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Alles was wir geben mussten - Farbtupfer und Lebenszeichen

von Jausti

Harry lag in seinem Zimmer auf dem Bett. Er hatte die Arme hinter dem Kopf verschränkt und starrte die karge weiße Decke an. Hedwig wimmerte leise in ihrem Käfig. Es war schon mehrere Wochen her seit sie das letzte Mal geflogen war und oftmals kreischte sie deshalb nachts das ganze Haus zusammen. Doch die Dursleys kannten keine Gnade.

In seinem Zimmer herrschte ein heilloses Durcheinander. Die Bettdecke lag zusammengeknüllt in einer Ecke, ebenso bedeckten Zeitungsausschnitte des Tagespropheten, halb fertig geschriebene Pergamente und seine Schulbücher den Boden bis auf den letzten Zentimeter. Sein Koffer lag immer noch halb gepackt in der Mitte des Zimmers. Für Harry war es immer ein hoffnungsvoller Anblick, den halb gepackten Koffer zu sehen. Er vermittelte ihm das Gefühl, dass er hier bald schon wegkommen würde.

Mrs Figg hatte sich wirklich um alles gekümmert. Am Morgen hatte sie ihn mit zur Haustür der Dursleys geschleppt, wo sie eine riesige Szene machte. Harry habe ihre preisgekrönten irischen Gartenzwerge stehlen wollen, log sie. Überall wäre das den Menschen vielmehr lächerlich als skandalös vorgekommen, nicht aber im Ligusterweg. Tante Petunia und Onkel Vernon tobten. Harry bekam ein Ausgehverbot und musste nun schon seit zwei Tagen in seinem Zimmer hocken. Die Langeweile brachte ihn nahezu um. Sein Magen knurrte. Essen gaben sie ihm auch nicht gerade genug.

Am liebsten hätte er Mrs Figg den dürren Hals umgedreht, als sie plötzlich angefangen hatte zu zetern und zu schreien. Wie kam diese alte Schrulle nur darauf ihn so bloßzustellen? Immerhin hatte sie sich ihre eigene Arbeit um einiges erleichtert, denn Harry hatte kaum mehr eine Chance das Haus zu verlassen. Er hoffte, dass ihr Brief Dumbledore bald erreichen würde. Mrs Figg hatte noch in der Nacht eine rotbraune Schleiereule mit einem in ihrer winzigen Schrift bekritzelten Pergament am Bein losgeschickt. Das war nun zwei Tage her. Wie lange brauchte eine Eule so bis Hogwarts? Harry zog die Augenbrauen zusammen. War Dumbledore überhaupt in Hogwarts? Er stellte sich den Schulleiter oben ohne an einem langen Sandstrand unter Palmen vor, wo er genüsslich einen zitrusfarbenen Cocktail mit einem kleinen pinkfarbenen Schirmchen schlürfte. Harry musste bei dem Gedanken unwillkürlich grinsen.

Gegen Mittag wurde das Hungergefühl so stark, dass er sich widerwillig an seinen letzten Resten aus dem Schrank bediente. Hier lagerten sich einige Schokoladenkuchenstücke, zwei Packungen Bertie Botts Bohnen aller Geschmacksrichtungen und sechseinhalb Schokofrösche. Außerdem verwahrte Harry hier alle seine Briefe auf, auch wenn es nur wenige waren. Die Tatsache, dass die Dursleys ihm verboten hatten, Hedwig rauszulassen und diese Maßnahme auch noch durch einen extra angeschafften Käfig durchgesetzt hatten, hatte Harry seine einzigen Freuden des Lebens genommen.

Nach einigem Überlegen nahm er sich das vorletzte Kuchenstück und biss gierig hinein. Er schmeckte klebrig und war viel zu süß, doch Harrys knurrendem Magen war das egal. Mit Verzücken erinnerte er sich an den exzellenten Erdbeerkuchen, den ihm Mrs Weasley gebacken hatte, und an die Marzipantorte, die Hermine eigens im Laden für ihn gekauft hatte.

Sein fünfzehnter Geburtstag lag nun schon mehr als eine Woche zurück. Ihm selbst war er wie ein kleines Licht am Ende eines riesigen schwarzen Tunnels vorgekommen, weil er endlich wieder Lebenszeichen von der magischen Welt bekam. Er biss noch einmal in das Kuchenstück, nahm alle seine Briefe und legte sich damit auf das ungemachte Bett.

