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Fanfiction

Alles was wir geben mussten - Die Kunst des Lügens

von Jausti

Mia rappelte sich auf und begann damit, wortlos ihre Schlafsäcke einzurollen und in die Rucksäcke zu stopfen. Phina stand mit verschränkten Armen neben ihr und schaute ihr dabei zu. Sie konnte keinen Finger rühren. Wenn sie an das dachte, was ihnen bevorstand, wurde ihr schlecht. „W-Willst du etwa schon dort hin?“, stammelte sie in der Hoffnung einen Aufschub zu bekommen.

Mia sah auf. Die Schlafsäcke hatte sie schon verstaut, gerade sammelte sie noch ein paar angebissene Krapfen und Phinas Paar Socken ein. „Klar.“, sagte sie, „Es bringt doch nichts, wenn wir das jetzt unnötig vor uns herschieben. Je früher wir es machen, desto früher haben wir es auch hinter uns. Außerdem will ich die armen Leute nicht zu spät noch aus ihren Betten werfen.“ Sie beäugte Phina besorgt. Sie wusste, wie introvertiert sie war und welche Anstrengung es sie kosten würde, einfach auf wildfremde Menschen zuzugehen. Zuweilen konnte das schon ein wenig anstrengend sein.

Sie hatte die Rucksäcke fertig gepackt und richtete sich nun auf. Sie legte Phina zuversichtlich die Hand auf die Schulter. „Hey“, sagte sie einfühlsam, „Das wird schon schiefgehen. Ich verspreche dir, unser Plan ist idiotensicher. Und wenn sie uns nicht wollen, dann wandern wir halt weiter, bis wir in Hogwarts sind.“ Doch Phina zog schon jetzt so ein Gesicht, als wäre ihr diese Option um einiges lieber. Mia schüttelte schmunzelnd den Kopf. Es würde ja doch nichts bringen. Also würde sie wohl diejenige sein, die am meisten reden würde, während Phina stocksteif neben ihr stehen würde. Wie so oft musste sie die Initiative ergreifen.

Die Mädchen schulterten ihre Rucksäcke, achteten darauf, ja auch keine Spuren zu hinterlassen, und gingen los. Es waren kaum hundert Meter bis zum Fuchsbau. Als sie dann tatsächlich die Füße auf den Boden setzten, den sie stundenlang beobachtet hatten, schien es unwirklich. Wie oft hatten sie diesen Moment herbeigesehnt und gleichsam gefürchtet!

Es war einer dieser seltsamen Momente, in denen sich die Wirklichkeit so ganz anders als die Vorstellung, die man monatelang gehegt hatte, herausstellte. Sie hatten damit gerechnet, an die Tür zu klopfen und sie dann von der ruhigen Mrs Weasley, die ein so großes Herz für Kinder hatte, geöffnet zu bekommen. Sie hatten damit gerechnet, dass sie ihren Brief vorzeigen würden, dann noch ein wenig mit den Weasleys plaudern würden und anschließend endlich in ihre hart erarbeiteten Betten fallen würden. Doch alles lief ganz anders als erwartet.

Gerade als die beiden Mädchen die Tür erreichten, sich noch vielsagend anguckten und versuchten das aufkommende Chaos in ihren Köpfen zu bewältigen, da apparierte wie aus dem Nichts Mr Weasley vor ihnen herbei. Kreischend machte Mia einen Satz und ihr Herz setzte für einen Moment aus. Auch Phina saß der Schock tief in den Knochen, sie hatte die Augen weit aufgerissen und umklammerte die Riemen ihres Rucksacks, als hinge ihr Leben davon ab, brachte aber keinen Ton raus. Nachdem auch er sich erholt hatte, starrte Mr Weasley sie mit unverhohlener Neugier an. Nach einigen Schrecksekunden zog er schließlich seinen Hut.

