Fanfiction

Weihnachtseinkäufe

(Teil 3)

von HauselfeLilian

Drinnen war es laut. Sehr laut. Nicht nur die Menschen, vor allem die jungen Leute, die sich darin tummelten, quatschten und lachten laut und riefen ihren Begleitern immer mal wieder mit den Armen wedelnd Dinge zu, auch das Sortiment gab eine Vielzahl an Geräuschen von sich. Von der einen Regalreihe wehten die Töne von Furzkissen und Rülpsern aus der Dose herüber, im anderen blubberte ein großer Kessel geräuschvoll vor sich hin. Der enthielt offenbar Weasleys patentierten allzweck bombenfesten reinigungsresistenten Schmierkleber, denn ein paar Leute klebten mit Ärmeln, Fingern und merkwürdigerweise auch Nasen und Füßen an dem Topf. Von der Galerie her hörte man es knallen und vielfarbene Blitze erhellten die balkendurchzogene Decke. (Das Feuerwerkssortiment war nach dem Besuch eines Sicherheitsprüfers nach oben verlegt worden. Er war der Meinung, es wäre weniger schlimm im Falle eines Falles das Dach zu sprengen, als das Fundament.) Die Türglocke schellte beinahe im Sekundentakt vom Eintreten neuer Kunden und die Kasse klingelte im Dauerton vom vielen Rechnen und Geld hineinwerfen. In einem quietschrosa Abteil neben der Ladentheke kicherte eine ganze Gruppe junger Hexen, die von einer Blondine im orange-lila Shirt das neueste Wunder-Hexe-Produkt angepriesen bekamen. Und überall sah man weitere junge Damen in den farblich beissenden Shirts die Gänge mit Schachteln auf und ab huschen und Regale auffüllen.

Harry hob Lily von den Schultern und gab sie in die Obhut ihrer Mutter. Sie hatten beide beim Anblick der Wunder-Hexe-Ecke glitzernde Augen bekommen und Ginny drängte sich sogleich mit der sich beinah überschlagenden Lily in die Hexenmeute hinein.

"Kaufst du mir einen Liebestrank, Mummy? Kann ich Daddy einen geben? Hat er mich dann mehr lieb als Albus und James? Ist James nett zu mir, wenn ich ihm davon einen gebe? Oder hiervon? Oder vielleicht den? Der hier ist bestimmt gut, Mummy! Sieh nur, er ist ganz rosa!"

Harry tippte seinen beiden Söhnen auf die Schulter. Sie drehten sich um und er sah sie streng an.

"Ihr dürft euch umsehen, aber macht keinen Unsinn, ja?", forderte er.

"Na, klar, Dad!", lächelte Albus und verschwand winkend in der Abteilung für magische Schreibfedern, Enthüller, unsichtbare Tinte und anderen Sachen.

"Vor allem du, James!", mahnte er seinen Ältesten. James machte einen merkwürdigen Gesichtsausdruck zwischen Augenrollen und Freudestrahlen.

"ONKEL RON!!!", brüllte er gleich darauf los, drängte sich an seinem Vater vorbei und rammte seinen Onkel bei der überschwänglichen Begrüßung beinahe um. Ron wollte gerade auf Harry zugehen, um ihn zu begrüßen, doch James packte ihn sofort am Arm und zerrte ihn die Treppe auf die Galerie hinauf.

"Onkel Ron, du musst mir das neue Feuerwerk zeigen! Meine Inferno-Boxen sind alle leer und die Trollknaller und die Taubheitskracher hab ich auch alle aufgebraucht!", nahm James ihn sofort in Beschlag. "Hast du auch was, das mehr Funken schlägt? Und vielleicht was Neues mit 'nem ordentlichen Wumms?"

"Ähm... später dann, Harry!", rief Ron ihm verlegen zu und folgte James die Treppen hinauf.

Harry schmunzelte und wandte sich ab, um sich die neuesten Erfindungen unter dem Namen 'Weasleys allzeit bereite Helferchen für brenzlige Situationen' anzusehen. Manchmal hatten George und Ron schon fantastische Ideen und einige davon waren im Außeneinsatz selbst für Auroren praktisch.

"Na, sehe ich da etwa eine Großbestellung am Horizont?", sagte eine Stimme ganz nahe an seinem Ohr und eine Hand legte sich auf seine Schulter. Harry drehte sich um und blickte in Georges grinsendes Gesicht.

"Hey, alter Junge!", grüßte er freudig und klopfte ihm kräftig auf den Arm. "Ist ja ganz schön was los hier!"

"Jaah, der Rubel rollt!", sagte George und rieb sich mit diebischem Grinsen die Hände. Doch Harry konnte er nicht täuschen. Er sah müde aus, wahrscheinlich vom ganzen Weihnachtsstress, und obendrein trug er ausnahmsweise eine schrille farbenwechselnde Mütze, die das Loch verdeckte, wo früher mal sein Ohr gewesen war.

"Schau mal her, das hier wird dir bestimmt gefallen!", lenkte George aber auch schon von seinem prüfenden Blick ab und führte ihn ein paar Schritte weiter zu einer Kiste, in der sich dem Anschein nach ein paar Ratten befanden. Angewidert zog Harry den Kopf zurück.

"Keine Sorge, die sind nicht echt!", lachte George.

