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Fanfiction

Alles was wir geben mussten - Aus heiterem Himmel

von Jausti

Kaum war Phina aus der Tür gerauscht, wollte sie nur noch weg. Ihr innewohnender Fluchttrieb drängte sie, so schnell wie möglich eine ziemlich große Distanz zwischen sich und Draco Malfoy zu bringen. Was wenn er ihr nachkäme? Sie konnte immer noch nicht fassen, was er alles zu ihr gesagt hatte. Und auch nicht, dass sie ausgerechnet ihm, von allen Leuten, über den Weg laufen mussten. Es war, als hätte das Schicksal sich mit ihr einen skurrilen Scherz erlaubt, den Phina gar nicht lustig fand.

In ihrem Geiste lief die kurze Unterhaltung zwischen ihnen auf Dauerschleife ab. So wütend und verletzt sie wegen Draco auch war, Phina konnte nicht umhin, den schmerzverzerrten Ausdruck in seinem Gesicht zu bemerken. Es schien, als würde Mias und Phinas Schuljahr in Hogwarts mehr bedeuten, als sie selbst wussten. Wovon hatte Draco nur geredet, als er sagte, er habe keine Wahl?

Als sie aus heiterem Himmel eine Hand an der Schulter zurückzog, machte Phina sich schon darauf gefasst, gleich ein weiteres Mal in Dracos kalte, graue Augen zu sehen, doch zu ihrer großen Überraschung stand sie der grobschlächtigen Aurorin Jenna Packhum gegenüber. Phina hatte völlig vergessen, dass die Aurorin vor dem Bekleidungsgeschäft auf sie gewartet hatte. Ein zentnerschwerer Stein fiel Phina vom Herzen. Mit diesem Kraftpaket als Aufpassern würde Draco es nicht wagen, ihr eine Szene zu machen. Schließlich sollte niemand um sie wissen.

„Wo rennst du denn hin?“, fragte nun Mrs Packhum und runzelte die Stirn.

„Ehm, ich dachte ich hätte sie da vorne gesehen!“, log Phina und zeigte auf einen bulligen Mann, der ihr gegenüber am Schaufenster eines Ladens für Besenteile stand. Jenna Packhum zog eine Augenbraue hoch, sagte aber nichts. „Gehen wir nun zum Treffpunkt?“, fragte Phina und die Aurorin nickte.

Schweigend liefen sie nebeneinander her und ließen dabei Madam Malkins Bekleidungsgeschäft weit hinter sich. Mit jedem Schritt fühlte Phina sich wieder ein wenig sicherer in ihrer Haut und als sie schließlich den Treffpunkt - eine kreischend grell möblierte Eisdiele namens Florean Fortescues - erreichten, zitterten nicht einmal mehr Phinas Hände. Kaum hatte sie den Bereich getreten, in dem Tische und Stühle standen, verschwand die seltsame Aurorin auch schon in Richtung Hinterzimmer.

Bevor Phina sich darüber wundern konnte, hatte sie auch schon Harry, Ron und Hermine entdeckt, die zu dritt an einem der Plastiktische unter einem pfirsichfarbenen Sonnenschirm saßen und Eis aßen. Aber wo war Mia? Phina wurde ganz schlecht, als ihr bewusst wurde wie lange es her war, dass ihre beste Freundin in der Magischen Menagerie ausgebüxt war, um in der Nokturngasse Geld und Schutz zu suchen. Ein Glück, dass Phina das Geld im Endeffekt nicht benötigt hatte. Ein schlechtes Gewissen überkam sie, als sie daran dachte, dass in ihrem kleinen Geldbeutel vielleicht gar nicht genug für den Umhang gewesen war. Dafür würde sie sich nun immer mit zu kurzen Ärmel herumplagen müssen. Aber momentan war das ihr geringstes Problem.

Sie lief auf Hermines üppigen braunen Haarschopf zu und rief: „Hallo ihr drei! Ich bin jetzt fertig mit den Einkäufen!“ Um ihre Worte zu unterstreichen, wollte sie ihre Tüten hochhalten, als ihr auffiel, dass sie für ihren Umhang in der Eile gar keine Einkaufstüte bekommen hatte. Hastig ließ sie ihn in der Tüte mit ihren Büroartikeln verschwinden.

