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Fanfiction

Alles was wir geben mussten - Bitterer Nachgeschmack

von Jausti

„Endlich raus da! Wenn ich auch nur noch eine Minute länger in dieser unerträglichen Hitze hätte bleiben müssen, dann wäre ich gestorben!“, rief Ron voller Erleichterung laut aus, als ihre kleine Gruppe nach stundenlangem Warten endlich die Buchhandlung Flourish & Blotts verließ.

In der Zwischenzeit, die sie in der beklemmenden Schwüle des Ladens verbracht hatten, war die Schlange vor der milchigen Glastür noch länger geworden. Mitleidig sah Ron zu den schwitzenden Wartenden, denen die erneute Hitzewelle, die jener glich, die zu Beginn der Ferien gewütet hatte, sichtlich zusetzte. Mit neidischen Blicken schauten sie auf die kamingrünen Plastiktüten mit der cremeweißen Aufschrift, gefüllt mit den neusten Ausgaben der Schulbücher für die Weasleys, Harry, Hermine, Mia und Phina.

Hermine ignorierte den Rotschopf demonstrativ, indem sie so tat, als hätte sie ihn nicht gehört. Seitdem er ihr in der Warteschlange Heuchelei hinsichtlich ihrer Beziehung zu Viktor und ihrer Sorge wegen Mia und Phina vorgeworfen hatte, hatte sie kein Sterbenswörtchen mehr mit ihm geredet. Sie konnte es nicht fassen, wie Ron so etwas zu ihr sagen konnte. Das Schlimmste an der ganzen Sache war, dass Ron nicht mal im Unrecht war. Doch gerade das hatte sie so dermaßen verletzt und machte diesen Streit noch viel schlimmer als alle anderen, die sie vorher je gehabt hatten.

„Wohin gehen wir eigentlich?“, fragte Ron nun Alba betont gut gelaunt. Am liebsten hätte Hermine ihm mit ihrer Büchertüte eins über den Kopf gezogen.

„Zum Treffpunkt.“, erklärte Alba fröhlich ohne weitere Erklärung.

„Und wo ist der?“, fragte Hermine mürrisch. Die ständige gute Laune der Albino-Hexe ging ihr auf die Nerven. So langsam fragte sie sich, was sie von Alba eigentlich halten sollte.

Die ehemalige Heilerin zwinkerte ihr zu. „Das wirst du gleich sehen!“

Hermine verdrehte genervt die Augen. Doch schon eine Sekunde später blieb Alba abrupt stehen und verkündete: „Wir sind da!“

„Das soll der Treffpunkt sein?“, riefen Ron und Hermine gleichzeitig, wobei sie entgeistert und er begeistert klang.

Der Treffpunkt war nämlich ganz einfach die altbekannte Eisdiele Florean Fortescues. Sie befand sich genau an einer Ecke zwischen zwei größeren Einkaufsstraßen und leuchtete dank des weiß und zitronengelb gestrichenen Daches schon von weitem. Der Ladenbesitzer und Namensgeber, Florean Fortescue, hatte brandneue pfirsichfarbene Sonnenschirme aufgestellt, die seinen Kunden Schutz vor der sengenden Hitze boten. Dank des fabelhaften Wetters herrschte heute Hochbetrieb und nahezu alle Tische vor dem Geschäft waren mit Eis essenden Hexen und Zauberern besetzt.

„Hey, Florean!“, rief Alba und lief auf den zwergenhaften, untersetzten Eisverkäufer zu. Er trug eine rot weiß gestreifte Schürze, auf welche Bilder von winzigen Eiskugeln gestickt waren, und zwirbelte mit den dicken Stummelfingern seinen dunklen Schnäuzer.

