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Fanfiction

Der HP-Xperts-User-Adventskalender 2012 - 14. Dezember

von Der Weihnachts-Lord

Weihnachtsgeschichte

(Teil 1)

von Sayuchan



Prolog

Blaise atmete die bitterkalte Luft tief ein und schloss die Augen. Noch hatte Madam Hooch das Spiel nicht angepfiffen und er genoss die wenigen Momente, die er hier oben allein auf seinem Besen hatte. Weder musste er in über dem Quidditchfeld anderen Schülern dabei zuhören, wie sie Weihnachtslieder sangen, noch umhüllte ihn der Duft von Tannenbäumen, Plätzchen oder den Räucherkerzen, die Weasleys Zauberhafte Zauberscherze in diesem Jahr aus der Muggelwelt importiert hatte. Über dem Quidditchfeld und auf seinem Besen konnte er einen Moment so tun, als wäre das letzte Jahr nie passiert. Oder noch besser, die letzten zwei. Blaise hatte weder Freude an Voldemorts Siegen noch an seiner Niederlage gehabt. Und jetzt hatte er ebenso wenig Freude an diesem Weihnachtsfest.

Als Draco ihn gefragt hatte, ob er als Treiber für einen Fünftklässler einspringen könnte, der den Nachmittag, dank mehrerer vergessener Hausaufgaben in Professor McGonagalls Unterricht, in der Bibliothek verbringen musste, hatte er ‚nein‘ sagen wollen. Sicher, er war ganz gut im Quidditch, hatte sich aber nie für den Wettkampf an der Schule interessiert. Doch Draco hatte ihn darauf hingewiesen, dass sich auf der Treiberposition ungeahnte Möglichkeiten des Aggressionsabbaus ergaben. „Du kannst ein paar unausstehlichen Gryffindors das Weihnachtsfest verderben, indem du sie auf den Krankenflügel schickst. Selbst Pomfrey kann nicht jede Art von Verletzung im Handumdrehen heilen.“

In diesem Moment pfiff Madam Hooch das Spiel an und Blaise korrigierte die Position seines Besens, um einem der Klatscher nachzujagen, der sich gefährlich nahe an Draco, dem Sucher des Teams, befand. Sein Freund bekam von der schwarzen Kugel wenig mit, da er sich voll und ganz auf eine gepflegte Unterhaltung mit dem Sucher der Gryffindors konzentrierte. „ … hast die Mitgliedschaft im Quidditchteam wohl beim Losen gewonnen! Oder hat die kleine Weasley andere Kriterien für die Mannschaftsauswahl?“ Blaise schlug den Klatscher, der Draco am Ende knapp verfehlt hätte, weg, und warf dabei einen kurzen Blick auf das anzügliche Grinsen des Slytherins. Ob er seinen Freund gleich vor einem wütenden Gryffindor, statt vor einem Klatscher bewahren musste?

„Du sollst den verdammten Schnatz suchen, nicht den gegnerischen Sucher bewachen!“, brüllte Ginny Weasley in diesem Moment, während sie mit dem Quaffel unter dem rechten Arm an ihnen vorbeizog. Blaise war von dieser Leistung durchaus beeindruckt, denn zwei Slytherinjäger keilten sie ein und hätten zumindest Blaise dazu gebracht, ihnen seine ganze Aufmerksamkeit zu widmen. Immerhin konnte er sich nun wieder um die Klatscher kümmern, denn der Gryffindorsucher zog mit einem mürrischen Gesichtsausdruck ab. „Sehr charmant, die kleine Weasley. Vielleicht haben wir Glück und sie wird heute von einem Klatscher gebremst, bevor sie unsere Jäger dumm dastehen lässt“, sagte Draco mit einem vielsagenden Blick, bevor auch er sich mit seiner eigentlichen Aufgabe beschäftigte.