Anschließend wurde sie von allen freundlich begrüßt und setzte sich zu ihnen. Ihre Einkaufstüten legte sie dabei auf den Stuhl neben sich, wie, um ihn für Mia freizuhalten. Obwohl sie große Angst um ihre Freundin hatte, wollte sie nicht vor Harry, Ron und Hermine einen Nervenzusammenbruch kriegen, deswegen atmete sie einmal tief ein und aus, um sich zu beruhigen. Während sie leise vor sich hin hyperventilierte, brachte eine Kellnerin, die eine rotweiß gestreifte Schürze trug, ihr wie von Zauberhand ein Eis mit Joghurtgeschmack, ohne, dass sie bestellt hatte.

„Hast du denn auch schöne Umhänge ausgesucht?“, fragte Harry und beäugte die spärliche Ausbeute in ihren Taschen.

„Naja...“, murmelte Phina und überlegte fieberhaft, welche Ausrede sie nur auftischen konnte, „Ich habe eine Zwischengröße, deswegen hat mir keiner der Umhänge gepasst. Da habe ich nur einen genommen.“ Mit roten Wangen senkte sie den Kopf und stocherte in ihrem Eis.

„Wahrscheinlich weil du so groß bist.“, stellte Hermine fest. Ihr Tonfall hatte zwar einen sachlichen Klang, Phina bemerkte aber ganz genau die subtile Spitze, die darin lag. Ron warf Hermine einen bedeutungsschwangeren Blick zu, was Phina dazu veranlasste sich zu wundern, worüber die drei wohl geredet hatten, bevor sie gekommen war. Unbehagen erfüllte ihre Glieder wie langsam schleichende Kälte.

„Wie dem auch sei...“, sagte Ron sehr laut und überreichte Phina eine kamingrüne Plastiktüte, „Hier sind deine Bücher. Du glaubst nicht, wie anstrengend es war, sie für alle zu holen.“ Nachdem Phina sich bedankt hatte, ließ Ron sich breit über die schrecklichen Strapazen bei Flourish & Blotts aus. Hermine verdrehte dabei nur genervt die Augen und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Wo ist eigentlich Mia?“, fragte sie argwöhnisch und betrachtete den leeren Stuhl neben Phina, „Ich dachte sie hätte sich nur verlaufen.“

Phina, die immer noch von dem Aufeinandertreffen mit Draco und wegen des Wegbleibens von Mia etwas aufgelöst war, fing an, Hermine zunehmend unsympathisch zu finden. Was hatte sie eigentlich gegen sie? Phina konnte sich nicht daran erinnern je etwas getan zu haben, was Hermines Misstrauen ihr und Mia gegenüber rechtfertigen würde. So langsam ging ihr Hermines Art wirklich auf die Nerven. Phina machte ihren Rücken gerade und legte die Hände auf den Tisch.

„Ich weiß es nicht, Hermine.“, antwortete sie ein wenig zu scharf, „Hat Harry euch etwa nicht erzählt, dass wir sie verloren haben? Und sie weiß ja auch nicht, wo der Treffpunkt ist, wie sollte sie also herfinden?“

Harry und Ron nickten, als wäre dies vollkommen klar, doch Hermine verengte nur die Augen zu Schlitzen. Phina hatte das Gefühl, als würde sie sich ihre Lügen eingestehen, wenn sie den Blick abwand oder auch nur blinzelte, weshalb sie Hermine direkt in die Augen sah. Dann jedoch blitzte das Bild von Draco in seinem nagelneuen Umhang bei Madam Malkins in ihrem Unterbewusstsein auf und sie senkte den Blick.


„Angst?“ Lucius Malfoys aalglatte Stimme in Mias Ohr war wie ein wahr gewordener Alptraum. Ihr Herz zersprang nun nicht mehr in ihrer Brust, sondern drohte sie mit einem nahenden Herzstillstand vor dem Gifttod zu retten. Das Ekelgefühl, welches sie zuvor noch in der Nokturngasse bei den Müllcontainern ereilt hatte, war zurückgekehrt und sie schmeckte den bitteren Geschmack von Galle auf ihrer Zunge. Ihre Umgebung war ein einziger Wirbel aus Farben und Gerüchen. Das Einzige was Mia noch klar wahrnahm, war die glänzende Phiole mit der grellgrünen, tödlichen Flüssigkeit in Malfoys Händen. Und sie kam ihren Lippen immer näher.

