von ChrissiTine
Harry und Ginny
Nach Kapitel 2. Hugo hat seinen Eltern erzählt, dass er Clara geschwängert hat.
"Du darfst mir gratulieren. Ich werde Großvater." Ron ließ sich in den Sessel gegenüber von Harrys Schreibtisch fallen.
Harry stellte überrascht seine Kaffeetasse auf den Tisch. "Du wirst Großvater? Rose ist schwanger? Ich dachte, sie und Scorpius haben die Familienplanung schon lange abgeschlossen. Oder war das wieder ein Unfall?"
Ron schüttelte den Kopf. Soweit er wusste, waren Diana und Aiden genug Kinder für Rose und Scorpius. Und nachdem Rose völlig ungeplant mitten in ihrer Ausbildung zur Heilerin mit Diana schwanger geworden war, wäre es mehr als untypisch für sie, danach nicht mehr wie ein Adler aufzupassen, dass so etwas nicht noch einmal passierte. Obwohl Ron am liebsten daran glaubte, dass Rose überhaupt keinen Sex hatte (er wusste, dass das unrealistisch war, aber solange sie nicht noch einmal schwanger wurde, war das eine Illusion, mit der er gut leben konnte).
"Rose ist nicht schwanger. Hugo wird Vater.", antwortete er auf Harrys Frage.
"Hugo?", fragte Harry ungläubig. "Aber ... hat seine Freundin sich nicht von ihm getrennt? Die so schrecklich nervig war?" Harry runzelte die Stirn und versuchte sich an Collette zu erinnern. Collette hatte zum Glück immer wenig für Familienfeiern übrig, nachdem sie auf der ersten festgestellt hatte, dass es überhaupt keinen Glamour bei den Weasleys gab (es schien für sie unvorstellbar zu sein, dass so berühmte Leute, die nicht gerade arm waren, so wenig Wert auf Stil und wichtigtuerisches Gehabe legten).
"Die ist es nicht.", erwiderte Ron. Glücklicherweise war sie es nicht. Wenn Hugo mit ihr ein Kind bekommen hätte ... Hoffentlich war diese Clara nicht genauso schlimm. Aber nach allem, was Hugo gestern beim Essen über sie erzählt hatte, klang sie ganz vernünftig und nicht im Entferntesten wie Collette. "Hugo hatte wohl einen One Night Stand vor ein paar Wochen."
"Wollen sie heiraten?"
"Hugo sagt nein. Keiner von beiden will anscheinend eine Ehe, wenn sie sich überhaupt nicht kennen."
"Das klingt doch vernünftig", sagte Harry zuversichtlich.
"Vernünftig?", wiederholte Ron. "Vernünftig? Das klingt völlig absurd! Kannst du dir das vorstellen, Harry? Mein Sohn hat jemanden geschwängert, den er gerade mal einen Abend lang gekannt hat. Hugo! Er war zwar nie so auf wahre Liebe aus wie Al, aber, beim Merlin, er ist doch nicht James!" Gestern war er zu geschockt, um das alles richtig zu begreifen. Er hatte sich bemüht, vernünftiger zu reagieren als damals, als Rose ihm zum ersten Mal gesagt hatte, dass sie schwanger war. Und er hatte es zumindest geschafft, nicht wieder im Mungos zu landen. Warum schafften es immer seine Kinder, sich in diese Situationen zu bringen? Rose war zwar verheiratet gewesen, als sie schwanger geworden war, aber sie war trotzdem noch in der Ausbildung und so schrecklich jung gewesen. Und Hugo war zwar alt genug, aber er kannte die Frau überhaupt nicht, mit der er jetzt ein Kind bekam. Und obwohl Rose und Scorpius noch sehr jung gewesen waren, als sie Eltern wurden, hatten sie doch um einiges sicherer und entschlossener und ruhiger gewirkt als Hugo, dem die blanke Panik ins Gesicht geschrieben stand.
"Es ist absurd", bestätigte Harry. "Vor allem, weil Diana doch auch ein Unfall war. Man hätte meinen können, dass Hugo daraus gelernt hat. Ginny hat zumindest James damals eingetrichtert, dass er besser aufpassen soll, wenn sogar Rose sowas passieren kann."
Ron zuckte mit den Schultern. "Hugo war zu betrunken, um an den Spruch zu denken. Das war reine Blödheit. Bei Rose war das ein saudummer Zufall." Es hätte wirklich keiner damit rechnen können, dass ein Grippetrank den Verhütungstrank von Rose außer Kraft setzt.