„Ah, Alba!“ Sein italienischer Akzent fuhr einem durch Mark und Bein. Mit ausgebreiteten Armen ließ er seine momentanen Kunden einfach an der Kasse stehen, um auf die Albino-Hexe zuzugehen. Als er sie erreicht hatte, umarmte er sie überschwänglich und begann dann, in einem atemberaubenden Tempo zu sprechen: „Eure Gruppe ist als Erste hier! Setzt euch, setzt euch! Ich habe für euch einen Tisch freigehalten, ist bester Tisch von ganzer Eisdiele! Alle wollten den Tisch haben, aber ich habe gesagt, nein, liebe Freunde, dieser Tisch ist reserviert für Florean Fortescues beste Kundschaft!“ Er zwinkerte Ron und Hermine zu und signalisierte ihnen damit, dass er sie erkannte. Dann geleitete er sie zu einem Tisch ganz am Rand, von dem aus man einen ausgezeichneten Blick auf die umgebenden Geschäfte und Straßen hatte.

Die kleine Gruppe ließ sich von Fortescue in die weißen Plastikstühle zwängen und in Windeseile hatte er ihnen allen einen gigantischen Eisbecher vorgesetzt. Warum er wusste, was genau jeder von ihnen bestellt hätte, erklärte er nicht. Genauso schnell wie er sie bedient hatte, schaffte er es die lange Menschenschlange vor der Eisdiele zu bedienen und eilte schon wieder zurück zu ihrem Tisch, noch ehe Hermine den ersten Bissen Eis essen konnte. Florean Fortescue versprühte soviel Energie, dass seine Anwesenheit für alle Beteiligten schon fast anstrengend war.

„Kann ich mit dir reden, Florean?“, fragte Alba, als er zu ihnen hastete und die beiden verschwanden hinten in seinem Laden. Woher die beiden sich so gut kannten, blieb ihnen ein Rätsel.

„Oh Mann...“, murmelte Ron, der genauso erschöpft von der Vitalität dieses Wirbelwindes aussah, wie Hermine sich fühlte. In der einen Hand hielt er einen Löffel Eis, der reglos vor seinem vor lauter Verwunderung geöffneten Mund schwebte. Dann sah Ron zu Hermine und trotz ihres Streits konnten die beiden nicht umhin zu lachen.

Doch kaum hatte sie aufgehört zu lachen, fiel Hermine wieder ein, was Ron zu ihr gesagt hatte. Sie stocherte lustlos mit ihrem Löffel in ihrem Erdbeereis. „Wegen eben...“, druckste sie herum und spielte hilflos mit einer Erdbeere, „... wie hast du das gemeint?“

Ron bedachte sie mit einem müden Blick. „Du weiß, was ich gemeint habe. Jeder, der Augen im Kopf hat, konnte letztes Jahr sehen, was zwischen dir und Viktor gelaufen ist. Außerdem schreibt ihr euch regelmäßig und ich glaube nicht, dass er der Typ Mensch ist, der leidenschaftlich gerne Briefe schreibt.“ Ron schnaubte und steckte sich einen großen Löffel Zitroneneis in den Mund, den er dann grimmig kaute.

Hermine wurde ärgerlich. „Tu doch nicht immer so, als wäre Viktor minderbemittelt. Wenn du dich vielleicht erinnerst, ich habe ihn in einer Bibliothek kennen gelernt. Man kann gut Quidditch spielen und klug sein!“

„Darum geht es doch gar nicht!“, widersprach Ron ihr, „Ich will nur, dass du dir endlich eingestehst, dass du in ihn verliebt bist. Und Viktor in dich.“

Aus klaren Augen heraus blickte Hermine Ron traurig an. Unwillkürlich dachte sie an heute morgen und konnte nicht umhin, bitter über die ganze Situation zu lachen. „Da irrst du dich aber gewaltig, Ron.“ Ihr Blick schweifte in die Ferne. „Gut, vielleicht habe ich... hatte ich letztes Jahr eine kleine Schwärmerei für ihn-“

„Ha!“, rief Ron voller Genugtuung aus und zeigte mit der Spitze seines Löffels auf Hermine, „Ich hatte Recht!“ Doch so glücklich sah er darüber gar nicht aus.