Dennoch presste Mia aus Trotz die Lippen so fest aufeinander wie es nur ging. Weit entfernt, wie in einer anderen Welt, hörte sie Grace Zabinis rauchige Stimme. „Wie süß, die kleine Hexe ist zu stolz um zuzugeben, dass sie sich fürchtet.“ Im Nachhinein war Mia sich sicher, dass Grace Zabini ihr damit das Leben gerettet hatte. Denn als sie die dumpfen Worte hörte, flammten die letzten, kläglichen Reste ihres Stolzes in ihrer Brust auf und erfüllten sie mit neuer Kraft. Sie konnte sich nicht kampflos ergeben, schließlich war sie Mia und sie hatte vor nichts Angst. Das schuldete sie Phina.

Mit einem Ruck riss sie sich von Lucius Malfoys eisernem Griff los, woraufhin dieser so perplex nach hinten taumelte, dass die Phiole mit dem Gift auf den Boden fiel und in tausende, winzig kleine, messerscharfe Splitter zersprang. Eine der Scherben schnitt Mia im Flug an der Wange, doch als sie das schmerzvolle Stöhnen der Erwachsenen hörte, wusste sie, dass sie nicht als Einzige getroffen worden war. In der Aufregung nahm sie ihre Beine in die Hand und lief ein paar Schritte weiter, doch dann hatte sich Lucius Malfoy schon wieder gefangen und folgte ihr.

„Du kleines Miststück!“, schrie er und verzog sein Gesicht zu einer dämonischen Fratze. Grace Zabini war ganz hypnotisiert von der kleinen Schnittwunde an ihrem Unterarm. Ihre Eitelkeit rettete Mia davor, den beiden Erwachsenen hilflos ausgeliefert zu sein. Mr Borgin stand noch immer bewegungslos in der Ecke des Raumes und beobachtete die Szene mit weit aufgerissenen Augen.

Malfoys Pranke packte Mias Arm, doch sie schaffte es sich loszureißen und ihm den Arm dabei mit aller Kraft zu verdrehen, woraufhin er vor Schmerz aufstöhnte. Adrenalin durchströmte ihren ganzen Körper wie eine bewusstseinserweiternde Droge. Mit einem Satz sprang Mia in die entgegen gelegene Seite des Zimmers, wobei sie eine Glasvitrine streifte, die daraufhin mit einem lauten Scheppern zu Boden fiel. Mehrere der schwarzmagischen Artefakte schienen durch den Aufprall auf dem Boden ausgelöst worden zu sein. Schwarzer Rauch und höllisches Lachen erfüllten den Raum. Für den Bruchteil einer Sekunde konnte Mia nicht mal mehr die Hand vor Augen sehen und hörte nur das verzweifelte Heulen von Mr Borgin, der soeben wahrscheinlich eine Menge Geld verloren hatte. Dann lichtete sich der Rauch und Mia wurde bewusst, dass sie sich selbst in eine Sackgasse katapultiert hatte. Ihre Situation war ausweglos.

Sie stand direkt neben dem großen schwarzen Schrank und hinter ihr war die Wand, die sich wie eine riesengroße, unüberwindbare Mauer vor ihr auftürmte. Statt einfach blindlings drauf loszulaufen hätte sie sich Richtung Ausgang begeben sollen, doch dieser war bei Malfoy und sie hatte keine Chance ihn zu erreichen, ohne dass er sie erwischte. Inzwischen hatte Malfoy sich von dem Schock erholt und auch Grace Zabini konnte endlich den Blick von ihrer Wunde lösen. Die beiden näherten sich Mia mit beängstigender Geschwindigkeit und hatten ihre Zauberstäbe bereits gezückt. Hinter ihnen kam Mr Borgin, den Mias rabiates Verhalten zum Einschreiten animiert hatte. Sein Gesichtsausdruck war tödlich. Mia erschauderte.