Harry schüttelte den Kopf. "Es ist wirklich merkwürdig, dass gerade deine Kinder beide ungeplante Schwangerschaften am Hals haben."
"Wieso?", fragte Ron misstrauisch. Wollte Harry etwa andeuten, sie hätten Hugo und Rose schlecht aufgeklärt? Hermine hatte stundenlange Gespräche mit ihnen geführt, in denen sie alles mehrfach erörtert hatte. Es gab niemanden im ganzen Land, der aufgeklärter war als seine Kinder, davon war Ron überzeugt. Rose hatte einfach Pech gehabt und bei Hugo hatte der Verstand ausgesetzt. Das kam schon mal vor.
"Du und Hermine, ihr habt doch so lange gebraucht, bis sie zum ersten Mal schwanger geworden ist. Das war doch über ein Jahr, oder?", erwiderte Harry schnell.
"Es waren anderthalb Jahre." Es war schrecklich gewesen. Dieses ständige Hoffen und Zweifeln und die monatliche Enttäuschung, wenn es wieder nicht geklappt hatte. Es hatte sowohl an Hermines als auch an seinen Nerven genagt. Als sie dann mit Rose schwanger geworden war, war das eine unendliche Befreiung gewesen. Es war etwas, das seine Kinder nie hatten erleben müssen. Das hatte er sich damals gewünscht. Dass seine Kinder nie so etwas durchmachen mussten wie Hermine und er. Dass es genau umgekehrt sein würde, damit hatte er nicht rechnen können.
"Und Rose und Hugo? Bei denen hat es sofort geklappt. Ohne, dass sie es wollten.", sagte Harry nachdenklich.
"Merkwürdig", seufzte Ron. In seiner Familie gab es wohl nur Extreme, was Schwangerschaften betraf. Aber bisher hatten sie immer das Beste daraus gemacht. Rose und Scorpius waren wunderbar mit Diana zurechtgekommen und würden sie um nichts in der Welt wieder hergeben. Und auch wenn das alles Hugo momentan eine Heidenangst einzujagen schien, würde auch er das Beste daraus machen. Ein Kind war ein Geschenk und auch, wenn er nicht darum gebeten hatte, würde er sich irgendwann sicher darüber freuen. Hoffentlich.
"Naja, es kann nicht jeder so ein Glück haben mit seiner Familienplanung wie du und Ginny oder Al und Lily.", sagte Ron schließlich.
"Willst du mir das etwa vorwerfen?", fragte Harry erstaunt. "Ich hab doch keinen Einfluss darauf gehabt, wie schnell Ginny schwanger geworden ist und du nicht darauf, wie lange es bei Hermine gedauert hat. Und was unsere Kinder angeht -"
"Ich weiß, ich weiß", unterbrach Ron ihn. So sehr er sich schämte, sich das einzugestehen, er war damals schon eifersüchtig gewesen, als James geboren worden war und er und Hermine noch immer keinen Erfolg gehabt hatten. Es war natürlich völlig irrational gewesen, aber was hatte er machen können? Gefühle konnte man nicht so beeinflussen, wie man wollte. Glücklicherweise waren diese Gefühle sofort verschwunden, als Hermine endlich schwanger geworden war und nach Roses Geburt hatte er fast völlig vergessen, dass er jemals ein Problem damit gehabt hatte, dass sein bester Freund schon Vater war und er nicht. Es war gut, dass er und Hermine so lange hatten warten müssen, denn sonst hätten sie nicht Rose gehabt. Vielleicht ein anderes wunderbares Kind, aber nun mal keine Rosie. Und die wollte Ron um keinen Preis hergeben. Es war gut, so wie es war. Und Hugo würde hoffentlich irgendwann auch zu diesem Schluss kommen. "Du kannst nichts dafür. Höchstens ich, weil ich Hugo nicht oft genug eingetrichtert habe, dass er diesen Spruch nie im Leben vergessen sollte. Aber ich hab gedacht, er weiß das."
"Er hat es bestimmt gewusst", erwiderte Harry überzeugt. "Sonst hättest du schon ein paar Enkelkinder mehr. Er hat es wahrscheinlich einfach vergessen."
Ron nickte. "Collette hat ihn fertig gemacht. Sie will den Typen heiraten, mit dem sie Hugo betrogen hat." Er schüttelte ungläubig den Kopf. "Ausgerechnet ein Sohn von McLaggen. Dieser Typ hat noch nie was Sinnvolles zu Stande gebracht."
