von MrsMcLaggen
Es ist nie besonders toll, sich in den Kerkern Hogwarts' zu verlaufen.
Sich in den Kerkern Hogwarts' zu verlaufen, wenn man die Schule schon im fĂĽnften Jahr besucht, ist hingegen nur noch peinlich.
„Verdammt, verdammt“, murmelte ich immer wieder vor mich hin. Ein ewiges Mantra, das mich verfolgte, seit ich auf dem Rückweg von Snapes Klassenzimmer irgendwo eine falsche Abzweigung genommen hatte. Allein.
Die sieben Geister, denen ich während meiner Suche nach dem Tageslicht begegnet war, waren natürlich alle nicht im geringsten bereit gewesen, mir zu helfen.
Wie lange irrte ich hier schon umher? Ich hatte keine Ahnung. In den Kerkern, ohne Tageslicht, ohne eine andere Menschenseele bei sich, verliert man leicht jedes ZeitgefĂĽhl. Ich zumindest.
Schritte, die sich mir schnell von hinten näherten, ließen mich aufhorchen. „Miss Amarell? Was tun sie hier?“, die unverwechselbare Stimme von Professor Snape brachte mich dazu, zusammenzuzucken. „Professor Snape, ich...“ Es war mir unendlich peinlich, zu sagen, dass ich mich verlaufen hatte, aber ich musste. Ich konnte mich glücklich schätzen, dass Snape mich nicht so sehr hasste, wie den Rest der Gryffindors – und diesen kleinen Bonus wollte ich nicht verspielen, indem ich jetzt mit einer fadenscheinigen Ausrede ankäme, um meine Anwesenheit in den Gefilden des Professors zu erklären.
„Ich habe mich verlaufen, Professor“, nuschelte ich deshalb. Wegen des Dämmerlichts im Kerker konnte ich Snapes Gesichtsausdruck nicht genau ausmachen, aber vemutlich lächelte er hämisch.
„So, so“, setzte er an, „Wir haben uns verlaufen. Nach... wie vielen Jahren an dieser Schule, Miss Amarell?“
„Nach über vier“, antworte ich kleinlaut.
„Und immer noch kennen wir uns nicht in den Kerkern aus? Das könnte ihnen eines Tages zum Verhängnis werden – was ihnen ihn wohl hoffentlich bewusst ist.“ Ein Schweigen entstand. Offenbar erwartete er eine Antwort.
„Ja, das ist mir bewusst.“
„Sehr gut. Dieses eine Mal helfe ich ihnen.“ Oh, Snape hatte heute wohl einen großzügigen Tag. „Sie müssen nur die nächste Abzweigung nach links nehmen. Dann erreichen sie die Treppen nach oben.“
„Vielen Dank, Professor.“, presste ich hervor, bevor ich auf der Ferse kehrt machte und mich schnell aus dem Staub machen wollte. „Ach, und Miss Amarell?“ Oh Mist. Was war denn noch? „Ja?“ Meine Stimme klang fast piepsig.
„Ich hätte einen Schüler für sie, dessen Leistungen in meinem Fach zu wünschen übrig lassen. Ich dachte, sie könnten ihm ein wenig auf die Sprünge helfen?“ Obwohl der Professor den Vorschlag als Frage formulierte, bemerkte ich einen Unterton in seiner Stimme, der keinen Widerspruch duldete. Ich würde also auf jeden Fall – ob ich wollte oder nicht – diesem Schüler Nachhilfestunden geben.
„Gerne, Professor“, sagte ich, „Ist schon ein erster Termin festgelegt?“
„Ja, Miss Amarell. Sie werden in einer halben Stunde in der Bibliothek erwartet.“ Wusste ich es doch, dass schon alles über meinen Kopf hinweg entschieden worden war.
Ich murmelte eine kurze Verabschiedung, dann machte ich mich eilig auf den von Snape beschriebenen Weg.
Erleichtert registrierte ich, dass er mir nicht folgte. Er war mir absolut nicht geheuer. Er erschien mir seltsam zu sein – obwohl er mein Lieblingsfach unterrichtete. Snapes Schritte waren schon längst in den Tiefen der Kerker verhallt, als ich endlich die Treppe erreichte, die mich endlich dorthin führte, wo ich hin wollte. Die Bibliothek.
Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.
Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel