von ChrissiTine
Hugos Unfall
Während Kapitel 14. Hugo hat einen Unfall im Scherzartikelladen. Er schwebt in Lebensgefahr und muss ins Krankenhaus.
„Was in aller Welt ist gerade passiert?" Roxanne versuchte, den Rauch aus dem Weg zu fächern, der ihr die Sicht versperrte. Neben sich hörte sie Lucy stark husten. „Alles in Ordnung?", fragte sie ihre Cousine besorgt, als sie endlich wieder etwas sehen konnte.
Lucys Haare standen zu Berge und ihr Gesicht war mit Ruß bedeckt, aber sie nickte. „Ja, ich glaube schon", sagte sie mit heiserer Stimme.
Das war ihnen noch nie passiert. Sie arbeiteten schon so lange zusammen, aber sie waren, abgesehen von ein paar kleinen Fehlern, immer sicher gewesen. So eine gewaltige Explosion, die ihre ganze Werkstatt in Qualm erstickte, hatte es noch nie gegeben. Und Roxanne hatte keine Ahnung, was überhaupt schief gelaufen war. Einen Moment unterhielten sie sich über Hugo und Clara und wann sie heiraten würden – denn es war offensichtlich, dass sie das irgendwann tun würden – und im nächsten Moment glich ihr Arbeitsplatz einem Schlachtfeld, das dem im Krieg zerstörten Hogwarts wahrscheinlich in nichts nachstand.
Vorsichtig richtete sie sich auf und tastete ihren Körper ab, um festzustellen, ob irgendwas Schaden genommen hatte. Aber abgesehen von dem starken Pochen an ihrem Hinterkopf schien alles soweit in Ordnung zu sein.
„Hugo, ist alles okay?", rief Lucy heiser und räusperte sich. Sie schien ganz schön viel Rauch abgekriegt zu haben. „Hugo?"
Als nach ein paar Sekunden keine Antwort kam, rief auch Roxanne seinen Namen. Er war doch direkt hinter ihr gewesen, als sie aus dem Raum gelaufen war. Oder nicht?
„Hugo?" Panik stieg langsam in ihr auf. Sie zog ihren Zauberstab aus der Hosentasche und versuchte, den Rauch aus dem Weg zu zaubern. Vergeblich. Neben sich hörte sie Lucy das Gleiche tun.
„Was ist das für ein Scheiß!", regte Lucy sich auf. „Hugo, wenn du uns hören kannst, dann antworte gefälligst! Hugo! HUGO!"
Aber Hugo antwortete nicht. Roxanne bekam das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen und sie fing an zu keuchen und zu husten, als sie eine große Wolke von dem Qualm einatmete.
„Lumos!", brachte sie schließlich heraus. Glücklicherweise lichtete sich der Qualm langsam und sie konnte etwas erkennen. Als sie schließlich Hugo erblickte, bekam sie wirklich keine Luft mehr.
Er lag auf dem Boden, begraben unter den Resten ihres Regals, umgeben von Glasscherben und Pulvern, die sich ungehindert mit den Flüssigkeiten vermischten, die aus den zerbrochenen Fläschchen flossen. Das Glas hätte unzerbrechlich sein müssen. Wieso war es nicht unzerbrechlich? Es hätte unzerbrechlich sein müssen!
Kleine Rauchschwaden stiegen um Hugo auf und eine Substanz fraß sich langsam durch den Betonboden, während eine andere anfing, Funken zu sprühen, sobald sie mit einem blauen Pulver in Berührung kam.
Und Hugo lag inmitten des Chaos mit einer riesigen blutenden Platzwunde am Hinterkopf und rührte sich nicht. Seine Augen waren geschlossen und Roxanne konnte nicht sagen, ob er überhaupt atmete.
Roxanne wurde schwindelig und sie hielt sich an der Wand fest, um nicht umzufallen.
Was, wenn er tot war? Was, wenn er diesen Unfall nicht überlebt hatte?
Oh Merlin, sie hatte ihn umgebracht! Sie hatte ihn umgebracht, weil sie so unvorsichtig gewesen war und nicht darauf geachtet hatte, was sie vermischte. Sie hatte ihn umgebracht! Sie war eine Mörderin! Es war ihre Schuld, dass seine Tochter ihn niemals kennen lernen würde.
Er hatte eine Tochter und sie hatte dafür gesorgt, dass er tot war, ohne sie jemals gesehen zu haben. Wie hatte sie nur …
Sie hatte Hugo umgebracht, ihren Lieblingscousin. Sie hatte … wie hatte das nur passieren können? Gerade noch hatte sie zu ihm gesagt, dass niemand wusste, wie viel Zeit ihm noch blieb und Sekunden später hatte sie ihn umgebracht. Er war doch so glücklich gewesen! Er hatte Clara und das Baby und fast schon die Familie, die er sich so gewünscht hatte und jetzt hatte sie ihn umgebracht und war schuld daran, dass seine kleine Angela ohne ihn würde aufwachsen müssen. Sie hatte alles kaputt gemacht!
„ROXANNE!"
Nur dumpf nahm sie war, dass Lucy ihren Namen rief. Als sie die Tränen endlich weggeblinzelt hatte, konnte sie ihre Cousine neben Hugo knien sehen.
„Er lebt noch!", sagte sie und Roxanne fiel ein Stein vom Herzen. Aber als sie die große Pfütze Blut sah, die sich langsam um ihn herum bildete, blieb ihr Atem schon wieder weg. Er lebte noch, aber wie lange?