"Wem sagst du das?", seufzte Harry. "Ich hab den Schädelbruch nicht vergessen." Er rieb sich seinen Hinterkopf. "Er hat zwar Talent gehabt, aber er war völlig unfähig, in einem Team zu spielen. Ginny hat irgendwann mal erzählt, dass ihn drei Teams nach ein paar Wochen wieder rausgeschmissen haben."
"Ich frag mich, wieso sie ihn überhaupt genommen haben.", murmelte Ron. "So toll war er doch wirklich nicht. Was hat er eigentlich danach gemacht? Durch das Aurorentraining ist er doch auch nicht gekommen." Merlin sei Dank. Ron hätte diesen eingebildeten Idioten keine Sekunde ertragen können. Glücklicherweise wurde von Auroren auch eine hohe Teamfähigkeit erwartet und da hatte McLaggen haushoch versagt.
"Ich glaube Unternehmensberatung", sagte Harry nachdenklich. "George hat doch irgendwann mal erwähnt, dass er ihn belästigt hat. Er wollte ihm ein neues Geschäftskonzept vorschlagen."
"Ach ja, richtig." George hatte davon erzählt, wie McLaggen mit einem völlig ausgearbeiteten Businessplan zu ihm gekommen und ihm vorgeschlagen hatte, das ganze Geschäft umzukrempeln, damit George endlich richtig Erfolg haben konnte. George hatte ihn haushoch wieder aus dem Laden geschmissen. "Collette hat Hugo wirklich nicht verdient, wenn sie so einen Idioten meinem Sohn vorzieht."
"Jetzt muss das nur noch Hugo so sehen."
Ron seufzte. "Ich glaube, der wird noch eine ganze Weile brauchen, bis er das so sehen wird. Er ist davon überzeugt, dass sie seine große Liebe ist." Ron hatte das nie verstanden. Er hatte nie verstanden, was Hugo in dieser eingebildeten Zicke gesehen hatte. Aber Gefühle konnte man eben nicht kontrollieren, sein Sohn genauso wenig wie er selbst.
"Er wird es irgendwann schon noch anders sehen.", sagte Harry zuversichtlich.
"Ich hoffe nur, dass er in der Zwischenzeit nicht noch mehr Dummheiten anstellt.", murmelte Ron. "Er hat schon genug am Hals."
/-/
"Und es ist sicher, dass das Kind von Hugo ist?", fragte Ginny ungläubig, während sie das Fläschchen mit Lilys Muttermilch auf den Tisch stellte, ihren Enkel Robert an ihre Schulter hob und versuchte, ihn dazu zu kriegen, ein Bäuerchen zu machen.
"Hugo sagt ja", erwiderte Hermine und beugte sich, um eines der Babysöckchen aufzuheben, das Robert von seinem Fuß gerutscht war. Vorsichtig streifte sie es dem Baby wieder über den Fuß. Sie war jedes Mal aufs Neue fasziniert davon, wie winzig doch die Zehen eines Babys waren. "Er meint, dass man ihr vertrauen kann."
"Aber er war auch so schrecklich fasziniert von dieser Collette", wandte Ginny ein. "Und der Schlampe war auch nicht zu trauen."
"Ich weiß", seufzte Hermine. Bei Collette hatte Hugos Menschenkenntnis versagt. Sonst hatte er eigentlich immer sehr sympathische Freundinnen gehabt, die ihn nicht an der Nase herumgeführt hatten. "Aber er meint, dass man ihr vertrauen kann. Nach allem, was er bisher erzählt hat, klingt sie eigentlich ziemlich vernünftig."
"Wenn du meinst", erwiderte Ginny und nahm Robert wieder in den Arm, nachdem der sein Bäuerchen gemacht hatte. Jetzt nuckelte er zufrieden an seinem Daumen und starrte Ginny aus großen braunen Augen an. "Ihr werdet sie ja bestimmt bald kennen lernen, dann könnt ihr euch selbst ein Bild machen."
"Du meinst, man kann ihr nicht trauen?", fragte Hermine vorsichtig. Daran hatte sie noch gar nicht gedacht.
Ginny lachte. "Ich bitte dich, Hermine, du bist die supertolle Anklägerin. Es ist doch immerhin möglich. So ziemlich jeder weiß, dass Hugo nicht arm ist. Und dass seine Freundin ihn betrogen hat, ist auch nicht unbekannt. Es kann doch sein, dass es jemand darauf angelegt hat, ein Baby von ihm zu bekommen und dann kräftig abzusahnen." Sie kitzelte das Baby unter dem Kinn. Robert stieß ein herzallerliebstes Lachen aus. Hermine streckte ihre Hand aus und sah zu, wie Roberts kleine Finger ihren Zeigefinger umklammerten. Er war so niedlich.
"Ich weiß nicht", sagte sie unsicher. "Hugos Menschenkenntnis ist normalerweise ziemlich gut. Und er scheint dieser Clara zu vertrauen. Außerdem hat sie überhaupt nichts verlangt. Kein Geld, keine Hochzeit, sie hat ihm sogar die Wahl gelassen, ob er überhaupt etwas mit dem Kind zu tun haben will."
"Das könnte eine sehr gerissene Taktik sein", gab Ginny zu bedenken. "Oder sie meint es ehrlich und ist eigentlich viel zu gut, um wahr zu sein. Naja", sagte sie, als sie Hermines verwirrten Blick bemerkte, "ich weiß nicht, ob ich an ihrer Stelle so reagieren würde. Ich glaube, ich an ihrer Stelle würde eine gewisse Sicherheit wollen. Vielleicht nicht unbedingt eine Hochzeit, aber immerhin Gewissheit, dass unser Baby gut versorgt sein wird. Und dass der Vater sich vielleicht hin und wieder darum kümmern wird. Ein Kind ohne Vater, ich weiß nicht, ob ich das könnte."
Hermine konnte es sich auch nicht vorstellen. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie es gewesen wäre, Rose und Hugo ohne Ron großzuziehen. Er war ein so fantastischer Vater, der beste, den sie sich für ihre Kinder wünschen konnte. Wie jemand das alleine schaffen konnte, war ihr ein Rätsel.
"Sie muss sehr stark sein", vermutete Hermine. Sie weigerte sich zu glauben, dass die Mutter von Hugos Kind nur eine berechnende Schlampe war, die scharf auf Hugos Geld war. Das konnte einfach nicht sein.
"Das muss sie", erwiderte Ginny grinsend. "Jeder, der sich entscheidet, einen weiteren Weasley in die Welt zu setzen, muss wirklich sehr stark sein." Sie hob Robert hoch und drückte ihm ein paar Küsse auf beide Wangen. "Er ist unglaublich süß, nicht wahr?", fragte sie dann.
Hermine nickte. Der kleine Kerl hatte Lilys braune Augen geerbt, die auch Ginnys Augen waren, und die dunklen Haare von seinem Vater. Er schien ein ziemlich ruhiges Baby zu sein. Bisher hatte er noch kaum einen Mucks von sich gegeben und Ginny hatte ihr versichert, dass er wirklich ein sehr stilles Baby war. Es war richtiggehend unheimlich, wie leise er war. Lily hatte Glück gehabt.
"Er ist wundervoll", sagte sie und fuhr dem Kleinen durch die Haare. Sie fühlten sich so seidig an.
"Hier", erwiderte Ginny und legte Hermine das Baby ohne viel Federlesen in die Arme. Hermine war zwar überrascht, aber instinktiv hielt sie ihn fest. Wie oft hatte sie Rose und Hugo so gehalten, als sie noch Babys waren? Wie oft war sie in der Nacht aufgestanden und hatte stundenlang versucht, sie wieder zu beruhigen, wenn sie ohne besonderen Grund zu weinen schienen und kein einziger Ratschlag aus den Babybüchern half? Und wie oft hatte sie auf Diana und Aiden aufgepasst, wenn Rose und Scorpius eine Pause gebraucht hatten? Aber jetzt war es schon so lange her, seit sie ein Baby gehalten hatte. Besonders Aiden war zwar sehr oft bei Ron und ihr, aber er war nun wirklich kein Baby mehr. Es würde schön sein, wieder ein Baby in der Familie zu haben. Ein wunderschönes perfektes kleines Baby, das vielleicht Hugos wunderschöne blaue Augen geerbt hatte.
"Bald wirst du auch wieder so eins haben", sagte Ginny lächelnd.
"Ich weiß", sagte Hermine. "Ich weiß."
/-/
Nach Kapitel 11. Hugo und Clara sind zusammen.
"Hey, was macht ihr denn hier?", fragte Ginny verwundert.
"Ach, wir dachten, wir schauen einfach mal vorbei", sagte Ron so lässig wie möglich, während er an seiner kleinen Schwester vorbei ins Innere ihres Hauses spähte. "Ist Harry da?"