Seine Reaktion verärgerte Hermine. Wütend zog sie ihre buschigen Augenbrauen zusammen, sodass sich eine tiefe Zornesfalte auf ihrer Stirn bildete. „Schön!“, fauchte sie, „Schön, dann hattest du vielleicht Recht! Aber es ist ja nicht mehr so, also warum regst du dich also überhaupt auf?“ Nach kurzem Nachdenken fügte sie spitz hinzu: „Außerdem könntest du jetzt zugeben, dass ich Recht habe, was Phina und Mia angeht.“

Ron zog eine säuerliche Miene. „Ich verstehe schon, wie du deine Zweifel ihnen gegenüber begründest, Hermine. Die beiden sind neu und in ihrer Geschichte gibt es vielleicht ein paar Ungereimtheiten, die sich aber sicherlich schon bald aufklären werden. Aber ich glaube nicht, dass das tief in deinem Herzen der Grund ist, warum du sie nicht leiden kannst.“

„Ich kann sie sehr wohl...“, begann Hermine, brach dann aber ab. Nachdenklich betrachtete sie ihren Eisbecher. Sie hätte Ron, der normalerweise für jegliche emotionalen Belange seiner Umgebung blind war, niemals so eine gute Beobachtungsgabe zugetraut. Aber warum sollte sie ihn auch anlügen? Damit würde sie ihn nur bestätigen.

„Und was ist deiner Meinung nach der wahre Grund?“

Plötzlich waren Rons reine blaue Augen von einem blassen Schimmer erfüllt, der seinem sonst so unbekümmerten Gesicht einen Hauch von Traurigkeit gab. Nervös spielte er mit dem Löffel in seiner Hand, bis er ihm infolge einer ungeschickten Bewegung auf den Boden fiel. Er sah auf und fixierte Hermine. „Erinnerst du dich an letztes Jahr?“

Mit einem Mal wusste Hermine, dass Ron Mitten ins Schwarze getroffen hatte. Am liebsten hätte sie sich die Ohren zugehalten, um nicht hören zu müssen, was er nun sagte. Das Tremolo ihres klopfenden Herzens dröhnte ihr in den Ohren.

„Nach dem Ende des Schuljahrs, als wir den Hogwartsexpress verlassen haben, da hatte ich schon so eine vage Vermutung. Und dann, als wir uns alle verabschiedet haben, ...“, er stockte. Hermine schloss die Augen und hoffte, dass Ron einfach aufhörte zu reden, oder das Alba plötzlich reinplatzen würde, nur damit sie seinen nächsten Satz nicht hören musste, denn wenn jemand es aussprach, dann wurde es real. Hermine war niemals so töricht gewesen, die Macht der Worte zu unterschätzen.

„...da hast du Harry gekü-“

„Was ist mit mir?“, unterbrach eine ihnen bekannte Stimme Ron gut gelaunt.

Ron und Hermine fuhren wie vom Donner gerührt herum. Ihre Gesichter wirkten allzu ertappt und der Schock stand ihnen deutlich ins Gesicht geschrieben, als sie Harry und Mad-Eye Moody erkannten, die auf sie zu liefen.

„Also, ihr zwei!“, lachte Harry, „Seid ihr etwa wieder am tratschen oder was?“ Er fläzte sich lässig auf einen weißen Plastikstuhl, der zwischen Hermine und Ron stand.

Beschwichtigend schüttelte Hermine nervös den Kopf und stammelte: „Wir haben nur... Wir haben nur...“

„Wir haben uns noch einmal die Ereignisse des Sommers durch den Kopf gehen lassen!“, erklärte Ron nüchtern ohne Harry anzusehen, „Hermine kann nicht damit aufhören Mia und Phina zu verdächtigen.“ Dann hob er mit steifen Bewegungen seinen Löffel auf, wobei sein Blick so leer war, wie der eines Roboters.

Schnell sah Harry zu Mad-Eye und stellte erleichtert fest, dass dieser nichts gehört hatte, sondern ohne die beiden zu begrüßen in Richtung Hinterzimmer marschiert war. Er wollte nicht, dass der misstrauische Auror Phina und Mia das Leben schwer machte, nur weil Hermine eine seltsame Ahnung hatte.

„Sei vorsichtig!“, ermahnte Harry Ron, „Ich will nicht, dass die beiden wegen uns in Schwierigkeiten kommen. Es sind ohnehin schon alle hypersensibel was meine Sicherheit angeht.“ Er seufzte schwer und es war klar, dass mehr dahinter steckte, als er bis jetzt gesagt hatte. Mitfühlend legte Hermine ihm die Hand auf den Arm, dann spürte sie Rons Blick und zog sie schnell wieder zurück. Ihr ganzes Gesicht lief rot an.