Der oberste Brief war von Ron. Neben dem leckeren Kuchen hatte er ihm außerdem noch ein Buch über Drachenarten geschenkt, was Harry an seine erste Aufgabe beim Trimagischen Turnier erinnerte. Damals hatte er gegen einen Drachen kämpfen müssen und hatte es knapp nur geschafft nicht bei lebendigem Leibe verbrannt zu werden. Jetzt jedoch erinnerte er sich gerne an diesen Kampf zurück, weil er sich dank ihm mit seinem besten Freund Ron nach ihrem ersten richtigen Streit vertragen hatte. Harry wettete, dass Ron das Gleiche gedacht hatte. Des Weiteren hatte Ron die kleine Viktor-Krum-Figur beigelegt, die er sich letztes Jahr bei der Quidditch Weltmeisterschaft gekauft hatte, und geschrieben: „Wenn du sie willst, kannst du sie haben, wenn nicht, schmeiß sie einfach in den Müll oder verbrenn sie oder was weiß ich. Ich will sie jedenfalls nicht!“ Die kleine Figur lag mittlerweile unter einem Haufen Essensresten und zerknüllten Pergamenten ganz unten in Harrys Mülleimer.

Die Weasley Zwillinge hatten einige ihrer neusten Erfindungen beigelegt und Harry über Ron versichern lassen, dass er bei ihnen immer ein Ehrenkunde sein würde und haben könne, was er wollte. Harry musste darüber schmunzeln. Vor den Sommerferien hatte er den Zwillingen sein Preisgeld, das er für seinen mehr oder weniger fair errungenen Sieg beim Trimagischen Turnier gewonnen hatte, geschenkt. Die beiden wollten nämlich einen eigenen Scherzartikelladen aufmachen. Sie würden dieses Jahr ihr letztes Schuljahr in Hogwarts bestreiten.

Ginny und Percy Weasley hatten ein Paar neue Drachenlederhandschuhe beigelegt, was Harry sehr geschmeichelt hatte, weil diese nicht gerade billig waren. Er vermutete, dass Ginny sie quasi als Schweigegeld ansah. Harry hatte sie letztes Jahr zusammen mit Dean Thomas erwischt und sie vor Ron brüderlicher Großspurigkeit in Schutz genommen. Von Percy hatte Harry länger nichts gehört. Letztes Jahr war er Barty Crouchs Assistent gewesen. Doch dieser war unter unglücklichen Umständen umgebracht worden. Harry hatte keinen blassen Schimmer, welche Auswirkungen das auf Percys Karriere gehabt hatte. Er nahm sich vor, ihn zu fragen, sobald er die Möglichkeit haben würde.

Doch nicht nur die Weasleys hatten ihn großzügig beschenkt. Neben ihrer Torte hatte Hermine ihm – wie üblich – ein Buch geschenkt. Er hatte schmunzeln müssen, als er den Titel Trimagische Turniere im Laufe der Jahre – aufgenommen 1543 gelesen hatte. Es war interessant zu lesen, welche Aufgaben den Teilnehmern gestellt worden waren. Das ging von aussichtslosen Duellen gegen Geister bis hin zu der Aufgabe, die Schule so schnell und effizient wie möglich zu putzen. Letzteres hatte Hermine in ihrem Brief als ernstzunehmende Maßnahme gegen die Ausbeutung von Hauselfen an Schulen für Hexerei und Zauberei erwogen.

Hagrid hatte ihm die Schokofrösche geschenkt. Er wusste ja, dass Harry angefangen hatte die Karten zu sammeln, auch wenn er gegen eingefleischte Sammler wie Ron Weasley oder Seamus Finnigan keine Chance hatte. Außerdem hatte Hagrid ihm, wohl ihn Gedanken daran, wie die Dursleys ihn behandelten, Eulenfutter für Hedwig beigelegt.