"Ja, er ist in seinem Büro. Aber was -" Ginny schaute ihm verwundert nach, als Ron sich an ihr vorbei ins Haus drängte und schnurstracks zu Harrys Büro ging. Sie sah zu Hermine. "Was soll das denn? Was ist los?"
Hermines Antwort hörte Ron nicht mehr. Er eilte durch den Flur, klopfte an Harrys Bürotür und trat ein, ohne eine Antwort abzuwarten.
Harry schaute von seinen Akten auf und verzog das Gesicht zu einem Grinsen, als er seinen besten Freund erblickte. „Na wenn das nicht unser strahlender Held ist", sagte er lachend und lehnte sich zurück.
Ron stöhnte gequält auf und ließ sich in einen der beiden Stühle sinken, die vor Harrys Schreibtisch standen. Er hatte so gehofft, dass niemand anders davon erfahren würde, abgesehen von Hermine, Ernie und diesem dämlichen Azubi, aber er hatte wohl Pech gehabt.
„Bitte sag mir, dass du Ginny nichts gesagt hast", flehte er Harry beinahe an. Wenn Ginny es erst mal wusste, dann würde innerhalb von einer Stunde die ganze Familie Bescheid wissen und dann würde er das nie wieder vergessen können. Er hatte unheimliches Glück gehabt, dass er damals vergiftet worden war, nachdem er in der sechsten Klasse diesen dämlichen Liebestrank getrunken hatte, sonst hätten Fred und George ihn das nie wieder vergessen lassen, da war er sich sicher.
Harry schüttelte lachend den Kopf. „Für was für einen Chef hältst du mich? Soweit ich weiß, weiß niemand außer mir im Büro Bescheid."
„Merlin sei Dank", seufzte Ron erleichtert und sah sich im Büro um. „Hast du zufällig Feuerwhiskey da?" Alkohol konnte er weiß Gott gut gebrauchen, um diese Schande endlich zu vergessen.
Harry runzelte die Stirn. „Solltest du mit dem Alkohol nicht warten, nachdem du Schmerzmittel bekommen hast?"
Ron zog eine Augenbraue hoch. „Und?"
Harry zuckte mit den Schultern. „Ich wollte es nur erwähnt haben." Er schwang den Zauberstab und aus einem Schrankfach flog ein Glas Feuerwhiskey zu Ron, der dankbar einen großen Schluck trank.
„Wieso weißt du überhaupt davon?", fragte Ron schließlich griesgrämig, nachdem sich die wohlige Wärme des Alkohols in seinem Körper ausgebreitet hatte. Alkohol half viel besser als alle Schmerzmittel, die Macmillan ihm hätte verschreiben können. Er fühlte sich schon viel besser, auch wenn die Demütigung immer noch sehr groß war.
„Ians hat folgsam einen detaillierten Bericht von dem Verhör verfasst", erwiderte Harry immer noch mit diesem dämlichen Grinsen im Gesicht. „Er hat ihn mir persönlich gegeben und sich tausendmal dafür entschuldigt, dass er Hermine benachrichtigt hat. Aber er hat gedacht, dass du in Lebensgefahr schwebst und er wollte nicht dafür verantwortlich sein, deiner Frau nicht Bescheid gesagt zu haben."
Ron schnaubte. Lebensgefahr, also wirklich! „Können wir diesen Armleuchter nicht in eine andere Abteilung versetzen? Wenn er nicht mal ein winziges Wehwehchen von etwas lebensgefährlichem unterscheiden kann …"
„Ich weiß", nickte Harry. „Er will ja kein Auror werden, er wird für die Verwaltung ausgebildet. Aber es war erst sein dritter Tag, ich glaube, er war einfach nur sehr nervös und wollte keinen Fehler machen. Da kann man schon mal ein Auge zudrücken."
Ron seufzte. An sich stimmte er Harry natürlich zu, schließlich war niemand unfehlbar und er selbst hatte auch schon den einen oder anderen Fehler begangen (einmal hatte er einen unschuldigen Pudel bedroht, weil er ihn für einen Animagus gehalten hatte, nachdem er die Akten nur überflogen und nicht genau gelesen hatte), aber der Gedanke, dass dieser Depp weiter in der Abteilung herumlaufen und jeder Zeit erzählen konnte, was ihm passiert war … Aber damit würde er wohl Leben müssen.