„Jetzt ist es aus du kleines Biest!“, grinste Malfoy überlegen und hob bedrohlich den Zauberstab, „Bestell dem Teufel schöne Grüße von mir. Crucio!“

Das letzte Wort hörte Mia kaum noch. Sie sah nur mit vor Schreck geweiteten Augen, wie Malfoys sonst so dünnlippiger Mund sich zu einem schwarzen Schlund öffnete und wie ein greller Blitz aus seinem Zauberstab schoss. Genau auf sie zu. Wie in Zeitlupe sah sie sich um auf der Suche nach irgendeinem Schutzschild oder einem Versteck, doch es war nichts da, was ihr hätte helfen können. Ihren Zauberstab und ihre Beine hatte sie vollkommen vergessen.

Doch dann passierte etwas äußerst seltsames. Wie eine Motte aus Instinkt zum Licht fliegt, näherte Mia sich dem schwarzen Schrank direkt hinter ihr. Sie spürte sie wieder diese eigentümliche, unerklärliche Anziehungskraft und griff nach hinten. Ihre Finger umfassten das kühle Metall des rostigen Hakens und einer Eingebung folgend riss sie ihn hoch über ihren Kopf. Bevor sie auch nur die Torheit ihrer Handlung erfassen konnte - schließlich hatte sie sich einen nutzlosen Haken genommen, anstatt ihren Zauberstab zu zücken oder etwa einfach wegzurennen - passierte etwas, mit dem wohl niemand im Raum gerechnet hatte.

Kurz bevor Malfoys fataler Fluch auf Mia traf, begann der Haken mit unglaublicher Hitze zu glühen, sodass Mia ihn fast fallen gelassen hätte. Dennoch hielt sie ihn fest, obwohl ihre Finger dabei übel verbrannt wurden. Aus welchem Grund sie das tat, konnte sie sich selbst nicht erklären. Sie hatte einfach dieses Gefühl...

Dann, mit einem Mal, wurde alles in gleißendes Licht gehüllt. Der Haken vibrierte in ihren Händen und eine Druckwelle so stark wie eine Windbö bei einem heftigen Sturm erfasste sie. Einfach so schluckte sie den Fluch, den Malfoy auf Mia gehetzt hatte, und riss die Erwachsenen von den Füßen, sodass sie wie drei leblose Marionetten zu Boden fielen. Mia selbst taumelte wie beim Rückstoß einer Pistole ein paar Schritte nach hinten und sackte dann zu Boden, weil das Zittern ihrer Beine es ihr nicht mehr ermöglichte zu stehen. Unsanft landete sie auf ihrem Hinterteil.

Mia schloss ihre Augen. Die Druckwelle und der Rückstoß hatten ihr all ihre Kräfte geraubt. Ein monotones Dröhnen in ihren Ohren raubte ihr jegliches Denkvermögen. Um sie herum schien sich alles zu drehen. Wie ein Geist löste sie sich von ihrem Körper, sodass sie nur noch eine einzelne Seele war, die hoch über dem Universum umher schwebte. Sie sah Sterne, die wie zurückgelassene Geliebte am Firmament hingen. Der Mond sah sie mit traurigen Augen an, eine blasse, bleiche Scheibe. Er erinnerte sie an sie selbst, denn auch er gab vor zu strahlen, obwohl er seine verletzte Seite voller Krater vor der Welt zu verstecken suchte. Als würde er sie dann auch selbst nicht ertragen müssen. Dann spürte Mia, wie ihr Körper nach ihr rief und sie fiel, fiel, fiel. Zeit und Raum verloren ihre Bedeutung. Sie öffnete die Augen.