„Guten Abend.“, grüßte er freundlich, die Neugier noch immer in seine Augen geschrieben, „Wolltet ihr zu uns? Oder seid ihr…“ Er senkte die Stimme und klang dabei fast ehrfürchtig. „…Muggel?“

Mia fand, dass er eine recht seltsame Gestalt war. Phina und sie hatten immer gedacht, Mr Weasley sei ein gestrenger, muskulöser Mann, der seine Familie fest im Griff hatte. Er hatte immerhin sechs Söhne, die er erziehen musste! Doch wie er so nun vor ihr stand, fragte Mia sich, wie dieser besonnene, hagere Kerl allen Ernstes sieben Kinder großgezogen haben konnte. Die Last seines Hutes schien schon zu viel für ihn zu sein. Er trug eine dicke Eulenbrille und auf seinem Kopf gab es nur noch vereinzelte rote Haare. Doch alles in allem sah er netter aus, als sie ihn sich vorgestellt hatte.

Sie sah kurz neben sich zu Phina. Ihre Freundin hatte sich zu einem zuversichtlichen Lächeln gezwungen, welches jedoch eher jämmerlich wirkte. Sie stand – wie Mia es geahnt hatte – stocksteif da und Mia wusste, dass Phinas Herz in ihrer Brust zu zerspringen drohte. Mia atmete einmal kurz aus. Es war Zeit, dass ihre Vorstellung begann. In Momenten, in denen selbst Mia sich unsicher und angreifbar fühlte, stellte sie sich gerne vor, dass das alles nur ein Schauspiel war und sie war die Hauptdarstellerin, die so agieren musste, dass die anderen das taten, was sie wollte. Die Menschen unterschätzten oft die Macht, die der richtige Tonfall oder auch in überzeugendes, selbstsicheres Lächeln ausüben konnten. Das war eine eigene Magie für sich. Also, Bühne frei!

„Natürlich nicht!“, widersprach sie mit einem zuckersüßen Lächeln, „Wir zwei sind Hexen aus Amerika!“ Und dabei versuchte sie, so amerikanisch zu klingen, wie es nur ging. Nachdem sie gesprochen hatte, klangen die Worte seltsam in ihrem Kopf wieder. Verdammt, warum nur hatten sie und Phina nicht daran gedacht, schon vorher einen amerikanischen Akzent einzustudieren?

Mr Weasleys Augen wurden groß. „A-Amerika…?“, stammelte er. Es war eindeutig, dass er keine Ahnung hatte, was hier vor sich ging. Er stellte seine Aktentasche auf den Boden, wahrscheinlich stellte er sich gerade auf ein längeres Gespräch ein.

Selbstbewusst streckte Mia ihm ihre Hand entgegen. „Mein Name ist Mia Lepore und die Salzsäule da ist meine beste Freundin Seraphina Shepard. Es freut uns, ihre Bekanntschaft zu machen und es tut uns Leid, dass wir sie zu so später Stunde noch mit unserer Anwesenheit belästigen müssen.“

Immer noch völlig perplex ergriff Mr Weasley Mias ausgestreckte Hand und schüttelte sie schwach. „Arthur Weasley, sehr erfreut, sehr erfreut.“ An der Art, wie Mr Weasley Mias Hand in seine beiden nahm und tätschelte, merkte sie, dass es mit ihm überhaupt keine Probleme geben würde. Sein Händedruck war weich und sein Lächeln herzlich. „Und sie belästigen uns natürlich keineswegs. Kommen sie rein, kommen sie rein!“ Belustigt stellte Mia fest, dass er sie siezte. Sie nahm es zwar als Kompliment, für älter gehalten zu werden, als sie es eigentlich war, doch um gesiezt zu werden, war sie definitiv zu jung.

