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Das Geheimnis der sieben Siegel - Der Beginn einer neuen Ära - Stinkbomben und alte Bücher

von DoubleTrouble

Maggie konnte einfach nicht einschlafen. Ihr Kopf schwirrte immer noch vor Aufregung und ihre Gedanken wollten einfach keine Ruhe geben. Schließlich beobachtete man nicht alle Tage, wie jemand bedroht wurde und um sein Leben fürchten musste, nur weil er etwas hatte, was ein anderer haben wollte.
Sie drehte sich auf den Bauch und schob ihr Kissen weiter nach oben.
Was war es, was dieser Vermummte unbedingt haben wollte? Für das er so weit ging, das Leben zweier Menschen zu bedrohen?
Maggie lief ein Schauer über den Rücken, als sie an die gehässige Stimme des Vermummten dachte und an sein gemeines Lachen. Ob es wirklich Professor Seaver war? Oder Professor Bagley, wie Sam meinte?
Sie spähte zu Sams Bett hinüber. Ihre Freundin lag ganz still auf dem Rücken und atmete tief.
„Sam?“, flüsterte Maggie.
Aus Sams Richtung kam ein gedämpftes Brummen.
„Bist du noch wach?“
„Nein, natürlich nicht“, flüsterte Sam zurück. „Ich schlafe tief und fest.“
Maggie vergrub das Gesicht in ihrem Kissen, um ihr Kichern zu ersticken.
Sam verfiel wieder in Schweigen und starrte weiter an die Decke ihres Himmelbettes.
„Kannst du auch nicht schlafen?“, fragte Maggie leise, als sie sich wieder beruhigt hatte.
„Hm-hm“, machte Sam.
„Ich muss ständig an diesen Fiesling denken“, flüsterte Maggie. „Was kann der bloß wollen?“
„Keine Ahnung“, erwiderte Sam. Sie drehte sich auf die Seite und sah zu Maggie hinüber.
„Es muss ja irgendetwas wertvolles sein“, überlegte Maggie. „Sonst würde er nicht so einen Aufriss machen. Und es muss einzigartig sein.“
„Der Stein der Weisen“, schlug Sam vor.
Maggie zog die Stirn in Falten und rieb sich nachdenklich die Nase.
„Und den hat ein Schüler?“, fragte sie skeptisch.
„Vielleicht auch nicht“, gab Sam zu bedenken. „Er sagt ja schließlich auch, dass er keine Ahnung hat, wovon der Vermummte spricht.“
„Ich hatte aber eher den Eindruck, dass er es genau weiß“, wandte Maggie ein. „Ich werde auf jeden Fall morgen in der Bibliothek nach Büchern über den Stein der Weisen suchen.“
„Wenn’s dir Spaß macht“, murmelte Sam, legte sich wieder auf den Rücken und schaute nach oben an die Decke.
Maggie spielte mit den Fingern auf der Bettkante wie auf einer Klaviertastatur.
„Sam?“, fragte sie schließlich.
„Hm-hm“, machte Sam wieder.
„Was ist, wenn er uns erkannt hat?“, fragte Maggie und wagte endlich, das auszusprechen, was ihr schon die ganze Zeit Magenschmerzen bereitete.
Sam antwortete eine quälend lange Weile nicht.
„Ich schätze“, sagte sie dann langsam, „dann haben wir ein Problem.“
Absurderweise fand Maggie das unheimlich komisch und sie begann so heftig zu kichern, dass sie sich unter ihrer Decke verkriechen musste, um die anderen Mädchen nicht aufzuwecken. Ausgerechnet jetzt gab Shannon einen lauten, sägenden Schnarcher von sich, und Maggie wurde von so heftigen Lachkrämpfen geschüttelt, dass ihr die Tränen kamen und sie plötzlich nicht mehr wusste, ob sie nun glücklich oder traurig war.

Am nächsten Morgen wurde Maggie von einem Schwall kalter Luft geweckt, als Sam schon wieder das Fenster aufriss und sich weit hinauslehnte, um zu schauen, ob schon Schnee gefallen war.
„Saaam!“, murrte Maggie und versteckte sich unter ihrem weichen, warmen Federbett, bis nur noch ihre Nasenspitze herausschaute. „Fenster zu!“
Sam schloss das Fenster mit einem Knall und drehte sich mit miesepetriger Miene zu ihr um.