„Keine Angst", sagte Harry beruhigend, „ich glaube, du hast ihm genug Angst gemacht, dass ihm nichts herausrutschen wird."
„Na hoffentlich", murmelte Ron. „Schlimm genug, dass du und Hermine wissen, was passiert ist. Merlin sei Dank war sie so nett, dass sie Hugo und Clara nichts gesagt hat, als wir sie im Mungos gesehen haben und dass Rose frei hatte …"
„Ihr habt Hugo und Clara gesehen?", fragte Harry überrascht und besorgt. „Ist alles in Ordnung mit dem Baby?"
Ron winkte ab. „Ja, keine Sorge, es war nur eine Kontrolle. Alles in Ordnung." Wenn dem nicht so gewesen wäre, hätte er schon längst etwas gesagt. Dann fing er an zu grinsen, als ihm einfiel, was er in seiner Hast, zu überprüfen, ob Harry und Ginny wussten, dass er mit einem Stuhl k.o. geschlagen worden war, vergessen hatte. „Weißt du übrigens schon das neueste?"
„Außer, dass du gegen einen Stuhl verloren hast?", fragte Harry lachend.
Ron seufzte. Harry würde zwar Ginny nichts sagen, aber die Fähigkeit, ihn aufzuziehen, hatte er von seiner Frau gelernt. Und er stand ihr in nichts nach.
„Das meine ich nicht!", widersprach Ron vehement. „Ich meine Hugo und Clara. Sie sind zusammen."
„Wirklich?" Harry schaute ihn überrascht an. „Aber Hugo hat doch immer so entschieden widersprochen."
Ron zuckte mit den Schultern und grinste. „Anscheinend hat er sich geirrt. Es war ja auch ziemlich offensichtlich für uns alle, aber er-"
„Kommt ganz nach dir", unterbrach ihn Harry. „Wie lange hast du gebraucht, bis du gewusst hast, dass du in Hermine verliebt bist? Das waren doch Jahre."
Ron schüttelte den Kopf, sagte aber nichts. Es waren nicht Jahre gewesen. Er hatte schon lange gewusst, dass seine Gefühle für sie nicht gerade platonisch waren, spätestens, als dieser Idiot Krum sie zu diesem dämlichen Ball eingeladen hatte. Wenn er wirklich ehrlich zu sich war, hatte er es gewusst, seit er das Bedürfnis verspürt hatte, Krum eins in die Fresse zu hauen, als er sie zusammen gesehen hatte, und Harry nicht. Was aber nicht bedeutete, dass er nicht versucht hatte, es sich wieder auszureden. Und zwar Jahre lang. Hermine war eine unglaubliche Frau gewesen, schon damals, und er hatte nicht geglaubt, dass er in ihrer Liga spielte. Er hätte sich einiges erspart, wenn er ihr schon früher gesagt hätte, was er für sie empfand. Glücklicherweise hatte Hugo sich in dieser Hinsicht kein Beispiel an ihm genommen und einige Jahre verschwendet, sondern höchstens ein paar Monate.
„Er sieht so glücklich aus", sagte Ron schließlich erleichtert. „Er hatte so viel Angst und war so verzweifelt und jetzt … jetzt ist das wahrscheinlich das Beste, was ihm überhaupt passieren konnte." Er hatte gehofft, dass sich alles zum Guten wendete, aber genauso gut hätte es auch schief gehen können. Hugo hatte wirklich Glück gehabt, dass er so eine fantastische Frau wie Clara erwischt hatte. Aber vielleicht war das auch gar kein Glück gewesen sondern Schicksal. Es war bestimmt kein Zufall gewesen, dass sie Hermine damals aus Versehen mit dem Troll in der Toilette eingeschlossen hatten.
„Dann können wir nur hoffen, dass er dieses Mal mehr Glück hat als beim letzten Mal", murmelte Harry. Er war jemand, dem Collette fast am meisten missfallen hatte, aber da war auch kein Wunder, schließlich hatte sie sich bei jedem Familienfest, zu dem sie aufgetaucht war, praktisch an ihn geklebt, weil er der berühmte Harry Potter war. Ein normaler Mensch konnte das doch gar nicht aushalten.
„Ich glaube schon", sagte Ron zuversichtlich. Clara schien ihn glücklich zu machen. Wirklich glücklich. Ohne große Opfer von ihm zu verlangen und ihn zu Sachen zu überreden, die Hugo nie im Leben freiwillig gemacht hätte. Er konnte sich nicht erinnern, seinen Sohn jemals so zufrieden gesehen zu haben. „Ich glaube, dieses Mal hat er die Richtige gefunden."