Deshalb sagte sie auch halb lachend halb verlegen: „Es besteht kein Grund, dass sie uns siezen Mr Weasley. Seraphina und ich sind erst fünfzehn!“ Obwohl das nicht die ganze Wahrheit war. Phina war sogar erst vierzehn! Aber das war jetzt nicht der Zeitpunkt, um Mr Weasley mit unwichtigen Details zu versorgen. Er stutzte, besah sie beide genauer und nickte dann. „Na sowas! Und dabei sollte man meinen, ich erkenne Kinder, wenn ich welche vor mir sehe, schließlich tue ich das ständig! Aber jetzt kommt erst mal hinein in mein bescheidenes Haus. Ihr seht…“, er zögerte, „…hungrig aus.“ Und das sahen die beiden wahrscheinlich wirklich mit ihren ausgemergelten Gesichtern und ihren hervorstehenden Knochen.

Der Familienvater kramte nun einen bronzenen, schon ziemlich verrosteten Schlüssel aus der Tasche seines marineblauen Jacketts und schloss damit die Tür, die ohnehin so aussah, als würde sie jeden Moment aus den Angeln fallen, auf. Er nahm seinen Aktenkoffer, sah zu den Mädchen und betrat dann den Fuchsbau. Mia warf Phina einen aufgeregten Blick zu, sie konnte ein euphorisches Lächeln nicht unterdrücken. Phina jedoch zog ein Gesicht, als würde sie jeden Moment in Tränen ausbrechen. Mia nahm eine ihrer Hände, drückte sie aufmunternd und zog Phina dann hinter sich her hinein in den Fuchsbau.

Sofort legte sich das Gefühl, endlich wieder ein Dach über den Kopf zu haben, wie eine warme, flauschige Decke über sie. Sie spürten wieder Wärme und Geborgenheit, als wäre der Fuchsbau mit einem Zauber belegt, der Gästen sofort ein warmherziges Willkommen bereitet. Dem war natürlich nicht so. Der Fuchsbau wirkte von innen wie eine riesengroße Rumpelkammer. Die Möbel sahen aus, als wären sie zufällig zusammengewürfelt worden – es gab flauschige Ohrensessel, karge Holzstühle, die beinahe mönchisch wirkten, grellbunte, mit kleinen Blumen verzierte Schränke und einen Tisch in der Mitte des Raumes, der so lang war, dass es schon übertrieben schien. Auf den Stühlen lagen ebenso wild gemixte Kissen mit den unterschiedlichsten Mustern, sodass einem fast schwindelig wurde. Die Schränke waren vollgestopft mit allem möglichen Krimskrams, der sich über die Jahre angesammelt hatte. Es gab Töpfe, die aussahen, als hätten Kinder sie bemalt, Bonbons in allen Farben und Formen, die Mia noch nie zuvor gesehen hatte, kleine Trickfiguren aus Plastik, seltsame Gläser in allen Größen und Formen und jede Menge Sammelkarten berühmter Hexen und Zauberer.

Mia kam aus dem Staunen gar nicht mehr raus und Phina erging es nicht anders. Sie standen mit offenen Mündern und großen Augen da und versuchten so viele Eindrücke in sich aufzunehmen, wie möglich. Der Fuchsbau war ganz anders als alles, was sie kannten. Er war unglaublich!

Mr Weasley hatte seine Aktentasche mit einem Schlenker seines Zauberstabs in eines der oberen Stockwerke fliegen lassen. „Setzt euch doch.“, wies er die Mädchen an und deutete auf die große Auswahl an Stühlen. Höflich nahmen Mia und Phina Platz. Mr Weasley öffnete seinen Mund und schloss ihn wieder, als habe er etwas sagen wollen und es dann wieder verworfen. Er machte ein paar Schritte in diese und jene Richtung und wirkte im Ganzen ziemlich verloren. Mia hatte fast Mitleid mit ihm, deshalb machte sie den ersten Schritt.