„Ich glaube, es schneit diesen Winter überhaupt nicht mehr“, grummelte sie.
Maggie setzte sich auf und lächelte sie verschlafen an.
„Der Winter hat eben noch nicht angefangen“, sagte sie. „Guten Morgen erst mal.“
Sam lächelte schief. „Morgen … Gut geschlafen?“
Maggie verzog das Gesicht. „Es ging so. Ich hab ganz seltsame Sachen geträumt, von Vermummten und irgendeinem Edelstein, den ich hatte … Und dann wollte ich weglaufen, aber ich konnte mich nicht bewegen und dieser Vermummte kam immer näher und näher und dann - “
Sie brach ab.
„Was war dann?“, fragte Sam neugierig.
„Nichts“, erwiderte Maggie, warf die Bettdecke zurück, schauderte vor Kälte und stand auf. „Dann bin ich aufgewacht.“
„Du träumst ja merkwürdige Sachen“, sagte Catherine und ging lachend an ihnen vorbei zur Schlafsaaltür.
Maggie zuckte zusammen. Sie hatte ganz vergessen, dass Sam und sie nicht allein im Schlafsaal waren.
Sam schaute sie fürsorglich an.
„Das war bloß ein Traum, Maggie“, sagte sie leise. „Uns wird nichts passieren.“
„Und wenn doch?“, wandte Maggie mit erstickter Stimme ein.
„Dann gehen wir zu Professor Sprout“, sagte Sam. Maggie fragte sich, woher sie diese Ruhe nahm.
Sam lächelte sie beruhigend an. „Komm, jetzt essen wir erst mal was, dann sehen wir weiter.“
Maggie seufzte und nickte.

„Porridge oder Banane?“
Maggie schaute Sam mit gerunzelter Stirn an.
„Weder noch“, sagte sie und griff nach dem Toastbrot. „Weißt du doch.“
Sam zuckte mit den Schultern und schälte die Banane.
Gleich darauf ließ sich Jonathan auf den Platz neben ihr fallen.
„Morgen ihr zwei“, sagte er gut gelaunt. „Ich hab vielleicht einen Mordshunger!“
Er griff nach der Schüssel Porridge, die Sam eben Maggie hatte anbieten wollen, und nach einem Löffel und begann sich große Ladungen in den Mund zu schaufeln. Maggie war immer wieder fasziniert davon, was für große Mengen Jonathan in kurzer Zeit vertilgte – und augenscheinlich überhaupt nicht zunahm.
„Hey Schem“, sagte Jonathan mit vollem Mund. „Owen un Mäksch ham wasch cooles enwiggelt.“
„Was denn?“, fragte Sam unbeeindruckt von seinem Essverhalten.
„Drachnmischtschtingbom’en“, nuschelte Jonathan an seinem Porridge vorbei.
„Was?“, fragte Maggie verständnislos.
Jonathan schluckte und sagte: „Drachenmiststinkbomben. Sie wollen sie nachher im fünften Stock hochgehen lassen. Wollt ihr mitkommen und zugucken?“
„Nein danke“, sagte Maggie entschieden. Von Drachenmist hatte sie wirklich die Nase voll.
Sam blickte Maggie und Jonathan hin und her gerissen an.
„Du kannst ruhig hingehen und mir das später beschreiben“, versicherte Maggie. „Ich will eh in die Bibliothek.“
Jonathan verdrehte die Augen. „Da warst du ja auch schon sooo lange nicht mehr“, sagte er. „Mensch, Maggie, du musst nicht immerzu lernen! Du kannst doch auch mal Spaß haben! Hey, heute ist Sonntag!“
Maggie grinste, trank ihren Tee aus und stand auf. „Ich weiß“, sagte sie. „Viel Spaß euch!“

In der Bibliothek war es so still wie immer. Nur wenige Schüler saßen an einem Sonntagvormittag hier und lernten.
Madam Pince saß an ihrem Pult und schien ganz vertieft in einen dicken Schmöker. Als Maggie auf sie zukam, sah sie auf und ihr Raubvogelgesicht verzog sich zu einem breiten Lächeln.