Die nächsten 30 Minuten verliefen für Blaise recht erfolgreich. Er holte zwei Gryffindors von ihren Besen. Zuerst hatte er sich Gryffindors Sucher geschnappt, kurz bevor dieser den Schnatz fangen konnte, dann hatte ihm einer der Treiber den Gefallen getan, sich nur auf einen der beiden Klatscher zu konzentrieren. Ihn vom Besen zu holen, bereitete Blaise besonderes Vergnügen, da der Kerl die letzte Woche damit verbracht hatte, Weihnachtslieder vor sich hinzusummen und mit Hilfe seines Zauberstabs so ziemlich alles weihnachtlich zu dekorieren, was ihm in die Quere kam. Das konnten mitunter auch Personen sein, die ihm in die Quere kamen. Und dafür, dass er nicht im gleichen Jahrgang war wie Blaise, waren sie sich verdammt häufig begegnet! Die schlechte Nachricht war – Gryffindor gewann trotzdem. Ausgerechnet Harry Potter, der wegen einer Verletzung nicht hatte spielen wollen, saß nun auf seinem Besen und suchte den Schnatz, wenn er und Draco sich nicht gerade Beleidigungen über den Platz zubrüllten. Währenddessen haute die kleine Weasley ein Tor nach dem anderen durch die Ringe der Slytherins und inzwischen konnte Draco getrost den Schnatz fangen, Slytherin würde trotzdem verlieren. „Schieß sie endlich vom Besen!“, brüllte Draco Blaise bei nächstbester Gelegenheit zu.

„Wenn unsere Jäger ab und an den Quaffel vernünftig schießen könnten, würde das vielleicht sogar Sinn machen“, murrte Blaise, packte aber seinen Schläger fester und behielt Ginny von nun an im Auge. Doch Ginny war schnell und zwei Klatscher, die er in ihre Richtung schickte, erreichten ihr Ziel nicht. Frustriert schlug Blaise den nächsten Klatscher blindlings auf die Seite der Gryffindors und war überrascht, als er wenige Sekunden später das laute Buhen der Menge vernahm. „Ron Weasley wurde von einem Klatscher getroffen, den Zabini nach ihm geschlagen hat, das ist ein Foul!“

Tatsächlich war der Ball gerade nicht in der Nähe der Torringe, die Ron bewacht hatte, und Blaise schaute entsetzt auf den Hüter, der gerade würgend und hustend in Richtung Boden kreiselte.

„DU!“ Hastig drehte Blaise sich wieder um und sah in der Ferne kurz Dracos grinsendes Gesicht, bevor sich der rote Schopf von Ginny Weasley in sein Gesichtsfeld schob. Ihr Besen schwebte etwa zwei Meter von seinem entfernt. Und aus einem Grund, den er gar nicht näher erkunden wollte, hielt sie den Schläger eines Treibers in der Hand. „Verzeihung, ich glaube Madam Hooch winkt nach mir.“ Das war eine Untertreibung, die Schiedsrichterin stand neben dem auf dem Boden liegenden Ron Weasley und drohte ihm mit der einen Faust, während die andere Hand herumfuchtelte und immer wieder auf den Boden zeigte. Aber Blaise war alles lieber als eine wütende Ginny Weasley und er wandte seinen Besen hastig um. „Bleib gefälligst hier, ich rede mit dir!“

Ein Klatscher, der nach der gepfiffenen Pause noch nicht eingefangen war, jagte an Blaise vorbei und er drehte sich hastig um, um Ginny vor dem Ball zu warnen. Doch passenderweise hatte Ginny sich ja von ihrem Treiber den Schläger geschnappt und schwang diesen nun beherzt gegen den Klatscher … und lenkte den Ball damit in seine Richtung! Blaise versuchte unwillkürlich sich zu ducken, brachte seinen Kopf aber damit erst recht auf Höhe des Klatschers. Für einen Moment hatte er nur die schwarze Kugel im Blick, bevor auf seiner Netzhaut tausende von Sternen zu explodieren schienen.

„Ich hab getroffen!“, hörte er Ginny noch entsetzt rufen. ‚Ja, und zwar äußerst beherzt!‘, dachte Blaise noch, dann spürte er, wie sein Gleichgewicht ihn im Stich ließ, und war fast dankbar, dass er wieder schwarz sah.



Der erste Geist

Das erste, was Blaise wahrnahm, waren höllische Kopfschmerzen. Er stöhnte leise und fasste sich an den Kopf. Madam Pomfrey hatte ihm offenbar eine Binde um den Kopf gelegt.

„Damit siehst du richtig verwegen aus!“, sagte eine fröhliche Stimme. Blaise erstarrte. Die kleine Weasley musste ihn härter getroffen haben, als er gedacht hatte. „Mach endlich die Augen auf, Blaise. Wir haben nicht ewig Zeit!“ Blaise spürte einen Kloß im Hals und er presste die Augenlider nur noch fester zusammen. Das konnte nicht sein. Sie konnte nicht hier sein.