„Apropos Mia und Phina, wo sind die beiden eigentlich?“, nuschelte sie durch die Zähne und widmete sich dann mit übertriebenem Interesse ihrem Eisbecher. Noch immer taxierte Ron sie eindringlich.

Harry schien währenddessen von all dem nichts mitzubekommen und plapperte einfach weiter: „Ach, das war einfach ein dummes Missverständnis. Wir waren in der Magischen Menagerie und da ist Phina gegen ein paar der Aquarien gestolpert, deswegen hat die Ladenbesitzerin uns rausgeschmissen. Dabei haben wir unglücklicherweise Mia verloren.“

„Ihr habt was?“, rief Ron aufgebracht. Hermine blähte die Nasenflügel auf. Typisch. „Sie hat sich bestimmt in der ganzen Aufregung nur verlaufen.“, versicherte Harry Ron, „Aber Mad-Eye ist daraufhin vollkommen durchgedreht und musste mich sofort zum Treffpunkt bringen.“ Er machte eine ausladende Geste. „Also wirklich, hier sind wir wohl nicht sicherer als auf den Einkaufsstraßen!“

„Mad-Eye hatte schon Recht damit dich hierher zu bringen.“, meinte Hermine. Dann deutete sie auf einen Halbkreis aus Geranien in kalkweißen Blumentöpfen, welche die Außenplätze der Eisdiele umzäunten. „Seht ihr die Blumen? Die sind mit einem Schutzzauber behaftet, fast so wie der, der im Fuchsbau angewandt wurde. Alles, was sich innerhalb der Eisdiele und des Halbkreises befindet, ist sicher vor äußeren Angriffen.“

Finster dreinblickend murmelte Harry: „Das erklärt wohl auch, warum Alba und Mad-Eye es nicht für nötig halten uns auch noch beim Eisessen zu bewachen.“

„Ach, Harry...“, hauchte Hermine, „Ich kann ja verstehen, dass du dich darüber ärgerst, aber es ist doch alles bloß zu deiner eigenen Sicherheit.“ Ihre Worte veranlassten Harry dazu, noch finsterer dreinzuschauen. „Ja, meine Sicherheit...“

Es folgte eine unangenehme Stille, in der jeder der drei seinen ganz eigenen düsteren Gedanken nachhing. Harry hegte noch immer Groll darüber, wie Dumbledore und all die anderen mit ihm umgingen. Er fühlte sich schmerzhaft an sein drittes Schuljahr erinnert, als Cornelius Fudge und der Rest des Zaubereiministeriums ihn wie ein rohes Ei behandelt hatten, weil sein Pate - ein angeblich verrückter Massenmörder, der dem Zauberergefängnis von Askaban entkommen war - auf freiem Fuß war. Der Unterschied zu jetzt war nur, dass dieses Mal wirklich jemand hinter ihm her war und Lord Voldemort würde sich wohl kaum als ganz netter Kerl herausstellen. Und zu allem Übel waren die Leute vom Ministerium dieses Mal nicht auf seiner Seite.

Rons und Hermines Gedanken kreisten beide um die machtvollen Worte, die noch ungesagt in der Luft hingen und grübelten darüber, was sie bedeuteten. Mit einem Mal hatte sich die perfekt eingespielte Dynamik ihrer kleinen Gruppe verändert und keiner der beiden wusste, ob es jemals wieder so sein würde, wie vorher.


„Oh Gott...“, stöhnte Mia, als sie sich mit zitternden Händen den Mund abwischte. Sie fühlte sich elend und um sie herum schien sich alles zu drehen. Der faulige Gestank nach Erbrochenem und verfaultem Müll stieg ihr in die Nase, sodass sie an sich halten musste, sich nicht ein weiteres Mal zu übergeben.