„Ich entschuldige mich noch einmal für unser unangemeldetes Auftauchen.“ Mr Weasley nickte eifrig und setzte sich ebenfalls. Er sah zufrieden aus. Mia wusste, wie man sich Erwachsenen gegenüber zu verhalten hatte. Sie sahen nie das, was man wirklich war, sondern das, als was man sich präsentierte. Und Mia verstand es, sich Erwachsenen gegenüber zu präsentieren. „Wir wollten ihnen keine Unannehmlichkeiten bereiten.“ Reuevoll sah sie zu Boden. „Es ist so: Wir kommen aus Amerika und werden dieses Jahr Hogwarts besuchen. Bis zum Beginn des Schuljahres wollten wir uns eigentlich in einem Pub in der Winkelgasse einquartieren, dem tropfenden Kessel.“ Mr Weasley nickte zum Zeichen, dass er den Pub kannte. Ihre gute Vorbereitung zahlte sich eben doch aus. „Leider gab es einen Unfall, während wir auf der Überreise nach Europa waren. Fast unser ganzes Geld ging dabei verloren und jetzt können wir gerade noch genug für unsere Bücher und Kräuter zusammen kratzen.“ Sie sah zu Mr Weasley auf, biss sich beschämt auf die Lippe. Wenn sie loslegte, dann richtig! „Wir haben uns natürlich sofort an Professor Dumbledore gewandt und er gab uns den hier.“ Aus der Seitentasche ihrer zerschlissenen Jacke zog sie den gefälschten Brief und überreichte ihn Mr Weasley.

Dieser nahm ihn nachdenklich entgegen. Er beäugte das Siegel sehr genau und Mia dankte innerlich Merlin dafür, dass sie in der Nähe des Wieselkopfes noch grüne Tinte gekauft hatte. Gerade als Mr Weasley das Siegel aufbrach, tauchte die korpulente, emsige Frau auf, die Mia so oft beobachtete hatte. Die beiden Mädchen hatten sich die Mutter der Weasleys immer als eine liebevolle Frau vorgestellt, die ihren Kindern alles durchgehen ließ und sie mit lauter mütterlicher Liebe erdrückte. Doch als sie nun die Küche betrat, sah sie gar nicht liebevoll und herzlich aus. Sie wirkte müde und genervt. Außerdem redete sie sofort los, ohne die Mädchen auch nur eines Blickes zu würdigen.

„Arthur, das geht so einfach nicht weiter! Die Zwillinge haben heute schon wieder das Klo verstopft! Und Rons Zimmer sieht aus wie der reinste Saustall, ich kann kaum mehr den Boden sehen! Du musst auch mal etwas sagen, Arthur, du kannst das deinen Kindern nicht immer durchgehen lassen. Und…“

Dann bemerkte sie die beiden. „Oh.“, entfuhr es ihr und hastig setzte sie ein geübtes Lächeln auf. „Wir haben wohl Gäste. Warum hast du mir nichts davon erzählt, Arthur?“ Den Namen ihres Mannes sagte sie so eindringlich, dass Mia nahezu beobachten konnte, wie Arthur unter ihrem gestrengen Blick schrumpfte. Und Mia konnte es ihm nicht einmal verübeln.

Höflich sprang Mia auf und hielt Mrs Weasley ihre Hand entgegen. „Entschuldigen sie die Störung, Mrs Weasley. Ich bin Mia Lepore!“ Misstrauisch nahm die Hexe Mias Hand und schüttelte sie zaghaft. Mia spürte, dass Mrs Weasley eine härtere Nuss sein würde, als Mr Weasley, der die beiden schon längst in sein Herz geschlossen hatte. „Ich bin Seraphina Shepard…“, nuschelte Phina hinter ihr schüchtern. Auch ihr schüttelte Mrs Weasley die Hand, dann stemmte sie die Hand mit dem Putzlappen in die gewaltige Hüfte und stützte sich mit der anderen an der Küchentheke ab. „Na, ihr seid mir aber eine Erklärung schuldig.“

Mia wollte gerade dazu ansetzen, ihre Geschichte ein weiteres Mal zu erzählen, als Mr Weasley ihr zuvorkam. „Dumbledore hat uns einen Brief geschrieben.“, sagte er ruhig und reichte Mrs Weasley das Pergament, „Da steht alles drin.“ Mit kritischem Blick nahm Mrs Weasley das Stück Papier entgegen und las es mit zusammengezogenen Augenbrauen. Ihre Augen huschten in aller Schnelle über die Zeilen. Mia hätte liebend gern mit Phina einen Blick gewechselt, aber Mr Weasley schien sie mit Adleraugen zu beobachten.