Verdammt, warum ist sie mir nur entwischt, fluchte inzwischen Draco in Gedanken. Der junge Malfoy war noch immer aufgewühlt von seinem Treffen mit Seraphina in Madam Malkins Bekleidungsgeschäft. Natürlich hatte er schon immer eine vage Ahnung gehabt, dass Mia und Seph vielleicht urplötzlich zum neuen Schuljahr in Hogwarts auftauchen würden, allerdings musste er zugeben, dass er niemals ernsthaft daran geglaubt hatte. Mehr als eine sentimentale Hoffnung war dieser Gedanke für ihn nie gewesen. Er kannte Mia gut genug um zu wissen, dass sie sich gern in Dinge verrannte, und Seph war einfach zu schüchtern um ein solches Konstrukt aus Lügen heraufzubeschwören. Und dann war da immer noch Dumbledore, der Hogwarts und seine Schüler wie seine eigenen Augäpfel hütete. Alles in allem schien es wie ein gedankenloses, unmögliches Unterfangen.

Trotzdem hatten sie es anscheinend geschafft. Draco fiel keine andere Erklärung dafür ein, warum Seph sich sonst Umhänge kaufen sollte. Obwohl die Erleichterung darüber, dass die beiden nicht tot waren, wie damals überall erzählt worden war, ihm ein wohlig warmes Gefühl im Bauch gab, war er dennoch schockiert über ihre Reaktion. Sie war so anders, so... mutig gewesen. Das war nicht die Seph, die er kannte. Wahrscheinlich lag es an Mia, diesem Plagegeist, dachte er bitter.

Nachdem Seph Hals über Kopf Madam Malkins verlassen hatte, wollte Draco ihr eigentlich auf dem Fuß folgen, doch dann musste er zunächst Sephs Rechnung begleichen, denn das bisschen Geld, was sie der Ladenbesitzerin dagelassen hatte, hätte niemals für einen Umhang ausgereicht. Es war schon ein wenig paradox, dass er sie nun deckte, wo er doch ganz genau wusste, dass er sie, sobald sie in Hogwarts sein würden, ausliefern würde müssen. Der Gedanke an seine Befehle machte ihn ganz krank und er wünschte sich ehrlich, er müsste einfach mit all dem nichts zu tun haben. Aber hatte er jemals eine Wahl gehabt?

Einen Verräter hatte sie ihn genannt.

Draco wusste, warum Seph so empfand, dennoch verletze es ihn zutiefst. In seinem Geiste durchlebte er ein weiteres Mal, wie so oft im letzten Sommer, die Ereignisse, die sich kurz nach dem Schuljahresende ereignet hatten. Sephs Gesichtsausdruck, als sie ihn um Hilfe bat. Und seine Reaktion. Draco vergrub das Gesicht in den Händen, damit er vor sich selbst fliehen konnte. Wenn Seph doch nur wüsste, wie sehr er sein Verhalten bereute! Als wäre er selbst schockiert über seinen kurzen Moment der Schwäche, riss er die Hände vom Gesicht und bemühte sich um eine kerzengerade Haltung. Dann strich er sein Haar glatt und setzte seinen gewohnt kühlen Ausdruck auf.

Ein Malfoy zeigt keine Schwäche, bläute er sich ein.

„Draco, Schätzchen, da bist du ja!“ Erschrocken fuhr Draco herum und blickte in die himmelblauen, strahlenden Augen seiner Mutter Narzissa. Sie sah wie immer bezaubernd aus, obwohl der Ausdruck auf ihrem Gesicht so wirkte, als würde irgendetwas sie bedrücken. Doch Draco machte sich nicht die Mühe zu fragen, denn er wusste ganz genau, was seiner Mutter so schwer auf dem Herzen lastete. Und leider hatte er nicht die Möglichkeit, diese Last von ihr zu nehmen.

Narzissa fuhr sich mit einer behandschuhten Hand durch das lockige, lange blonde Haar und warf es über ihre Schulter. Dabei wehte Draco eine Duftwolke ihres Parfüms entgegen, welches wie immer nach Narzissen roch. Die Blumen, die ihr den Namen gegeben hatten. „Das war vorhin ausgesprochen unerzogen von dir, mein Sohn! Ich sollte mich vielleicht mal mit deinem Vater über dein Betragen unterhalten.“

Draco blinzelte sie an und wusste, dass das eine Lüge war. Nachdem sie ihre Standpauke gehalten hatte, wurde Narzissas Gesichtsausdruck nämlich weich wie Butter. Mit einer Hand streichelte sie sanft Dracos Wange und zeigte ihm dann eins ihrer raren Lächeln, die sie anscheinend nur für ihn reserviert hatte. „Geht es dir gut?“