Zu seiner großen Überraschung waren dies nicht die einzigen Geschenke. Bisher war Harry immer nur von seinen besten Freunden beschenkt worden, doch letztes Jahr hatte alles geändert. Colin und Dennis Creevey, zwei Gryffindors, die jünger waren als er, hatten ihm ein Fotobuch mit allen Schnappschüssen des Turniers geschickt. Harry wusste nicht recht, ob er sich darüber freuen oder ärgern sollte. Fleur Delacour, Teilnehmerin für Beauxbatons, schickte ihm ein Veelahaar. Es lag nun ganz unten in den Tiefen seines Koffers, wo Harry sicher vor dessen aphrodisierender Wirkung war. Die Bertie Botts Bohnen kamen von seinem Patenonkel, Sirius Black. Sie waren sein letztes Lebenszeichen.

In Gedanken versunken starrte Harry die dreckige weiße Decke an. Er wollte endlich hier weg. Zurück zu seinen Freunden und sogar zu seinen Feinden. Was hätte er nicht alles für eine gute Schlägerei mit Malfoy gegeben, nur um sicher zu sein, dass er nicht in diesem engen Zimmer verrotten würde. Warum brauchte Dumbledore nur so lange, um zu entscheiden was passieren würde? Sicherlich war er hoch beschäftigt, dessen war Harry sich sicher.

Mrs Figg hatte ihm erzählt, dass Dumbledore alle Hebel in Bewegung setzte, um eine Schar von Gleichgesinnten hinter sich zu sammeln. Deshalb war Sirius auch nicht da, dachte Harry, er suchte alte Verbündete. Trotz allem war es eine Qual für Harry. Ständig dachte er an die fremde Frau. Ihr Geruch hatte sich tief in Harrys Gedächtnis gegraben und selbst wenn er es versuchte, war es ihm unmöglich ihn zu vergessen.

Um sich abzulenken sprang er vom Bett auf und sah sich im Zimmer um. Einen Moment lang spielte er mit dem Gedanken seine noch ausstehenden Zaubertrankhausaufgaben zu erledigen, verwarf die Idee aber sofort wieder. Nachdenklich schlenderte er zu seinem Fenster. Was war gestern nur dort gewesen? Er legte eine Hand an die Scheibe. Sein Atem warf weiße Wölkchen auf das Glas. Und plötzlich passierte es wieder.

Ein Geräusch, wie von Pergament, einem Umhang oder vielleicht auch das Rascheln von Blättern? Auf dem Boden unter seinem halb geöffnetem Fenster lag aber kein Laub und erst recht kein Pergament. Schnell wie ein Feuerblitz öffnete er das Fenster und hangelte sich wieder an die Regenrinne. Er hatte nicht die Zeit durch die Tür zu gehen, wenn er den- oder diejenigen, der das Geräusch verursachte, erwischen wollte. Dieses Mal würde er denjenigen, der ihn heimlich beobachtete sicher finden!

„Harry Potter!“, erklang eine hysterische Stimme unter ihm und Harry sank das Herz in die Hose. Tante Petunia!

Mit schwitzenden Fingern rutschte er die Regenrinne hinunter und purzelte die letzten gut eineinhalb Meter auf den Boden. Über ihm stand Tante Petunia mit vor Zorn verzerrtem Gesicht. Sie trug ein bunt gemustertes Kopftuch und gelbe Gummistiefel. Harry hatte vollkommen vergessen, dass sie heute im Garten arbeiten wollte. Sie musste wohl genau in dem Moment um die Ecke gekommen sein, als er sich an die Rinne gehangelt hatte. So ein Pech aber auch!

„Wolltest du wieder abhauen?“, erregte sich seine Tante und ihr Blick glich mehr dem eines Falken als dem einer Frau in den späten Dreißigern. „Und das ist der Dank dafür, dass ich dich als Baby aufgenommen habe! Von deiner vermaledeiten Mutter und ihrem Nichtsnutz von einem Mann! Du solltest hier im Garten sitzen und Unkraut jäten, nicht ich! Hast du jemals etwas für diese Familie getan? Elendiger…“ Harry war sich sicher, dass sie nun auf seine magischen Kräfte anspielen wollte, denn sie stockte mitten im Satz, sah hinüber zu den Nachbargärten, darauf hoffend, dass niemand ihre Schimpftirade gehört hatte. Dann packte sie Harry am Hemdkragen und zog ihn unsanft ins Haus.

„Vernon!“, kreischte sie, „Vernon!“

Mit puterrotem Gesicht hetzte Onkel Vernon vom Fernseher her. Harry sah noch, wie er eine Tüte Chips hinter dem Sofakissen versteckte. Die Familie machte mal wieder eine Diät wegen Dudley und anscheinend hielt sich mal wieder keiner außer Tante Petunia daran.