Lucy zog ihr Handy hervor. „Ich ruf im Mungos an, sag du Clara Bescheid!", befahl Lucy ihr. Roxanne war dankbar, dass sie ihr sagte, was sie tun sollte, sonst würde sie nur herumstehen und verzweifeln, weil sie keine Ahnung hatte, was sie tun sollte.
Sie drehte sich auf dem Absatz um und sprintete durch den Laden zur Tür. Sie nahm gar nicht wahr, dass Lucy ihr nachrief, dass sie Clara anrufen und ihr nicht persönlich sagen sollte, was passiert war, weil das schneller ging.
Zehn Minuten später hatte Roxanne Madam Malkins erreicht. Sie hatte das Gefühl, als würden kleine Nadeln ihre Lungen traktieren, und sie bekam kaum Luft, aber sie hatte den Laden erreicht. Solange sie lief, musste sie nicht daran denken, dass sie Hugo umgebracht hatte, solange sie lief, musste sie nicht daran denken, dass er vielleicht mittlerweile tot war, weil sie zu dumm gewesen war, alles richtig zu machen.
Sie riss die Tür zum Laden mit solchen Schwung auf, dass sie beinahe umgefallen wäre. Sie erblickte Clara in einer Ecke des Ladens, wo diese gerade mit einer Kundin sprach und ihr ein Kleid anpasste. Beim Anblick ihres glücklichen Lächelns und ihres kugelrunden Bauches wurde Roxanne fast schlecht. Sie hatte Clara ihr Glück genommen. Sie hatte Clara und Hugo auseinandergerissen, dabei hatte sie sich doch so für sie gefreut. Wie hatte sie das nur tun können, nachdem sie wusste, wie sehr es Fred getroffen hatte, seine schwangere Ellen zu verlieren? Wie hatte sie das nur tun können? Wie? WIE?
„Ich hab Hugo umgebracht", murmelte sie ungläubig.
/-/
„Wie weit sind Sie denn?", fragte die Kundin interessiert, während Clara die Naht des Saumes prüfte, den eine junge Näherin gestern in Angriff genommen hatte. Er war sehr gut gelungen. Das würde sie bestimmt freuen, weil sie noch vor kurzem solche Probleme damit gehabt hatte.
„Fünfunddreißigste Woche", erwiderte Clara lächelnd und beugte sich etwas weiter vor, um die Naht besser zu sehen. Sie hatte das Gefühl, dass ihr Bauch in den letzten Wochen viel mehr gewachsen war als in den ganzen Monaten zuvor. Langsam fühlte sie sich wirklich wie ein Wal.
„Dann dauert es ja nicht mehr lange", sagte die Kundin und schaute zu Clara hinunter. „Sollten Sie sich überhaupt noch so bücken?", fragte sie dann besorgt.
Clara winkte ab. „Keine Sorge, meine Heilerin hat gemeint, dass das alles kein Problem ist. Sie sollten mal sehen, was ich zu Hause alles mache." Hugo hätte einen Anfall bekommen, wenn er gewusst hätte, was für Verrenkungen sie anstellte, um das Zimmer für Angela perfekt vorzubereiten. Weil es das einzige Zimmer sein würde, das ihre Tochter haben würde, wollte sie, dass es absolut perfekt war, und mit Zauberei funktionierte das einfach nicht.
„Sie müssen ja wissen, was Sie tun", zuckte die Kundin mit den Schultern und strich über den wunderschönen Stoff des Kleides. „Ist das Ihr erstes?"
Clara nickte. „Ja. Ich freu mich schon so." Sie hätte nie geglaubt, dass sie sich jemals so auf das Baby freuen würde, als sie damals entsetzt festgestellt hatte, dass sie schwanger war. Damals war alles so ungewiss gewesen. Sie hatte nicht gewusst, wie Hugo reagieren würde, ob ihr die Stelle bei Madam Malkins wirklich sicher war, und ob ihre winzige Wohnung in einem einsturzgefährdeten Haus wirklich der richtige Ort für ein Baby war. Und jetzt hatte sich das alles geklärt. Hugo war wundervoll. Sie glaubte nicht, dass er ihr jemals so wehtun würde wie ihr Ex-Verlobter. Sie wusste, dass er ihre Tochter über alles lieben würde. Einen besseren Vater für ihr Kind hätte sie sich nicht wünschen können. Sie war sich noch nicht ganz sicher, ob sie wirklich so eine gute Mutter werden würde, wie Hugo es zu glauben schien, aber sie hoffte, dass sich das noch finden würde, so wie sich bisher alles gefunden hatte.
„Das erste Kind ist immer so aufregend", erinnerte sich die Kundin und riss Clara aus ihren Gedanken. „Ich kann mich noch an meins erinnern." Sie seufzte. „Und jetzt ist er schon in Hogwarts. Die Zeit vergeht so schnell. Aber er war auch ein ganz schönes Stück Arbeit. Wenn ich meinen Mann nicht gehabt hätte …"
„Ich weiß, was Sie meinen", lachte Clara. Bevor sie mit Hugo gesprochen hatte, hatte sie geglaubt, dass sie es mit dem Baby auch alleine schaffen würde, wenn Hugo ihr gesagt hätte, dass er mit ihr und dem Baby nichts zu tun haben wollte, aber erst, als er wirklich involviert war und sie seine Familie und die vielen kleinen Kinder kennen gelernt hatte, wurde ihr klar, wie viel Arbeit das doch alles sein würde und wie dankbar sie Hugo dafür war, dass ihr Kind ihm nicht egal war und dass er alles genauso gleichberechtigt mitmachte wie sie. Sie wüsste nicht, was sie ohne ihn machen würde. Und sie war froh, dass sie es nicht wissen musste.