Letztendlich war Mrs Weasley fertig und sagte: „Na, da hattet ihr aber Pech, meine Lieben!“ Mia grinste. Sie hatten es geschafft!

Sie lächelte Mrs Weasley herzerwärmend zu. „Ja, das stimmt. Aber jetzt sind wir ja zum Glück hier.“

„Und ganz verhungert seht ihr auch aus!“, stellte Mrs Weasley in einem schon viel netterem Tonfall fest. Ihr gefälschter Brief musste sie überzeugt haben. „Ich werde euch schnell was zaubern!“

Und wenn sie zaubern sagte, meinte sie nicht etwa zaubern. Obwohl die Kochkünste der Herrin des Hauses Zauberei wohl ziemlich nahe kamen. Mia konnte gar nicht so schnell schauen, wie Mrs Weasley die Würstchen in der Pfanne brutzelte, den Speck zubereitete und ein paar warme Brötchen in den Backofen schob. Beim Anblick des Essens lief Mia das Wasser im Mund zusammen. Ihr Magen knurrte hörbar.

„Erzählt mal!“, mischte sich nun wieder Mr Weasley ein, „Von eurem Unfall, meine ich. Wie seid ihr überhaupt hierher gekommen?“ Mit schrägem Kopf musterte er ihre heruntergekommene Kleidung.

Mia seufzte theatralisch. „Wir kamen mit der Fähre rüber. Es war eine schreckliche Überfahrt, die Gezeiten haben uns unheimlich zugesetzt.“ Mr und Mrs Weasley murmelten Zustimmungsbekundungen. „Wir waren so froh, als wir endlich das englische Festland betreten konnten. Leider hatte einer der Schiffsmatrosen uns vollkommen ausgeraubt. Wir haben nur noch das, was wir bei uns trugen. Deswegen sehen wir auch so aus.“ Mit einer eindeutigen Geste zeigte sie auf ihre Kleidung. „Seit Wochen konnten wir unsere Kleidung nicht wechseln. Und das Geld, das wir noch haben, brauchen wir doch für unsere Schulausrüstung…“

„Oh, ihr armen Mäuschen!“, rief Mrs Weasley entrüstet, „Was sagen denn eure Eltern dazu?“

Mia schluckte. „Wir haben sie natürlich eulenwendend benachrichtigt. Bis jetzt haben wir jedoch keine Antwort erhalten. Bis Amerika ist es immerhin ein ganz schönes Stück…“ Sie lächelte Phina zu. „Und Phinas Eule ist auch nicht die Schnellste!“

Phina verschluckte sich fast an ihrer heißen Milch mit Honig. Sie hustete ordentlich und hörte erst auf, als Mrs Weasley ihr hilfsbereit auf den Rücken klopfte. Mia konnte die Tränen in ihren Augenwinkeln glimmern sehen. Phina war für solche Aktionen einfach nicht zu gebrauchen! Sie nahm sich vor, sie bei solchen Geschichten in Zukunft grundsätzlich außen vor zu halten. Phina hatte nicht genug Courage, anderen Leuten ins Gesicht zu lügen. Mias beste Freundin zwang sich nun zu einem zustimmenden Nicken und lächelte dabei gequält. Mia musste sich ein Lachen verkneifen. Phina war eindeutig die schlechteste Lügnerin der Welt!

