrer Trennung erzählt. Wie erstarrt bleibt er vor der Tür stehen.
„Sie hat mit dir Schluss gemacht. Denkst du, ich bekomme das nicht mit, wie du dich in deinem Zimmer einbunkerst und uns aus dem Weg gehst?“
Dean konnte es einfach nicht glauben, seine Schwester, gerade mal fünfzehn Jahre alt, trifft genau ins Schwarze. „Und die anderen, merken die etwas?“
„Eine Vermutung haben sie, wissen aber nicht ob sie stimmt. Wo willst du um diese Uhrzeit eigentlich hin?“ Froh über den Themenwechsel gibt er seiner Schwester bereitwillig Auskunft:
„Ich möchte einfach nur an die frische Luft.“ Besorgt sieht sie ihm ins Gesicht.
„Sei vorsichtig, ich glaube da draußen stimmt etwas nicht. Irgendwas ist anders, aber ich weiß nicht was. Vielleicht ist es etwas aus deiner Welt.“ Dean hatt es auch bemerkt, es beunruhigt ihn, aber er will seine Schwester nicht noch mehr Sorgen bereiten. Immerhin weiß diese bereits mehr als sie wissen sollte. Sie hat sich einfach zu einem sehr feinfühligen Mädchen entwickelt, was bei Dean einen Beschützerinstinkt auslöst. Lucy kann ja nicht wissen, dass sich in der Zaubererwelt wirklich etwas tut. Sie kann nicht wissen, dass der größte, schwarz magische Zauber den es je gegeben hat sein Unwesen treibt und das Zaubereiministerium erobert hat. All das sagte Dean natürlich nicht. „Mach dir keine Sorgen. Das Wetter ist nur so trübe und drückend. Außerdem habe ich meinen Zauberstab mit. Es kann nichts passieren.“ Das letzte war gelogen, aber das muss Dean ja nicht direkt durchscheinen lassen. Die fünfzehnjährige schaut ihren Bruder zweifelnd an, entgegnet jedoch nichts.
Um einem weiteren Gespräch, welches sicherlich um Ginny geht, auszuweichen, dreht er sich schnell um und läuft zur Haustür hinaus.
Die Kälte lässt Dean praktisch zusammenzucken. Automatisch zieht er sich die Jacke bis zum Kinn herauf. Ohne darauf zu achten, wo er lang geht, biegt Dean rechts in die nächste Straße ein.
Auch hier liegt hoher Schnee, was Deans Gedanken nicht gerade aufheitert. Ginny hatte ihn verlassen. Das wunderbare, rothaarige Mädchen, von dem er gedacht hat, dass sie ihn lieben würde und dass sie lange zusammenbleiben würden. Dabei waren es nur paar Monate gewesen, jedoch waren es auch die schönsten in seinem Leben gewesen.
Eine tiefe Hoffnungslosigkeit überkommt ihn. Eine Gestalt rechts von ihm lässt ihn herumfahren. Schnell zückt er seinen Zauberstab. Doch es ist nur ein Mädchen mit langen, blonden Haaren. Dean schätzt sie auf siebzehn Jahre, also genauso wie er. Er hatte sich nur so erschrocken, da diese sich ruckartig aufgestellt hatte. Jetzt geht sie weiter, bleibt ab und zu stehen und hockt sich hin, um den Schnee zu untersuchen. Warum sollte sie den Schnee untersuchen?, fragt sich Dean. Neugierig läuft er auf die Stelle zu, wo er sie das erste mal bemerkt hat, um zu sehen was sie dort getan hat. Langsam, mit ausgestrecktem Zauberstab schleicht er auf die Stelle zu. Verblüfft schaut er in den Schnee, was er dort zu sehen bekommt, verwundert ihn dermaßen, dass er den Zauberstab sinken lässt. Lauter dünne, filigrane Linien ziehen sich durch den unberührten Schnee. Doch es sind nicht nur Linien, es sind Zeichnungen von Wesen. Magischen Wesen, wie Dean sie aus Pflege Magischer Geschöpfe her kennt. Da sind Wassermenschen, Drachen und Wichtel. Alle diese Zauberwesen verbindet eine verschnörkelte Linie, welche sich mit näherem hinsehen als Wörter herausstellen.
Der verwunderte Dean geht in die Knie, um die Buchstaben zu entziffern. Dort steht in dünnen Lettern: „Du kennst meine Geschichten, aber was ist, wenn meine Geschichten nicht nur Geschichten sind?“ Dean lege die Stirn in Falten. Was soll das? Hat das Mädchen diese Bilder gezeichnet, oder sie nur angesehen? Ist sie eine Hexe? Wenn ja, warum hat er sie all die Jahre über nicht bemerkt? Weil du doch schon seit langer Zeit nicht mehr draußen gewesen bist, sagt eine Stimme in seinem Inneren. Er erhebt sich, schaut sich nach dem Mädchen um, kann sie allerdings nirgendwo entdecken. Dean muss unbedingt mit ihr reden. Seit Ginnys Trennung hat er sich nicht mehr mit einem anderen Mädchen als seiner Schwester unterhalten, aber dieses Mädchen interessiert ihn brennend.
Somit beschließt er in dem restlichen Schnee nach weiteren Spuren von ihr zu suchen. Mittlerweile ist er sich sicher, dass sie diese Zeichnungen hinterlässt. Aber warum gerade im Schnee, wo der doch so vergänglich ist? Er selber zeichnet lieber auf Pergamentpapier, da dieses sehr fest und gut geeignet ist.
Langsam setzt sich der Junge wieder in Bewegung, darauf bedacht keine der Hinweise auf das hübsche Mädchen zu verpassen.
Tatsächlich ist sie es, die diese Bilder in den Schnee zeichnet. Bereits eine Weile geht Dean ihr hinterher und bewundert ihre Detailgetreuen Zeichnungen der Zauberwesen. Ob dem blonden Mädchen nicht bewusst ist, dass sie so etwas nicht veröffentlichen darf? Immerhin widerspricht das dem Muggelgeheimhaltungsgesetz. Das merkwürdigste jedoch ist, dieser Satz, welchen Dean schon bei dem ersten Bild entdeckt hatte, war bei jeder einzelnen Zeichnung im Schnee. Und immer hat der Satz oder das Zitat die gleiche Funktion. Er verbindet die magischen Wesen miteinander und lässt somit die Zeichnungen lebendiger und plastischer wirken.
Zum zigsten mal steht Dean auf. Von dem vielen bücken tut ihm schon der Rücken weh. Automatisch streckt er sich, als er plötzlich das Mädchen auf den Boden fallen sieht. Über ihr schwebt eine große, dunkle Gestalt, welche rasselnd Luft holt.
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