Als sie plötzlich lautes Geschrei beim Eingang des Ladens hörte, sah sie von ihrer Arbeit auf. Überrascht erkannte sie Roxanne, die mit rußverschmiertem Gesicht, zerrissener Kleidung und Haaren, die in alle Richtungen abstanden, mitten im Laden stand.
Mühsam richtete sie sich auf und stemmte eine Hand in ihren Rücken, der von der gebückten Haltung anfing zu schmerzen.
„Roxy, was ist denn los?", fragte sie und ging auf Hugos Cousine zu.
Roxanne starrte mit leeren Augen an ihr vorbei und Clara gefror das Blut in den Adern, als sie lauter kleine blutige Schnitte in ihrem Gesicht bemerkte.
„Ich hab Hugo umgebracht", murmelte sie.
Clara unterdrückte ein Lachen, denn das musste ein Scherz sein. Wie in aller Welt hätte Roxanne Hugo umbringen sollen? Und warum? Das war sicher nur ein Scherz, wenn auch ein sehr kranker. Roxanne konnte das nicht ernst meinen.
Aber als sie die Worte wieder und wieder wiederholte, kam Clara das alles immer weniger wie ein Scherz vor.
„Was ist passiert?", fragte sie drängend und legte eine Hand auf ihren Bauch, als sie spürte, wie unruhig das Baby wurde. Ihr eigenes Herz fing an wie wild zu hämmern. „Roxy, was ist passiert?"
„Ich hab Hugo umgebracht", murmelte sie nur mit tonloser Stimme. Sie schien gar nicht wahrzunehmen, dass Clara direkt vor ihr stand.
„ROXY!", schrie Clara jetzt voller Panik „WAS IST PASSIERT?" Sie musste wissen, was passiert war, damit sie nicht darüber nachdenken musste, was passiert sein könnte. Hugo konnte nicht tot sein. Sie hatte heute Morgen noch mit ihm gefrühstückt. Es war ihm gut gegangen. Er hatte mir ihr zusammen über die Witze im Tagespropheten gelacht. Er hatte sie zum Abschied geküsst. Er hatte ihren Bauch zum Abschied geküsst und ihr versprochen, dass er heute pünktlich zum Abendessen kommen würde, egal, wie lange Lucy mit den Schuhen experimentieren wollte.
Es war alles in Ordnung gewesen.
Hugo konnte einfach nicht tot sein. Sie konnte ohne ihn nicht leben. Sie konnte einfach nicht. Wie auch? Sie war so glücklich wie noch nie. Sie hatte gar nicht gewusst, dass sie überhaupt so glücklich sein konnte. Sie hätte wissen müssen, dass das alles zu schön gewesen war, um wahr zu sein.
„ROXY!"
Endlich schien sie zu Roxanne durchzudringen. Verwirrt schaute sie Clara an, so, als ob ihr erst jetzt klar geworden wäre, dass sie vor ihr stand. „Clara", murmelte sie überrascht. Und dann sprudelte alles aus ihr heraus, was in der Werkstatt passiert war.
Im ersten Moment war Clara so erleichtert, dass Hugo nicht tot war, dass er nur verletzt war. Verletzte starben so selten in der Zauberwelt. Aber er konnte trotzdem sterben. Sie konnte ihn trotzdem noch verlieren.
Sie musste zu ihm. Sie musste ganz dringend zu ihm, um zu sehen, dass er nicht tot war. Ohne einen weiteren Gedanken disapparierte sie.
Einen Moment später tauchte sie in der Eingangshalle auf. Ohne auf die lange Schlange vor der Empfangshexe zu achten, eilte sie die Treppen hinauf zu der Station, auf der Rose arbeitete. Wenn sie Hugos Schwester fand, würde Rose sie bestimmt zu Hugo bringen können. Und sie hatte Glück, sie sah Rose schnellen Schrittes den Gang entlang eilen. Auch wenn sie schon sehr außer Atem war vom schnellen Treppensteigen, lief sie ihr so schnell hinterher, dass sie gerade noch hinter Rose in das Behandlungszimmer schlüpfen konnte, bevor die Tür zufiel.
Sie hatte vorgehabt, Rose zu fragen, wo ihr Bruder war, aber als einer der vielen Heiler in dem Zimmer zur Seite trat, wusste sie, dass die Frage sich erübrigt hatte.
Auf der Liege im Zimmer lag Hugo. Aber er sah überhaupt nicht wie Hugo aus. Die Stellen seiner Haut, die nicht mit Ruß bedeckt waren, waren kalkweiß. Seine Kleidung hatte lauter Risse und Löcher. Lauter Kratzer und Beulen bedeckten seine Haut.
Sie fing an zu würgen, als sie sich seinen Kopf genauer anschaute und sah, dass sein ganzer Hinterkopf, seine wunderschönen roten Haare, komplett mit Blut getränkt waren.
Er war vielleicht noch nicht tot, aber er war sehr nah dran. Durch diesen Gedanken hob sich ihr Magen und sie konnte nicht verhindern, dass sie ihr komplettes Frühstück hochwürgte. Sie bemerkte kaum, wie sie das Bewusstsein verlor.
/-/
Rose drehte sich um, als sie die besorgte Stimme einer Kollegin hörte. Sie war so fixiert auf ihren kleinen Bruder gewesen, auf ihren kleinen, schwer verletzten, fast gestorbenen Bruder, dass sie kaum etwas anderes hatte wahrnehmen können.
