von kelly_81
Prolog
Die Dunkelheit der Nacht war gnädig gewesen. Kein Schmerz, keine Gedanke, keine Reue. Es kam ihm wie Hohn vor, als er spürte, wie er aus der Dunkelheit wieder auftauchte. Er wollte dort bleiben. Severus Snape wollte in der Dunkelheit verharren, in dieser wundervollen, schmerzfreien Dunkelheit.
Die Schmerzen, die der Biss der Schlange, durch seine Venen gejagt hatte, das brennende Feuer, hatte nur Sekunden gewütet. Er hatte Lillys Augen gesehen, in dem Moment, in dem der Schmerz seinen Körper verlassen und ihn in die Dunkelheit gezogen hatte. Und da war er, vor sich hin getrieben. Zeit und Schmerz verloren sich, er verlor sich in dem Gefühl der Dunkelheit.
Seine Konturen die er vor ewigen Zeiten verloren hatte, kehrten zurück. War es schon so lange her?! Es fühlte sich an, wie vor ewigen Zeiten. Es konnten aber auch nur Tage, Stunde, ja Minuten gewesen sein. Nur eines nahm der analytische Teil seines Hirns wahr: Er war ganz offenbar nicht tot.
Rasselnd strömte der Atem in seine Lungen. Er konnte es spüren, hören. Das rythmische Heben und Senken des Brustkorbs. Er spürte, wie kühle Luft durch seinen Mund strömte. Die Luft schmeckte seltsam, süß und kühl.
Sein Körper war warm. Er musste stundenlang auf feuchtem Boden gelegen haben. Seine Beine müssten sich kalt anfühlen. Aber sie waren warm. Seine Zehen waren warm. Seine Zehen waren ebenfalls warm. Seine Zehen waren nie warm. Er grübelte einen Moment. Die Wärme erinnerte ihn an etwas. Er brauchte etwas Zeit, um sich zu erinnern.
Dann rieselten die Erinnerungen an frühere Situationen auf ihn ein. Manchmal, wenn die Treffen der Death Eater besonders zerstörerisch waren, oder er entkräftet die halbe Nacht irgendwo auf dem Gelände von Hogwarts gelegen hatte, hatte Pomfrey ihn mit einem ihrer Wärmezauber umgeben. Das waren gute Momente. Pomfreys Wärmezauber hatte die Kälte und die Tränke die Schmerzen fern gehalten.
Er hatte durchgehalten. Er hatte Potter bis zum Ende geleitet. Er hatte alles getan, was er tun konnte. Er war an den Rand seiner Kraft gegangen. Er hatte Lilys Kind geschützt, bis er nicht mehr konnte. Es hatte genügt. Er spürte es, er wusste es mit jeder Faser seines Wesens, dass es vorbei war. Der Kampf war zu ende und Dumbledores Armee (wieder so ein Geistreiches Wortspiel von Potter?!) hatte gesiegt. Rasselnd entwich sein Atem wieder und automatisch sog sein Körper einen neuen Schwall der kühlen, sauberen Luft ein.
Seine Kehle kratzte, brannte rau. Sein Hals schmerzte. Er seufzte. Natürlich schmerzte sein Hals. Nagini hatte ihre spitzen, mit Gift getränkten Zähne in seine Haut zu schlagen, hatte die Haut zerrissen, die darunterliegenden Muskeln zerfetzt. Er hatte sich konzentriert, dass war der entscheidende Moment. Er musste Potters Instinkt vertrauen, zur falschen Zeit am richtigen Ort zu sein. Und Potter hatte ihn nicht enttäuscht.
Snape seufzte und stellte fest, dass sein Kehlkopf noch da war. Seine Stimme war da. Er wusste nicht, was noch. Langsam streckte sich ein Geist und versuchte, die Grenzen seines Körpers zu erspüren.
Sein Kopf schmerzte. Er war offenbar heil. Aber, und Snape nahm dies erst jetzt wahr, er hatte die Augen wohl geschlossen. Er konnte seine Umgebung nicht sehen. Auch seine Ohren waren noch betäubt. Aber da er lebte, hatte er die Krise überstanden. Es würde ihm nichts fehlen, wenn der letzte Rest des Giftes ausgeschieden hatte. Wieder seufzte er.
Er konnte seine Arme finden, schlaff neben seinen Körper liegend. Er konnte keinen Schmerz darin spüren. Offenbar waren sie heil, auch wenn er sie noch nicht bewegen konnte.
Sein Körper war schlaff, immer noch durch das Gift wie gelähmt. Aber er lebte. Snape war sich nicht sicher, ob er sich dankbar oder betrogen fühlte. Er wollte auch jetzt nicht darüber nachdenken. Er wollte nur hier liegen und sich entspannen. Der Schmerz war kaum mehr, als ein leises Pochen.
Ohne es zu spüren, glitt er wieder in die allumfassende Schwärze... Doch diesmal war es eine Schwärze, die sich wieder zurückziehen würde. Severus Snape sank in einen tiefen, Koma artigen Schlaf.
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