„Blaise!“

Der Slytherin gab nach und öffnete vorsichtig die Augen. Die hohe, immer energischer werdende Stimme tat seinem Kopf nicht gut. Er lag – wie er erwartet hatte – im Krankenflügel von Hogwarts. Was er nicht erwartet hatte, war das Mädchen auf seinem Bett. Sie hatte es sich im Schneidersitz am Fußende des Bettes gemütlich gemacht und trug einen dunklen Rock und eine helle Bluse. Blaise hatte sie oft so gesehen, so hatte sie sich zu besonderen Anlässen und Festen gekleidet. Unter anderem zu Weihnachten. Ihre blonden Haare wurden von glitzernden Spangen zurückgehalten, die Blaise ihr vor Jahren geschenkt hatte. Wenn er sich nicht irrte, zu Weihnachten.

Das Mädchen lächelte ihn an, als wäre es das Natürlichste der Welt, das sie hier gemeinsam saßen. „Hallo Blaise.“

„Hallo Jade“, antwortete Blaise mit belegter Stimme.

Das Lächeln des Mädchens wurde traurig. „Wir haben uns lang nicht mehr gesehen.“

Blaise senkte den Blick und nickte. Jade war seine Stiefschwester, die Tochter einer der vielen Männer, die seine Mutter im Laufe der Zeit als ihren Mann bezeichnet hatte. Zwei Jahre hatten sie beide im selben Haushalt gelebt und sich in dieser Zeit sehr gut verstanden. Als Blaise neun und Jade acht war, verstarb ihr Vater überraschend. Blaise‘ Mutter, die für Jade nicht viel übrig gehabt hatte, sorgte dafür, dass sie in einem Heim unterkam. „Ihr Vater hat keine Verwandten und ihre Muggelmutter ist schon seit Jahren tot. Keiner kann mich dazu zwingen, das Halblbut großzuziehen!“ Ihre Stimme hallte in Blaise‘ Kopf wieder und er schluckte, als er an seine Reaktion dachte. Als kleines Kind war er empört gewesen und hatte seiner kleinen Schwester versprochen, dass sie in Kontakt bleiben würden. Jade hatte Angst gehabt, in der Muggelwelt bleiben zu müssen, denn ein Muggelwaisenhaus würde sie nicht unbedingt nach Beauxbatons lassen. Er hatte ihr versprochen, sich zu gegebener Zeit darum zu kümmern. Das war naiv gewesen, er war nur ein Jahr älter als sie und selbst als 13 Jähriger hätte er nicht viel ausrichten können. ‚Aber ich hätte es versuchen müssen!‘, dachte er grimmig, während er sich zwang, den Blick wieder zu heben.

„Es tut mir leid“, presste er hervor. Diesen Satz hatte seit Jahren keiner mehr aus ihm herausbekommen. Jade nickte. „Ist schon gut. Deswegen bin ich nicht hier. Um diesen Teil der Vergangenheit geht es mir nicht.“

Blaise hatte sich wieder gefangen und hob fragend eine Augenbraue. „Was mich zu der interessanten Frage bringt, warum du hier bist. Hast du nicht Schule oder …“ Blaise runzelte die Stirn, während er Jades Gesicht genau betrachtete. „Du siehst nicht älter als zwölf aus.“ Jade musste inzwischen 17 sein.

„Gut geraten“, lobte Jade und sprang von seinem Bett. „So alt war ich, als ich an einer Lungenentzündung gestorben bin.“

Blaise ballte die Hände zu Fäusten. Ihm war plötzlich furchtbar kalt. „Du bist eine Hexe. Wir sterben nicht an … an einer Lungenentzündung.“

„Das liegt daran“, erklärte Jade weiterhin lächelnd, „dass wir eine solche Krankheit mit einem simplen Trank in jedem Stadium problemlos behandeln können. Aber wie du weißt, kam ich nach dem Tod meines Vaters in die Muggelwelt und aus der kam ich leider nicht mehr raus.“

„Weil ich mein Versprechen nicht gehalten habe“, ergänzte Blaise tonlos.

Jade schüttelte den Kopf. „Du warst ein Kind. Du hättest auch nichts tun können. Aber ich hab dich vermisst.“

Blaise brachte ein gequältes Lächeln zustande, doch dann dachte er wieder an seine aktuelle Situation. Wieso redete er eigentlich mit Jades Geist, der im Übrigen nichts Geisterhaftes an sich hatte?

