von DoubleTrouble
„Herzlich willkommen in Hogwarts, ihr Erstklässler und an alle anderen ein herzliches Willkommen zurück!“, rief Professor Sprout strahlend. Maggie fühlte sich gleich heimischer in Hogwarts.
„Bevor wir uns über das Festessen hermachen, das unsere lieben Hauselfen gezaubert haben, habe ich einige Dinge anzusagen. Der Wald auf unserem Schulgelände ist für Schüler ausnahmslos verboten. Glauben Sie mir, einiges von dem, was da drin so haust, wollen Sie gar nicht kennen lernen“, sagte sie mit einem Augenzwinkern zu Hagrid hinüber. Der hob seine großen Hände, um Protest einzulegen, doch Professor Sprout redete schon weiter.
„Hausmeister Filch weist darauf hin, dass sämtliche Produkte aus dem Laden ‚Weasleys Zauberhafte Zauberscherze‘ strengstens verboten sind, genauso wie weitere sechshundertsiebenundzwanzig Dinge. Die vollständige Liste finden Sie in Mr Filchs Büro.
Des Weiteren haben wir ein neues Schulsprecherpaar, Eugene Goodwill aus Gryffindor und Julia Stinton aus Ravenclaw.“
Die beiden erhoben sich kurz und erhielten Applaus.
„Zudem muss ich Ihnen leider die schmerzliche Mitteilung machen, dass unser Zaubertränkelehrer Professor Slughorn nach langen Jahren des treuen Schuldienstes in seinen wohlverdienten Ruhestand zurückgekehrt ist“, sagte Professor Sprout. „Wir haben allerdings einen würdigen Ersatz gefunden – Professor Melville.“
Alle klatschten, als sich Professor Melville erhob. Er war noch recht jung und hatte dunkles Haar. Freundlich lächelte er in die Schülerschar und winkte einmal kurz, dann setzte er sich wieder.
Der Applaus ebbte ab und alle blickten wieder Professor Sprout an.
Sie lächelte breit. „Mir bleibt nun nichts mehr zu sagen, als Ihnen allen einen guten Appetit zu wünschen. Greifen Sie zu!“
Sobald Professor Sprout ihre Rede beendet hatte, deckten sich die Tische wie von selbst mit den wunderbarsten Speisen. Maggie wusste gar nicht, wohin sie zuerst schauen sollte. Jonathan neben ihr überlegte nicht lange und schaufelte sich von allem etwas auf den Teller. Fasziniert beobachtete Maggie, wie er Hähnchenschenkel, Pommes Frites, Salzkartoffeln, Steak- und Nierenpudding, grüne Erbsen und Kartoffelbrei zu einem hohen Berg auftürmte und das Ganze mit einer Bratensoße übergoss. Catherine mit den rotblonden Haaren auf seiner anderen Seite machte große Augen.
„Du musst ja halb verhungert sein!“, rief sie schließlich aus.
„Ganz genau“, sagte Jonathan und begann zu essen.
Maggie riss sich nur schwer von dem Anblick des immer kleiner werdenden Essensberges auf Jonathans Teller los und tat sich selbst etwas auf.
Die Lammpastete schmeckte ganz anders als die ihrer Mutter, aber Maggie hätte nicht sagen können, welche nun besser war. Die Hauselfen von Hogwarts machten ihre Arbeit unheimlich gut.
Langsam kaute Maggie und genoss jeden Bissen. Sie brauchte immer unheimlich lang zum Essen und war meistens die Letzte. Jonathan nahm sich bereits zum zweiten Mal, als sie ihren Teller erst halb leer gegessen hatte.
„Wieso isst du so langsam?“, fragte er verständnislos. „Schmeckt es dir nicht?“
„Doch, natürlich“, antwortete Maggie verwirrt. „Ich esse immer so langsam.“
„Das ist auch gesünder“, warf Catherine ein und lächelte sie über Jonathans Teller hinweg an. „Wenn man alles in sich reinschlingt, kriegt man Magengeschwüre, sagt mein Dad.“
Jonathan zuckte mit den Schultern. „Ich hatte noch nie Magenschnüre.“
„Magengeschwüre“, korrigierte Catherine.
„Was auch immer“, sagte Jonathan.
Maggie steckte den letzten Löffel voll Erbsen in den Mund und zog den Tomatensalat zu sich heran. Sie liebte Salat in allen Varianten, genau wie sie fast alle Obstsorten mochte. Nur Bananen rührte sie nicht an. Ihr Dad erzählte gern die Geschichte, wie sie mit vier Jahren ihre ersten magischen Fähigkeiten gezeigt und eine Banane, die Mum ihr zum Essen gegeben hatte, versteinert hatte. Seitdem musste sie keine Bananen mehr essen.