„Maggie!“, sagte sie. „Schön, dass du mal wieder da bist! Du kommst gar nicht mehr so oft wie anfangs!“
Maggie lächelte verlegen. „Naja, ich hab viel zu tun … Ich komm gar nicht mehr zum Lesen.“
„Bist du denn mit dem Lockhart-Buch schon fertig?“, erkundigte sich Madam Pince. „Brauchst du neuen Lesestoff?“
Maggie schüttelte mit dem Kopf und musste schmunzeln. Sie hatte angefangen, die Lockhart-Bücher zu lesen, weil sie in einer alten Ausgabe des Tagespropheten als lesenswerte Lektüre empfohlen wurden. Mittlerweile fand sie sie wirklich unterhaltsam, auch wenn sie sich gelegentlich fassungslos fragte, wieso die Leute wirklich geglaubt hatten, dass Gilderoy Lockhart tatsächlich all diese Dinge getan hatte. Vermutlich hatten sie all die Stellen übersprungen, an denen er seine grenzenlose Eitelkeit und Selbstverliebtheit zur Schau stellte.
Maggie schaute Madam Pince gewinnend lächelnd an. „Eigentlich suche ich Bücher über den Stein der Weisen. Könnten Sie mir da weiterhelfen?“
Madam Pince schaute sie empört an. „Ob ich dir weiterhelfen könnte?“
Sie stand auf und rauschte davon. Maggie konnte ihr gar nicht schnell genug folgen, und ehe sie sich’s versah, hatte Madam Pince ihr einen großen Stapel Bücher herausgesucht und in den Arm gedrückt.
„Vielen Dank, Madam Pince“, sagte Maggie und schleppte den ganzen Stapel zu einem der Tischchen in der Nähe der Verwandlungsabteilung.
„Gern geschehen, Maggie“, erwiderte Madam Pince, lächelte ihr zu und kehrte zu ihrem Pult und ihrem Schmöker zurück.
Maggie griff nach dem ersten Buch auf dem Stapel, dessen blassgelbe Seiten von einem abgegriffenen Ledereinband zusammengehalten wurden und das den Titel Die Essenz aller Dinge trug. Sie blätterte hindurch und hielt ab und zu inne, um eine Abbildung zu betrachten oder einen kurzen Abschnitt zu lesen. Schließlich legte sie es mit einem Seufzen beiseite. Besonders aufschlussreich war es nicht gewesen – voller Theorien über die Herstellung des Steins der Weisen, voller Formeln und Hypothesen, aber das war es nicht, was Maggie suchte. Sie wollte wissen, ob es möglich war, dass es jemand geschafft hatte, einen Stein der Weisen herzustellen und ob dieser Stein sich im Besitz eines Schülers befinden könnte.
Sie griff nach dem nächsten Buch, dessen Schutzumschlag hässliche gelbe Flecken aufwies. Meysterhaffte Alchymie stand in spitzen altmodischen Buchstaben auf der ersten Seite. Maggie hatte Mühe, die merkwürdige Sprache zu verstehen, und legte das Buch schließlich vorsichtig zur Seite. Große Errungenschaften der Zauberei sah mit seinem Glanzumschlag sehr vielversprechend aus und sie begann neugierig darin zu blättern. Gleich im ersten Kapitel blieb sie bei der Schilderung des bewegten Lebens von Albertus Magnus hängen.
Ein Schatten fiel auf das Buch, und als Maggie aufschaute, sah sie direkt in das narbige Gesicht von Professor Seaver.
„Oh!“, rief sie erschrocken aus und biss sich gleich darauf auf die Lippen.
Professor Seaver schüttelte tadelnd den Kopf und schnalzte mit der Zunge. „Was hab ich Ihnen in meinem Unterricht beigebracht, Miss Mayhew?“
„Immer wachsam?“, flüsterte Maggie heiser.
„Ganz genau“, sagte Professor Seaver langsam. „Immer wachsam. Merken Sie sich das.“
„Natürlich, Professor“, antwortete Maggie und schluckte. Sie saß stocksteif auf ihrem Stuhl und wünschte sich meilenweit fort.
„Was lesen Sie denn da Spannendes?“, fragte er und griff nach einem der Bücher. „Alchemie … Sie interessieren sich für den Stein der Weisen?“ Er warf ihr einen scharfen Blick zu.
Maggie wusste gar nicht, wohin sie schauen sollte. Jetzt weiß er es, dachte sie die ganze Zeit. Er weiß, dass wir ihm auf die Schliche gekommen sind.
