von ChrissiTine
18. Dezember: Lebensgefahr
2007
„Mum! MUM! MUMMY!" Die siebenjährige Victoire rannte blindlinks durch das Wohnzimmer in die Küche und schrie lauthals nach ihrer Mutter.
„Um 'immels Willen, was ischt denn passiert, Vicky?" Sie wischte sich ihre mehligen Hände an der Schürze ab und schaute auf ihre kleine Tochter. Ihr Gesicht war mit Blut überströmt, das nicht aufhören wollte zu fließen. Sie hatte eine Spur auf dem Teppich hinterlassen. Fleur kniete sich hin und inspizierte sie.
In den letzten Jahren war sie häufig mit kleinen Verletzungen konfrontiert worden, besonders, was Dominique betraf, die sich ständig irgendwo verletzte, sodass sie längst nicht mehr so in Panik geriet wie in den ersten Monaten, wo schon ein Nieser ausgereicht hatte, Victoire ins Krankenhaus zu bringen.
„Ich muss sterben, Mummy, ich muss sterben! Das hört einfach nicht mehr auf!" Tränen vermischten sich mit dem Blut und es klang so, als würde Victoire gleich anfangen zu hyperventilieren.
„Hast du dich irgendwo gestoßen? Bist du gefallen?"
Victoire schüttelte den Kopf und Blut spritzte überall hin. „Es hat einfach angefangen."
Beunruhigt biss sich Fleur auf die Lippe. Sie zog ein Taschentuch hervor, reichte es ihrer Tochter und sagte ihr, sie solle sich über die Spüle beugen, aber es schien nicht viel zu bewirken. Wenn es nicht bald besser wurde, mussten sie ins Krankenhaus. „Ganz ru'ig, es wird alles wieder gut, mein Schatz", sagte sie beruhigend. „Dominique! Louis! Kommt sofort 'er!" Sie hatte keine Zeit, einen Babysitter zu organisieren, also würde sie die sechsjährigen Zwillinge wohl oder übel mitnehmen müssen.
Ein paar Sekunden später kamen die beiden mit gesenkten Köpfen in die Küche. Fleur runzelte die Stirn. Wenn die beiden so aussahen, dann hatten sie etwas angestellt und fühlten sich ertappt. Fleur konnte sich allerdings nicht erinnern, dass sie in den letzten Tagen irgendetwas Verbotenes … und dann fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Sie streckte die Hand aus. „Gebt mir sofort die andere 'älfte der Kapsel. Sofort!"
Louis zog etwas aus seiner Hosentasche und gab es seiner Mutter. Die drückte es Victoire in die Hand und sagte ihr, sie solle es schlucken. Sobald Victoire das getan hatte, hörte das Blut auf zu fließen. Victoire atmete erleichtert durch, während Fleur spüren konnte, wie der Ärger in ihr hochstieg.
„Wie könnt ihr es wagen, eurer Schwester Naseblutnugat zu geben! Wo 'abt ihr das über'aupt 'er? 'at euer Onkel eusch das Seug gegeben? Isch 'ab ihm dosch so oft gesagt, dass er das nischt maschen soll! Eure Schwester 'at gedascht, dass sie sterben muss! Was 'abt ihr eusch nur dabei gedascht?" Sie konnten zwar manchmal sehr leichtsinnig handeln, aber das … das ging dann doch zu weit. „Am liebsten würde isch eusch näschste Wosche 'ier lassen. Ihr 'abt es nischt verdient, Weihnachten im Fuchsbau zu feiern."
Louis und Dominique schauten ihre Mutter entsetzt an. Es war doch nur ein Scherz gewesen, sie hatten sich nichts Böses dabei gedacht, Victoire die Süßigkeit zu geben, die sie von Onkel George hatten. Aber dass sie zu Weihnachten nicht in den Fuchsbau durften …
„Aber euer Vater und isch 'aben es ausch nischt verdient, 'ier su bleiben und auf eusch aufsupassen. Des'alb werdet ihr stattdessen das ganse Blut von 'and aus dem Teppisch entfernen!"
Die Zwillinge schauten sie mit großen Augen an. Das war ja beinahe noch schlimmer! Und es würde ewig dauern.
„Aber Mum", fing Dominique an.
Fleur verschränkte die Arme vor der Brust und schüttelte streng den Kopf. „Nischts da. Ihr tut, was isch sage! Oder ihr könnt eusch dosch von Weihnaschten verabschieden!" Sie war nicht ganz so furchteinflößend wie Bill mit seinen Narben, aber auch mit ihr war nicht zu Spaßen und die Zwillinge wussten das. George wusste es eigentlich auch, aber vielleicht war es Zeit, ihn mal wieder daran zu erinnern. Der würde sie noch kennen lernen dafür, dass er ihren Kindern solche Flöhe ins Ohr setzte! Für ihn würde dieses Weihnachten kein Fest der Liebe werden!
TBC …
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