Als Maggie schließlich satt war, legte sie ihr Besteck auf den Teller und sah sich nach den anderen Erstklässlern um.
Die winzige Samara hatte sich offenbar schon mit den beiden großen blonden Jungen angefreundet, deren Namen Maggie schon wieder vergessen hatte. Daneben saß Kendra und blickte immer wieder schüchtern zu ihnen hin.
Schließlich verschwanden die Reste vom Tisch und der Nachtisch erschien. Ein wenig bedauerte Maggie es, soviel vom Tomatensalat gegessen zu haben. Da gab es Eis, Siruptorte, Kesselkuchen, Obsttorten, Pudding, riesige Windbeutel mit Erdbeeren und Schlagsahne…
Wieder musste Maggie eine Weile überlegen, bis sie sich schließlich ein großes Stück Schokoladentorte auf den Teller packte.
Jonathan und Catherine sprachen inzwischen über ihre Familien.
„Ich bin muggelstämmig“, erzählte Catherine. „Es war eine riesige Überraschung, als ich den Brief bekommen habe, aber Professor Longbottom war sehr nett und hat mir alles erklärt…“
„Professor Longbottom? Wer ist das?“, fragte Jonathan und putzte gründlich seine Eisschüssel aus.
Catherine deutete auf einen rundlichen, blonden, noch sehr jungen Mann links neben der Schulleiterin oben am Lehrertisch.
„Er ist unser Professor für Kräuterkunde und der Hauslehrer von Gryffindor“, erklärte sie.
„Und wie ist er so?“, wollte Jonathan wissen.
„Total nett!“, sagte Catherine. „Und er ist ein Freund von Harry Potter!“
„Echt?“, rief Maggie. Sie warf noch einen Blick hinauf zum Lehrertisch. Professor Longbottom unterhielt sich mit Professor Sprout und schien gerade eine lustige Geschichte zu erzählen, denn die Schulleiterin lachte herzlich, genau wie der winzige Professor Flitwick zu ihrer Rechten.
„Dann hat er bestimmt in der Großen Schlacht mitgekämpft“, vermutete Jonathan.
„Wow“, flüsterte Maggie. Einen Moment lang schwiegen sie ehrfürchtig. Einen Helden zum Professor zu haben war eine unglaubliche Vorstellung.
„Und was ist mit deiner Familie?“, fragte Catherine Jonathan.
Jonathan langte nach dem Obstsalat.
„Meine Mum arbeitet im Zaubereiministerium“, sagte er und verdrehte die Augen. „Im Komitee für muggelgerechte Entschuldigungen.“
„Was ist das?“, fragte Catherine verständnislos.
„Ach, wenn irgendwelche magischen Katastrophen passiert sind, dann überlegen sie sich dort, wie sie das den Muggeln plausibel machen“, erklärte Jonathan mit vollem Mund. Er trank einen Schluck Kürbissaft und sprach weiter. „Hast du diesen Sommer von den Waldbränden im Norden Schottlands gehört, die angeblich unachtsame Wanderer verschuldet haben?“
Catherine nickte mit großen Augen.
„Das war ein Drache, ein Schwarzer Hebride, der sich zu weit von seinem Gebiet entfernt hat“, sagte Jonathan und grinste zufrieden, als Catherine kugelrunde Augen vor Staunen bekam. „Das Ministerium hatte eine Heidenarbeit, ihn wieder einzufangen.“
„Und was macht dein Vater?“, fragte Maggie. Catherine musste erst einmal die Nachricht verdauen, dass es tatsächlich Drachen gab.
„Mein Vater ist ein Besenmacher“, sagte Jonathan stolz. „Er entwickelt gerade einen neuen Rennbesen, der bestimmt den Feuerblitz um Längen schlagen wird.“
„Was?“ Roger, der große kräftige Junge mit den braunen Haaren, lehnte sich zu ihnen hinüber. „Einen Besen, der besser ist als der Feuerblitz? Das gibt es doch gar nicht!“
„Bis jetzt noch nicht“, gab Jonathan zu. „Mein Vater braucht Sponsoren, aber bisher war er ziemlich erfolglos.“
„Ach, das wird schon“, sagte Roger aufmunternd. „Was sagst du eigentlich zum Sieg der Kenmare Kestrels über die Chudley Cannons?“
„Ach“, sagte Jonathan mit einer verächtlichen Geste, „hätten die Kestrels die Montrose Magpies geschlagen, dann wäre es etwas Besonderes, aber die Cannons? Ich bitte dich…“
Und schon waren die beiden in ein hitziges Gespräch über Quidditch vertieft, dem Catherine verwirrt zu folgen versuchte. Maggie beneidete sie nicht. Ihr Bruder Thomas war begeisterter Quidditch-Fan, genau wie ihr Vater, und jedes Mal, wenn ein Spiel von Eintracht Pfützensee im Magischen Rundfunk übertragen wurde, saßen die beiden aufgeregt vor dem Radio und sprachen hinterher stundenlang über verschiedene Spielzüge und benutzten Fachbegriffe wie „Kollern“ und „Flacken“. Maggie konnte Quidditch nichts abgewinnen. Nur zur Weltmeisterschaft, da erwachte ihr Nationalstolz.