„Ein wenig“, brachte sie schließlich heraus.
„Man sollte sich immer bilden“, sagte Professor Seaver und gab ihr das Buch zurück. „Viel Vergnügen noch.“
„Danke“, murmelte Maggie. Sie zwang sich, vollkommen ruhig sitzen zu bleiben, obwohl ihr Herz wie verrückt raste und sie einen Schweißausbruch nach dem anderen bekam.
Professor Seaver verschwand hinter der nächsten Regalreihe. Maggie versuchte, ihre Atmung wieder in den Griff zu bekommen und sich wieder auf ihr Buch zu konzentrieren.
„Professor!“, hörte sie gleich darauf Madam Pince sagen. Sie klang erstaunt. „Ich dachte, Sie wären in London?“
Maggie horchte auf.
Professor Seaver räusperte sich verlegen. „Nun ja – die Angelegenheit hat sich überraschend schnell erledigt. Ich konnte recht schnell wieder abreisen.“
„Ach!“, sagte Madam Pince.
„Nun ja, das Spiel habe ich leider verpasst. Wie ist es denn ausgegangen? Gryffindor hat gewonnen, nicht wahr? Na, da wird Bagley aber getobt haben, was?“
„Professor Bagley?“, fragte Madam Pince erstaunt. „Der war gar nicht da!“
„Ach nein? Wieso das denn?“
Maggie knetete ihre verschwitzten Hände unter dem Tisch und kam sich vor, als würde sie nur aus einem Paar Ohren bestehen, so angestrengt lauschte sie.
„Eine Familienangelegenheit, soweit ich weiß“, sagte Madam Pince. „Er ist erst spät in der Nacht wiedergekommen.“
„Tatsächlich? So ein Zufall.“
Ihre Stimmen entfernten sich und Maggie wischte sich den Schweiß von der Stirn. Dann klappte sie entschlossen Große Errungenschaften der Zauberei zu, klemmte es sich unter den Arm und nahm nach kurzem Zögern auch noch Jüngere Entwicklungen in der Alchemie mit, dann verließ sie die Bibliothek und machte sich auf die Suche nach Sam.
Sie musste nicht lange suchen. Im vierten Stock kam sie ihr zusammen mit Jonathan, Gabriel und Millard entgegen und hielt sich den Bauch vor Lachen.
„Habt ihr – habt ihr gesehen, wie Filch – wie er - “, japste sie und hängte sich bei Gabriel ein.
„Wie er den Besen geschwungen hat?“, beendete Millard kichernd ihren Satz.
„Genau!“, keuchte Sam und wischte sich die Lachtränen aus den Augen.
„Wenn ich den erwische!“, rief Jonathan in einer perfekten Imitation von Filchs heiser flüsternder Stimme und die anderen wurden von einem erneuten Lachanfall heimgesucht. „Drachenmist! Überall Drachenmist! Ich geh zu Professor Sprout und diesmal kommt ihr mir nicht mit harmlosen Strafarbeiten davon! Auspeitschen lass ich euch, ihr – ihr Stinkbombenschmeißer!“
„Hör auf!“, quietschte Sam. „Ich hab Bauchschmerzen!“
„Das geschieht dir ganz recht!“, krächzte Jonathan, aber dann musste auch er lachen und haltlos sanken alle vier zu Boden.
Maggie betrachtete sie mit belustigter Miene.
„Hey Maggie!“, kicherte Sam. „Stell dir vor, Owen und Max haben Mrs Norris mit Drachenmiststinkbomben beworfen!“
„Nein!“, rief Maggie ungläubig und ihr fiel die Kinnlade herunter. „Echt jetzt?“
Gabriel und Millard nickten unter Tränen.
„Die sind ja verrückt“, sagte Maggie kopfschüttelnd. Im Geiste sah sie Mrs Norris, die staubgraue dürre Katze des Hausmeisters vor sich, über und über mit Drachenmist bedeckt … und dieses Bild fegte den Stein der Weisen und die Professoren Bagley und Seaver vorübergehend vollkommen aus ihren Gedanken.


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Jo Rowling verlangte nicht von mir, den Roman buchstabengetreu umzusetzen, sondern eher dem Geist der Bücher gerecht zu werden.
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