/-/
„Was ist los?", fragte Ginny völlig verwirrt, als ihr großer Bruder ohne ein weiteres Wort an ihr vorbei in das Büro ihres Mannes praktisch sprintete. „Ist irgendwas passiert?"
Hermine schüttelte lachend den Kopf. „Keine Sorge, Gin, es ist alles in Ordnung. Er wollte nur etwas Dringendes mit Harry wegen der Arbeit besprechen. Aber nichts Lebensgefährliches." Es war verlockend, Ginny zu erzählen, was passiert war, aber sie hatte Ron versprochen, es nicht zu tun. Sie konnte die Neckereien schon fast vor sich sehen und es war wirklich nicht Rons Fehler gewesen, dass er von einem Stuhl getroffen worden war. Es war auch nicht sein Fehler gewesen, dass sie beinahe den Schreck ihres Lebens bekommen hatte, als plötzlich jemand vor ihr gestanden hatte und ihr gesagt hatte, dass ihr Mann während seiner Arbeit schwer verwundet worden war. Am Anfang von Rons Karriere hatte sie öfter diese Art von Nachrichten bekommen, als noch viele gefährliche Todesser herumgelaufen waren und Ron noch viel involvierter in Nahkämpfe gewesen war. Mittlerweile gab es weniger Todesser und auch weniger Außeneinsätze, an denen Ron teilnahm, sodass sie sich schon seit Jahren nicht mehr solche Sorgen machen musste. Trotzdem konnte immer mal wieder was passieren und heute war sie mit dieser Tatsache konfrontiert worden, die sie leichtsinniger Weise vergessen hatte. Schon alleine der Gedanke, dass ihm etwas zustoßen und sie ihn verlieren könnte, brachte sie beinahe um. Sie war noch nie in ihrem Leben so erleichtert gewesen wie in dem Moment, in dem sie in der Aurorenzentrale angekommen und gehört hatte, wie Ron irgendeinen jungen verängstigten Mann lautstark anbrüllte. Wenn er das konnte, dann war ihm nichts Schwerwiegendes passiert.
„Gut", sagte Ginny erleichtert. „Ich dachte schon …" Sie schüttelte den Kopf und lächelte ihre beste Freundin an. „Möchtest du vielleicht ein Stück Kuchen? Ich hab gerade frischen gebacken. Und Lily hat ein paar neue Babyfotos vorbei gebracht."
Hermine nickte. „Du weißt doch, dass ich Kuchen und Babyfotos nicht widerstehen kann."
Fünf Minuten später saßen die beiden kuchenessend am Küchentisch und sahen sich die neuesten Bilder von Lilys Sohn Robert an.
„Meine Güte, er ist wirklich bezaubernd", sagte Hermine lächelnd, während sie ein Bild betrachtete, auf dem er versuchte, einen Quaffel zu umarmen, der größer war als sein ganzer Körper. „Den hat er doch bestimmt von James, oder?"
„Von wem sonst?", erwiderte Ginny lachend. „Er war der Meinung, Stoffquaffel, wie wir sie für die Kinder hatten, als sie noch klein waren, ist etwas für Weicheier. Du weißt doch, dass man ihn von nichts abbringen kann, wenn er sich einmal was in den Kopf gesetzt hat."
„Solange Robbie noch so klein ist und sie auf ihn aufpassen, kann ja nicht so viel passieren. Ich glaube, sie müssen sich erst Sorgen machen, wenn er wirklich stehen kann."
„Trotzdem", murmelte Ginny und ihr Lächeln verschwand. „Eigentlich müsste man doch meinen, dass mittlerweile vernünftiger geworden ist, als einen Baby einen Quaffel zu schenken. Kannst du dir vorstellen, was er mit seinen Kindern alles anstellen würde? Wenn er überhaupt mal welche bekommt …"
„Julia wird ihn schon bremsen können." Seit er Julia hatte, war James schon um einiges vernünftiger geworden als er es in seinen frühen Zwanzigern jemals gewesen war. Victoire hatte einmal erzählt, dass sie ihn mit Gewalt davon abbringen musste, dass er mit ihrem anderthalb Jahre alten Sohn Remus auf einem Besen durch die Gegend flog. „Und ich bin mir ziemlich sicher, dass er eines Tages Kinder haben wird. Ich kann mir James und Julia ohne nicht vorstellen." James war ein hingebungsvoller Onkel, wenn er auch manchmal über die Strenge schlug. Und er würde auch ein umwerfender Vater sein, wenn es einmal so weit war.