Schließlich waren alle satt und müde. Das übrig gebliebene Essen verschwand und Professor Sprout erhob sich und wünschte allen eine gute Nacht.
Die Vertrauensschülerin von Gryffindor, ein großes brünettes Mädchen mit einem offenen Lächeln, winkte die Erstklässler zu sich und führte sie hinaus in die Eingangshalle, wo sie plötzlich wie gebannt stehen blieben. Maggie, die ziemlich weit hinten stand, konnte nicht erkennen, warum. Plötzlich schlug ihr jemand auf die Schulter. Erschrocken drehte sie sich um.
„Susan!“, rief sie erleichtert aus.
Ihre Cousine wirkte nicht besonders glücklich.
„Wieso bist du denn in Gryffindor?“, fragte sie anklagend.
„Dafür kann ich doch nichts“, murmelte Maggie verteidigend. Susan tat ja gerade so, als sei sie schuld daran, in ein anderes Haus als Hufflepuff zu kommen. Und obwohl Maggie wusste, dass das Unsinn war, machte sie sich automatisch Vorwürfe.
„Aber ich dachte, du kommst nach Hufflepuff!“, rief Susan.
„Ich doch auch“, sagte Maggie. Sie spürte einen Kloß im Hals und fühlte sich plötzlich so allein. Dabei standen die anderen Gryffindors dicht neben ihr.
Jonathan zupfte sie am Ärmel. „Komm schon!“
Maggie blickte zwischen ihm und Susan hin und her, dann folgte sie Jonathan. Sie warf Susan ein trauriges Lächeln zu, dann drehte sie sich um und lief hinter den anderen Gryffindors die große Marmortreppe hinauf.
Die Vertrauensschülerin führte sie über weitere Treppen, durch Flure, durch Türen, die hinter Wandteppichen verborgen waren, bis sie schließlich vor dem Porträt einer fetten Dame im rosa Kleid standen.
„Hinter diesem Porträt befindet sich der Eingang zum Gryffindorturm“, erklärte die Vertrauensschülerin. „Um hineinzukommen, müsst ihr bloß das Passwort sagen.“
Sie drehte sich um und sagte zu der Fetten Dame: „Semper fidelis!“
„Das will ich doch hoffen“, sagte die Fette Dame und schwenkte zur Seite. Nacheinander kletterten sie durch das Loch in den Gemeinschaftsraum, einen gemütlichen runden Raum mit Sitzgruppen von abgewetzten Sesseln und kleinen Tischen. Durch die Fenster hatte man einen wunderschönen Ausblick über die Ländereien. An den Wänden hingen verblichene Banner mit dem Wappentier der Gryffindors – einem aufgerichteten goldenen Löwen auf rotem Grund.
„Eure Schlafsäle sind im dritten Stock. Die Jungs gehen durch die Tür hier links, ihr Mädchen könnt mir folgen“, sagte die Vertrauensschülerin und ging ihnen voraus.
Maggie winkte Jonathan zu und folgte ihr.
Ihr Schlafsaal war ein rundes Turmzimmer mit fünf gemütlich aussehenden Himmelbetten. Ein wenig zögernd stand Maggie neben der Tür und beobachtete, wie Samara gleich ein Bett belegte. Das kleine, sportlich aussehende Mädchen mit den kurzen braunen Haaren drängte sich an Maggie vorbei und setzte sich auf das Bett gleich neben der Tür. Kendra, die sie mit ihren Sommersprossen und der kurzen roten Strubbelfrisur ein wenig an Pippi Langstrumpf erinnerte, sicherte sich das Bett rechts von Samara.
Catherine sah Maggie an und lächelte. „Welches willst du?“, fragte sie.
Maggie überlegte, dann deutete sie auf das andere Bett neben Samara. „Wenn es dir nichts ausmacht?“, setzte sie rasch hinzu.
Catherine schüttelte lächelnd den Kopf und ging hinüber zu Samara, um sich ihr vorzustellen. Maggie wandte sich den Koffern zu, die man für sie hochgebracht und an der Tür aufgestellt hatte. Sie schleifte ihren zu ihrem Bett hinüber und holte ihren Schlafanzug heraus.
Und als sie schließlich in ihrem Bett lag, den anderen Mädchen zuhörte, wie sie sich gegenseitig gute Nacht wünschten, da erst wurde es ihr tatsächlich bewusst.
Sie war, endgültig und unwiderruflich, in Gryffindor.
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