Als ihr Carmen, eine Kollegin und gute Freundin, gesagt hatte, dass Hugo eingeliefert worden war, hatte sie erst gedacht, dass es eine Verwechslung sein müsste. Hugo war eigentlich ein sehr vorsichtiger Mensch und abgesehen von einigen Abstürzen mit seinem Besen war ihm nie etwas passiert – und es war mitten im Winter, da flog Hugo schon lange nicht mehr. Und als Carmen ihr erzählte, dass es um Leben und Tod ging, da war Rose sich sicher gewesen, dass es eine Verwechslung sein musste. Wo und wie hätte Hugo sich denn lebensgefährlich verletzen sollen?
Aber es war keine Verwechslung gewesen.
In dem Moment, in dem sie ihren kleinen Bruder blutüberströmt und bewusstlos auf der Liege sah, bekam sie keine Luft mehr.
Plötzlich sah sie ihren Großvater vor sich, nur noch ein Schatten seiner selbst nach dem langen Kampf gegen den Krebs, mit einem Blick in den Augen der ihr sagte, dass er wusste, dass es vorbei war, dass er verloren und nie wirklich eine Chance gehabt hatte. Sie sah ihn alt und schwach und ausgemergelt vor sich, zu verwirrt, um noch zu wissen, wer sie war. Sie sah ihn leblos in seinem Sarg, bevor der Deckel geschlossen wurde und sie wusste, dass sie ihn nie wieder sehen würde. Weil die Gesetze ihr verboten hatten, einem Muggel zu helfen, obwohl sie es gekonnt hätte.
Sie sah Freds Freundin Ellen vor sich, sah, wie sie das Leben mit jeder Sekunde verließ und Rose nur hilflos daneben stehen konnte, ohne irgendetwas zu tun, weil sie keine Mittel hatten, ihr zu helfen.
Zwei Menschen hatte sie schon verloren. Ihrem Großvater hatte nicht helfen dürfen und Freds Freundin hatte sie nicht helfen können. Sie würde es nicht verkraften, wenn sie Hugo auch noch verlieren würde.
Er war ihr kleiner Bruder.
Ein zweites Mal blieb ihr die Luft weg, als sie sich umdrehte und Clara am Boden bewusstlos am Boden liegen sah, neben einer Pfütze von Erbrochenem.
Ohnmacht war nie ein gutes Zeichen, besonders dann nicht, wenn man schwanger war. Rasch kniete Rose sich neben die Freundin ihres Bruders und suchte hastig nach einem Puls. Wenn sie Clara und das Baby auch noch verlieren würde … das war wirklich zu viel für einen Tag.
Aber glücklicherweise fand sie einen Puls, auch wenn er recht schwach war, und sie konnte auch fühlen, wie sich das Baby bewegte, als sie eine Hand auf Claras runden Bauch legte.
„Kümmer dich um sie", hörte Rose Carmen neben sich sagen. „Hugo darfst du sowieso nicht behandeln." Es war eine Regel, dass Heiler Familienmitglieder nur in äußersten Notfällen selbst behandeln durften, besonders, wenn es um so schwere Verletzungen ging, wie Hugo sie offensichtlich erlitten hatte. Man hatte keinen klaren Kopf und Fehler unterliefen einem noch leichter als sonst. „Es ist schlimmer, als es aussieht", fuhr Carmen fort und legte Rose eine Hand beruhigend auf die Schulter. „Heiler Macmillan ist sehr zuversichtlich, dass wir das alles wieder hinkriegen werden. Und du weißt, dass er keine leeren Versprechungen macht."
Das wusste Rose. Aber einfacher machte es trotzdem nichts. Ihr Großvater war noch kein Jahr tot. Ellens plötzlicher Verlust war zwar schon ein paar Jahre her, aber das machte es nicht weniger schmerzhaft.
Und Hugo … er war so glücklich gewesen. So glücklich und zufrieden mit seinem Leben wie noch nie. Er hatte eine Frau gefunden, die ihn wirklich liebte, und gründete eine Familie mit ihr, wie unabsichtlich das auch sein mochte. Dass ihm das alles jetzt verwehrt bleiben sollte … das war doch einfach nur unfair. Tod war immer so schrecklich unfair. Er riss Menschen auseinander, die eigentlich zusammen gehörten.
Fünf Minuten später war Clara wieder bei Bewusstsein und fest entschlossen, nicht in dem Bett zu bleiben, zu dem Rose sie gebracht hatte.
„Ich werde nicht hier bleiben, vergiss es!", sagte sie entschlossen und schlug die Decke zurück.
Rose beugte sich genauso entschlossen über sie und drückte sie zurück in die Kissen. „Du wirst doch wohl eine zehnminütige Untersuchung über dich ergehen lassen können!", widersprach sie. „Du bist ohnmächtig geworden! Du hast dich übergeben! Du siehst nicht gerade wie das blühende Leben aus! Willst du vielleicht dein Kind verlieren, nur weil du zu stur warst, um auf die Heiler zu warten?"
„Nein!", schrie Clara und plötzlich waren Tränen in ihren Augen. Sie legte ihre Hände beschützend auf ihren großen Bauch. „Natürlich nicht! Aber … du verstehst das nicht. Wenn Hugo … wenn er … und ich bin nicht da … ich kann nicht … ich …" Sie fing an zu schluchzen.