„Das kennen wir ja von unserem Errol!“, lachte Mr Weasley herzlich. Mrs Weasley servierte ihnen einen Teller, voll beladen mit allem, was die schottische Küche so hergab. Mia machte große Augen. „Sie können sich gar nicht vorstellen, wie gern ich sie gerade habe!“, brachte sie glücklich hervor, ergriff dann in Windeseile ihre Gabel und ein großes Stück Würstchen verschwand auch schon in ihrem Mund. Mrs Weasley lachte. „Iss nur, ich habe noch mehr.“

Mia fühlte sich, als wäre sie im Himmel gelandet. Die beiden Mädchen aßen wie Scheunendrescher, Mia orderte sogar noch eine dritte Portion. Wenn auch mit schlechtem Gewissen. Schließlich hatten sie Mr und Mrs Weasley mit weiteren Informationen über ihre Reise nach Europa, ihre Familien und ihre alte Schule abgespeist. Mia erzählte weiterhin, dass ihren Eltern, die Entscheidung, ihre Töchter nach Hogwarts zu schicken, weil europäische Standards so viel höher waren, nicht leicht gefallen war. Aber Talent sollte schließlich gefördert werden.

Schließlich waren sie pappsatt und völlig erschöpft. Die ständige Anspannung, nichts Falsches zu sagen, war anstrengend. Mia gähnte demonstrativ, woraufhin Mrs Weasley entschied, die beiden endlich in ihre wohlverdienten Betten zu schicken. Am Treppenaufgang verabschiedete Mr Weasley sich von den beiden, weil er im Wohnzimmer noch Papierkram zu erledigen hatte. Sie gingen langsam die knarrende Treppe hoch und Mia und Phina entdeckten zum ersten Mal die oberen Stockwerke des Fuchsbaus.


„Ron, hör endlich auf damit!“, kreischte Hermine und floh vor ihrem rothaarigen Freund, der ihr mit zwei flauschigen Kissen in den Händen hinterher jagte. „Das ist nicht mehr witzig!“

„Findest du?“, gluckste Ron und warf ihr gezielt eins der Kissen gegen den Hinterkopf. Hermine fuhr herum. „Ronal-!“Doch sie konnte nicht zu Ende sprechen, weil sie in diesem Moment das zweite Kissen mitten im Gesicht traf.

„Na warte!“, murmelte sie, packte sich zwei Kissen und warf eins davon nach Ron. Der jedoch wich geschickt aus und ergriff sich dabei ein weiteres Kissen. Bevor er jedoch damit weitermachte, Hermine fertig zu machen, sah er zum Bett, wo Harry lag. „Was ist?“, fragte er, „Machst du nicht mit?“ Er keuchte, erschöpft von der Kissenschlacht.

Harry sah auf. Er war ganz in Gedanken vertieft gewesen. Seit Tagen ließ ihn diese Geliebte des dunklen Lords nicht los. Wer war sie? Wo kam sie her? Und vor allem: Was wollte sie? „Nicht jetzt…“, murmelte er und fuhr sich durch das rabenschwarze Haar. Es war zerzaust, so wie immer.

„Ach, Harry…“, brummte Ron und stemmte die Hände in die Hüften, „Sei kein Spielverderber!“ Bumm! Ein Kissen traf ihn im Nacken. Ron wirbelte herum und sah in Hermines frech grinsendes Gesicht. „Du hinterhältige Schlange!“, grinste er und stürmte auf sie zu.

Harry schüttelte den Kopf. Er verstand die beiden wirklich nicht. Im einen Moment lagen sie sich wegen irgendwelcher belangloser Kleinigkeiten in den Haaren und im nächsten Moment machten sie kindische Kissenschlachten und hatten miteinander den größten Spaß. Sie waren beide wie verrückt. Harry war eigentlich ja auch für jeden Spaß zu haben, aber… Heute eben nicht. Er machte sich immer noch Sorgen um Sirius und von Dumbledore hatte er auch keine Antwort erhalten. Interessierte die Sache mit der Frau ihn den gar nicht? Vielleicht war es eine neue Gegnerin! Harry fand, dass man das nicht einfach so auf die leichte Schulter nehmen sollte. Aus Angst davor, ins Kreuzfeuer zu gelangen, schlich er sich aus dem Zimmer, als Ron Hermine in eine Ecke des Zimmers gedrängt hatte und mit einem Kissen auf sie eindrosch. Harry gluckste und schlüpfte durch die Tür.