Noch einmal befühlte er misstrauisch seine Stirn.

„Keine Sorge, du wirst nicht verrückt, aber wir müssen jetzt wirklich los.“

Blaise nahm zögernd Jades Hand, die sich unerwartet warm anfühlte, und zog ihn mit überraschender Kraft vom Bett. „Ich glaube, ich sollte besser hierbleiben und meine Verletzung auskurieren“, wandte Blaise ein, der der ganzen Sache immer noch nicht traute.

„Unsinn, du stirbst schon nicht daran. Glaub mir, ich kenne mich mit Sterben aus“, erwiderte Jade grinsend. „Außerdem ist das hier sehr wichtig.“

„Für wen?“

„Für dich natürlich! Für deine Zukunft!“

In den letzten Minuten hatte Blaise das Hämmern in seinem Kopf gut ignorieren können. Doch als er jetzt auf wackligen Beinen vor seinem Krankenbett stand und von Jade durch den Krankenflügel gezogen wurde, während er versuchte einen Sinn in ihren Aussagen zu finden, setzten seine Kopfschmerzen unvermittelt wieder ein. Blaise biss die Zähne zusammen, um nicht erneut aufzustöhnen. Er musste sich dringend ablenken, was gar nicht so schwer war, bedachte man seine momentane Situation. „Warum ist es für meine Zukunft wichtig, dass ich dir in einem besseren Bettlaken bekleidet …“ Blaise hatte soeben entsetzt bemerkt, dass er das typische Nachthemd trug, das Pomfrey jedem wehrlosen Opfer auf ihrer Station überstülpte. „ … durch das Schloss nachrenne?“

„Wir bleiben nicht im Schloss und es ist sogar sehr wichtig“, erklärte Jade mit der geduldigen Stimme einer Grundschullehrerin. „Du warst ein toller großer Bruder, Blaise. Aber in den letzten Jahren … Du entwickelst dich in die falsche Richtung und ich will nicht, dass du so wie sie endest.“

„Wie wer?“, hakte Blaise nach.

Jade wandte sich zu ihm um und verdrehte die Augen. „Wie deine Mutter.“

Bevor Blaise genauer nachfragen konnte, tat Jade die letzten energischen Schritte auf die Fensterfront des Krankenflügels zu. Blaise stellte mit mildem Interesse fest, dass die Fenster kein Hindernis für sie waren, obwohl sie nicht den halb durchsichtigen Körper eines Geistes besaß und seine Hand hielt. Gerade wollte er Jade daran erinnern, dass er nicht durch Glas gehen konnte, als seine Hand und sein Arm widerstandslos von Jade durch das Glas gezogen wurden.

„Merlin!“ Kaum hatte Blaise erfasst, was mit ihm geschah, hatten sie die Krankenstation schon verlassen. Doch statt, wie befürchtet, einen unangenehmen Sturz auf die Ländereien von Hogwarts hinzulegen, wurde Blaise plötzlich durch einen Sog aus Farben gepresst. Er fühlte nichts, außer Jades Hand in seiner, doch sehen konnte er sie nicht mehr. Gerade, als ihm übel zu werden drohte, hatten sie wieder festen Boden unter den Füßen. Blaise strauchelte leicht, doch Jade hielt ihn fest.

„Fast wie apparieren, oder?“, fragte sie munter. Blaise zog es vor, nicht zu antworten.

Die beiden standen in einem weitläufigen Raum mit hoher Decke. Das Zimmer schien fast eine ganze Hausseite einzunehmen und war mit vielen hohen Fenstern ausgestattet, von denen nicht wenige einen direkten Zugang zum Garten des Anwesens boten. Draußen ging gerade die Sonne unter und ließ die Einrichtung es Raumes nur schemenhaft erkennen. Aber Blaise brauchte kein Licht, um zu wissen, was in diesem Raum stand. Bücherregale voller kaum beachteter Bücher, sorgfältig angeordnete Sitzgruppen, die nie benutzt wurden, ein imposanter Kamin, der fast immer leer war. Doch Blaise stellte fest, dass an diesem Abend alles für das Anzünden des Kamins vorbereitet war. Er presste die Lippen zusammen und drückte Jades Hand fester. „Weißt du, wann wir sind?“, fragte sie leise. Blaise nickte. Dieser Salon war von seiner Mutter so gut wie nie benutzt worden. Es war das Lieblingszimmer ihres ersten Mannes, seines Vaters, gewesen, doch nach seinem Tod hatte sie es umgestaltet und seine persönlichen Sachen in den Keller verbannt, nur um den Raum dann so gut es ging zu ignorieren. Als Jade und ihr Vater Henry bei ihnen gelebt hatten, hatte Henry es ein einziges Mal gewagt, diesen Raum zu benutzen. Es war das einzige Mal, dass Blaise so etwas wie ein Weihnachtsfest erlebt hatte.