Ihre Beine waren noch ganz wacklig, sodass es ein schwieriges Unterfangen war, zurück auf dieselbigen zu kommen. Sie stützte sich mit dem Rücken gegen die kalte Wand und atmete mehrmals tief ein und aus. Wenn sie die Augen schloss, war es, als würde sie in einem Karussell sitzen, denn rasend schnell zogen grelle Farbschlieren und weiße Leuchtpunkte an ihrem inneren Auge vorbei. Ihr Hals tat höllisch weh.

Nachdem sie etwa eine halbe Minute so gestanden hatte, begann die Umgebung um sie herum sich zu beruhigen. Das Zittern ihres Körpers war abgeschwächt und auch ihre Übelkeit ein wenig verflogen. Vorsichtig richtete sie sich auf und zog angewidert mit spitzen Fingern einzelne Reste aus ihren dunklen Haarspitzen.

Sie konnte nicht fassen, was sie soeben gehört hatte. Doch ihr Gehirn schien lahm gelegt und machte es ihr unmöglich, die weitreichenden Folgen der brisanten Informationen zu verarbeiten. Das einzige, was sie wusste, war, dass Lucius Malfoy und Grace Zabini soeben bei Borgin & Burkes waren um dort schwarzmagische Artefakte zu kaufen, die Phinas und ihren Tod bedeuten könnten. Madam Malkins und Phinas Umhänge waren vollkommen vergessen, für Mia zählte nur noch eins: Sie musste unbedingt wissen, was Lucius Malfoy kaufte und es wenn möglich sogar verhindern.

Der Gedanke erfüllte sie mit neuer Lebenskraft und ihr kleiner Schwächeanfall war wie weggeblasen. Mit einem Schwenk ihres Zauberstabs fühlte sie sich wieder frisch und hatte ihr kleines Malheur entfernt. Anschließend zog sie sich wieder ihre Kapuze tief ins Gesicht und lief bis zum Ende der Gasse. Gerade noch konnte sie einen weißblonden Zopf sehen, der hinter der alten Messingtür verschwand, über der ein antikes Schild mit der Aufschrift Borgin & Burkes hing.

Ein letztes Mal atmete Mia tief ein, dann schlüpfte sie hinaus aus der Gasse auf die große Hauptstraße. Ihr Herz machte einen Satz und Adrenalin durchflutete sie. In den letzten Wochen hatte sie in der abgeschotteten Sicherheit des Fuchsbaus nahezu vergessen, was für ein befriedigendes Gefühl Nervenkitzel doch sein konnte.

Sie näherte sich der Ladentür und stellte überrascht fest, dass alle Angst von ihr abgefallen war. Das war es, was sie brauchte um zu leben. Ohne auch nur noch einmal kurz darüber nachzudenken, was sie eigentlich tat, schlüpfte sie ebenfalls durch die Messingtür, von dem Klang einer leisen Ladenglocke begleitet.


Während Phina in Begleitung der Aurorin Jenna Packhum die Straßen der Winkelgasse in Richtung Madam Malkins schlenderte, ahnte sie nicht, in welche Gefahr ihre beste Freundin sich gerade begab. Tatsächlich hielten die Wunder der Winkelgasse sie so in Atem, dass nahezu alle Gedanken an Mia, Harry oder die Weasleys wie weggefegt waren.

Im Gegensatz zu Mia war sie nicht ein einziges Mal in der Winkelgasse gewesen, weshalb sie ihre Bewunderung und Faszination Harry gegenüber auch nicht hatte vorspielen müssen. Nun, wo sie nichts anderes hatte, worauf sie sich konzentrieren musste, war alle Anspannung von ihr abgefallen und sie konnte in Ruhe die Vielfalt und Einzigartigkeit der Winkelgasse bewundern.

Dies fing schon bei dem Pflaster, auf dem sie lief, an. Ganz anders als jede Straße auf der Phina je gelaufen war, verliefen die Wege hier fast nie geradeaus, sondern führten mit Schwenkern, Schlaufen und Wellen zum Ziel. Keiner der Pflastersteine glich einem anderen, wodurch die Wege den Anschein eines einmaligen Mosaiks bekamen.