Draco wischte Narzissas Hand weg und nickte grimmig. Ja, er liebte seine Mutter auch, aber ihre ständigen Zuneigungsbekundungen machten ihn verrückt. Schließlich war er kein Baby mehr und auf direktem Weg dazu, ein Erwachsener zu werden. Seine Mutter wusste sogar von seiner Mission, ebenso wie sein Vater, das sollte eigentlich dafür sorgen, dass sie ihn langsam mal respektierte. Auf seine grobe Reaktion hin blickte Narzissa verletzt zu Boden, doch Draco hatte kein schlechtes Gewissen.

Eine Weile liefen die beiden schweigend nebeneinander her. Dracos Einkaufstüten baumelten beim Laufen gegen die langen Beine seiner Mutter, doch er hörte nicht damit auf. Irgendwann sagte sie dann: „Schätzchen, hast du Lust auf ein Eis?“

Sie standen vor Florean Fortescues, der heruntergekommenen Eisdiele der Winkelgasse. Seit er ein paar Mal Harry Potter und seine Schlammblutfreunde dort gesehen hatte, war Draco nicht mehr dorthin gegangen. Jetzt als er aufsah, war wieder das erste, was er sah, der schwarze, unordentliche Haarschopf. Jäher Zorn durchflutete ihn und seine Haut wurde ganz heiß. Draco konnte sich selbst nicht erklären, woher diese tiefe, alles ergreifende Antipathie gegen Potter kam, aber er konnte sie einfach nicht abschütteln. Und er wollte es auch nicht.

Natürlich saß er dort mit seinen beiden besten Freunden. Hermine Granger, das geborene Schlammblut und die größte Streberin ihres Jahrgangs, mit der Draco selbst schon das ein oder andere Mal aneinander geraten war. Ron Weasley, eine Schande für die Zauberergesellschaft und stetes Anhängsel von Potter. Die Verachtung blieb an Draco kleben, wie ein besonders hartnäckiger, gummiartiger Kaugummi.

Gerade wollte er seiner Mutter fragen, ob sie ihre Frage tatsächlich ernst gemeint hatte - schließlich war Eis nur etwas für kleine Kinder - als ihm die vierte Person am Tisch auffiel. Sie saß etwas im Hintergrund, weshalb sie ihm zuerst nicht aufgefallen war. Außerdem hatte er erst gedacht, dass es Rons rothaarige, kleine Schwester gewesen war. Aber dann fiel ihm ihre vertraute Art auf, die Schultern ganz hoch zu ziehen, wie als würde sie sich am liebsten dahinter verstecken.

Es traf Draco wie ein Schlag in den Bauch. Seph saß dort mit Potter und seinen Freunden. Was machte sie mit denen? Warum in Merlins Namen sollte sie ausgerechnet von allen Menschen, mit denen sie hier sitzen könnte, mit Potter hier sitzen? Es machte alles keinen Sinn. Ein Feuerwerk von Emotionen explodierte in Dracos Kopf, sodass er ein wenig taumelte.

„Draco, alles in Ordnung? Willst du nun hier essen gehen oder nicht?“, fragte seine Mutter, der Seph zum Glück noch nicht aufgefallen war.

Schnell hakte er sich bei ihr unter und zog sie weg. „Es ist nichts, Mum. Lass uns lieber auf Dad warten und dann schauen wir, was wir essen.“ Narzissas Gesicht hellte sich angesichts der vertraulichen Geste ihres Sohnes auf und sie fragte nicht weiter nach. Draco war nur froh, dass sie Seph nicht gesehen hatte.

Als er einen letzten Blick zurückwarf, unterhielt sie sich gerade mit Potter. Er konnte sehen, wie der nervige Gryffindor etwas sagte, was ihr ein Lächeln entlockte. Und es war dieses Lächeln, welches Draco einen Schauer über den Rücken jagte und ihn in den folgenden Tagen in seinen Träumen nicht mehr losließ.