Die Tür zum Salon öffnete sich geräuschlos und eine Gestalt trat verstohlen ein. Die Tür hinter dem blonden Mann schloss sich ebenso lautlos und er trat an den Kamin, während er seinen Zauberstab zog. Wenige Sekunden später knisterten die ersten Flammen. Blaise und Jade waren neben den Kamin getreten, immer noch Hand in Hand. „Ich spüre die Wärme gar nicht“, stellte Blaise fest.

„Natürlich nicht, es ist nur eine Erinnerung“, sagte Jade.

Blaise schaute seine kleine Schwester besorgt an. „Und die willst du wirklich sehen? Es muss doch schwer sein deinen Vater …“

Jade lachte laut auf und obwohl er es besser wusste, drehte Blaise sich hastig nach Henry um, um sicherzugehen, dass er Jade nicht hörte. „Blaise, du Dummkopf! Ich bin doch auch tot, ich sehe Daddy jeden Tag, wann immer ich will.“

„Oh …“ Blaise dachte an seinen eigenen Vater und fragte sich, ob er ihn überhaupt erkennen würde, wenn er nach dem Tod vor ihm stünde.

„Hör mal, Jade. Das ist ja ganz nett hier, aber ich kann mich an diesen Weihnachtsabend erinnern. Es ist nicht nötig, ihn mir nochmal anzusehen. Also warum bringst du mich nicht zurück auf die Krankenstation?“

„Du musst dich nicht ausruhen“, erwiderte Jade ernst. „Du musst verstehen!“

„Aber ich weiß, was hier gleich passiert.“ Blaise hörte selbst, wie ungeduldig er nun klang, und bemühte sich um einen sanfteren Tonfall. „Was soll ich denn hier verstehen, was ich bisher nicht verstanden habe? Hier ist nun wirklich nichts passiert, was einer tieferen Interpretation bedarf.“

Jade schaute ihn aus großen Augen an und Blaise seufzte ergeben. So hatte sie ihn immer angesehen, wenn er etwas für sie tun sollte. Und er hatte immer nachgegeben.

„Bitte, schau es dir an. Als Zuschauer.“

„Na schön“, knurrte er. „Wenn ich mich richtig erinnere, dauert es ja nicht ewig.“

Während ihrer Diskussion hatte Henry aus einer verstaubten Vitrine Geschenke geholt und diese vor den Kamin gelegt. Jetzt dekorierte er den Platz mit Tannenzweigen. Blaise erinnerte sich an ihren Duft, auch wenn er ihn jetzt nicht riechen konnte. Henry erstarrte mitten in der Bewegung, als von draußen leises Scharren zu hören war. Als kurz darauf verstohlenes Gekicher durch die Tür drang, entspannte er sich wieder. Die Tür öffnete sich erneut und zwei Kinder huschten in den Raum, ehe sie die Tür sorgfältig wieder verschlossen.

Blaise schaute seine jüngere Version befremdet an. Der Junge hatte die gleiche gebräunte Haut, vielleicht sogar eine Spur dunkler als sein 18jähriges Ich, weil er nicht das ganze Jahr in England verbrachte, und die gleichen dunklen Locken. Doch sein ganzes Verhalten schien Blaise vollkommen fremd. Von dem selbstsicheren, distanzierten Auftreten, das Blaise sich in Slytherin angewöhnt hatte, war nichts zu sehen. Die grün-grauen Augen schauten sich unverhohlen neugierig im Raum um. Die kleine Jade zog sein schüchternes jüngeres Ich zu dem Geschenkehaufen. „Das ist so Tradition, wir machen es jedes Jahr! Eigentlich fehlt noch ein Weihnachtsbaum, an den hängen wir dann Kugeln und anderen Schmuck.“ Jade plapperte weiter, während Henry seinem Stiefsohn aufmunternd zulächelte.