Wenn man erst einmal den Blick von seinen Füßen abgewandt hatte, dann gab es noch die Geschäfte und Läden am Wegesrand. Wahrscheinlich war der Architekt beschwipst gewesen, als er diese Straße angelegt hatte, denn die Häuser waren nie gleich groß oder gleich breit, manche senkten sich gefährlich in Richtung Straße während wieder andere einfach nur katastrophal schief waren. Viele Gebäude trugen geschwungene Überdachungen und waren mit dekorativen Stützen und Fassaden verziert. Durch große, verglaste Fensterscheiben hatten die Passanten einen ausgezeichneten Blick auf die Waren, welche ausgestellt waren. Phina entdeckte Kessel aller möglichen Arten, fluoreszierend wirkende Lampen, Phiolen, in denen unerkennbare winzige Kreaturen schwammen, bonbonfarbene Süßigkeiten in allen nur erdenklichen Formen, federbehangene Traumfänger und vieles mehr. Hie und da glaubte Phina sogar einige ihrer zukünftigen Klassenkameraden zu entdecken.

Es war also kaum verwunderlich, als Phina plötzlich vor Madam Malkins stand, ohne das Gefühl zu haben, dass überhaupt Zeit verstrichen war.

„Ich warte hier draußen.“, sagte die Aurorin neben ihr und postierte sich direkt neben der Ladentür, „Schaffst du das alleine?“

Phina nickte und betrat den Laden mit einem mulmigen Gefühl.

Das erste, was ihr auffiel, als sie das Geschäft betrat, war der intensive Geruch nach frisch gewaschener Kleidung und gegerbten Leder. Der Innenraum war groß genug, dass eine ganze Quidditchmannschaft hinein gepasst hätte und die mahagonibraunen Regale und Schränke an den Wänden und in der Mitte des Raums bogen sich unter der Last der Kleidungsstapel. Anders als in vielen anderen Geschäften der Winkelgasse, die Phina bis jetzt gesehen hatte, herrschte hier Ordnung, denn die Ware war nicht nur nach Größe, sondern auch nach Farbe sortiert. Während Phina sich langsam in Richtung Kasse begab, staunte sie über die wie von Geisterhand in der Luft schwebenden Porzellanpuppen.

Hinter der kleinen Kasse stand eine geschäftige, korpulente Frau mittleren Alters und kramte in einer Schublade. Als Phina sie fast erreicht hatte, blickte sie auf und begrüßte sie mit einem musternden Blick: „Guten Tag! Ich sehe schon, ein oder zwei Garnituren neue Umhänge, ja? Ich schätze mal, Hogwarts fünftes Jahr, obwohl ich mich beileibe nicht an sie erinnern kann! Nehmen sie es mir nicht übel, Schätzchen!“

Ohne auch nur eine Antwort von Phina abzuwarten, zog die Hexe, auf deren Namensschild Madam Malkins geschrieben stand, Phina in den hinteren Teil des Raums. Dabei zog sie mit mechanischen Bewegungen mehrere Umhänge aus den Regalen und Schränken. Etwas unsanft schubste sie Phina auf einen kleinen Schemel gegenüber eines großen Glasfensters, von dem aus man das Treiben auf der Winkelgasse beobachten konnte, und magische Messbänder begannen Phinas Körper zu vermessen.

Nach einer Weile rollten sie sich zusammen und fielen leblos auf den Boden. „Fertig!“, summte Madam Malkins und drückte Phina einen Stapel Umhänge in die Hände. In diesem Moment läutete die Eingangsklingel. „Oh, neue Kundschaft! Na, Kleine, geh ruhig schon einmal in die Umkleide dort hinten und probier die neuen Umhänge an. Ich bin gleich wieder bei dir!“ Mit diesen Worten rauschte sie schon in Richtung Eingang.

Ein wenig überrumpelt zog Phina den schweren purpurroten Samtvorhang mit einer geflochtenen goldenen Kordel hinter sich zu und legte die Umhänge in ihren Händen auf einen kleinen Stuhl. Als sie ihr staubiges vergilbtes Spiegelbild betrachtete, hätte sie sich selbst fast kaum wieder erkannt.