"Was soll das denn sein?", fragte Harry argwöhnisch.

"Das, mein Lieber, sind Kanalspione!", erklärte George mit dramatischer Geste.

"Bitte, was?", gluckste Harry belustigt.

"Ka-nal-spi-o-ne!", sagte George so langsam und deutlich, als würde er mit einem fast tauben Greis reden. "Die sind total nützlich! Man kann sie überall hinstecken und sie fallen keinem auf, weil sie aussehen, wie Ratten!"

"Also, ich weiß nicht...", überlegte Harry. "Ginny würde eine Ratte im Haus sicher auffallen!"

George winkte verdrossen ab.

"Nun hör doch erst mal zu! Sie funktionieren nämlich so: Du lädst sie mit einem kleinen einfachen Zauber auf - etwa so!", fing er an zu erklären, holte einen Kanalspion aus der Kiste und tippte ihn mit dem Zauberstab an. "Dann setzt du ihn ab und lässt ihn wissen, wo er hin soll. Der Kanalspion geht dann für dich auf Erkundungstour - völlig unbemerkt und für dich vollkommen ungefährlich. Auf seinem Weg meldet er dir dann alles, was ihm verdächtig vorkommt. Du kannst ihn in Häuser, Straßen, Bäume oder sonst wohin schicken, ohne selbst in die Gefahrenzone zu müssen, oder entdeckt zu werden. Und das Beste ist, er hat sogar einen Bluffknaller zur Ablenkung eingebaut. Keine Durchsuchungsbeschlüsse mehr nötig - schick einfach einen Kanalspion durchs Klo rein! Spar dir das Auskundschaften von Verbrecherverstecken - der Kanalspion tut es für dich! Keine Gefahr mehr früher aufzufliegen und bei Überwachungen enttarnt zu werden!"

Er wedelte mit dem rattenähnlichen Ding vor seiner Nase herum.

"Der Kanalspion ist die Zukunft der magischen Strafverfolgung!", sagte George triumphierend und drückte ihm die Erfindung in die Hand. Er zückte einen Notizblock und eine Feder und blickte Harry erwartungsvoll an. "Also, wie viele nimmst du? Fünfzig für den Anfang? Oder soll ich gleich Hundert aufschreiben?"

"Das war Rons Idee, oder?", hakte Harry verschmitzt nach und blickte zur Feuerwerks-Galerie hinauf.

Was er noch sah, war, wie Ron mit entsetztem Gesicht auf James zustürzte und schrie: "Nein, James, fass das nicht an!"

Und James, wie er mit freudigem Grinsen auf den roten Wangen, einen melonengroßen, bunt glitzernden Kracher mit fingerdicker Zündschnur an einen feuerfurzenden Minikröter im Goldkäfig hielt, sich die Finger verbrannte und ihn fallen ließ. Was darauf folgte, war am besten zu beschreiben mit: KNALL! BUMM! PENG! KRACH! WAMM! SCHEPPER! Flupp-pp-pp...

Die Wände erzitterten, die Fensterscheiben klirrten, Staub rieselte von der Decke, Mädchen schrien, und Harry und George hechteten hinter einem Regal in Deckung. Gleichzeitig klatschte ihnen eine widerlich klebrige Masse in Gesicht und an den Körper.

Harry öffnete die Augen und blinzelte gegen den dicken Rauch an, der in seinen Augen brannte. Ein paar Papierfetzen rieselten über seinen Kopf und blieben an der ekelhaften Masse kleben. Plötzlich war es ganz still in Weasleys Zauberhafte Zauberscherze. Der Rauch verzog sich allmählich durch ein zersprungenes Fenster und nun hörte man durch den ganzen Laden ein bellendes Kinderlachen. James' Lachen. Harry stöhnte auf und vor Peinlichkeit schoss ihm die Röte in die Wangen. Er wollte sich an die Stirn fassen, dagegenklopfen oder einfach nur sein Gesicht verdecken, doch es ging nicht. Er konnte sich nicht bewegen. Er klebte fest. Bombenfest.

Ganz allmählich stimmten immer mehr Kunden in James irres Gegacker mit ein, bis sich der Rauch endgültig verzogen hatte, und man den Achtjährigen auf dem Geländer sitzend ausmachen konnte, wo er sich einfach nicht mehr einkriegen konnte.

"Juu-hu!", gab James begeistert von sich, strahlend das Schlamassel unter sich betrachtend.

"Yeah!", gab ein Junge ganz in der Nähe laut. "Coole Sache! Hey, Mr Weasley, wieviel kostet so ein Ding?"


"Jaah, ich möchte auch eins davon!", rief eine junge Frau an der Theke.

"Ich nehm eine ganze Kiste!", rief ein Anderer von den Wunder-Hexe-Ecke aus.

"Kann ich auch so eins bekommen, Mr Weasley?", tönte noch jemand unter der Treppe heraus.

"Jaaah! Weasleys wüst wütende Wunderkracher! Ganz neu zu Neujahr in unserem Sortiment! Wenn Sie einen kaufen, bekommen sie ein demoliertes Inferno-Set für die Hälfte des Preises!", rief George sofort verkaufstüchtig durch den Laden.

"Ähem...", bemerkte er dann etwas verlegen. "Kommt zufällig irgendjemand an den Spezialreiniger für den Schmierkleber ran?"