Rose zog sie in ihre Arme und musste selbst damit kämpfen, die Fassung zu wahren. Solange sie sich auf ihre Arbeit konzentrierte, gelang ihr das halbwegs, aber wenn Clara schluchzend davon sprach, dass sie Hugo vielleicht verlieren würde …
„Ich hab ihm nicht gesagt, dass ich ihn liebe", murmelte Clara zwischen den Schluchzern. „Ich hab's ihm nicht gesagt. Es ist alles so schnell gegangen, ich wollte das nicht auch überstürzen … und jetzt wird er es vielleicht nie wissen." Sie schniefte laut. „Was ist, wenn er … wenn er … und er hat nicht gewusst, dass ich ihn liebe?"
„Er weiß es", flüsterte Rose. Sie weigerte sich, von ihm in der Vergangenheit zu sprechen. Es würde alles gut werden. Carmen hatte gesagt, dass Macmillan zuversichtlich war und wenn er das war, dann hatte er auch allen Grund dazu. Es würde alles gut werden.
Es würde alles gut werden.
Wirklich.
„Und wenn du jetzt im Bett auf den Heiler wartest, damit er dir sagt, ob alles mit Angela in Ordnung ist, dann wirst du vielleicht auch bald zu ihm können und ihm sagen, dass du ihn liebst. Das ist nicht das Ende."
„Meinst du wirklich?" Clara schaute Rose so hoffnungsvoll an, dass Rose inständig hoffte, dass es wirklich stimmte. Es würde Clara zerstören, wenn sie Hugo verlieren würde. Es würde sie alle zerstören.
„Ja", erwiderte sie sicher. Es stand Clara und Hugo schon so lange ins Gesicht geschrieben, dass sie sich liebten, dass sie sich ernsthaft fragte, wie auch nur einer von beiden daran zweifeln konnte. Aber es war immer einfacher, diese Dinge zu sehen, wenn man nicht direkt involviert war. Sie war monatelang in Scorpius verliebt gewesen, bis es ihr endlich klar geworden war, und sie hatte noch mehr Zeit gebraucht, bevor sie endlich auf ihn zugegangen war. „Und du wirst es ihm auch sagen können." Alles andere war einfach nicht drin. Hugo musste wieder aufwachen. Aber das Mungos war exzellent, gerade was diese Art von magischen Unfällen betraf, auch wenn sich bei Hugo schon sowas wie eine Supernova ereignet hatte und niemand genau wusste, mit was für Substanzen er in Kontakt gekommen war, besonders, weil die Pulver und Flüssigkeiten untereinander noch reagiert hatten. Aber wenn er lebend hier angekommen war, dann würde er auch wieder lebend hier herauskommen. Hier kämpften sie nicht gegen einen unbekannten, unerforschten Gegner wie bei Ellen. Hier konnten sie all ihr Fachwissen und all ihre Fähigkeiten einsetzen. Und sie waren nicht umsonst das beste Krankenhaus hier im Land.
Rose wurde aus ihren Gedanken gerissen, als die Tür geöffnet wurde und eine etwas korpulente Heilerin eintrat. Rose kannte sie sehr gut, sie war bei ihren beiden Geburten anwesend und eine große Hilfe gewesen.
Sie hörte sich an, was passiert war, und machte dann rasch ein paar Tests mit ihrem Zauberstab. Außerdem nahm sie Clara etwas Blut ab und versicherte ihr, gleich wieder mit dem Ergebnis da zu sein, damit Clara so schnell wie möglich wieder zu Hugo konnte.
Kaum war die Heilerin wieder draußen, ging die Tür schon wieder auf und ein völlig aus der Fassung gebrachter Ron Weasley trat ein.
„Rosie!", rief er erleichtert, als er seine Tochter in dem limonengrünen Umhang erblickte, der sie so kompetent ausschauen ließ. „Merlin sei Dank hab ich dich endlich gefunden! Kannst du mir sagen, was passiert ist?"
Er war in seinem Büro gewesen, als er von einer völlig aufgewühlten Lucy am Telefon erfahren hatte, dass es einen schweren Unfall gegeben hatte und Hugo im Krankenhaus war. Leider hatte ihm Lucy nicht mehr sagen können, da sie Roxanne nach Hause gebracht hatte und sich um sie kümmern musste.
Ron hatte sofort alles stehen und liegen lassen und war ins Mungos appariert. Nach einigem Suchen hatte er die richtige Station und sogar Hugos Behandlungszimmer gefunden, wo er vor Schreck beinahe umgefallen wäre. Er hatte keine genaue Vorstellung davon gehabt, was passiert war, aber er hatte sicherlich nicht erwartet, seinen einzigen Sohn bewusstlos und blutüberströmt vorzufinden, während sich um die fünfzehn Heiler über ihn beugten. Nicht mal Bill hatte nach dem Angriff von Greyback so schrecklich ausgesehen.
Als er den ersten Schock überwunden hatte, hatte er Ernie in der Menge der Heiler entdeckt und von ihm verlangt, zu erfahren, was passiert war. Aber Ernie hatte ihn nur mit irgendwelchem Heilergeschwätz abspeisen und wieder hinausschicken wollen und das konnte Ron sich nicht bieten lassen. Es ging hier um seinen Sohn und er hatte verdammt noch mal das Recht zu erfahren, was genau passiert war und wie es ihm ging! Er würde sich nicht einfach herausschicken lassen und dann stundenlang dumm rumsitzen ohne zu wissen, was passiert war und wie es Hugo ging.
Er war sich dessen gar nicht bewusst gewesen, aber anscheinend hatte er seinen Zauberstab gezogen und angefangen, Ernie zu bedrohen. Erst das Wachpersonal hatte ihn besänftigen können und nur mit minimaler Gewaltanwendung vor die Tür befördert. Dann war ihm der erste freundliche Mensch in diesem Saftladen begegnet, eine Heilerin, die mit Rose befreundet war, und sie hatte ihm gesagt, wo er Rose finden konnte.