Die Wochen im Fuchsbau hatten ihr eindeutig gut getan. Sie hatte dank Mrs Weasleys mütterlicher Fürsorge mittlerweile einige Kilo mehr auf den Rippen und sah deswegen nicht mehr so krank und abgemagert aus wie vorher. Die Kratzer und Schnitte an Armen und Beinen waren verheilt und da sie nicht mehr tagein tagaus im Freien kampieren musste, war auch der krebsrote Sonnenbrand verschwunden. Mittlerweile hatte ihre Haut sich gepellt und war wieder genauso weiß wie immer. Dieses Mädchen im Spiegel war nicht mehr das gehetzte, verängstigte Häufchen Elend von vor einem Monat, es war eine zufriedene, ausgeglichene junge Dame.

Dieser Gedanke erfüllte sie mit solcher Energie, dass sie voller Tatendrang anfing, die Umhänge anzuprobieren. Gerade als sie feststellte, dass der Erste an den Armen etwas zu kurz war, hörte sie Stimmen im anderen Teil des Ladens. Zuvor hatte Madam Malkins das übliche Begrüßungsgeplauder heruntergeleiert ohne das Phina etwas besonderes aufgefallen war, doch als die Kundin antwortete, fuhr es ihr durch Mark und Bein.

„Verschonen sie uns mit ihrem Small Talk.“, unterbrach eine leise aber doch kraftvolle Stimme die Ladenbesitzerin unhöflich, „Wir sind hier, weil mein Sohn neue Umhänge benötigt. Das hier ist doch ein Bekleidungsgeschäft, oder nicht?“

„S-sicher...“, stammelte Madam Malkins eingeschüchtert. Phina, die noch immer wie erstarrt in der Umkleide stand, hörte einiges Gepolter und nahm an, dass sie Umhänge für ihre Kunden zusammensuchte. „Hier, ich geleite sie zu den Umkleiden, Ma‘am.“

Hektisch nestelte Phina an der goldenen Kordel um sicherzugehen, dass kein Einblick in ihre Umkleidekabine gewährt war. Während sie sich aus dem zu kurzen Umhäng schälte, wehte ihr eine fast greifbare betäubende Parfümwolke entgegen. Phina fing gegen ihren Willen an, zu zittern und ließ sich auf dem kleinen Stuhl in der Ecke nieder.

Sie konnte es nicht fassen. Gerade eben noch hatte sie sich sicher gefühlt, ja fast stark, und nun war es, als wäre sie in ein tiefes Loch gefallen. Wie gelähmt presste sie sich an die Wand der Kabine, wagte es weder sich zu bewegen noch zu atmen. Als sie die Augen schloss, schossen lang vergessene Bilder vor ihrem inneren Auge auf und ihr wurde schwindelig. Schmerz und Angst lieferten sich in ihrer Brust einen heftigen Wettstreit. Sie waren gekommen um sie zu holen. Sie würde niemals ganz in Sicherheit sein, selbst wenn sie ihnen immer einen Schritt voraus war.

„Oh, ich bitte sie, sie wollen meinem Sohn doch nicht ernsthaft diesen Billigstoff verkaufen? Draco, Liebes, wir hätten doch besser zu Twilfit & Tattling gehen sollen, wie dein Vater gesagt hat.“ Die körperlose Stimme schnalzte missbilligend mit der Zunge.

„Verzeihung...“, murmelte Madam Malkins. Erneutes Gepolter. „Was ist hiermit?“, fragte die Verkäuferin eifrig, „Reinste Seide, extra aus Asien importiert! Oder doch lieber geriebenes Kalbsleder?“ Ihr Tonfall ließ ihr anerkennen, dass die schwierige Kundschaft sie nicht extra abschreckte, sondern sogar anspornte.

„Hmpf...“, grollte die hochnäsige Frauenstimme, „Es ist zumindest ein Anfang.“

„Mum!“, erklang nun eine zweite, eindeutig verärgerte Jungenstimme, „Ich krieg das hier schon allein hin, warte einfach draußen auf mich, okay?“

Obwohl Phina tief in ihrem Innersten darauf vorbereitet gewesen war, seine Stimme zu hören, traf ihr Klang sie doch wie ein Donnerschlag. Ihr ganzer Körper zuckte zusammen, als hätte sie einen elektrischen Schock bekommen. Sie spürte, wie stumme Tränen darum kämpften, freigelassen zu werden. Mit aller Kraft schluckte sie sie runter. Sie hinterließen einen bitteren Nachgeschmack in ihrer Kehle.