Blaise erinnerte sich, wie nervös er gewesen war. Seine Mutter hielt nicht viel von Weihnachten, da es ein Muggelfest war. Solange seine Mutter in der Nähe gewesen war, hatte er so getan, als wäre er ganz ihrer Meinung, doch eigentlich war er neugierig gewesen und als Jade ihm angeboten hatte, dass er mit ihr und ihrem Vater feiern könnte, hatte er sofort zugesagt. Blaise erinnerte sich, wie sehr er sich auf den Abend gefreut hatte. Sogar ein bisschen gerührt war er gewesen, dass er von den beiden einbezogen worden war, und es hatte Spaß gemacht, etwas hinter dem Rücken seiner herrischen Mutter zu planen. Doch die Planung war etwas ganz anderes als die Durchführung gewesen und als er am Ende in diesem Raum gestanden hatte, wissend, dass seine Mutter nur wenige Meter entfernt ihrer üblichen Routine nachging und sich zum Lesen in die Bibliothek zurückgezogen hatte, war ihm vor Nervosität übel gewesen.

Blaise schaute zu Jade, die etwas wehmütig ihr jüngeres Ich anschaute. Als sie seinen Blick bemerkte, lächelte Jade zu ihm hoch. „Ich habe damals nicht geahnt, was uns noch bevorsteht.“

„Was dir bevorsteht, meinst du wohl.“ Blaise‘ Leben war nach Henrys Tod ohne große Veränderungen weitergegangen. Es war Jades Kindheit, die ein abruptes Ende genommen hatte. Schweigend beobachteten die beiden, wie Henry den Kindern die Dekoration zeigte und Blaise die Weihnachtstradition erklärte. Henry und Jade sangen gemeinsam ein Weihnachtslied und Blaise sah, dass sein jüngeres Ich unbewusst den Takt mit dem Fuß mitschlug. Schließlich zündeten sie Kerzen an und Henry erklärte, dass es Zeit für die Geschenke war.

„Ich zuerst!“, rief Jade und stürmte auf ein kleines Päckchen zu. Es war mit goldenem Papier umwickelt und Blaise sah rote Sterne darauf glitzern. Sein jüngeres Ich schaute neugierig auf das Paket, doch er selbst presste nur die Lippen zusammen. An diese Szene wollte er ungern erinnert werden.

„Das ist für dich. Ich habe es selbst gemacht.“ Das kleine Mädchen reichte ihrem Stiefbruder das Paket. Blaise drückte Jades Hand unwillkürlich etwas fester.

„Mein Geschenk damals war wirklich hübsch, oder? Ich hatte mir sehr viel Mühe gegeben“, sagte Jade. Blaise nickte und antwortete leise: „Ja, das war es.“

Sie sahen zu, wie sein Jüngeres ich das Geschenk vor dem knisternden Kamin aufriss und freudestrahlend einen etwa faustgroßen, tiefroten Kristall in die Höhe hielt. Ursprünglich war er sicher nicht mehr als ein Glasblock gewesen, doch Henry hatte seiner Tochter schon sehr früh Zauberunterricht gegeben und sein Handwerk war die Herstellung von Schmuck.

„Gefällt er dir?“, fragte die kleine Jade aufgeregt. „Papa musste mir kaum dabei helfen! Ich hab ihn in deiner Lieblingsfarbe gestaltet und es sind alle möglichen Zauber eingewebt. Wenn dir kalt ist, dann wird der Kristall warm und riech mal daran! Er riecht immer nach etwas, was angenehm für dich ist. Als ich ihn eingepackt habe, hat er nach Plätzchen und Vanille geduftet, weil ich mich so auf das Weihnachtsfest gefreut habe, und …“

Jades aufgeregtes Geplapper wurde von dem harten Klacken unterbrochen, dass Odette Zabinis Schuhe auf dem Parkett zu erzeugen pflegten.

„Oh nein“, hörte Blaise sein jüngeres Ich hauchen. Er sah, wie der kleine Junge das Herz an seine Brust drückte, während Jade hinter die Gestalt ihres Vaters huschte, die sich unwillkürlich straffte.

„Müssen wir uns das wirklich noch einmal ansehen?“, fragte Blaise und war selbst überrascht, wie gereizt er plötzlich klang.