Er war unglaublich erleichtert, zumindest seine Tochter wohlbehalten vorzufinden und hoffte, endlich ein paar verdammte Antworten zu bekommen. Aber als er sich genauer im Zimmer umsah und Clara mit kalkweißem Gesicht in einem Krankenhausbett sitzen sah, wurden nur noch mehr Fragen aufgeworfen und der nächste Schreck fuhr ihm in die Glieder.
„Um Himmels Willen, ist alles in Ordnung?" Ohne nachzudenken ging er zu Claras Bett und legte besorgt eine Hand auf den Bauch der Freundin seines Sohnes. Normalerweise fragte er immer, bevor er den Bauch einer Schwangeren berührte, weil er wusste, dass einige Frauen das überhaupt nicht ausstehen konnten (Ginny zum Beispiel, die ihn einmal sogar verhext hatte, als er sie ungefragt berührt hatte), aber es ging hier um sein Enkelkind und er konnte keine weitere Hiobsbotschaft verkraften. „Geht's dir gut?", fragte er sie und schaute sie prüfend an. Normalerweise sah Clara immer aus wie das blühende Leben. Aber jetzt …
„Ja", erwiderte Clara. Neue Tränen stiegen ihr in die Augen, als sie die ernst gemeinte Besorgtheit von Hugos Vater sah. Er machte sich wirklich Sorgen um sie, genau wie Rose. Sie konnte kaum glauben, dass sie Hugos Familie so wichtig war. „Ich bin nur umgekippt, das ist halb so wild. Die machen ein viel zu großes Theater hier."
„Überhaupt nicht", widersprach Rose. „Es ist alles andere als normal, einfach umzukippen und sich zu übergeben. Du stehst gerade unter gewaltigem Stress und das ist überhaupt nicht gut für das Baby. Ich weiß, wovon ich spreche." Sie selbst hatte sich bei ihrer ersten Schwangerschaft so verausgabt, dass sie beinahe zwei Monate vor dem errechneten Geburtstermin eine Frühgeburt gehabt hätte. „Du kannst jetzt nicht nur an Hugo denken, du musst auch an euer Baby denken. Hugo würde das genauso sehen."
Clara seufzte und lehnte sich unzufrieden in die Kissen zurück und legte beide Hände auf ihren Bauch. „Ich hätte trotzdem bei ihm bleiben können. Man hätte mich auch dort untersuchen können."
„Hätte man nicht", widersprach Rose vehement. Warum sträubte sich Clara nur so? Konnte sie nicht sehen, dass das das Beste für sie war? „Du hättest überhaupt nicht in dem Zimmer sein sollen. Familienmitglieder dürfen da niemals rein, gerade weil es zu diesen Situationen kommen kann."
„Kann mir mal einer sagen, was überhaupt hier los ist?", meldete Ron sich schließlich zu Wort.
/-/
Drei Stunden später betrat Ron das Krankenzimmer seines Sohnes. Hermines Hand hielt er fest umklammert. Er hatte keine Ahnung, wie Rosie es vorhin geschafft hatte, ihn dazu zu überreden, das Krankenhaus zu verlassen und zu Hause auf eine Nachricht von ihr zu warten. Schließlich hatte er zwar eingesehen, dass Ernie vielleicht nicht komplett überreagiert hatte und dass er vielleicht tatsächlich im Weg war und er sowieso nichts machen konnte und deshalb genauso gut zu Hause auf Neuigkeiten warten konnte, aber nachdem er zehn Minuten zu Hause gewesen war, umgeben von Bildern, aus denen ihn ein glücklicher und zufriedener Hugo in jedem Alter anstrahlte, wusste er, das er das nicht schaffen würde. Also war er ins Ministerium gegangen und hatte vor dem Gerichtssaal gewartet, in dem sich Hermine in einer versiegelten Verhandlung befand. Er war sich sicher, dass irgendjemand ihr eine Nachricht geschickt hatte, die sie erreichen würde, sobald der Saal wieder geöffnet wurde, aber es war ihm lieber, dass sie von ihm erfuhr, was passiert war, und nicht von so einem dämlichen Azubi wie vor ein paar Wochen, als ihr völlig falsche Informationen gegeben worden waren, die seinen Unfall mit dem geworfenen Stuhl betrafen.
Er konnte nicht anders als daran denken, wie sie Tage gebraucht hatte, bis sie sich wieder beruhigt hatte. Der Gedanke, ihn zu verlieren, hatte sie völlig aufgewühlt und er konnte es verstehen. Er wüsste nicht, wie er reagiert hätte, wenn jemand vor ihm gestanden und gesagt hätte, dass der Liebe seines Lebens etwas Schreckliches passiert war.
Aber jetzt … Hugo war wirklich lebensgefährlich verletzt worden, auch wenn ihm Rose nach einem Gespräch mit ihrer Kollegin versichert hatte, dass Hugo aus der Gefahrenzone heraus war und die Heiler ihn vollständig heilen konnten. Wenn es etwas gab, das noch schlimmer für Hermine war als die Nachricht, dass ihm etwas passiert war, dann war es die Nachricht, dass ihrem Sohn etwas zugestoßen war. Es gab nichts auf der Welt, was schrecklicher war als der Gedanke, dass dem eigenen Kind etwas passiert war und man unfähig gewesen war, es zu verhindern.