Als Onkel Vernon Petunia und Harry erspähte, schien er sofort zu wissen, um was es ging. Sein Blick verfinsterte sich und seine Hände ballten sich zu tennisballgroßen Fäusten. „Was hat der Junge jetzt schon wieder angestellt?“, bellte er und verteilte dabei einzelne Tröpfchen Speichel auf Harrys Gesicht.

„Er wollte sich wieder aus dem Haus schleichen, Vernon! Bestimmt wollte er diesmal ein Mofa oder ein Auto klauen!“

In Gedanken verfluchte Harry Mrs Figg. Sie wusste ja gar nicht, was sie mit ihrer übereilten Ausrede angestellt hatte! „Gar nicht!“, widersprach er, „Ich…“ Er stockte. Er konnte jawohl schlecht sagen, dass ihn irgendjemand, wie er vermutete ein Lakai Voldemorts, beobachtete und dass er deshalb rauswollte. Die Dursleys würden wahrscheinlich fragen: Wer ist Voldibart?

Ohne ein weiteres Wort packte Onkel Vernon Harry am Kragen und zog ihn zu sich hoch. „Junge!“, knurrte er durch die Zähne, „Ich hatte viel Geduld mit dir. Sehr viel Geduld…“ Harry hatte das Gefühl, dass Onkel Vernon sich vor sich selbst rechtfertigen wollte. „Aber jetzt reicht es!“ Unsanft stieß er ihn von sich in Richtung Tür.

Harry hatte den Wink mit dem Zaunpfahl verstanden. Flüchtige Tränen funkelten in seinen Augen. Er wollte nicht, dass die Dursleys sie sahen, deshalb drehte er sich zur Tür. Genau in diesem Moment erschien Dudley Dursley, Harrys grauenvoller Cousin. Fett, blond und bösartig wie immer grinste er Harry an.

„Oh, Baby!“, quietschte Tante Petunia und schloss ihren Sohn in die Arme. Dudley schien interessiert. „Dad?“, fragte er, „Was ist hier los?“

Onkel Vernon brummte. „Der da.“ Er zeigte auf Harry. „Er geht.“

Harry wusste nicht was er tun sollte. Schon einmal hatten die Dursleys ihn fast rausgeschmissen. Damals hatte er allerdings seine Tante Magda aufgeblasen und war nicht nur aus dem Fenster geklettert. Er fragte sich, warum sie wohl so wütend waren. Er tippte auf die Hungerkur.

Sekundenlang starrten Harry und sein Onkel sich in die Augen. Harry vermied es, zu blinzeln oder auch nur zu wackeln. Doch dann zuckte sein rechtes Auge und er wusste, Onkel Vernon hatte gewonnen.

Er schlurfte zur Treppe, um seine Tasche zu packen.

Dann hörte er, wie Dudley gehässig flüsterte: „Wahrscheinlich waren die Gartenzwerge für seine rothaarigen Freunde. Ich wette, er ist heimlich in sie verliebt. So einer wie der kann ja nur schwul sein!“

Mit einem Satz war Harry wieder am Fuß der Treppe. Er hatte keinen Zauberstab, dieser lag oben in seinem Zimmer auf dem Schreibtisch, doch auch so war sein Zorn groß genug, um Dudley in Angst und Schrecken zu versetzen. Er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, alles war nur noch erfüllt von einem Gedanken: Rache. Er knallte mit einem gewaltigen Ruck gegen Dudley, sodass sein fetter Cousin mit voller Wucht gegen die langweilige weiße Wandverkleidung stieß und auf dem Boden wie ein großer Sack Kartoffeln in sich zusammensank.

Harry starrte fassungslos seine Hände an. Woher war diese plötzliche Kraft gekommen? Es schien, als hätte er über den Sommer ein gutes Stück an Größe und auch Stärke zugelegt, ohne dass es ihm aufgefallen war.

Ehe er sich versah, baute sich Onkel Vernon vor ihm auf, mit den Händen in die Seiten gestemmt. „Was fällt dir ein, Bürschchen!“, knurrte er. So wütend wie jetzt hatte Harry ihn noch nie erlebt. Er zitterte vor Angst, als sein Onkel gerade seine mächtige Pranke zum Schlag erhob.