„Weißt du, ich hab immer Angst davor gehabt, dass irgendeine von den Frauen, mit denen er seine dauernden Affären hatte, mit einem Baby vor seiner Tür stehen und ihm sagen würde, dass es seins war.", seufzte Ginny. „Ich hätte nie gedacht, dass es stattdessen Hugo passieren würde."
„Glaub mir, ich auch nicht", erwiderte Hermine. Dann musste sie lächeln. „Aber es hat sich alles zum Guten gewendet. Wusstest du, dass sie jetzt zusammen sind, Hugo und Clara?"
„Nein", erwiderte Ginny und steckte sich ein Stück Kuchen in den Mund. „Aber es überrascht mich nicht. Ihre Blicke haben doch schon lange Bände gesprochen. Obwohl ich sagen muss, dass es mich doch ein bisschen überrascht, dass sie so schnell zusammen gekommen sind. Wenn Hugo nach dir und Ron gekommen wäre, dann hätte er sich noch ein paar Jahre Zeit gelassen, bis er etwas gesagt hätte."
„Hey!", sagte Hermine leicht beleidigt. „Ich hab mich mit Ron wenigstens unterhalten können, du hast vier Jahre gebraucht, bis du mit Harry überhaupt sprechen konntest."
„Du und Ron habt euch doch nicht unterhalten", widersprach sie. „Entweder habt ihr euch angebrüllt oder angeschwiegen. Ihr habt Glück, dass eure Kinder so normal geraten sind."
Hermine hielt das Bild mit dem Quaffel in die Höhe und hob ihre Augenbrauen.
Ginny lachte. „Okay, okay. Frieden?"
Hermine nickte. „Solange unsere Kinder gesund und glücklich sind, haben wir doch wirklich keinen Grund, uns zu beklagen, oder?" Und das waren sie alle. Rose war glücklich mit Scorpius und ihren beiden Kindern, Claras Schwangerschaft schien das Beste zu sein, was Hugo jemals passiert war. Al und Lily waren mit ihren Familien und ihrer Arbeit wunschlos glücklich und James hatte mit Julia endlich eine Frau gefunden, bei der er sich zu Hause fühlte. Mehr konnte man doch gar nicht wollen.
„Ich freu mich schon auf die Babyfotos von Hugos Tochter.", grinste Ginny. „Die werden bestimmt auch unglaublich süß sein. Clara kommt als Designerin ja an die niedlichsten Klamotten ran."
Hermine lachte. „Das glaube ich auch." Als Rose und Hugo noch klein waren, hatte sie sie immer in die süßesten Sachen gesteckt, die sie hatte finden können. Da war es ihr dann auch manchmal egal gewesen, wenn sie sich beschwert hatten, dass die Sachen zu kratzig waren. Manche Opfer musste man einfach bringen.
Die beiden sahen auf, als Ron und Harry in die Küche kamen. Rons Augen leuchteten auf, als er den Kuchen sah und er nahm sich ohne viel Federlesen einen Teller und eine Gabel aus dem Schrank und schnitt sich ein sehr großes Stück ab.
Ginny verdrehte die Augen. „Kannst du nicht wenigstens fragen, Ron?"
„Wieso?", erwiderte Ron verständnislos. „Du hättest mir doch sowieso ein Stück gegeben."
Ginny schaute ihn wütend an und öffnete schon den Mund, um ihn anzufauchen, als die Worte ihr im Hals stecken blieben. Interessiert zog sie die Augenbrauen hoch. „Wo hast du die Beule her?"
TBC...
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A/N:
@Toffi: Ich hab das Gefühl, dass ich Ron und Hermine einfach besser schreiben kann als Harry und Ginny, deshalb kommen sie bei mir öfter vor. Außerdem hab ich eine Schwäche für Rose und Hugo und deren Geschichten, abgesehen von James, ich liebe James' Geschichte. Und da ich der Meinung bin, dass Ron als Vater um einiges weniger tolerant ist als Harry, bietet er auch mehr Potential für Konflikte, zumindest was Rose angeht.
Ich hoffe trotzdem, dass dir Harry und Ginny in einem ihrer etwas selteneren Gastauftritte in dem 10 kleine Dinge-Universum gefallen hat. Und vielen Dank für deinen Kommentar.
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