Ron fragte sich bis heute, wie seine Eltern es geschafft hatten, nach Freds Tod weiter zu machen. Er wusste, dass die Liebe von Eltern, und besonders die Liebe einer Mutter, etwas unglaublich starkes und machtvolles war. Spätestens der Schutz, den Harrys Mum ihm durch ihr Opfer hinterlassen hatte, war Beweis genug dafür, aber erst, als er selbst Vater geworden war, hatte er es wirklich begriffen. Diese Liebe, die er für seine Kinder empfand, war stärker als alles andere, sogar stärker als seine Liebe zu Hermine.
Und deshalb musste auch er derjenige sein, der ihr sagte, was passiert war, der sie gleich beruhigen konnte, da er glücklicherweise nur wenige Minuten, bevor sich die Türen zum Gerichtssaal geöffnet hatten, die Nachricht von Rose erhalten hatte, dass Hugo wieder aufgewacht war und es ihm den Umständen entsprechend gut ging. Ron konnte sich nicht mehr erinnern, wann er das letzte Mal so erleichtert gewesen war.
Hermine war wie erwartet völlig geschockt gewesen von der Nachricht, dass Hugo in Lebensgefahr geschwebt hatte, ohne dass sie etwas davon gewusst hatte und auch Rons mehrfache Versicherungen, dass es ihm anscheinend schon wieder ganz gut ging, hatten sie nicht beruhigen können. Also hatten sie sich sofort auf den Weg gemacht, um mit eigenen Augen zu sehen, wie es Hugo jetzt ging.
Sie fanden Ernie im Heilerzimmer und er erklärte ihnen ohne Fachsprache endlich ganz genau, was für Verletzungen Hugo erlitten hatte. Hermine flossen Tränen über die Wangen, als sie hörte, wie knapp Hugo tatsächlich dem Tod entkommen war und Ron musste sich an einem Stuhl festklammern. Er hatte gesehen, wie schlimm Hugo ausgesehen hatte, aber er hatte sich nicht erlaubt daran zu denken, dass er tatsächlich hätte sterben können.
Aber die letzte Last fiel erst von Ron ab, als er hinter Ernie Hugos Zimmer betrat und seinen Sohn wohlbehalten vorfand. Clara klammerte sich an ihn und küsste ihn verzweifelt und als Ron das sah, wusste er, dass alles gut werden würde. Wenn Hugo es schaffte, seine Freundin so zu küssen, dann würde alles gut werden.
Er sah zwar immer noch so aus, als wäre er in einer Prügelei gewesen, durch die Blutergüsse und Beulen, die seinen Körper übersäten, aber das Blut war verschwunden und die ganzen Schnittwunden waren geheilt worden. Er hatte sogar schon wieder ein bisschen Farbe im Gesicht. Sie waren wirklich an einer Katastrophe ganz knapp vorbei geschlittert.
Hermine schien nicht ganz so erleichtert zu sein wie er, aber sie hatte Hugo auch nicht gesehen, bevor die Heiler mit ihm fertig gewesen waren und wusste nicht, wie viel schlimmer er vor ein paar Stunden noch ausgesehen hatte. Clara schaffte es gerade noch, ein paar Schritte zurück zu treten, bevor Hermine ihren Sohn in ihre Arme zog und fest an sich drückte.
Ron konnte sehen, wie Hugo das Gesicht verzog, aber er war klug genug, nichts zu sagen und seine Mutter einfach machen zu lassen.
„Hughie, mein Hughie", murmelte Hermine mit tränenerstickter Stimme. Sie kam sich vor wie in einem Albtraum. Erst vor ein paar Wochen hatte Ron sich verletzt und ihr den Schreck ihres Lebens verpasst, auch wenn alles nur ein Missverständnis war und er nicht mehr als eine Beule davongetragen hatte. Trotzdem hatte sie minutenlang eine Todesangst gehabt, dass sie ihn verlieren würde. Und jetzt, wo sie endlich geglaubt hatte, dass alles wieder in Ordnung war, dass niemand aus ihrer Familie in Gefahr war und dass sie sich alle in Sicherheit befanden, stand Ron plötzlich vor dem Gerichtssaal mit einer Miene, als ob jemand gestorben wäre. Anstatt sie einfach nur zu überraschen und vielleicht mit ihr Essen zu gehen, sagte er ihr, dass Hugo einen Unfall gehabt hatte und schwer verletzt im Krankenhaus lag. Und Ernie sagte ihr, dass Hugo beinahe gestorben wäre. Gestorben!
So viel zum Thema, dass ihre Familie in Sicherheit war.
Und Hugo sah wirklich furchtbar aus. So blass wie Ron damals, als er vergiftet worden und selbst beinahe gestorben war. So übel zugerichtet wie Harry damals, als er aus dem Irrgarten wieder aufgetaucht war. So schrecklich wie sie alle nach der Schlacht von Hogwarts, in der so viele Menschen gestorben waren, die ihnen wichtig gewesen waren.
Wenigstens war er wieder bei Bewusstsein. Wenigstens das. Und als er sie umarmte und ihr verlegen auf den Rücken klopfte, um sie zu beruhigen, wie Ron das immer gemacht hatte, bevor sie zusammen gewesen waren, wusste sie, dass es ihm wieder gut gehen würde. Was es trotzdem nicht einfacher machte.
Sie hätte beinahe ihr Baby verloren und da war es scheißegal, dass er schon erwachsen war und gerade selbst ein Baby bekam. Sie hatte wirklich keine Ahnung, wie Molly den Verlust von Fred so hatte überwinden können, dass sie jeden Tag aus dem Bett kam und mit ihrem Leben irgendwann wieder weiter gemacht hatte. Wie konnte man das, nachdem einem das Wichtigste im Leben genommen worden war?