Harry schloss angsterfüllt die Augen. Hätte er doch nur seinen Zauberstab! Wieso war er nur so dumm gewesen, ihn oben in seinem Zimmer zu lassen! In was für einen Schlamassel war er nur diesmal geraten? All diese Gedanken kreisten ihm durch den Kopf, während er ängstlich den Schlag erwartete.

Stille.

Harry blinzelte. Er erspähte eine Hand, eine sehr blasse Hand, die Onkel Vernons Handgelenk umfasste. „Was zum Teufel?“, fluchte sein Onkel.

Es war eine Frau, die Onkel Vernons Hand zurückgehalten hatte. Harry war sich sofort sicher, dass sie eine Hexe war. War sie etwa die Frau aus seiner Vision?

„Guten Tag, Mr Dursley“, sagte sie mit klebrig süßer Stimme, „Gestatten, mein Name ist Alba Trinklestone. Ich bin erfreut ihre Bekanntschaft zu machen.“ Ihre pfirsichfarbenen Lippen bildeten ein freudestrahlendes Lächeln.

Harry sah, wie Onkel Vernon mit sich selbst rang. Einerseits wollte er dieser Frau am liebsten den Hals dafür umdrehen, dass sie sich so dreist in sein Haus gestohlen und ihn davon abgehalten hatte, Harry seine gerechte Strafe zu verpassen. Andererseits wirkte das Gehabe dieser Alba so offenherzig und vor Freundlichkeit triefend, dass es ihm falsch vorkommen musste, auch nur ein böses Wort gegen sie zu richten. Und dann war da noch ihr Äußeres.

Er ließ seine Hand sinken. „G-Guten T-Tag…“, stammelte er. Harry musste ein Kichern unterdrücken. Onkel Vernon wirkte wie ein großes Kind.

Albas Freundlichkeit stand im völligen Gegensatz zu ihrem einschüchternden Aussehen. Sie war klein und gedrungen, hatte kräftige Oberarme und einen zu breiten Hals. Sie hatte unnatürlich weiße Haut, ohne jegliche Muttermale oder sonstige Makel. Ihr Haar war schlohweiß und ihre Augen blutrot. Harry hatte noch jemand derartiges gesehen. Auch wenn er unendlich dankbar für ihre Hilfe war, jagte ihre Erscheinung ihm einen Schauer über den Rücken.

Schlagartig fragte er sich, ob sie vielleicht diejenige sein konnte, die er zu Voldemort zurückkehren gesehen hatte. Einige Sekunden lang wagte keiner im Raum etwas zu sagen. Dudley versteckte sich angsterfüllt hinter Tante Petunia, die sich neben Onkel Vernon ganz klein machte. Harrys Onkel jedoch blickte die fremde Frau finster an, auch wenn er es nicht wagte, ein böses Wort zu sagen.

„Und was wollen sie hier?“, durchbrach er schließlich die Stille.

Alba zwinkerte ihm zu. Mit ihren roten Augen, die Harry schrecklich an Voldemort erinnerten, sah das so grotesk aus, dass Harry den Blick abwenden musste. „Ich wurde geschickt, um Harry abzuholen. Ich hoffe ich mache ihnen keine Umstände, wenn ich sie bitte so freundlich zu sein und mir einen Tee zu servieren? Pfefferminz wäre wunderbar. Ach, und ich nehme drei Stücke Zucker. Bitte!“ Sie setzte wieder ein strahlendes Lächeln auf. Die Farbe ihrer Zähne unterschied sich kaum von der ihres Gesichts.

Harry musste es sich verkneifen, dass seine Kinnlade hinunter klappte. Er sah, dass Onkel Vernon mit sich selbst rang, doch Tante Petunia war schneller. Sie packte Dudley am Handgelenk, schubste ihn in die Küche und stürzte hinterher.

„Und vergessen sie nicht den Tee für Harry.“, setzte die Hexe noch einen drauf.