„Ich habe dir doch erklärt …“

„ … dass ich etwas lernen soll, aber was, Jade? Sie kommt hier gleich rein und versaut uns das Weihnachtsfest. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen und ich sehe erst recht nicht, wo es etwas zu lernen gibt!“

Blaise starrte sein erstarrtes jüngeres Ich an. Man sah es ihm nicht an, aber der Slytherin wusste, dass der kleine Junge panische Angst hatte. Und das wegen so einer Lappalie!

„Oh doch, es gibt etwas zu lernen!“, sagte Jade nun mit Nachdruck. Ihre freie Hand ballte sich zur Faust und sie trat nun vor Blaise. „Sie hat dir nicht das Weihnachtsfest verdorben.“

Die Tür zum Salon ging schwungvoll auf und die schlanke, großgewachsene Gestalt von Odette Zabini stand mit einem missbilligenden Gesichtsausdruck im Raum. Ihr Blick streifte die Dekoration, ihren Mann und ihre Stieftochter abschätzig, doch als sie auf ihren Sohn aufmerksam wurde, verdunkelten sich ihre grünen Augen vor Wut.

„Ach nein“, sagte Blaise knapp und deutete auf das zitternde Bündel, das nun sein jüngeres Ich darstellte. „Wenn nicht sie, wer denn dann? Glaubst du, die Dekoration hat uns etwas getan?“

„Das warst du, das war deine Entscheidung!“, antwortete Jade heftig. „Du hattest selbst in der Hand, was du aus dieser Situation machst. Du warst und bist ihr einziges Kind, sie hat dir immer alles durchgehen lassen. Aber du hattest immer Angst das zu verspielen und hast gekuscht. Du hast dir alles vorschreiben lassen, auch deine eigene Meinung.“

Jade trat wieder zur Seite und wischte mit der freien Hand hastig über ihre Augen. „Es war deine Entscheidung, wie dieses Weihnachten für dich ausgeht. Das ist sie immer noch …“

„Was hast du da, Blaise?“, fragte Odette ihren Sohn mit scharfer Stimme.

„N… nichts“, wimmerte Blaise und versuchte das Herz hinter seinem Rücken zu verstecken.

„Das war nicht seine Idee“, meldete die kleine Jade sich schüchtern zu Wort. „Ich habe …“

„Ruhe“, unterbrach Odette ohne den Blick von ihrem Sohn zu nehmen. „Blaise, ich dachte, wir wären uns einig, was diesen weihnachtlichen Humbug betrifft. Ich dachte, du wärst vernünftig genug, dich nicht einwickeln zu lassen.“ Odette klang nun eher enttäuscht als wütend, doch nur der ältere Blaise bemerkte die Berechnung, die Schauspielerei hinter ihrem Auftritt.

Sein jüngeres Ich ließ die Schultern hängen und schaute betreten zu Boden. „Ja, Mutter. Es tut mir leid.“ Er hatte es gehasst, seine Mutter zu enttäuschen.

Für einen Moment herrschte angespannte Stille im Raum, während Odette ihren Sohn abwartend beobachtete. Henry runzelte schließlich die Stirn, doch als er das Wort ergreifen wollte, drehte Blaise sich plötzlich zu ihm und Jade, das Herz nun in der erhobenen Hand. Blaise fragte sich, ob irgendjemandem das Zittern in seiner Hand oder die Tränen in seinen Augen aufgefallen waren. Er wusste noch, dass er fast froh gewesen war, Jades Gesicht nicht klar und deutlich sehen zu können. Jetzt konnte er es. „Ich will eure Geschenke nicht!“ Der junge Blaise schmiss das Herz mit aller Kraft zu Boden und es zersplitterte in tausende kleine Stücke auf dem Marmorboden.

„Das war deine Entscheidung.“

Jades Stimme klang seltsam schwach, als würde er sie nur durch eine Tür hören. Gerade als die erste Träne über das Gesicht von Jades jüngerem Ich lief, verschwamm auch Blaise‘ Sicht und er spürte erneut den Sog, der ihn an diesen Ort gebracht hatte.




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Ich will mehr wie jeder andere, dass Joanne K. Rowling mit meiner Luna zufrieden ist, denn es ist ihr Charakter. Ich hatte schon einen Albtraum davon, auf der After-Show-Party zu sein, Jo zu treffen und sie schüttelt nur ihren Kopf und schaut traurig. Das ist mein Irrwicht. Aber bis jetzt hat sie sich mir gegenüber positiv verhalten, also bin ich optimistisch.
Evanna Lynch