Zunächst schien alles wie nach einer großen Explosion. Das Erste, was Mia wahrnahm, als sie sich einigermaßen gefangen hatte, war, dass um sie herum milchig weißer Nebel waberte. Sie wollte ihn mit den Händen greifen, doch immer wenn ihre Finger einem der Nebelschwaden zu nahe kamen, floh er vor ihr. Borgin & Burkes war ein einziges Chaos. Glassplitter und eine Vielzahl der magischen Artefakte, die sie zuvor noch betrachtet hatte, befanden sich auf dem Boden. Zwei der Glasvitrinen waren umgekippt und irreparabel zerstört. Der dunkle Teppich hatte ein Brandloch und die samtenen Vorhänge qualmten an einem Ende.

Dennoch spiegelte die Umgebung Mias Gefühlslage gerade ziemlich gut wieder. Sie konnte sich nicht erklären, was gerade passiert war und wagte es auch nicht den seltsamen Haken, der ein paar Meter neben ihr lag, auch nur anzuschauen. Stattdessen versuchte sie krampfhaft, ihre Gedanken zu ordnen. Schließlich schaffte sie es, sich zumindest ein wenig zu fangen und richtete sich zitternd auf.

Gar nicht so weit von ihr entfernt, lagen die drei Erwachsenen wie leblose Puppen auf dem Boden. Mia fiel nun endlich wieder ihr Zauberstab, der sich in der Tasche vorne an ihrem Pullover befand, ein und sie zückte ihn. Bevor sie sich der Person, die ihr am nächsten lag, näherte, löschte sie vorher noch mit bloßen Fingern eine kokelnde Haarsträhne, die vor ihrem Gesicht umher getanzt war.

Lucius Malfoy war selbst im ohnmächtigen Zustand angsteinflössend. Zwar konnte man seine gemeinen Augen nicht sehen und er konnte auch keine seiner hinterhältigen Worte loswerden, doch allein die scharfe Kante seiner Wangenknochen verriet, dass dieser Mann durch und durch bösartig war. Am Hals hatte er einen langen Kratzer, der aussah wie ein großer, blutiger Mund. Mia vermutete, dass er von der Explosion der Splitter herrührte. An seinem Handgelenk hatte er dort, wo Mia es ihm verdreht hatte, dunkle Flecken. Hat er verdient, dachte Mia und stieg über ihn hinweg, um sich bei der nächsten Person zu vergewissern, dass sie bewusstlos war.

Ebenso wie Lucius Bösartigkeit durch die Ohnmacht kein Abbruch getan worden war, war Grace Zabini immer noch wunderschön. Im Gegensatz zu Malfoy hatte sie kaum Wunden, bis auf kleine Kratzer und die Schnittwunde an ihrem Arm, die Mia wahrscheinlich das Leben gerettet hatte. Auch sie atmete noch, schien aber so weit in Trance, dass Mia sich keine Sorgen zu machen brauchte. Wahrscheinlich hatte die komische Druckwelle die drei einfach nur umgehauen.

Das gleiche galt für Mr Borgin, der am weitesten von ihr weg lag. Als Mia ihm in das faltige Gesicht sah, überkam sie ein schlechtes Gewissen. Borgin hatte sich gesträubt sie anzugreifen und was hatte sie gemacht? Seinen ganzen Laden zerstört und ihn um eine Menge Geld gebracht. Zwar wollte Mia wirklich nichts anderes, als hier schnellstmöglich wegzukommen, doch Mr Borgins friedlich schlafender Ausdruck machte sie fertig. Darum nahm sie den kleinen Geldbeutel aus ihrer Tasche und legte ihn direkt neben die Kasse. Nachdem sie das getan hatte, durchsuchte sie auch noch die Taschen von Malfoy und Zabini und klaute ein wenig von ihrem Geld für Mr Borgin.

Jetzt bin ich wie Robin Hood, dachte Mia mit einem selbstzufriedenen Lächeln, ich klaue von den Reichen und gebe es den Armen. Als sie so mit den Armen in den Hüften mitten im Raum stand, wanderte ihr Blick plötzlich wieder von ganz alleine zu dem Haken. Ganz harmlos sah dieses brisante Artefakt aus, als es da so zwischen all dem Chaos auf dem Boden lag. Mia hätte zu gern gewusst, was es damit auf sich hatte. Sie sah zu Mr Borgin und wieder zurück.