Onkel Vernon knurrte, funkelte Alba feindselig an und verdrückte sich ebenfalls in die Küche. Mit einem lauten Knall schlug er die Messingholztür zu. Alba wandte sich nun Harry zu. Es schien, als könne sie den überfreundlichen Ausdruck auf ihrem Gesicht nicht ablegen. „Ich helfe dir solange beim Einpacken!“

Sie drängte ihn energisch die Treppe hoch. Harry war so verdutzt, dass er sie nicht einmal fragte, woher sie wusste, wo sein Zimmer war. Er hörte, wie sie leise gluckste, als sie das Chaos seines Zimmers erblickte, doch er störte sich nicht daran. Sie hatte ihn vor Onkel Vernon gerettet und würde ihn von hier wegbringen! Endlich! Eilig schmiss er alles was er finden konnte in den halb gepackten Koffer.

„Du bist ziemlich unordentlich. Glaub mir, dass erwarten die Leute aber nicht von dem Jungen-der-lebt!“, kicherte sie. Mit einem Schlenker ihres Zauberstabs begannen all seine Kleidungsstücke, sich eigens zu falten und ordentlich in den Koffer zu legen. „Ich bedaure es, dass unsere Begrüßung in dem ganzen Tohuwabohu da unten untergegangen ist. Also auf ein Weiteres! Ich bin Alberta Trinklestone, aber bitte nenn mich Alba, obwohl, eigentlich bitte ich dich nicht darum, ich zwinge dich. Ich meine, wer heißt schon gerne Alberta!“ Harrys Auge begann vor Nervosität zu zucken. Diese Frau redete wie ein Wasserfall! „Ich arbeite seit geraumer Zeit in den Diensten Dumbledores. Soll ich dir erzählen wie wir uns kennen gelernt haben? Das war so…“

„Stopp, stopp, stopp!“, rief Harry beschwichtigend. „Dumbledore hat Sie geschickt? Geht es ihm gut? Will er mit mir reden?“

Alba legte den Kopf schief. Ihr langes glattes Haar ergoss sie wie fließendes Wasser über ihre schneeweißen Schultern. „Er ist sehr beschäftigt.“

„Aber womit? Warum meldet er sich nicht? Es gibt etwas sehr Wichtiges, was ich ihm…“

„Wie gesagt, er ist sehr beschäftigt.“, sagte Alba trocken und damit war das Thema beendet.

Harry ließ den Kopf hängen. Er wettete, dass Dumbledore sie angewiesen hatte, ihm nichts über seine Beschäftigungen zu erzählen. Aber warum? Was war nur los?

Alba schien Harrys Niedergeschlagenheit zu bemerkten, deshalb sagte sie: „Er hat wirklich ziemlich viel um die Ohren. Aber er scheint ja an dich zu denken, sonst hätte er mich nicht geschickt, um dich zu den Weasleys zu bringen.“

„Sie bringen mich zu den Weasleys?“, rief Harry begeistert. Endlich würde er Ron und all die anderen wieder sehen! Alba nickte. Sie waren nun fast fertig damit, Harrys Koffer zu packen. Er holte noch schnell die letzten Dinge aus seinem Schrank und schmiss sie oben auf den Klamottenberg. Er schloss den Deckel und setzte sich mit seinem ganzen Gewicht darauf. Während er versuchte die Schnallen zu schließen, versuchte er mehr über seine Besucherin herauszufinden. „Was machen Sie denn für Dumbledore?“

Ihre Augen leuchteten auf, was ziemlich gruselig war und wieder im völligen Gegensatz zu der Freundlichkeit in ihrer Stimme lag. „Ich bin eine Art Heilerin, allerdings habe ich nie meine Ausbildung abgeschlossen. Um ehrlich zu sein bin ich durchgerasselt, weil ich den Deckel einer Phiole mit infizierten Bakterien nicht ordnungsgemäß verschlossen habe. Die haben aber auch einen Aufstand darum gemacht!“, verteidigte sich die brüskierte Hexe, „Ich meine, es wurden nur knapp hundert Leute von dem Virus infiziert und es war nicht einmal ansteckend. Solch ein Zirkus um nichts!“

Harry wagte es nicht, etwas Gegensätzliches zu behaupten, auch wenn alles in seinem Inneren sich gegen Albas verqueres Wesen aussprach. „Und was machen Sie nun genau?“

„Ach, ich kümmere mich um die Verletzten, die von Dumbledores Aufträgen zurückkehren. Ist eine ziemlich undankbare Aufgabe, das sag ich dir, mein Junge.“ Es versetzte Harry einen Stich. Was, wenn Sirius irgendwo verletzt lag und niemand ihm zur Hilfe kam?