Draußen angekommen, atmete er erleichtert auf. Er war nicht in der Stimmung, eine Kissenschlacht zu machen. Vielleicht morgen. Oder übermorgen. Im Moment passierte einfach zu viel zu schnell. Er lief die Treppen hinunter zum Badezimmer. Was er brauchte, war eine ordentliche Dusche und nichts anderes. Doch noch sollte er sie nicht bekommen. Im zweiten Stock angekommen, hörte er unbekannte Stimmen.

„Ihr könnt Charlies altes Zimmer bekommen. Er ist mein zweiter Sohn, aber zurzeit arbeitete er in Rumänien in einem Drachenreservat. Wir sind alle so unheimlich stolz auf ihn!“ Okay, das war unverkennbar Mrs Weasley. Harry ging ein Stück weiter und spähte hinunter, konnte jedoch nichts erkennen. „Mrs Weasley, wir sind ihnen zu großem Dank verpflichtet.“, antwortete nun eine raue Stimme. Er stutzte. Sie klang jung, trotzdem war sie ihm unbekannt. Er gab dem Drang, zu schauen, wer denn die unbekannten Gäste waren, nach und lief die Treppe hinunter.

Es waren zwei Mädchen in seinem Alter. Sie standen zusammen mit Mrs Weasley vor besagtem Zimmer und trugen frische Handtücher, Waschzeug und ein paar abgelegte Klamotten, die unverkennbar Mrs Weasley selbst gehörten in den Armen. Er musterte die beiden. Sie waren wie Feuer und Wasser. Die linke sprang ihm direkt ins Auge. Sie war klein, gedrungen und hatte dunkles buschiges Haar und erinnerte ihn ein wenig an Hermine. Der strenge Blick ihrer dunklen Augen erfasste ihn sofort, kaum war er am Fuß der Treppe angekommen. Die Zweite war groß, fast schlaksig und hatte noch roteres Haar als die Weasleys. Sie war so unscheinbar, dass sie Harry fast nicht aufgefallen wäre, wenn sie nicht das andere Mädchen und Mia um einen ganzen Kopf überragt hätte. Mit zu Boden gesenktem Blick, einer gekrümmten Haltung und zusammengekniffenen Lippen hielt sie sich dezent im Hintergrund. Fast, als würde sie sich schämen.

„Harry!“, sagte Mrs Weasley erfreut und schloss ihn in seine Arme, „Welch perfektes Timing! Ich darf dir unsere neuen Gäste und zwei zukünftige Mitschülerinnen von dir vorstellen! Mia und Seraphina.“ „Phina…“, murmelte die Rothaarige schüchtern.

„Hey.“ Harry lächelte die beiden neugierig an. Neue Mitschülerinnen? Na, das waren ja mal Neuigkeiten! „Ihr geht auch nach Hogwarts?“

Die Dunkelhaarige, Mia, nickte. „Ja, ab diesem Jahr. Wir gehen in die Fünfte, da bist du doch auch, oder?“ Überrascht nickte Harry. „Wir kommen ursprünglich aus Amerika, aber unsere Eltern haben uns aus schulischen Gründen hierher geschickt. Hogwarts ist und bleibt die beste Schule!“ Sie lächelte ihn an. Harry lächelte zurück, wenn auch etwas weniger euphorisch. Sie war ein wenig überdreht, diese Mia. Fast schon übereifrig. Er wandte sich zu dem anderen Mädchen, das betreten auf ihre Füße schaute. „Wollt ihr uns nachher alles ausführlich erklären? Dann hole ich Ron und Hermine – die sind auch in meinem – unseren - Jahrgang und wir können uns kennen lernen.“ Die beiden sahen aus, als würden sie erst mal ein anständiges Bad vertragen.