„Bist du dir sicher?“, fragte die Frau. Wenn sie den Jungen ansprach, war ihre Stimme viel weicher, man konnte die tiefe Zuneigung darin spüren. Phina blinzelte. Narzissa. Sie war immer eine gute Mutter gewesen, komme was wolle, das konnte man nicht abstreiten.

„Ja-a!“, knurrte Draco genervt und Phina meinte aus seinem Tonfall auch eine Nuance Scham herauszuhören.

„Nun denn!“ Narzissa klang nun eindeutig beleidigt. Doch Draco sagte nichts um sie zu besänftigten und wenige Minuten später erfüllte erneut der Klang der Ladenklingel den Raum und mit Narzissa verschwand auch ihr intensiver Geruch.

Phinas Herz beruhigte sich etwas, auch wenn sie sich Dracos Anwesenheit immer noch schmerzlich bewusst war. Was stellte sie sich eigentlich so an? Früher oder später wäre sie ohnehin auf ihn getroffen. Dass dieser Fall jetzt früher als beabsichtigt eingetreten war, konnte nur der Ausgleich des Schicksals dafür sein, dass im Fuchsbau alles so hervorragend geklappt hatte.

„Bist du fertig?“ Madam Malkins plumper Kopf steckte in der Kabine wie ein körperloser Geist. Als sie sah, dass Phina gar keinen Umhang trug, zog sie die Augenbrauen zusammen. „Hat etwas nicht gepasst?“

Darauf bedacht, kein Wort zu sagen, reichte Phina ihr den zu kurzen Umhang. Madam Malkins betrachtete ihn und sagte dann: „Ich sehe schon, die Ärmel, nicht wahr? Warte kurz, ich husche kurz ins Lager und hole eine Zwischengröße. Hier vorne sind Stühle.“ Sie deutete auf ein paar gemütlich aussehende Ohrensessel mit roten Polstern, die leider nur wenige Zentimeter von dem Schemel entfernt standen, auf dem der Junge nun vermessen wurde. Bevor Phina protestieren konnte, hatte Madam Malkins sie aus der Kabine herausgezogen und auf einen der Sessel geschubst. Dann verschwand sie durch eine Tür.

Phina zog ihr T-Shirt hoch über ihr Kinn, als würde das sie verstecken. Sie senkte den Kopf, sodass ihr Haar einen roten Vorhang um ihr Gesicht bildete, doch dann fiel ihr ein, dass allein die Farbe sie wahrscheinlich verraten würde. Mit zitternden Händen betete sie zum Himmel, dass Draco sich nicht umdrehen würde. Die Messbänder flogen um ihn herum und bestimmten die Länge der scharfen Linie seiner Schultern, die Beugung seiner Arme und die Neigung seines kräftigen Halses. Phina wand verlegen den Blick ab.

Einige hoffnungsvolle Momente schien es, als wüsste Draco gar nicht, dass jemand hinter ihm saß. Doch dann, ganz plötzlich verloren die Messbänder ihre Lebensgeister, fielen zu Boden wie schlaffe Regenwürmer, und Draco drehte sich zu ihr um.

Wahrscheinlich hatte er einfach nur seine aus ständigem Überfluss resultierende Langeweile durch ein wenig belanglose Konversation bekämpfen wollen oder aber es interessierte ihn wirklich, welche andere Kundschaft Madam Malkins Laden so besuchte. Dennoch war Phina sich ziemlich sicher, dass er alles erwartet hätte, nur nicht sie. Das sah sie an seinem Gesichtsausdruck, der sich binnen einer Zehntelsekunde von einem gewaltigen Schrecken, zu fassungsloser Ungläubigkeit, über Erkenntnis bis hin zu einer Mischung aus Reue und Erleichterung verwandelte.

Als sie sich in seinen stahlgrauen Augen verlor, wusste sie, dass leugnen zwecklos war.


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