„W-Wen versorgen Sie denn so?“, versuchte er etwas aus Alba herauszukriegen. Doch die Fast-Heilerin schenkte ihm nur einen eindringlichen Blick und ein wissendes Grinsen. „Ärztliche Schweigepflicht.“, zwitscherte sie, „Bist du fertig?“

Harry nickte enttäuscht. Was hatte er auch erwartet? Zusammen hievten sie seinen Koffer hinunter ins Erdgeschoss. Die Tür zur Küche hatte sich um keinen Zentimeter bewegt. Voller Elan betrat Alba die Küche. „Ist der Tee fertig?“

Die Dursleys hatten sich an den kleinen Küchentisch gedrängt. Unheilvolle Gedanken zeichneten ihre Gesichter. Zwei volle Tassen Tee standen am Tisch, so weit wie möglich von ihnen weggestellt. Alba strahlte. „Das war doch nicht nötig, Mrs Dursley!“, lächelte sie und Harry konnte sich ein schadenfrohes Grinsen nicht verkneifen. „Tee, Harry?“, bot Alba ihm an.

Stillschweigend schlürften sie ihren Tee. Kaum hatte Harry den letzten Schluck getrunken, sprang Alba tatkräftig auf und rief: „Los geht’s! Auf Wiedersehen, Mr und Mrs Dursley, Dumbley!“ Dudley zuckte unmerklich zusammen, als sie ihn mit dem falschen Namen betitelte. Seine Hände wanderten wie von alleine zu seinem Hinterteil, was Harry ein schadenfrohes Grinsen entlockte.

Alba und Harry verließen die Küche und die angespannte Stimmung und Harry atmete erleichtert auf. „Sagen Sie mal, wie kommen wir eigentlich zum Fuchsbau?“, fragte er.

Alba zwinkerte ihm verschwörerisch zu. „Es gibt mehr als einen Zauberer auf dieser Straße!“ „Sie meinen Mrs Figg?“ Alba zog eine enttäuschte Schnute. „Woher weißt du denn das schon wieder?“ Es war offensichtlich, dass sie ihn mit dieser Erkenntnis hatte überraschen wollen.

„Sie hat es mir Anfang des Sommers selbst offenbart.“, erklärte er, „Dumbledore hat sie angewiesen mich zu beschützen und weil sie meinte das könne sie besser, wenn ich Bescheid weiß, hat sie es mir gesagt.“ Alba nickte. „So ist das also.“

Gemeinsam verließen sie den Ligusterweg Nummer vier und machten sich in Richtung Mrs Figgs Haus auf. „Dumbledore kümmert sich darum, dass das Haus ans Flohnetzwerk angeschlossen wird. Allerdings müssen wir uns beeilen, er kann diesen Zauber ohne Bewilligung des Ministeriums nur für kurze Zeit wirken, weil er ja gegen die Regeln verstößt…“

„Wieso das denn?“, fragte Harry verwirrt, „Die Weasleys haben doch auch einen Kamin, der mit dem Netzwerk verbunden ist. Warum ist der dann erlaubt?“

„Ganz einfach.“ Alba linste ihn verschwörerisch aus den Augenwinkeln heraus an. „Weil du hier wohnst. Es scheint, als wolle das Ministerium verhindern, dass du mit anderen Zauberern in Kontakt trittst. Fudge will dadurch verhindern, dass du eventuelle Interviews gibst, die seinen Ruf weiterhin schädigen könnten. Aber Dumbledore hat uns einen kleinen Engpass verschafft, deshalb müssen wir uns beeilen.“ Sie fasste Harrys Hand und rannte los.

Gemeinsam hechteten sie zu Mrs Figgs Haus. Die alte Dame öffnete ihnen die Tür schon bevor sie überhaupt geklingelt hatten und scheuchte sie hinein. „Ab zum Kamin!“, drängte sie, „Ihr habt nur noch eine Minute!“

Im stickigen Wohnzimmer Mrs Figgs befand sich auch ein alter Kamin. Ein gemütliches Feuer prasselte darin und erfüllte Harrys Glieder mit wohliger Wärme. Die züngelnden Flammen des Feuers wuchsen im Gleichklang mit Harrys Vorfreude auf den Fuchsbau.

