von Eponine
Mondlicht
Es war weit nach Mitternacht, der Nachthimmel von Wolken bedeckt, sodass kein Stern zu sehen war. Unter den dichten Bäumen am Waldrand stand eine dunkle Gestalt und starrte hinauf in den Himmel. Ein einsamer Eulenruf hallte durch die Finsternis. Der Mann zuckte zusammen und zog sich noch weiter unter die tiefhängenden Äste zurück.
Er war hierhergekommen, um in Ruhe nachdenken und Ordnung in seine Gedanken bringen zu können, die wie ein wild gewordener Klatscher durch seine Gehirnwindungen rasten. Und das alles seit vorgestern. Seit sie ihm gesagt hatte, dass sie ihn liebe.
Sie…
Beim Gedanken an diese lebenssprühende, junge Frau wurde ihm warm ums Herz.
Doch das durfte nicht sein, er konnte nicht mit ihr zusammenleben. Auch wenn er daran zugrunde gehen würde – er musste ihr sagen, dass sie ihn nicht wiedersehen durfte. Er könnte ihr den Tod bringen und das wollte er auf keinen Fall. Lieber starb er selbst, an gebrochenem Herzen oder einfach an Einsamkeit.
Die Wolkendecke riss auf und ein einzelner Mondstrahl erleuchtete die Nacht ein wenig.
Mondlicht. Na toll, auch das noch! Nur gut, dass nicht Vollmond war. Und dennoch…
Seit jener verheerenden Nacht vor vielen Jahren hasste er den Mond. Früher, da hatte er ihn geliebt, war nachts stundenlang am Fenster gesessen und hatte zu jenem Himmelskörper empor gestarrt, der die Erde umkreiste. Hatte seinem Vater andächtig dabei zugehört, wie dieser ihm die Geschichte der Mondkälber vorgelesen hatte.
Aber dann…
Mit Schaudern dachte er an diese Nacht zurück, die sein ganzes Leben verändern sollte.
Keuchend rannte der kleine Junge durch die Nacht. Im Nacken spürte er den heißen Atem der Bestie, die ihn verfolgte. Er roch faulendes Fleisch und den stechenden Geruch nach Blut. Zweige peitschten ihm ins Gesicht, aber das nahm er nicht wahr. Der Vollmond stand hoch am Himmel und beleuchtete die grausige Szenerie, sowie die Bestie hinter ihm, die der Junge lieber nicht so genau gesehen hätte.
Der Werwolf stieß ein schauriges Heulen auf, was dem Jungen eine Gänsehaut verschaffte.
Panisch raste er weiter, in seiner Seite schien ein Dolch zu stecken, seine Brust wollte schier platzen.
Er sprang über einen Baumstumpf, wollte weiterhasten, stolperte aber über einen Stein und stürzte. Bevor er auch nur einen Finger bewegen konnte, stand die Bestie schon über ihm, die schwarzen Augen vor Gier lodernd, der Geifer tropfte dem Jungen ins Gesicht. Er wollte seinem Körper befehlen, aufzuspringen und weiterzulaufen, doch er war wie gelähmt vor Angst.
Dann senkte der Werwolf seinen Kopf, öffnete sein Maul, und biss zu.
Der Junge schrie und schrie und schrie…
Remus Lupin schrak aus seiner Erinnerung hoch, der Mond schien ihm inzwischen voll ins Gesicht, er blinzelte und versuchte das Grauen abzuschütteln.
Und genau deswegen konnte er nicht mit ihr zusammensein.
Sein Körper krümmte sich vor Schmerz, er sackte vornüber.
Plötzlich legte sich sanft eine Hand auf seine Schultern. „Remus…“
Er blickte auf. Tonks.
„Ich weiß, was dein … Problem ist. Und ich will dich trotzdem. Lass uns zusammen dem Mondlicht entgegen sehen!“
Da gab er nach und küsste sie.
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