von holiholly
„Weasley! Sie befinden sich hier in der Zaubertrankstunde, also verhalten Sie sich bitte dementsprechend!“, schnarrte Snape.
Doch Ron hörte die Stimme seines leicht aus der Ruhe zu bringenden Lehrers nicht. Schon seit ein paar Minuten schwärmte er vor Harry von einer Blondine aus Ravenclaw, anstatt sich mit seinem Zaubertrank zu beschäftigen.
Durch Snapes Kritik stand Ron nun ungewollt im Zentrum der Aufmerksamkeit der ganzen Klasse. Einzelne Slytherins kicherten, während Professor Snape in aller Seelenruhe die Ärmel seines langen, staubigen Umhangs hochkrempelte und den Zauberstab auf sie richtete.
Ganz plötzlich zuckten Ron und Harry heftig zusammen und schrien laut auf. Snape hatte Ron einen magischen elektrischen Schlag verpasst, und dieser war auf Harry übergesprungen, da er in dessen unmittelbarer Nähe gestanden hatte. Während sich die zwei Freunde mit schmerzverzerrten Gesichtern die kribbelnden Arme rieben, grinste der Zaubertrankmeister voller Genugtuung und die Slytherins brachen in johlendes Gelächter aus.
„Weasley!“ zischte Snape, und die Klasse schwieg sofort. „Das ist nun schon das dritte Mal heute, dass ich Sie zurechtweisen muss! Daraus schliesse ich unweigerlich, dass Sie sich bereits notiert haben, was Sie beim Brauen des Wolfsbann-Trankes speziell beachten müssen. Ich höre?“
Der ahnungslose Ron stupste Hermine an.
„Die geschnittene Ameroria-Wurzel ist erst dem Trank beizugeben, nachdem dieser blassrosa geworden ist, hat Snape gesagt!“ flüsterte Hermine.
Ron räusperte sich und wiederholte das, was Hermine gesagt hatte.
Doch Snape unterbrach ihn, noch bevor er den Satz beendet hatte. „Vielen Dank, Miss Granger, aber ich wollte die Antwort eigentlich von Mr. Weasley selbst hören. Zwanzig Punkte Abzug für Gryffindor!“
Ron ballte seine Faust unter dem Tisch, während Hermine wortlos den Mund öffnete, um dann rot anzulaufen.
„Fünf Seiten Pergament über die Erfindung des Wolfsbann-Trankes. Auf morgen! Da haben wir uns beide eine schöne Strafaufgabe eingehandelt“, ärgerte sich Ron am Abend nach der Zaubertrankstunde. Snape hatte ihn noch ein weiteres Mal erwischt, und diesmal war auch Harry nicht ungeschoren davon gekommen. Die zwei wussten, dass sie langsam mit der Arbeit anfangen sollten, doch noch fläzten sie sich zusammen mit Seamus in den bequemen Sesseln des Gemeinschaftsraumes.
Wenige Minuten später gesellte sich Ginny zu ihnen. Harrys Freundin holte diesen wie jeden Abend ab zu einem langen, und bestimmt auch romantischen Spaziergang ums Schloss.
„Ich bin dann mal weg...“ gluckste Harry zu Ron gewandt, als er von einer verliebt aussehenden Ginny aus dem Sessel gezogen wurde. „Den Aufsatz kann ich also nicht schreiben, aber frag doch bitte Hermine, ob sie die Strafaufgabe für uns beide erledigen kann!“ Dann hatte er auch schon mit Ginny zusammen den Gemeinschaftsraum verlassen.
Hermine, die nach dem Abendessen direkt in ihren Schlafsaal gegangen war, kam wenige Minuten nach Harrys Abgang in den Gemeinschaftsraum hinunter. Die Nachricht, dass sie sich den Strafaufsatz selbst aus den Fingern saugen musste, schien sie nach all den Jahren nicht mehr so zu überraschen. Vermutlich hatte sie aber auch schon so etwas erwartet, denn auf Rons Bitte hin nickte sie nur und meinte, sie würde sich nach einer kurzen Dusche gerne darum kümmern.
Während Ron auf Hermine wartete, stellte er ein paar Bücher zum Thema Werwölfe bereit und setzte sich dann ans Feuer. Sie nahm sich allerdings reichlich Zeit für ihre Dusche und war eine Stunde später noch immer nicht zurück. Aber vielleicht hatte Hermine ja noch zusätzlich etwas anderes zu tun gehabt, dachte Ron. Vielleicht hatte sie schon längst fertig geduscht und schrieb nun einen Brief an ihren Muggelfreund.
Ron war kürzlich aufgefallen, dass Hermine sich in den letzten Jahren von einer unauffälligen Streberin zu einem der meist umschwärmtesten Mädchen ihres Jahrganges gemausert hatte. Hermines plötzliche Beliebtheit hatte aber nicht nur den Grund, dass sie nicht mehr so verbissen büffelte: Sie hatte sich körperlich sehr verändert in letzter Zeit, war richtig erwachsen geworden. Das machte Hermine zu einem recht attraktiven Mädchen. Trotzdem hatte Ron sich noch nie überlegt, wie es wohl wäre, wenn er sich plötzlich in seine beste Freundin verlieben würde. Bisher hatte er aber noch keine solchen Gefühle zu Hermine gespürt und war mit seiner Situation auch zufrieden. Seit seiner Trennung mit Lavender hatte er eher Interesse gehabt an anderen Mädchen: Da war die Blondine aus Ravenclaw, die am Frühstückstisch manchmal zu ihm hinüber blinzelte, und die er gerne einmal angesprochen hätte. Oder dann hatte sich Ron auch etwas in eine herzhafte Brünette aus Hufflepuff verguckt, die ein Jahr über ihm war und vor ihnen Kräuterkunde hatte... Aber meistens war Ron einfach zu schüchtern um ein Mädchen scheinbar grundlos anzusprechen und um ein Date zu bitten, weil er Angst hatte, als Frauenaufreisser durchzugehen.
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