„Hast du auch alles eingepackt, Harry?“, fragte Alba. Harry sah sich um. Seinen Koffer hatte die Hexe für ihn getragen und seinen Besen hatte sie klein gezaubert, damit er nicht so auffiel. Die Eule Hedwig hatte Alba aus ihrem Käfig befreit. Harry vermutete, dass sie nun erst mal zum Jagen ausgeflogen war. Innerhalb der Ferien würde sie bestimmt unerwartet im Fuchsbau auftauchen und ihm eine erlegte Maus bringen. Ja, er hatte alles dabei.

Das dunkle Feuer spiegelte sich in Albas ebenso roten Augen. Ihr weißes Haar umspielte ihre Wangen. Die nun eingekehrte Ruhe verstörte Harry. Mrs Figg hatte sich in eine Ecke des kleinen Raumes gezwängt und wagte es nicht, etwas zu sagen. Vielleicht war sie ja genauso von der ungewöhnlichen Hexe eingeschüchtert wie Harry. „Vierzig Sekunden.“, flüsterte Alba. Ihr roter Mund wirkte wie ein fehlplatzierter Farbtupfer auf ihrer schneeweißen Haut.

„Mrs Trinklestone…“, begann Harry.

„Miss.“, korrigierte ihn Alba lächelnd, „...und nenn mich bitte Alba, sonst komme ich mir so alt vor.“

„Alba.“, verbesserte Harry sich rasch, „Warum sehen sie so…“ „… aus, wie ich aussehe?“, unterbrach sie ihn. Er nickte verlegen.

„Ich bin eine Albino-Hexe. Albinismus ist eine angeborene Störung. Er ist sehr selten, wobei er jedoch unter Zauberern leider häufiger ist, als unter Muggeln. Das hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass die Zauberer infolge des Fanatismus um Reinblütigkeit lange Zeit unter sich geblieben sind. Trotzdem haben wir Zauberer mit Albinismus es einfacher als die Muggel. Normalerweise verändere ich mein Aussehen nämlich mithilfe von Magie.“

„Das geht?“, fragte Harry überrascht.

„Ja. Es ist der erste Zauber, der Kindern beigebracht wird, die von Albinismus befallen sind. Er ist kein bisschen schwer!“, erklärte Alba.

„Und warum hast du dein Aussehen jetzt nicht verändert?“, fragte Harry.

Alba grinste. „Also, einerseits um deinen Verwandten einen Riesenschrecken einzujagen.“ Harry lachte. „Und andererseits ist dies die einzige Möglichkeit, wie wir den Kamin benutzen können. Dumbledore hat alles so gedeichselt, dass nicht vollwertige Zauberer, die hier im Ligusterweg einen Kamin benutzen, nicht registriert werden. Du bist noch nicht volljährig, von daher ist es für dich ohnehin möglich. Und wenn ich keinen Zauber über mich wirke, der mein Aussehen verändert, gelte ich auch nicht als vollwertige Hexe.“

„Wieso denn das?“, fragte Harry, obwohl eine grimmige Ahnung ihn beschlich.

„Nun ja… Sagen wir, dass das Ministerium auch nach all den Jahren immer noch nicht dazu gelernt hat…“ Sie seufzte, dann warf sie einen Blick auf die Uhr. „Es ist Zeit!“ Aus einer Tasche ihres mitternachtsblauen Umhangs zog sie einen Beutel mit Flohpulver. „Du fängst an.“ Sie reichte Harry den Beutel. „Geh bitte sparsam damit um, es ist das letzte bisschen, was ich noch habe.“

Harry gab eine Prise grünen Flohpulvers in den Kamin und tat einen Schritt vor. Die Flammen leckten an seinem Körper, doch sie fügten ihm kein Leid zu. Sie kribbelten lediglich ein wenig in den Fingerspitzen. Gerade, als er seine Lippen bewegen wollte, trat Mrs Figg aus der Ecke des Zimmers hervor und rief: „Hüte dich vor den Spiegeln, Harry Potter!“

Verwirrt zog Harry die Augenbrauen zusammen. Hüte dich vor den Spiegeln? Was meinte sie nur? Er traf Albas Blick, der ihm unmissverständlich klarmachte, dass er sich zu beeilen hatte. „Zum Fuchsbau.“, sagte er, so klar und deutlich er konnte, noch immer vollkommen von den geheimnisvollen Worten seiner Nachbarin verwirrt.

„Harry, da bist du ja endlich!“


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