„Wie fühlst du dich?", fragte sie besorgt und musterte ihn prüfend, nachdem sie ihn schließlich widerwillig losgelassen hatte. Sie hätte ihn noch länger gehalten, doch Ron hatte sanft, aber bestimmt an ihrem Arm gezogen.
„Ganz gut", murmelte Hugo und rieb sich seinen Brustkorb. Er lächelte sie sehr schwach und wenig beruhigend an. „Du musst dir keine Sorgen machen, Mum. Ich kann morgen wahrscheinlich schon wieder nach Hause."
„Wirklich?", fragte Hermine unglaublich erleichtert. Sie spürte, wie Ron den Arm um sie legte und lehnte sich an ihn. Ohne ihn wäre sie wahrscheinlich in den letzten Minuten verrückt geworden.
Hugo nickte kaum merklich. „Ja. Das ist wirklich alles halb so schlimm, wie es aussieht. Es geht mir gut." Er schaute zu Clara, die sich einige Tränen aus den Augen wischte und ein Schniefen unterdrückte. Er streckte den Arm nach ihr aus, obwohl es ihm offensichtlich Schmerzen bereitete. Clara ergriff seine Hand und lächelte unter Tränen. „Ihr müsst euch keine Sorgen machen. Ehrlich."
Er schaute hilflos zu Ron, der nur mit den Schultern zuckte. Er konnte Hugo sicher verstehen, weil er selbst die Besorgnis und Fürsorge seiner Mutter und Hermine manchmal als erdrückend empfunden hatte, wenn ihm etwas Schwerwiegendes passiert war, aber Hermine konnte das einfach nicht abstellen. Und er konnte das genauso wenig, wenn sie sich daran erinnerte, wie besorgt er die ganze Zeit während ihrer beiden Schwangerschaften gewesen war. Wenn es um die Menschen ging, die man liebte, dann ging es einfach nicht anders. Und das war auch gut so.
Hugo zog Clara zu sich und legte einen Arm um sie, während sie versuchte, ihre Tränen wieder unter Kontrolle zu kriegen. Die Liebe zu Hugo stand ihr ins Gesicht geschrieben und Hermine war froh, dass Hugo endlich jemanden gefunden hatte, der ihn so liebte, wie er es verdient hatte. Obwohl es auch wehtat, denn sie konnte deutlich sehen, dass sich Hugos Prioritäten für immer verschoben hatten. Seine Eltern waren nicht mehr die wichtigsten Menschen in seinem Leben, Clara und das Baby waren es. Clara musste er beruhigen und trösten, nicht seine Mutter. Aber so musste es auch sein. Und sie war froh, dass es so war. Nachvollziehen konnte sie es in jedem Fall. Seit sie nach Hogwarts gekommen war, hatten sich ihre Prioritäten verschoben und waren es immer geblieben.
Sie war nur froh, dass er glücklich und zufrieden und hoffentlich bald wieder völlig gesund war. Und wenn sie ihn so sah, wie er seine schwangere Freundin liebevoll anschaute und viel glücklicher wirkte, als sie es von jemandem mit seinen Verletzungen erwarten konnte, da wusste sie, dass er endlich seine Familie und seinen Platz im Leben gefunden hatte.
Und mehr konnte man sich wirklich nicht wünschen.
Ende
-------------------------------------------------------------------
A/N: Ich wollte das Kapitel eigentlich noch aufteilen, aber ich dachte mir, die 6000 Wörter kann ich jetzt auch zusammen lassen. Außerdem fliege ich am Ende der Woche nach Amerika, also weiß ich nicht, wie viel Zeit ich noch finden würde, um den Rest zu posten. Also habt ihr gleich alles bekommen. Ich hoffe, euch hat das letzte Kapitel gefallen, gerade die verschiedenen Perspektiven bei Hugos Unfall, der in der eigentlichen FF ja ziemlich zu kurz gekommen ist, weil Hugo als Bewusstloser nicht viel von dem ganzen Chaos mitbekommen hat.
Ich weiß nicht, wann ihr was neues von mir lesen werdet und ich weiß auch nicht, was es sein wird, aber ich arbeite immer noch an meinem Universum und bin noch nicht fertig damit. Allerdings möchte ich euch vorwarnen, dass ich keine Ahnung habe, ob es dieses Jahr einen Adventskalender geben wird. Mir ist bisher noch nichts eingefallen und ich bezweifle ehrlich gesagt, dass ich überhaupt die Zeit finden werde, etwas zu schreiben. (Außerdem sind die Reviews in den letzten Jahren ziemlich zurück gegangen und ich bin nicht sicher, ob nur ein paar Leser die große Mühe wert sind, die ich in 24 Kapitel investiere, die ich dann täglich poste, obwohl ich mich natürlich immer über jedes Review freue.)
Danke für's Lesen und bis bald.
@Toffi: Ich stell mir Ron und Ginny ehrlich gesagt gar nicht so alt vor, auch wenn sie es hier sind. Aber ich denke mir, bei Geschwistern, die sich all die Jahre so nahe gestanden haben, bleibt die Dynamik einfach die gleiche. Danke für deinen Kommentar.
@Dolohow: Danke schön für deinen tollen Kommentar. Ich freu mich, dass dir die Kapitel alle gefallen haben. Und man braucht wirklich eine ganze Stunde, um alles zu lesen? Da hab ich ja wirklich viel geschrieben.
Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.