Mia nickte zufrieden. „Klar, gerne. Aber jetzt wollen wir nur duschen. Wir haben eine lange Reise hinter uns.“

„Dann werde ich euch jetzt mal das Bad zeigen!“, entschloss Mrs Weasley und führte die beiden zum Bad.

„In einer Stunde.“, rief Harry den beiden hinterher.

Nachdenklich lief er zurück zu Rons Zimmer. Wer hätte damit gerechnet? Zwei neue Schülerinnen. Im fünften Jahrgang. Aber sie waren ihm sympathisch, befand er. Zwar war Phina ein wenig schüchtern, aber wenn sie sich besser kennen lernten, würden sie bestimmt gute Freunde werden! Mit großen Schritten lief er zu Rons Zimmer. Die Dusche hätte er schon längst vergessen. Er musste unbedingt mit seinen Freunden reden!


Mrs Weasley hatte die Freundinnen, nachdem sie ihnen das Bad gezeigt hatte, endlich allein gelassen. Mia drehte den Hahn auf und ließ Badewasser ein. Dann setzte sie sich auf den Wannenrand und tauchte ab und zu mit einem Finger in das Wasser, um zu schauen, wie die Temperatur war. Phina saß mit angewinkelten Beinen auf dem Toilettensitz. Sie war ganz verwirrt und ihr Puls raste. Zwar hatte Mia die meiste Zeit geredet, doch Phina war wahrscheinlich doppelt so aufgeregt gewesen wie sie!

„Danke.“, lächelte sie ihre Freundin an, „Ich hätte das nie so geschafft.“

Mia verdrehte die Augen und zog ihren Pullover aus. „Weiß ich doch.“ Sie grinste frech und Phina musste lachten. „Und eigebildet bist du auch gar nicht!“ Mia warf den Pullover nach ihr. „Werd mal nicht vorlaut hier!“ „Wer wird hier vorlaut?“ „Du!“ Mia stürzte sich auf Phina und kitzelte diese von oben bis unten durch, bis sie vor Erschöpfung flehte. „Das… Das Badewasser!“, winselte sie kichernd. Mia sprang auf und drehte hektisch den Hahn zu. „Das war knapp.“, kommentierte sie mit einem Blick auf den Wasserstand. Fast hätten sie eine Überschwemmung verursacht.

Sie sah Phina an. Und gleichzeitig fingen beide Mädchen an wie wild zu kichern. Sie kriegten sich kaum ein. Es dauerte fast fünf Minuten, bis beide wieder normal reden konnten. „Wir haben es geschafft.“, hielt Mia dann trocken fest, „Wir haben es wirklich geschafft! Hättest du das je geglaubt?“

Phina schüttelte den Kopf. Ja, sie hatten es geschafft. Sie war auch stolz auf sich, wäre da nicht… „Der Junge eben, war das Harry Potter?“ Sie sah Mia ängstlich an.

Diese jedoch lachte. „Schwarze Haare, grüne Augen, Blitznarbe auf der Stirn. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er es war!“ Dann sah sie Phina besorgt an. „Wieso? Wir haben mit ihm nichts zu tun Phina! Du auch nicht. Du bist für nichts, absolut nichts verantwortlich! Wir. Sind. Jetzt. Frei.“ Sie betonte jedes einzelne ihrer Worte eindringlich.

Phina seufzte. Mia hatte ja keine Ahnung. Wie denn auch? „Ist ja auch egal…“, murmelte sie und begann damit, ihre Hose auszuziehen. Vielleicht würde ein gutes Bad ja all die Sorgen verschwinden lassen. Vielleicht aber auch nicht. Phina wusste es nicht. Das Einzige, was sie wusste, war, dass in dem Moment, in dem sie in Harry Potters Gesicht geschaut hatte, die Angst sich wie eine widerspenstige Zecke in ihren Nacken geklemmt hatte. Wie sie ihr langsam den Rücken hochgekrochen war und ihr Herz vergiftet hatte. Und ob dies aus Aufregung oder aus Schuld gewesen war, vermochte sie nicht zu bestimmen.


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