Dann hüpfte sie ein weiteres Mal über die drei Erwachsenen hinweg und griff sich den Haken. Er war nicht mehr heiß, aber durch die kühle Oberfläche merkte Mia genau die Stellen an ihren Händen, an denen er sie verbrannt hatte. Es hatten sich sogar bereits rot umränderte Blasen gebildet, die ihr in Zukunft sicherlich einige Schmerzen bereiten würden. Wie hypnotisiert schaute sie ihn an. Was war er nur?

Natürlich war es unhöflich, den Haken einfach so mitzunehmen, aber hatte Mia nicht Mr Borgin ausreichend Geld dagelassen? Hinzu kam auch noch, dass Mia irgendwie wusste, dass der Haken eigentlich ihr gehörte. Nachdem sie einige Sekunden gezögert hatte, steckte sie den kleinen Gegenstand in ihre Hosentasche. Dann ging sie in Richtung Ausgang und entdeckte nahe bei der Kasse den Spiegel der Gewissheit, das Artefakt, welches sie zuvor angeblich hatte kaufen wollen.

Obwohl er offensichtlich ziemlich hart auf den Boden gefallen war, hatte er keinen einzigen Kratzer und die Spiegelfläche war glatt wie eh und je. Was hatte Mr Borgin doch gleich dazu gesagt?

Stammt aus dem antiken Griechenland. Der Spiegel wurde angeblich von der Muttergöttin Hera erschaffen, damit sie ihrem leider allzu untreuen Ehemann und Göttervater Zeus hinterher spionieren konnte. Heute jedenfalls wird er oft dazu verwendet, vergessene Gegenstände oder heimliche Geliebte zu finden. Das besondere ist, dass nur der offizielle Besitzer des Spiegels diesen benutzen kann. Man denkt ganz einfach ganz fest an etwas und es erscheint im Spiegel. Allerdings ohne konkrete Ortsangabe, man muss dann vom Aussehen selbst auf den Ort schließen.

Hatte sie nicht sogar schon dafür bezahlt? Ihre Erinnerung war trüb, aber Mia war sich sicher, dass der Spiegel nun offiziell ihr gehörte. Und wenn dem so war, dann war er für Mr Borgin doch ohnehin wertlos, oder nicht? Da ihre Hosentasche zu klein für das wertvolle Stück war, steckte sie ihn vorne in den Beutel an ihrem Pullover, was schwer war, ohne dass man etwas davon sah.

Schließlich stand Mia an der Tür und hatte ihre Hand auf die Klinke gelegt. Sie warf einen letzten Blick zurück auf das Chaos, welches sie hier angerichtet hatte, und auf die drei Erwachsenen, die noch immer reglos auf dem Boden lagen. Zum ersten Mal wurde sie sich der Tatsache bewusst, wie unglaublich viel Glück sie gehabt hatte.

Erst war sie nicht von Malfoy und Zabini in der kleinen Gasse entdeckt worden und hatte zudem noch kostbare Informationen über das Vorgehen der anderen erhalten. Selbst wenn Malfoy sie hinterher bei Borgin & Burkes erkannt hatte, so wusste er doch nicht, dass Mia und bald auch Phina über ihre Pläne Bescheid wussten. Das hatte ihnen beiden einen Vorteil verschafft, den Mia gewillt war, gewissenlos gegen die anderen auszuspielen. Sie wusste nun, vor wem sie sich in Hogwarts fern halten musste und worauf sie sich gefasst machen sollte.

Die kleine Beule in ihrer Hosentasche verschaffte ihr weiterhin eine seltsame Erleichterung. Auch wenn sie keine Ahnung hatte, was es mit diesem seltsamen, machtvollen Haken auf sich hatte, so gab er ihr doch ein merkwürdiges Gefühl der Sicherheit. Obwohl nicht alles nach Plan gelaufen war und obwohl Mia vorhin wahrscheinlich nur knapp dem Tod entronnen war, bereute sie nichts.

„Wir sehen uns wieder!“, murmelte sie und verließ den Laden ohne sich auch nur einmal umzudrehen.


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